Normen
AVG §37;
AVG §40 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauO OÖ 1976 §47 Abs1;
BauO OÖ 1976 §49 Abs4;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §40 Abs1;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauO OÖ 1976 §47 Abs1;
BauO OÖ 1976 §49 Abs4;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 20. August 1987 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung für "Um- und Zubauten in Verbindung mit der Errichtung einer Rauchgasreinigungsanlage (Stahlbetonbühne für Elektrofilter, Stahlskeletthalle, Stahlbetonbühne für Gebläse, Stahlbetonbühne für ECO-GAVO Reingaswärmetauscher, Stahlbetonbühne für Schalldämpfer, Anbau für Elektroräume, Kompaktanlage mit Endproduktlager und Förderung zur Waggonverladung)" auf dem Grundstück Nr. 691, EZ. 1586 des Grundbuches über die Kat.Gem. X (Y-Straße 1), erteilt.
Nachdem die dem vorausgegangenen Baubewilligungsverfahren nicht zugezogenen Beschwerdeführerinnen im Rechtsmittelweg die Feststellung ihrer Parteistellung als Nachbarn des Baubewilligungsverfahrens erwirkt hatten, wurde ihnen der erwähnte Baubewilligungsbescheid zugestellt, worauf sie in ihrer dagegen eingebrachten Berufung im wesentlichen geltend machten, durch den von der bewilligten Anlage ausgehenden Lärm in einem nicht zumutbaren Maß belästigt und in ihrer Gesundheit gefährdet zu werden.
Nach Einholung von Gutachten eines immissionstechnischen sowie eines Sachverständigen für Umweltschutz und Einräumung des Parteiengehörs wurde das Rechtsmittel der Beschwerdeführerinnen mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 26. Februar 1992 abgewiesen. Die Berufungsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, es sei durch die eingeholten Gutachten schlüssig nachgewiesen, daß eine Gefährdung bzw. Belästigung der Beschwerdeführerinnen im Sinne des § 23 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 auszuschließen sei, wobei im Zusammenhang mit der Beurteilung der Immissionen auch berücksichtigt werden müsse, daß sich das in Rede stehende Bauvorhaben in einem Gebiet mit der Flächenwidmung "Industriegebiet" im Sinne des § 16 Abs. 9 des OÖ. Raumordnungsgesetzes befinde.
Mit Bescheid der OÖ. Landesregierung vom 29. Mai 1992 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerinnen mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch den erwähnten Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werden. Auch die Aufsichtsbehörde kam unter Berufung auf die erwähnten Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, daß die Beschwerdeführerinnen durch die behauptete Lärmbelastung im Sinne des § 23 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 weder gefährdet noch erheblich belästigt werden oder für sie Nachteile zu erwarten sind.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die Zweitmitbeteiligte erwogen:
Da sich die den Gegenstand des Baubewilligungsbescheides vom 20. August 1987 bildende Anlage, wie schon erwähnt, in einem Gebiet mit der Flächenwidmung "Industriegebiet" befindet, ist vorerst darauf hinzuweisen, daß als "Industriegebiete" zufolge § 16 Abs. 9 des OÖ. Raumordnungsgesetzes solche Flächen vorzusehen sind, die für Betriebsgebäude und betriebliche Anlagen von nicht unter Abs. 8 fallenden Betrieben bestimmt sind. In Industriegebieten dürfen auch die solchen Betrieben zugeordneten Betriebe, Verwaltungs- und Betriebswohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden. Andere Bauten und Anlagen dürfen nicht errichtet werden. Gemäß Abs. 8 dieser Gesetzesstelle sind als Betriebsbaugebiete solche Flächen vorzusehen, die zur Aufnahme von Betrieben dienen, die die Umgebung nicht erheblich, und zwar insbesondere durch Lärm, Ruß, Staub, Geruch oder Erschütterungen, stören und nicht, insbesondere durch Dämpfe, Gase, Explosivstoffe oder durch Strahlung, gefährden. In Betriebsbaugebieten dürfen auch die solchen Betrieben zugeordneten Verwaltungs- und Betriebswohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden. Andere Bauten und Anlagen dürfen nicht errichtet werden.
Ungeachtet des Umstandes, daß die im Beschwerdefall maßgebenden Widmungsvorschriften des § 16 Abs. 9 leg. cit. den Beschwerdeführerinnen keinen Immissionsschutz gewährleisten, ist davon auszugehen, daß sie aus den konkreten Anordnungen des § 23 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 ein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. ableiten können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0002, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Gemäß der erstgenannten Vorschrift der Bauordnung müssen im besonderen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen so geplant und errichtet werden, daß schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind solche, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der Bauten und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung (Änderung der natürlichen Zusammensetzung der freien Luft, z.B. durch Rauch, Ruß, Staub und andere Schwebstoffe, Dämpfe, Gase und Geruchstoffe), Lärm oder Erschütterungen.
Der im Zuge des Berufungsverfahrens beigezogene Amtssachverständige für Umweltschutz hat in seinem Gutachten vom 25. September 1991 ausgeführt, daß die Differenz zwischen den während des Betriebes des Fernheizkraftwerkes einschließlich der Rauchgasentschwefelungsanlage gemessenen Schallpegeln von 67,1 dB und 66,5 dB 0,6 dB beträgt. Die Differenz zwischen dem niedrigeren Schallpegel von 66,5 dB und dem während des Betriebes des Fernheizkraftwerkes ohne Rauchgasentschwefelungsanlage gemessenen Schallpegel von 66,2 dB beträgt hingegen nur 0,3 dB. Beim Vergleich der Meßwerte muß überdies berücksichtigt werden, daß vor allem durch den Straßenverkehrslärm und durch den Lärm benachbarter Betriebe erhebliche Pegelschwankungen entstanden sind. Eine Erhöhung des A-bewerteten energieäquivalenten Dauerschallpegels ist durch den Betrieb der Rauchgasentschwefelungsanlage nicht nachweisbar, wohl aber eine Erhöhung des Basispegels. Für die Beschwerdeführerinnen sind durch die von der Rauchgasentschwefelungsanlage ausgehenden Lärmimmissionen keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen zu erwarten, weil Schallpegelmessungen ergeben haben, daß der vorhandene A-bewertete energieäquivalente Dauerschallpegel praktisch nicht erhöht wird.
Der medizinische Amtssachverständige hat auf der Grundlage dieses Gutachtens am 16. Dezember 1991 die Auffassung vertreten, daß durch die Rauchgasentschwefelungsanlage selbst keine erheblichen bzw. unzumutbaren Lärmbelästigungen zu erwarten sind. Somit kann eine Beeinträchtigung der Gesundheit bzw. eine unzumutbare Störung des Wohlbefindens bei den Anrainern nach dem derzeitigen Stand des Wissens ausgeschlossen werden.
Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf dieses Ermittlungsergebnis die Auffassung vertreten hat, daß durch den Berufungsbescheid vom 26. Februar 1992 keine Rechte der Beschwerdeführerinnen verletzt worden sind. Es darf nicht übersehen werden, daß die Vorschriften des § 23 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 den Beschwerdeführerinnen als Nachbarn nur einen Schutz vor erheblichen Belästigungen gewährleisten sollen, also auf Grund des Rechtsmittels der Beschwerdeführerinnen nur dann eine Verpflichtung der Baubehörde zur Vorschreibung von Auflagen im Sinne des § 49 Abs. 4 leg. cit. bestanden hätte, wenn allein durch die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildende Anlage mit erheblichen Belästigungen der Beschwerdeführerinnen zu rechnen wäre. Eine derartige Annahme ist aber nicht berechtigt, wenn auf Grund der erwähnten gutächtlichen Äußerungen davon auszugehen ist, daß der "vorhandene A-bewertete energieäquivalente Dauerschallpegel praktisch nicht erhöht wird", bzw. "durch die Rauchgasentschwefelungsanlage selbst keine erheblichen ... Lärmbelästigungen zu erwarten sind". Dieses Ermittlungsergebnis durfte die belangte Behörde ungeachtet des Umstandes, daß die von den Beschwerdeführerinnen während des Berufungsverfahrens aufgeworfenen Fragen nach der Anwendung einer bestimmten Ö-Norm im Zusammenhang mit der Messung des Schallpegels sowie nach der Berücksichtigung allfälliger "tieffrequenter Geräusche" nicht in einem ergänzenden Gutachten beantwortet worden sind, unbedenklich ihrer Entscheidung zugrunde legen, weil jegliche Anhaltspunkte dafür fehlen und auch von den Beschwerdeführerinnen gar nicht behauptet worden ist, daß die belangte Behörde im Falle einer ergänzenden Befassung der Sachverständigen auf dem Boden des schon erwähnten § 23 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß allein von der bewilligten Anlage ERHEBLICHE Belästigungen der Beschwerdeführerinnen ausgehen. In diesem Zusammenhang soll im Hinblick auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen nicht unerwähnt bleiben, daß, wie die mitbeteiligte Landeshauptstadt in ihrer Gegenschrift zutreffend hervorgehoben hat, die erwähnten Schallpegelmessungen einmal von 13.30 Uhr durchgehend bis 12.00 Uhr des nächsten Tages, ein weiteres Mal von 16.00 Uhr durchgehend bis 12.00 Uhr des nächsten Tages und dann noch einmal von 13.00 Uhr durchgehend bis 12.00 Uhr des nächsten Tages durchgeführt worden sind. Der behauptete Verfahrensmangel erweist sich daher nicht als wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG und kann daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, zumal die Beschwerdeführerinnen in der Beschwerde ausdrücklich zu erkennen gegeben haben, daß sie "nicht den Inhalt der vorliegenden Gutachten anzweifeln".
Ein Verfahrensmangel ist auch nicht etwa deshalb gegeben, weil die Beschwerdeführerinnen an der Beweisaufnahme durch den immissionstechnischen Sachverständigen nicht teilnehmen konnten, weil ihnen das AVG in dieser Hinsicht keine Rechte einräumt (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Prugg-Verlag Eisenstadt, auf S. 315 unter Z. 99 zitierten hg. Erkenntnisse). Ferner ist daran zu erinnern, daß dem übergangenen Nachbarn kein Rechtsanspruch auf Durchführung einer neuerlichen Verhandlung zusteht (vgl. die a.a.O. auf S. 241 unter Z. 14 wiedergegebene hg. Judikatur).
Abschließend behaupten die Beschwerdeführerinnen, daß zwischen den erwähnten Gutachten insofern ein Widerspruch bestünde, als einerseits im Gutachten des medizinischen Sachverständigen ausgeführt worden sei, eine weitere Erhöhung der Lärmimmissionen auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar, weshalb sichergestellt sein müsse, daß der vorhandene Schallpegel nicht zusätzlich erhöht werde, und andererseits aus dem Gutachten des Amtes für Umweltschutz hervorgehe, daß der energieäquivalente Dauerschallpegel durch die in Rede stehende Anlage um mindestens 0,3 dB erhöht werde. Dieser Divergenz vermag der Gerichtshof keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung beizumessen, weil nicht übersehen werden darf, daß im Gutachten des Amtes für Umweltschutz, wie schon erwähnt, zusammenfassend die Auffassung vertreten worden ist, daß nach dem Ergebnis der durchgeführten Schallpegelmessungen der "vorhandene A-bewertete energieäquivalente Dauerschallpegel praktisch nicht erhöht wird". Damit sollte offenbar zum Ausdruck gebracht werden, daß die gemessene Erhöhung des Dauerschallpegels de facto nicht ins Gewicht fällt, was den medizinischen Sachverständigen zu der im Lichte des § 23 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 wesentlichen und unbedenklichen Schlußfolgerung veranlaßt hat, daß die Rauchgasentschwefelungsanlage keine erheblichen Lärmbelästigungen erwarten läßt, sodaß eine "Beeinträchtigung der Gesundheit bzw. eine unzumutbare Störung des Wohlbefindens" bei den Beschwerdeführerinnen ausgeschlossen werden könne.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die Beschwerdeführerinnen durch die Abweisung ihrer Vorstellung nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sind, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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