VwGH 92/05/0136

VwGH92/05/013624.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde

1) der GG, 2) der HG in P und 3) der MM in W, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 13. Mai 1992, Zl. VI/1-942/9-1992, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) RP in P, 2) Stadtgemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8 impl;
BauO Bgld 1969 §10 Abs1;
BauO Bgld 1969 §10 Abs3;
BauO Bgld 1969 §3 Abs3;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg impl;
RPG Bgld 1969 §21 Abs2;
RPG Bgld 1969 §22 Abs3;
AVG §8 impl;
BauO Bgld 1969 §10 Abs1;
BauO Bgld 1969 §10 Abs3;
BauO Bgld 1969 §3 Abs3;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg impl;
RPG Bgld 1969 §21 Abs2;
RPG Bgld 1969 §22 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von S 12.140,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerinnen wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. Oktober 1991 wurde dem gleichfalls mitbeteiligten Bauwerber die baubehördliche Bewilligung "zum Umbau des bestehenden Betriebsgebäudes" auf den Grundstücken Nr. n1, n2, n3 und n4 des Grundbuches über die Kat. Gem. P erteilt. In der Begründung ihres Bescheides ging die Baubehörde erster Instanz unter Hinweis auf die rechtzeitig erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerinnen davon aus, daß deren Nachbarrechte durch die erteilte Bewilligung nicht verletzt werden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. Dezember 1991 wurde der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerinnen keine Folge gegeben, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides jedoch dahingehend geändert, "daß die Bewilligung zum Zu- und Umbau des bestehenden Betriebsgebäudes erteilt wird".

Dieser Berufungsbescheid wurde auf Grund der dagegen eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerinnen mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 18. Februar 1992 mit der Begründung aufgehoben, daß mit der am 12. Dezember 1991 in Kraft getretenen Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97, die Besorgung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der mitbeteiligten Stadtgemeinde aus dem Bereich der örtlichen Baupolizei auf die Bezirkshauptmannschaft übertragen worden sei, weshalb dieser Berufungsbescheid von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Dieser aufsichtsbehördliche Bescheid wurde nach der Aktenlage bei keinem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bekämpft.

Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 13. Mai 1992 wurde daraufhin der Spruch des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides vom 10. Oktober 1991 "dahingehend richtiggestellt, daß die Baubewilligung für den Umbau eines bestehenden Betriebsgebäudes und für den Zubau eines Stiegenhauses und einer Verkaufs- und Lagerhalle erteilt wird", Pkt. 43 der Auflagen dieses Bescheides "dahingehend ergänzt wird, daß die zulässige Gebäudehöhe vom natürlich gewachsenen Grund gemessen wird", und eine für den Ausgang dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht wesentliche zusätzliche Auflage vorgeschrieben worden ist. Im übrigen wurde das Rechtsmittel der Beschwerdeführerinnen abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Einleitend sieht sich der Gerichtshof zu der Feststellung veranlaßt, daß gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde eingebrachte Berufung - ungeachtet der Bindungswirkung des aufsichtsbehördlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft vom 18. Februar 1992 - keine Bedenken bestehen, weil die erst nach Erlassung des Bescheides des Bürgermeisters und vor der Zustellung des Bescheides des Gemeinderates wirksam gewordene, bereits erwähnte Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97, bewirkt hat, daß nicht mehr der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde, sondern die belangte Behörde als Berufungsinstanz zu entscheiden hatte.

Die Beschwerdeführerinnen erachten sich - in Übereinstimmung mit den rechtzeitig erhobenen Einwendungen - durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten darauf verletzt, daß das Grundstück Nr. n4 "nicht im größeren Maße als zu 30 Prozent, in eventu zu 60 Prozent für eine Verbauung ausgenützt werde", bei einer Verbauung des genannten Grundstückes die offene Bebauungsweise einzuhalten sei, der Gebäudeabstand auf diesem Grundstück von der Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführerin mindestens 5 m, in eventu mindestens 3 m zu betragen habe und "die Gebäudehöhe innerhalb der Abstandsfläche eines 5 m-Abstandes" auf dem Grundstück Nr. n4 "2,50 m nicht überschreite".

Mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Oktober 1991 wurde dem mitbeteiligten Bauwerber unter Berufung auf § 13 Abs. 3 bis 5 der Burgenländischen Bauordnung die Bauplatzbewilligung für die Grundstücke Nr. n1, n2, n3, n5 und n4 des Grundbuches über die Kat. Gem. P erteilt und gleichzeitig ausgesprochen, daß die "bauliche Ausnützung des Bauplatzes max. 60 Prozent betragen darf". Für das Grundstück Nr. n4 wurde die offene Bauweise, für die übrigen Grundstücke die geschlossene Bauweise festgesetzt.

Unter Bezugnahme auf diesen, dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Bescheid wenden sich die Beschwerdeführerinnen dagegen, daß die belangte Behörde davon ausgegangen sei, die genannten Grundstücke seien zu einem einheitlichen Bauplatz erklärt worden, woraus die Folgerung abgeleitet worden sei, daß die Ausnützbarkeit der gesamten Grundfläche zu 60 Prozent gegeben sei. Außerdem entspreche die Festsetzung einer Bebauungsdichte von 60 Prozent nicht dem Gesetz.

Zu diesem Vorbringen ist Nachstehendes zu bemerken:

Gemäß § 10 Abs. 1 der Burgenländischen Bauordnung dürfen Bauführungen nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Das Verfahren kann die Erklärung von Grundflächen zu einem einzelnen Bauplatz oder die Teilung von Grundflächen auf mehrere Bauplätze (Grundteilung) zum Gegenstand haben. Partei im Bauplatzerklärungsverfahren ist zufolge Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nur der Eigentümer des in Betracht kommenden Grundstückes. Dem Eigentümer des Grundstückes ist eine Person gleichzuhalten, die durch eine einverleibungsfähige Urkunde nachweist, daß ihr ein Anspruch auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes im Grundbuch zusteht.

Im Bescheid, mit dem die Bauplatzerklärung ausgesprochen wird, hat die Baubehörde zufolge § 13 Abs. 5 lit. d leg. cit. insbesondere die bauliche Ausnützung der Bauplätze festzusetzen.

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. darf die als Bauplatz erklärte Grundfläche bei geschlossener Bebauungsweise bis zu 40 Prozent, bei den sonstigen Bebauungsweisen bis zu 30 Prozent bebaut werden, sofern im Bebauungsplan bzw. Teilbebauungsplan nichts anderes bestimmt ist (§ 22 Abs. 3 des Bgld. Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969).

Nach dieser zuletzt genannten Bestimmung des Raumplanungsgesetzes ist die bauliche Ausnutzung der Bauplätze so festzulegen, daß in Wohngebieten (§ 14 Abs. 3 lit. a) für Wohnbauten bei geschlossener Bebauungsweise im allgemeinen bis 40 Prozent, bei offener Bebauungsweise bis 30 Prozent des Bauplatzes bebaut werden können und ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne gewährleistet ist.

Zunächst ist daran zu erinnern, daß die beschwerdeführenden Nachbarn, denen auf Grund der ausdrücklichen Vorschrift des § 10 Abs. 3 der Bgld. Bauordnung im Bauplatzerklärungsverfahren keine Parteistellung zukommt, die Möglichkeit besitzen, eine Verletzung ihrer Rechte durch eine Bauplatzerklärung im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens geltend zu machen, weil ansonsten der dem Nachbarn nach § 94 Abs. 3 leg. cit. im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zu gewährende Rechtsschutz durch ein Verfahren verkürzt wäre, in welchem er gar nicht mitwirken darf. Den Beschwerdeführerinnen gegenüber konnte daher der Bauplatzerklärungsbescheid mangels ihrer Mitwirkung nicht in Rechtskraft erwachsen, weshalb in dieser Beziehung für die Baubehörden aus der Rechtskraft dieses Bescheides keine Bindungswirkung anzunehmen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1984, Zl. 83/05/0141, BauSlg. Nr. 200, und die darin zitierte Vorjudikatur). Ein Baubewilligungsbescheid ist daher rechtswidrig, wenn der ihm zugrunde liegende Bauplatzerklärungsbescheid subjektiv-öffentliche Nachbarrechte verletzt und eine derartige Rechtsverletzung im Sinne des § 42 AVG rechtzeitig geltend gemacht worden ist. Da sich die Beschwerdeführerinnen rechtzeitig gegen die vorgesehene Ausnützung des Bauplatzes ausgesprochen haben und in dieser Hinsicht ein Mitspracherecht besitzen (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Aufl., Prugg-Verlag Eisenstadt, S. 160 f.), hatte sich die belangte Behörde mit dieser Einwendung der Beschwerdeführerinnen auseinanderzusetzen.

Zu der schon erwähnten Rüge der Beschwerdeführerinnen, wonach die belangte Behörde sämtliche im erwähnten Bauplatzerklärungsbescheid genannten Grundstücke als einheitlichen Bauplatz angesehen habe, ist auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach ein Bauplatz eines oder mehrere Grundstücke oder einen oder mehrere Grundbuchskörper umfassen oder auch nur aus einem Teil eines Grundbuchskörpers und Grundstückes bestehen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1958, Slg. N. F. Nr. 4740/A).

Zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Festsetzung der 60 prozentigen Bebauungsdichte hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides nach Wiedergabe des Wortlautes des § 3 Abs. 3 der Bgld. Bauordnung sowie des § 22 Abs. 3 des Bgld. Raumplanungsgesetzes die Auffassung vertreten, daß die Einschränkung des § 3 Abs. 3 der Bauordnung nur für das Bauland - Wohngebiet gelte, während für die übrigen Widmungsarten, also auch für den im Beschwerdefall als Bauland - Geschäftsgebiet gewidmeten Bauplatz des mitbeteiligten Bauwerbers, die Bebauungsdichte nach § 22 Abs. 1 lit. d des Bgld. Raumplanungsgesetzes im Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) bzw. nach § 14 Abs. 4 leg. cit. im Flächenwidmungsplan geregelt werde oder mangels solcher Regelungen im Einzelfall bei der Bauplatzerklärung nach sachlichen Gesichtspunkten ohne Bindung an starre Werte festzulegen sei.

Dieser Ansicht kann sich der Gerichtshof aus nachstehenden Erwägungen nicht anschließen:

Entsprechend der schon wiedergegebenen Regelung des § 3 Abs. 3 der Bauordnung darf die als Bauplatz erklärte Grundfläche bei geschlossener Bauweise bis zu 40 Prozent, bei den sonstigen Bebauungsweisen bis zu 30 Prozent bebaut werden, sofern im Bebauungsplan bzw. Teilbebauungsplan nicht anderes bestimmt ist (§ 22 Abs. 3 des Bgld. Raumplanungsgesetzes). Die eben erwähnte Bestimmung des Raumplanungsgesetzes richtet sich an den gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. für die Erlassung des Bebauungsplanes oder Teilbebauungsplanes zuständigen Gemeinderat als Verordnungsgeber, weshalb dieser im Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan die bauliche Ausnützung der Bauplätze zufolge § 22 Abs. 3 leg. cit. so festsetzen muß, daß in Wohngebieten (§ 14 Abs. 3 lit. a) für Wohnbauten bei geschlossener Bebauungsweise im allgemeinen bis 40 Prozent, bei offener Bebauungsweise bis 30 Prozent des Bauplatzes bebaut werden können und ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne gewährleistet ist. Die im § 3 Abs. 3 der Bgld. Bauordnung enthaltene Verweisung auf § 22 Abs. 3 des Bgld. Raumplanungsgesetzes bedeutet also, daß die nach Maßgabe der letztgenannten Norm erfolgende Regelung der baulichen Ausnützung der Bauplätze in einem Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan bei der Festsetzung der baulichen Ausnützung der Bauplätze im Bescheid über die Bauplatzerklärung (§ 13 Abs. 5 lit. d der Bauordnung) vorrangig zu gelten hat. Fehlt aber, wie im Beschwerdefall, ein derartiger Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan, so hat die Festsetzung der baulichen Ausnützung des Bauplatzes im Bauplatzbewilligungsbescheid ausschließlich nach der Vorschrift des § 3 Abs. 3 der Bauordnung zu erfolgen, weshalb die Bestimmungen des § 22 Abs. 3 des Bgld. Raumplanungsgesetzes im Beschwerdefall außer Betracht zu bleiben haben. Den in der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Stützung der Auffassung der belangten Behörde gegebenen Hinweisen auf die Vorschriften des Raumplanungsgesetzes kommt daher im Beschwerdefall keine Bedeutung zu, weil es dahingestellt bleiben kann, welches prozentuelle Ausmaß der Verordnungsgeber in einem Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan für die Ausnützung der Bauplätze in den einzelnen Widmungskategorien festsetzen darf. Die im Bescheid über die Bauplatzerklärung vom 10. Oktober 1991 erfolgte Festsetzung einer 60 prozentigen Ausnützung des Bauplatzes des mitbeteiligten Bauwerbers war daher rechtswidrig, weshalb die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ungeachtet der Frage nach der im vorliegenden Fall zu bestimmenden Bebauungsweise nicht von einem derartigen Ausmaß der zulässigen Bebauungsdichte ausgehen durfte.

Gemäß § 5 Abs. 1 der Bgld. Bauordnung muß bei offener Bebauungsweise, sofern im Bebauungsplan bzw. Teilbebauungsplan nicht größere Abstände vorgesehen sind und sich aus der festgelegten Bebauungsweise nichts anderes ergibt, gegen die hintere Grundstücksgrenze und gegen die seitlichen Grundstücksgrenzen ein Streifen in der Breite der halben Gebäudehöhe an der Baulinie - vermindert um 1 m - von jeder Bebauung freigehalten werden. Die Breite des Streifens hat jedoch gegen die hintere Grundstücksgrenze mindestens 5 m und gegen die seitliche Grundstücksgrenze mindestens 3 m zu betragen. Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle dürfen in der Abstandsfläche (Abs. 1) Bauten bis zu einer Höhe von 2,50 m errichtet werden, wenn sie keine Feuerstätten haben, keine feuerpolizeilichen Bedenken bestehen und durch ihren Bestand oder ihre Benützung die Rechte der Anrainer nicht gefährdet oder unzumutbar beeinträchtigt werden. Sie dürfen darüber hinaus das Orts- oder Landschaftsbild nicht stören und im Bebauungs- bzw. Teilbebauungsplan nicht untersagt sein.

Für das an die Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen angrenzende Grundstück Nr. n4 wurde in dem schon erwähnten Bescheid über die Bauplatzerklärung, welcher dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, die offene Bebauungsweise festgelegt. Nach dem bei der Bauverhandlung vom 8. August 1991 aufgenommenen Befund "erfolgt die verkehrsmäßige Erschließung der Baugrundstücke" des mitbeteiligten Bauwerbers "von der Lehargasse über das öffentl. Gut Gst. Nr. n6", weshalb davon auszugehen ist, daß das Grundstück Nr. n4 im Hinblick auf seine Lage zu den Verkehrsflächen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, Zl. 85/05/0118, BauSlg. Nr. 1194, und die darin zitierte Vorjudikatur) - entgegen der Meinung der belangten Behörde - nicht mit der seitlichen, sondern mit seiner HINTEREN Grundstücksgrenze an die Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen anschließt. Daraus folgt, daß die Breite des Streifens, welcher gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen von jeder Bebauung freigehalten werden muß, in Ermangelung einer anderslautenden Regelung in einem Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan zufolge § 5 Abs. 1 leg. cit. mindestens 5 m zu betragen hat. Nach dem vorliegenden, mit dem Genehmigungsvermerk vom 10. Oktober 1991 versehenen Plan soll der unmittelbar an die Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen anschließende Lagerraum zwar an der Grundgrenze lediglich 2,5 m hoch sein, und entspricht insofern der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 leg. cit., überschreitet aber noch innerhalb der 5 m breiten Abstandsfläche diese Höhe, weshalb die Vorschriften des § 5 leg. cit. gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen durch das Bauvorhaben des mitbeteiligten Bauwerbers insoweit nicht eingehalten und dadurch Rechte der Beschwerdeführerinnen verletzt werden. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Festlegung unterschiedlicher Bebauungsweisen für einen Bauplatz im Bauplatzerklärungsbescheid vom 10. Oktober 1991 den diesbezüglichen Vorschriften der Bauordnung entspricht, weil die Beschwerdeführerinnen durch die Festsetzung der offenen Bauweise hinsichtlich des an ihre Liegenschaft anschließenden Grundstückes Nr. n4 unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Erwägungen des Gerichtshofes jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt worden sind.

Den der Einhaltung der Bestimmungen über den Seitenabstand gewidmeten Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, insbesondere der Auffassung der belangten Behörde, auf Grund der Bauplatzerklärung bestünde keine Höhenbeschränkung für Bauten in der Abstandsfläche, da ein Zubau niemals als Bau in der Abstandsfläche gelten könne, kann sich der Gerichtshof nicht anschließen, weil dem § 5 der Bauordnung keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, daß die Abstandsvorschriften dann nicht gelten, wenn ein Bauwerk, so wie im Beschwerdefall die im Anschluß an die Grundgrenze der Beschwerdeführerinnen zu errichtende Lagerhalle, an einer bisher unbebauten Stelle des Bauplatzes errichtet wird, also der Abstand zu den Grundgrenzen nicht durch einen schon bestehenden, baubehördlich bewilligten Bau vorgegeben ist. Daher kann die belangte Behörde ungeachtet der Frage, ob im Beschwerdefall überhaupt von einem Zubau die Rede sein kann, mit ihrem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1972, Slg. N. F. Nr. 8298/A, für ihren Standpunkt nichts gewinnen.

Zu Pkt. 43 der Auflagen des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides ("im südöstlichen Seitenabstand", damit ist die in Rede stehende Abstandsfläche gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen gemeint, "darf die Gebäudehöhe maximal 2,50 m (über die Breite des Seitenabstandes) betragen") ist zu bemerken, daß diese Vorschreibung insofern der Rechtslage entspricht, als sie die Gebäudehöhe mit 2,5 m begrenzt, aber nach den vorstehenden Erwägungen Rechte der Beschwerdeführerinnen verletzt, weil es sich bei dieser Abstandsfläche nicht um die seitliche (mit einer Mindestbreite von 3 m), sondern um die hintere handelt, welche mindestens 5 m breit sein muß. Ob das in Rede stehende Bauvorhaben auch insofern nicht den Einschränkungen des § 5 Abs. 2 der Bauordnung Rechnung trägt, als Bauten in der Abstandsfläche keine Feuerstätten haben dürfen, kann angesichts des Umstandes dahingestellt bleiben, daß durch das Projekt die zulässige Höhe im Bereich der den Beschwerdeführerinnen zugewandten hinteren Abstandsfläche im dargestellten Umfang überschritten wird.

Die Beschwerdeführerinnen sind also durch den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeiten in ihren Rechten verletzt worden, weshalb dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Aus prozeßökonomischen Gründen wird in Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen noch darauf hingewiesen, daß aus den Vorschriften über die Beachtung des Ortsbildes keine Nachbarrechte erwachsen (vgl. dazu Hauer, a.a.O., S. 208 f.), und der Nachbar kein - über die Einhaltung insbesondere der Bestimmungen über die Abstandsflächen und die Gebäudehöhe hinausgehendes - Recht hat, daß durch die Errichtung eines Bauwerkes die früheren Belichtungsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1963, Slg. N. F. Nr. 6032/A). Zu den auf § 26 der Bgld. Bauordnung über die Vermeidung oder Beseitigung von Reihen bezugnehmenden Beschwerdeausführungen, wonach auf "der Höhe der Parzelle n7 ein Abstand von ca. 10 cm zwischen dem Gebäude auf Grundstück n7 und der neuen Halle auf Pz. n4 ein Abstand von ca. 10 cm entsteht", ist zu bemerken, daß es sich dabei um ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zufolge des aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes unbeachtliches Vorbringen handelt, auf das der Gerichtshof nicht einzugehen hat.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für nicht zur Rechtsverfolgung erforderliche Beilagen der Beschwerde.

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