Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §1 Abs5;
GewO 1973 §1 Abs6 idF 1988/399;
GewO 1973 §189 Abs1 Z3;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §1 Abs5;
GewO 1973 §1 Abs6 idF 1988/399;
GewO 1973 §189 Abs1 Z3;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als Obmann und somit als zur Vertretung des Vereines "X" nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich zu sein, daß dieser Verein in der Zeit vom 27. Oktober 1989 bis zum 15. Mai 1990 in W, G-Gasse 1, das konzessionierte Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos durch Verabreichung von alkoholischen (Bier, Wein, Weinbrand) und nicht alkoholischen (Kaffee) Getränken ohne die erforderliche Konzession ausgeübt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 Abs. 6 leg. cit. begangen, weshalb nach der zuerst genannten Gesetzesstelle über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde. In der Begründung ging der Landeshauptmann durch Übernahme der diesbezüglichen Feststellungen im erstbehördlichen Bescheid davon aus, daß das dem Verein "X" gehörende Gassenlokal jedermann zugänglich sei. Seine Ausstattung und Einrichtung und das Angebot an Getränken entspreche einem Espresso. Die Getränkepreise lägen über den Einkaufspreisen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers decke der aus dem Getränkeverkauf erzielte geringfügige Gewinn nur einen Teil der Aufwendungen des Vereins, der sich vor allem die Betreuung von Gastarbeitern zum Ziel gesetzt habe und dessen Tätigkeit nur durch Spenden und Unterstützungen aufrechterhalten werden könne. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung, das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes sei nicht gegeben, weil im Vereinslokal auch Kinder betreut würden, abends Beratungs- und Informationsveranstaltungen stattfänden, die Verkaufspreise der Getränke nur knapp über den Einkaufspreisen lägen, das Lokal mit "Club Y" und nicht etwa mit "Espresso" beschildert sei und der Getränkeverkauf keinen Gewinn abwerfe, wenn man die notwendigen Aufwendungen für diesen Verkauf wie Miete, Betriebskosten und Investitionen für das Vereinslokal berücksichtige, hielt der Landeshauptmann entgegen, gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1973 sei Voraussetzung für die Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit neben der Selbständigkeit und der Regelmäßigkeit nicht die Gewinnerzielung, sondern die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Diese Ertragsabsicht liege gemäß § 1 Abs. 6 GewO 1973 beim gegenständlichen Verein auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweise und diese Tätigkeit - sei es unmittelbar oder mittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet sei.
Selbständigkeit und Regelmäßigkeit der Vereinstätigkeit stünden außer Streit. Das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes sei unzweifelhaft gegeben, weil jedermann das Vereinslokal aufsuchen könne und dort eine Einrichtung, eine Ausstattung und ein Getränkeangebot wie in einem Espresso vorfinde. Daß das Lokal zeitweilig der Kinderbetreuung und der Abhaltung von Beratungs- und Informationsveranstaltungen diene, sei demgegenüber unerheblich. Aus der Tatsache, daß der aus der Differenz zwischen den Verkaufspreisen und den Einkaufspreisen der Getränke erzielte Ertrag zumindest teilweise der Deckung der Aufwendungen des Vereines diene, folge, daß der Ausschank der Getränke mittelbar auf Erlangung eines vermögensrechtlichen Vorteiles für die Vereinsmitglieder gerichtet sei. Die Erstbehörde habe daher zu Recht die Absicht, einen Ertrag zu erzielen, bejaht. Es folgen sodann Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer (zusammengefaßt) vor, Voraussetzung für die Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit sei, daß sie in der Absicht betrieben werde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Hiebei könnten jedoch nicht einzelne Handlungen isoliert betrachtet werden. Es seien sämtliche mit dieser Tätigkeit verbundenen Aufwendungen den Erlösen aus dieser Tätigkeit gegenüberzustellen. Das bedeute im gegenständlichen Fall, daß den Aufwendungen, die mit dem Getränkeverkauf im Zusammenhang stünden (also die Aufwendungen für den Getränkeeinkauf, für Steuern und für das Clublokal) die Erlöse aus dem Getränkeverkauf gegenübergestellt werden müßten. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsstrafverfahren mehrfach betont, daß auch bei dieser engen Betrachtung kein Ertrag erzielt worden sei. Davon abgesehen müßte neben den notwendigsten Ausgaben (Getränkeeinkauf, Steuern, Miete und Betriebskosten) die gesamte wirtschaftliche Gebarung des Vereines, die mit der Tätigkeit des Clubbetriebes zusammenhänge, betrachtet werden. Es seien also auch noch die Kosten für die Betreuer, Referenten und Deutschlehrer heranzuziehen. Es sei dem Verein auch ein Zivildiener zugewiesen, der den Club betreue und dessen Kosten vom Verein bezahlt werden müßten. Alle diese Aufwendungen müßten durch Subventionen und Spenden finanziert werden. Gänzlich verfehlt sei die Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs. 6 GewO 1973, weil den Vereinsmitgliedern aus der Vereinstätigkeit keinerlei wirtschaftlicher Vorteil zufließe. Worin die Behörde das Vorliegen dieser Voraussetzung erblicke, sei völlig unverständlich. Das Defizit des Vereines habe auf die vermögensrechtliche Situation der Vereinsmitglieder keinerlei Auswirkung. Es bestehe weder eine Verpflichtung zur Abdeckung des Defizits noch irgendeine Haftung der Mitglieder. Wenn die Vereinstätigkeit nicht mehr finanziert werden könne, müsse sie entweder eingeschränkt oder eingestellt werden. Wenn durch Kostenbeiträge ein geringerer Finanzierungsbedarf gegeben sei, bzw. die vorhandenen Mittel für andere Zwecke verwendet werden könnten, sei das sicherlich keinerlei vermögensrechtlicher Vorteil für die Mitglieder. Schließlich habe die belangte Behörde auch die Bestimmung des § 1 Abs. 2 GewO 1973 zu Unrecht auf den vorliegenden Fall angewendet, denn seit der Gewerberechtsnovelle 1988 sei diese Bestimmung als abschließende Definition der Ertragsabsicht bei Vereinen zu betrachten.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.
Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.
Nach § 1 Abs. 5 leg. cit. liegt die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.
Zufolge § 1 Abs. 6 leg. cit. liegt bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zur Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1988 in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, erweist "Entgelt" allein noch nicht, daß mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden soll, die Betätigung also in Gewinnabsicht unternommen wird. Im besonderen wird das dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die - damit im Zusammenhang stehenden - Unkosten ganz oder lediglich zum Teil abgedeckt werden sollen. Ob die dieser Absicht der Kostendeckung dienende Gebarung eine kaufmännische ist, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die von einem nach dem Vereinsgesetz 1951 konstituierten Verein entfaltete Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliegt, kommt es nicht darauf an, inwieweit der Verein nach dem Vereinsgesetz und nach seinen Statuten befugt ist, Tätigkeiten in der Absicht auszuüben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sondern darauf, inwieweit eine solche Absicht tatsächlich besteht. Ist die Gebarung eines derartigen Vereines mit dem Bemühen verbunden, Auslagen gering zu halten oder unter Umständen zu vermeiden und im übrigen dahin ausgerichtet, Einnahmen durch Leistungen der Mitglieder oder durch Spenden lediglich in der Höhe der aus der Verwirklichung der ideellen Vereinszwecke zwangsläufig erwachsenden Auslagen zu erzielen, so handelt es sich zwar einerseits um ein Bestreben, das von der Absicht, "einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen", zu unterscheiden ist, doch mangelt aber andererseits auch nicht jeder Tätigkeit, deren Erträgnisse der Verminderung des Gesamtaufwandes eines Vereines dienen, schon etwa allein im Hinblick auf diese Eigenschaft die Gewerbsmäßigkeit. Entscheidend ist vielmehr, ob jene Vereinstätigkeit, in deren Rahmen Einkünfte erzielt werden, in der Absicht betrieben wird, einen mit DIESER Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Aufwand übersteigenden Ertrag zu erzielen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0186, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Rechtsansicht der Beschwerde, die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sei bei einem Verein nur dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 GewO 1973 vorliegen. Die auf Personenvereinigungen und Vereine bezughabenden Bestimmungen des § 1 Abs. 5 und 6 GewO 1973 bilden vielmehr eine Sondernorm für jene Fälle, in denen bei alleiniger Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs. 2 leg. cit. die Ertragserzielungsabsicht deshalb verneint werden müßte, weil der erzielte Ertrag nicht der Personenvereinigung bzw. dem Verein, sondern eben seinen Mitgliedern zum wirtschaftlichen Vorteil gereicht.
Im vorliegenden Fall reichen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Beurteilung der zu lösenden Rechtsfrage nicht aus. Denn die Feststellung, die aus der inkriminierten Tätigkeit erzielten Einkünfte deckten nur einen Teil der Aufwendungen des Vereines, gibt keine Auskunft darüber, ob diese Einkünfte die mit dem Getränkeverkauf verbundenen Auslagen, die zweifellos ebenfalls zu den Aufwendungen des Vereines zählen, übersteigen. Daß sich der Verein nach den Feststellungen der belangten Behörde "vor allem die Betreuung von Gastarbeitern zum Ziel gesetzt habe und dessen Tätigkeit nur durch Spenden und Unterstützungen aufrecht erhalten werden könne", vermag daran nichts zu ändern. Auch gibt die Begründung des angefochtenen Bescheides keine Auskunft darüber, worin nach Ansicht der belangten Behörde der wirtschaftliche Vorteil für die Vereinsmitglieder im Sinn des § 1 Abs. 6 GewO 1973 gelegen sein soll.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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