VwGH 92/03/0135

VwGH92/03/013521.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf, Dr. Sauberer, Dr. Kremla und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der

I G.m.b.H. in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des BM für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als oberste Fernmeldebehörde) vom 13.4.1992, Zl. 127731/III-25/91, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Fernmeldeangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. Mai 1990 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung einer fernmeldebehördlichen Bewilligung zur Einfuhr von sechs Typen von Funkanlagen. Auf Grund einer Aufforderung der Fernmeldebehörde erster Instanz vom 1. Juni 1990 beantragte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. Juni 1990 auch die Bewilligung zum Vertrieb dieser sechs Typen von Funkanlagen.

Mit Bescheid vom 26. Juni 1990 bewilligte die Fernmeldebehörde erster Instanz gemäß § 4 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes, BGBl. Nr. 170/1949 (FMG), und der gemäß BG BGBl. Nr. 267/1972 auf Gesetzesstufe stehenden Verordnung über Privatfernmeldeanlagen BGBl. Nr. 239/1961 die Einfuhr von je zehn Stück der beantragten sechs Typen (Amateurfunkgeräten, darunter Typ FT 690 R, Hersteller YAESU, und Typ C 5680, richtig: C 5608, Hersteller STANDARD) mit den Auflagen: "Die eingeführte Stückzahl der Geräte ist binnen 3 Tagen der Funküberwachung zur Begutachtung vorzulegen bzw. die Funküberwachung zu verständigen. ... Die Errichtung und der Betrieb ... ist nur auf den für den Amateurfunk zugewiesenen

Frequenzbereichen gestattet. Ein allfälliger Betrieb und Vertrieb außerhalb der zugewiesenen Frequenzbereiche ist technisch zu verhindern."

Einem Bericht der Funküberwachung des Fernmeldebetriebsamtes Linz vom 5. Oktober 1990 an die Fernmeldebehörde erster Instanz ist sodann zu entnehmen, daß die schon genannten Typen FT 690 R und C 5608 den Bestimmungen für Amateurfunkgeräte nicht entsprächen, wobei die Beschwerdeführerin laut einer am 16. Mai 1990 zollamtlich bestätigten Rechnung bereits vier Funkgeräte der Type FT 690 R eingeführt habe. Die anderen Typen gingen in Ordnung.

Daraufhin richtete die Fernmeldebehörde erster Instanz am 23. Oktober 1990 ein Schreiben folgenden Inhaltes an die Beschwerdeführerin:

"Betreff: Vertrieb von Funkanlagen

Sehr geehrter Herr S

Laut Mitteilung der Funküberwachung entsprechen die Typen FT-690R, Hersteller YAESU, und die Type C-5680 (richtige Typenbezeichnung C-5608) nicht den Bestimmungen für Amateurfunkgeräte. Der Vertrieb von Funkanlagen für ggst. Typen kann somit nicht erteilt werden. Die bereits im Mai d.J. eingeführten 4 St. der Type FT-690R sind nachweislich wieder in das Ausland zu verbringen. Eine Kopie der Ausfuhrbescheinigung ist vorzulegen.

Weiters sind die Auflagen bzw. die Bestimmungen in der Einfuhrbewilligung einzuhalten, da dies eine Verzögerung bei der Erteilung der Bewilligung zum Vertrieb von Funkanlagen mit sich bringt. Eine Bewilligung zum Vertrieb von Funkanlagen kann erst nach Vorlage der Funkanlagen und deren positiver Überprüfung erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen"

Diese Erledigung langte am 24. Oktober 1990 bei der Beschwerdeführerin ein.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 1990 WIDERRIEF sodann die Fernmeldebehörde erster Instanz gemäß § 20 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. e der auf Gesetzesstufe stehenden Verordnung über Privatfernmeldeanlagen BGBl. Nr. 239/1961 die mit Bescheid vom 26. Juni 1990 erteilte Einfuhrbewilligung und ERTEILTE mit einem Bescheid vom selben Tag neuerlich die Einfuhrbewilligung hinsichtlich vier der schon im Bescheid vom 26. Juni 1990 genannten (sechs) Typen von Amateurfunkgeräten. Nicht aufgenommen wurden die beiden Typen FT 690 R und C 5608. Ausdrücklich wurde festgehalten, daß die Bewilligung zum Vertrieb der Funkanlagen nach Vorlage der oben genannten Funkanlagen erteilt werde.

Diese beiden Bescheide wurden der Beschwerdeführerin am 30. Oktober 1990 mit folgendem Begleitschreiben vom 24. Oktober 1990 zugestellt:

"Sehr geehrter Bewilligungsinhaber.

Anbei übermitteln wir Ihnen den Bescheid über den Widerruf zur Einfuhr von Funkanlagen. Gleichzeitig wird ein Bescheid zur Einfuhr von Funkanlagen für die Typen FT-911, Hersteller YAESU, FT-912, Hersteller YAESU, C-628, Hersteller Standard und Delta-II, Hersteller Ten Tec erstellt. Die bereits eingeführten 4 St. der Type FT-690R, Hersteller YAESU, sind nachweislich unter Vorlage einer Kopie der Ausfuhrbescheinigung ins Ausland zu verbringen.

Mit freundlichen Grüßen."

Gegen das Schreiben vom 23. Oktober 1990 erhob die Beschwerdeführerin eine mit 6. November 1990 datierte Berufung, und zwar mit dem Hinweis, daß dies "vorsorglich geschehe, da dem Schreiben Bescheidcharakter von vornherein nicht abgesprochen werden könne".

Auch gegen die Bescheide vom 24. Oktober 1990 sowie das Begleitschreiben vom 24. Oktober 1990 erhob die Beschwerdeführerin Berufungen, welche aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. April 1992 (erlassen im Zuge eines Säumnisbeschwerdeverfahrens: vgl. hg. Zl. 91/03/0161) wurde die mit Schreiben vom 6. November 1990 erhobene Berufung gegen das obgenannte Schreiben vom 23. Oktober 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG mangels eines Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Wortlautes der Erledigung vom 23. Oktober 1990 im wesentlichen aus, für die Wertung einer behördlichen Erledigung als Bescheid sei wesentlich, daß durch diese Erledigung ein Rechtsverhältnis in einer der Rechtskraft fähigen Weise begründet, geändert, aufgehoben oder festgestellt werde. Untersuche man unter diesem Gesichtspunkt das Schreiben Satz für Satz, so ergebe sich, daß der erste Satz eine bloße Information über den Inhalt einer Mitteilung der Funküberwachung enthalte, der zweite Satz nur eine Mitteilung ohne Bezug auf einen Antrag. Der dritte und vierte Satz beinhalte lediglich Mitteilungen über zur Bereinigung der gegebenen Situation zweckdienlich erscheinenden Schritte. Auch der fünfte Satz enthalte lediglich einen bloßen Hinweis auf die Einfuhrbewilligung. Der sechste Satz stelle eine positive Erledigung bei Vorliegen eines positiven Überprüfungsergebnisses in Aussicht. Daraus ergebe sich, daß dem Schreiben vom Inhalt her kein Bescheidcharakter zukomme. Dies werde auch dadurch bestätigt, daß das Schreiben nicht als Bescheid bezeichnet sei und überdies die für Bescheide unüblichen Formeln "Sehr geehrter Herr ..." und "Mit freundlichen Grüßen" aufweise. Im übrigen sei in dem betreffenden Aktenstück dem Entwurf des gegenständlichen Schreibens ein sogenannter Vortrag vorangestellt, der über die Motive der Behörde Aufschluß gebe und zeige, daß kein Bescheidwille bestanden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Im Zweifel ist daher der Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet ist, zu verneinen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 382). Bei Zweifeln über den Inhalt einer behördlichen Erledigung kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar dem Gebrauch der Höflichkeitsfloskel "Sehr geehrter Herr". Aus dieser Form einer Erledigung ist eher zu schließen, daß kein Bescheid vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1986, Zl. 84/11/0115, und zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0052).

Die belangte Behörde hat eingehend begründet, warum dem Schreiben vom 23. Oktober 1990 kein Bescheidcharakter zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof tritt im Lichte der dargelegten Rechtslage den Ausführungen der belangten Behörde bei. Aus der ganzen Gestaltung und dem gesamten Inhalt des Schreibens (vgl. die Verwendung der Höflichkeitsfloskeln am Beginn und Ende der Erledigung) ist zu entnehmen, daß die Behörde erster Instanz damit keinen Antrag der Beschwerdeführerin einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt hat. Daß dies auch tatsächlich zutrifft, beweisen im übrigen die in der Sachverhaltsdarstellung genannten weiteren Bescheide der Fernmeldebehörde erster Instanz vom 24. Oktober 1990 betreffend den Widerruf der Einfuhrbewilligung vom 26. Juni 1990 und deren Neuerteilung hinsichtlich bestimmter Geräte, welche der Beschwerdeführerin am 30. Oktober 1990, also noch vor Erhebung der gegenständlich relevanten Berufung zugestellt wurden. Eine Entscheidung der Fernmeldebehörde erster Instanz über den Antrag auf Erteilung einer Vertriebsbewilligung steht, worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift hingewiesen hat, noch aus.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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