Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde wird abgewiesen.
- 2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 3. Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 2. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 schuldig erkannt und über ihn nach der zuerst genannten Gesetzesstelle eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten, am 3. März 1992 zur Post gegebenen Beschwerde gab der Beschwerdeführer an, der angefochtene Bescheid sei ihm am 21. Jänner 1992 zugestellt worden. Aus dem dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Rückschein über diese Zustellung ergibt sich demgegenüber, daß die Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 1 ZustG erfolgte, wobei sowohl der Zustellversuch als auch der Beginn der Abholfrist mit 20. Jänner 1992 datiert ist.
Den zuletzt genannten Sachverhalt gab der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit Verfügung vom 17. Juni 1992 bekannt. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde zu bewilligen. Er brachte hiezu vor, er sei nicht in der Lage, die Richtigkeit der Hinterlegungs- bzw. Behebungsdaten zu überprüfen, da ihm im Zuge finanzamtlicher Maßnahmen in seiner Wohnung der mit dem Hinterlegungs- und dem Abholdatum versehene Briefumschlag des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung abhanden gekommen sei. Er habe den angefochtenen Bescheid unmittelbar nach Behebung seiner Lebensgefährtin mit dem Auftrag übergeben, ihn fristgerecht und unter Bekanntgabe des Hinterlegungsdatums an seinen ständigen Rechtsvertreter zur Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde weiterzuleiten. Diese habe dem Rechtsvertreter angegeben, der Bescheid sei am 21. Jänner 1992 postamtlich hinterlegt und am 22. Jänner 1992 behoben worden. Die Lebensgefährtin sei seit 18 Jahren Beamtin der Bundespolizeidirektion Wien und habe in dieser Eigenschaft auch die Führung von Protokollen sowie Frist- und Terminvormerkungen wahrzunehmen. Ihr sei in ihrer beruflichen Tätigkeit nie eine Fehlvormerkung unterlaufen. Die Lebensgefährtin besitze seit 1983 eine Postvollmacht des Beschwerdeführers und habe sich in der über 10jährigen Dauer der Lebensgemeinschaft stets als zuverlässig erwiesen. Insbesondere habe sie auch die im beruflichen Bereich des Beschwerdeführers anfallenden Fristen und Termine stets genau in Evidenz gehalten und für deren Einhaltung gesorgt. Wenn auch nunmehr nicht zu klären sei, wie es zu der irrtümlichen Bekanntgabe eines unrichtigen Hinterlegungs- bzw. Behebungstermins seitens der Lebensgefährtin an den Rechtsvertreter gekommen sei, dürfe doch davon ausgegangen werden, daß dieses erst- und einmalige Versagen der Lebensgefährtin in Fristen- und Terminangelegenheiten für den Beschwerdeführer ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstelle, das ihn ohne sein Verschulden daran gehindert habe, die Beschwerde rechtzeitig einzubringen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt ein Wiedereinsetzungswerber, wenn er die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht läßt. Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des Wiedereinsetzungswerbers geschehen. Das, was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger für ihn tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termines vorgekehrt hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (vgl. den hg. Beschluß vom 24. November 1989, Zl. 89/17/0116).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen seine Lebensgefährtin beauftragt, den angefochtenen Bescheid an seinen ständigen Rechtsvertreter zwecks Einbringung der gegenständlichen Beschwerde weiterzuleiten. Seinem Vorbringen ist jedoch nicht zu entnehmen, ob und allenfalls in welcher Weise er für eine ordnungsgemäße Mitteilung des Termines der Zustellung des angefochtenen Bescheides sorgte. Eines solchen Vorbringens hätte es aber umso mehr bedurft, als aus seinem übrigen Vorbringen hervorgeht, daß er jedenfalls den Briefumschlag mit den entsprechenden Vermerken seiner Lebensgefährtin nicht übergab, sodaß offen bleibt, aufgrund welcher Informationen die Lebensgefährtin die entsprechende Mitteilung an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers machte.
Das vom Beschwerdeführer zu seinem Wiedereinsetzungsantrag erstattete Vorbringen ist somit keine ausreichende geeignete Grundlage für die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Mitteilung des Termines der Zustellung des angefochtenen Bescheides die ihm zumutbare Sorgfalt beachtet hat. Da somit der Beschwerdeführer seiner Pflicht zur Konkretisierung des Antragsvorbringens nicht ausreichend nachgekommen ist und dieses Vorbringen damit für sich allein nicht geeignet ist, seinen Antrag zum Erfolg zu führen, war dem Antrag nicht stattzugeben.
Damit erweist sich aber die Beschwerde im Hinblick auf die eingangs wiedergegebenen Daten der Zustellung des angefochtenen Bescheides und ihrer Postaufgabe als außerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 VwGG erhoben. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als verspätet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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