VwGH 92/01/0702

VwGH92/01/07025.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M in O, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1992, Zl. 4.315.533/2-III/13-92, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AVG §13a;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnA;
VwRallg;
AsylG 1968 §1;
AVG §13a;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnA;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 12. April 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am 19. April 1991 (bereits anwaltlich vertreten) einen schriftlichen Asylantrag.

Diesen begründete er damit, wegen seiner kurdischen Abstammung in der Türkei "in allen Lebenslagen politisch verfolgt und benachteiligt" worden zu sein. Er habe nie Arbeit bekommen und immer nur Gelegenheitstätigkeiten für kurze Zeit annehmen müssen. Da er wie ein Mensch leben und behandelt werden möchte, habe er beschlossen, die Türkei zu verlassen.

Bei seiner am 20. Juni 1991 erfolgten niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gab der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes an:

Er habe keinen Beruf erlernt und bis zu seiner Flucht bei seinen Eltern in der Landwirtschaft ohne Einkommen gearbeitet. Er sei nie bei einer Partei und auch nie politisch tätig gewesen. Darauf hingewiesen, daß die Tatsache, daß er Kurde sei, allein noch nicht genüge, um in Österreich Asyl zu bekommen, führte der Beschwerdeführer zusätzlich noch folgendes aus: Man habe als Kurde in der Türkei praktisch keine Rechte. Besonders problematisch sei die Schulausbildung. Er habe "praktisch keine weitere Schule besuchen" können und sei es ihm daher auch nicht möglich gewesen, eine ordentliche Arbeit zu finden. Da er sich in Österreich mehr Möglichkeiten verspreche, ein freies Leben zu führen, habe er sich zur Flucht entschlossen.

Daraufhin stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 27. Juni 1991 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling i.S. des Asylgesetzes und auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, es handle sich beim erstinstanzlichen Bescheid um ein vorgedrucktes Formular, das weder eine Begründung noch Feststellungen enthalte. Auf Grund seiner unwiderlegten Angaben sei von der Berechtigung seines Asylantrages auszugehen.

Mit dem Bescheid vom 18. Mai 1992 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach ebenfalls aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes, weil er keine konkreten, gegen seine Person gerichteten Verfolgungshandlungen i.S. der Genfer Flüchtlingskonvention behauptet habe. Wirtschaftliche Gründe könnten nicht zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Die Zugehörigkeit zu einer Minderheit allein reiche für die Anerkennung nicht aus.

Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vermeint, der angefochtene Bescheid leide deshalb an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil die belangte Behörde die vorgebrachten Gründe dahin hätte beurteilen müssen, daß der Beschwerdeführer als politischer Flüchtling anzuerkennen sei. In diesem Zusammenhang behauptet der Beschwerdeführer jetzt erstmals, er sei wegen seiner kurdischen Abstammung in der Türkei in seiner wirtschaftlichen Existenz, insbesondere in der Deckung seines Unterhaltes "schlechthin gefährdet" gewesen. Mit diesem Vorbringen setzt sich der Beschwerdeführer nicht nur über das gemäß § 41 Abs. 1 VwGG bestehende Neuerungsverbot hinweg, sondern auch in Widerspruch zu seinen eigenen Angaben in erster Instanz, wo er ausdrücklich deponiert hatte, bis zu seiner Flucht bei seinen Eltern in der Landwirtschaft tätig gewesen zu sein. Von einer ernsthaften Bedrohung der Lebensgrundlage des Beschwerdeführers in der Türkei war damals keine Rede.

Da sich die belangte Behörde mit ihren Argumenten, die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur kurdischen Minderheit allein reiche ebensowenig für seine Anerkennung als Konventionsflüchtling aus wie die vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe, im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes befindet (vgl. dazu z.B. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, Seite 30 Abs. 1 und Seite 29 Abs. 3 referierte hg. Judikatur), haftet dem angefochtenen Bescheid keine inhaltliche Rechtswidrigkeit an.

Mit Rücksicht darauf, daß die belangte Behörde ohnehin das Vorbringen des Beschwerdeführers in erster Instanz ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat und für die vom Beschwerdeführer jetzt als fehlend monierte Konkretisierung angesichts der Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Befragung keinerlei Anlaß bestand, muß auch die erhobene Verfahrensrüge versagen. Es ist nicht Aufgabe der Behörde, Asylgründe herauszuarbeiten, die weder im schriftlichen Asylantrag noch in der aufgenommenen Niederschrift auch nur ansatzweise enthalten sind.

Da sich der angefochtene Bescheid daher auch als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VO BGBl. Nr. 104/1991.

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