VwGH 91/19/0270

VwGH91/19/02709.7.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des O in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Juli 1991, Zl. Ge-47.499/6-1991/Pan/Neu, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
ARG 1984 §27 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs2;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwRallg;
ABGB §1151;
ARG 1984 §27 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs2;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 9 Abs. 1 VStG 1950) der G-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in L, X-Weg, zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 2. Dezember 1989 die Arbeitnehmerin (Werbedame) BS im Rahmen eines Außendiensteinsatzes bei der M-Gesellschaft m.b.H. in W, X-Straße, "bei Verletzung der gesetzlichen Wochenendruhe nach dem Arbeitsruhegesetz verbotenerweise nach 13.00 Uhr und namentlich bis 15.30 Uhr beschäftigt hat". Er habe dadurch eine Übertretung des § 3 Abs. 2 iVm § 27 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. Nr. 144/1983, (ARG) begangen. Es wurde deshalb über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen) verhängt (§ 27 Abs. 1 ARG).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete dazu eine Gegenäußerung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde macht gegen § 3 Abs. 2 und § 27 Abs. 1 ARG insoweit verfassungsrechtliche Bedenken geltend, als das Gesetz "hier eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer vornimmt"; bei Vorliegen einer freiwilligen oder eigeninitiativen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers würde der Arbeitgeber "für diese (vorsätzliche) Überschreitung des Arbeitsruhegesetzes verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, obwohl jemand anderer dieses Tatbild gesetzt hat, der straffrei ausgeht".

1.2. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes erhobenen Bedenken nicht. Dies schon deshalb nicht, weil ihnen eine unzutreffende Prämisse zugrunde liegt: Normadressat arbeitszeitrechtlicher Vorschriften (wozu auch jene über die Wochenendruhe nach dem ARG zählen) ist nämlich nicht, wie der Beschwerdeführer meint, der jeweilige Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber (der zur Vertretung nach außen Berufene der verantwortliche Beauftragte, der Bevollmächtigte). Ein Zuwiderhandeln gegen solche Vorschriften durch den Arbeitgeber liegt in verwaltungsstrafrechtlicher Sicht - dem objektiven Tatbestand nach - immer dann vor, wenn ein Arbeitnehmer bei seiner beruflichen Tätigkeit Arbeitszeitvorschriften verletzt. Die Zuwiderhandlung besteht in der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers unter Verletzung einer Arbeitszeitvorschrift (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1987, Zlen. 86/08/0172, 0173, vom 9. Juni 1988, Zl. 88/08/0123, und vom 8. Juni 1989, Zl. 87/08/0174). Es besteht deshalb für den Gerichtshof kein Anlaß, die vorgenannten Bestimmungen des ARG der Anregung des Beschwerdeführers folgend beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG anzufechten.

2.1. Daß die Wochenendruhe der Arbeitnehmerin BS an besagtem Samstag (2. Dezember 1989) nicht - wie von § 3 Abs. 2 ARG gefordert - spätestens um 13.00 Uhr begonnen hat, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er vertritt jedoch die Ansicht, daß die Genannte "freiwillig und eigeninitiativ" nach 13.00 Uhr gearbeitet habe, ein Umstand, der es dem Beschwerdeführer selbst dann unmöglich mache, derartige Arbeiten zu verhindern, "wenn dies seinen ausdrücklichen und dem Arbeitgeber zur Kenntnis gebrachten und überwachten Weisungen widerspricht". Im übrigen entspreche es nicht der Konzeption des ARG als einer Arbeitnehmerschutzvorschrift, "einem arbeitswilligen Arbeitnehmer das Arbeiten an einem Samstag nachmittag zu verbieten, sofern er nicht dazu gedrängt wird".

2.2.1. Mit dem zuletzt wiedergegebenen Einwand, der sich in Richtung einer Bestreitung der Tatbestandsmäßigkeit deuten läßt, verkennt der Beschwerdeführer den zwingenden Charakter des § 3 Abs. 2 ARG ("Die Wochenendruhe hat für alle

Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13 Uhr .... zu beginnen.")

Diese Norm bzw. der durch sie festgelegte Beginn der Wochenendruhe steht nicht zur Disposition des Arbeitnehmers. Die vom Beschwerdeführer immer wieder betonte Freiwilligkeit und Eigeninitiative der BS, auf welche die Arbeit nach 13.00 Uhr zurückzuführen gewesen sei, sind demnach Kategorien, die der rechtlichen Relevanz entbehren. Darauf bezughabende Beweisaufnahmen im Verwaltungsstrafverfahren waren sohin entbehrlich.

2.2.2. Was indes die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, es wäre ihm sachverhaltsbezogen nicht möglich gewesen, die Beschäftigung der BS nach 13.00 Uhr zu verhindern, obwohl er ein seiner Meinung nach allen Erfordernissen entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet gehabt habe, so ist dazu folgendes festzuhalten.

Das vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erstattete ausführliche Vorbringen zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an der Verletzung des § 3 Abs. 2 ARG - bei der Übertretung dieser Norm handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 - läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß im Beschwerdefall eine doppelte Kontrolle zur Verhinderung eines Verstoßes gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften Platz gegriffen habe, und zwar dergestalt, daß einerseits die hiezu "ständig beauftragten Handelsagenten für den Raum Wien" und anderseits die "Kontrolleinrichtungen am Arbeitsort", d.s. die "Betriebsleiter und Abteilungsleiter der Firma M", vom Beschwerdeführer mit der entsprechenden Überwachung betraut gewesen seien (vgl. die Stellungnahmen des Beschwerdeführers vom 7. März 1990 und vom 8. Juni 1990 an die Behörde erster Instanz sowie die Berufung vom 10. August 1990). Dazu sei noch gekommen, daß der Arbeitnehmerin BS ein "Merkblatt für Werbekräfte" (verfaßt von der "M Geschäftsleitung") ausgehändigt worden sei, und der Beschwerdeführer eine diesem Merkblatt hinsichtlich der Arbeitszeit der Werbedamen inhaltsgleiche Weisung erteilt sowie stichprobenartig Überprüfungen der Arbeitszeit im Wege der Überwachung seiner Handelsagenten und der Betriebsleiter der M durchgeführt habe.

Damit ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, das Bestehen eines - im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - WIRKSAMEN Kontrollsystems darzutun. Um von einem solchen sprechen zu können, genügt nicht die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben und die Erteilung diesbezüglicher Weisungen; geboten ist vielmehr darüber hinaus die Überwachung der Betrauten auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben bzw. die Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0225, und vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0345). Darüber hinaus ist es im gegebenen Zusammenhang zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 erforderlich, daß dargestellt wird, wie die Kontrolle KONKRET funktionieren soll (vgl. das Erkenntnis Zl. 91/19/0225). Der Beschwerdeführer hat zum einen seine Überwachung den mit der Kontrolle Betrauten gegenüber ausdrücklich als "stichprobenartig" bezeichnet; dies genügt den an eine wirksame Kontrolle zu stellenden Anforderungen nicht (vgl. etwa das Erkenntnis Zl. 91/19/0345). Er hat es zum anderen unterlassen, im einzelnen anzugeben, auf welche Art die Kontrolle in der gegebenen Situation, die insbesondere dadurch gekennzeichnet war, daß BS "Außendienst" (in der Betriebsstätte eines anderen Unternehmens) versehen hat, funktionieren sollte.

Davon abgesehen scheint der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis, BS sei auch der Überwachung der Betriebsleiter und der Abteilungsleiter der "M" unterlegen, zu übersehen, daß die Genannte - was aktenkundig und vom Beschwerdeführer unbestritten ist - nicht Arbeitnehmerin dieser Gesellschaft war, daher hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften den vorhin angeführten Organen gegenüber nicht weisungsgebunden war. Dem erwähnten "Merkblatt für Werbekräfte" dieser Gesellschaft konnte daher bestenfalls der Charakter einer unverbindlichen Empfehlung zukommen. Die in der Beschwerde so bezeichnete Eigenschaft der "M" als "De-facto-Arbeitgeber" der BS ist - wie immer man diese Darstellung bewerten mag - nicht zielführend, da es hier allein auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses der BS mit dem vom Beschwerdeführer repräsentierten Arbeitgeber ankam. Insoweit ist auch nicht erkennbar, auf welcher rechtlichen Grundlage der Beschwerdeführer in der Lage gewesen sein sollte - wie von ihm behauptet - Organe der "M" im gegebenen Zusammenhang zu kontrollieren.

Damit erweisen sich die zu seiner Entlastung gedachten Ausführungen des Beschwerdeführers tatsächlich als nicht geeignet, das Bestehen eines zur Glaubhaftmachung im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 erforderlichen wirksamen Kontrollsystems darzutun.

3. Da nach dem Gesagten der bekämpfte Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit - im Hinblick auf die Erwägungen unter II.2.2.2. auch nicht mit den in der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängeln - behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte