Normen
BAO §119 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
BAO §236 Abs2;
BAO §119 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
BAO §236 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In ihrem Testament hat die 1985 verstorbene Witwe nach X Y, verfügt, daß zum Schutz des gesamten Werkes ihres Gatten ein Verein gegründet werde, dessen ausschließlicher Zweck die Errichtung eines "X Y-Museums" und die Erhaltung und Betreuung des künstlerischen Nachlasses sein solle. Der Nachlaß der Verstorbenen wurde dem beschwerdeführenden Verein, der eine unbedingte Erbserklärung abgegeben hatte, als Alleinerben eingeantwortet. Zur Verfolgung seiner gemeinnützigen Zwecke beabsichtigt der Verein eine Stiftung zugunsten der Republik Österreich zu errichten, das Vereinsvermögen in die Stiftung einzubringen und diese gemeinsam mit der Republik Österreich zu verwalten.
Aufgrund einer Anzeige des Beschwerdeführers hat das Finanzamt unter Wiederaufnahme der Verfahren Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1982 bis 1984 und Vermögensteuerbescheide zum 1. Jänner 1982, 1. Jänner 1983, 1. Jänner 1984 und 1. Jänner 1985 erlassen und darin von der Erblasserin nicht einbekannte Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht erklärtes sonstiges Vermögen erfaßt. Die Bescheide über die in der Person der Verstorbenen entstandenen Abgabenschuldigkeiten sind in Rechtskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 1987 ersuchte der Beschwerdeführer um Nachsicht der aushaftenden Abgabenbeträge. Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, die Vermögenssituation des Beschwerdeführers erlaube ihm die Abstattung der Steuerschulden, sodaß in deren Einhebung keine Unbilligkeit erblickt werden könne.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte im wesentlichen vor, die Verwendung von Vereinsmitteln zur Abdeckung der Abgabenschuldigkeiten würde die Erfüllung des letztwilligen Auftrages gefährden, zumal der Nachlaß überschuldet sei.
Nachdem das Finanzamt dieses Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen hatte, beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde die begehrte Abgabennachsicht. Wenn der Beschwerdeführer als Nachsichtsgrund den Überhang der Nachlaßpassiven über die Aktiven ins Treffen führe, müsse darauf hingewiesen werden, daß zum einen die dem Verein eingeantworteten Liegenschaften im Vermögensbekenntnis mit den Einheitswerten angesetzt wurden, deren Verkehrswert und damit auch der tatsächliche Wert der Nachlaßaktiven jedoch wesentlich höher liege, zum anderen in Anbetracht der Möglichkeit, die Erbschaft mit dem Vorbehalt der rechtlichen Wohltat des Inventariums antreten zu können, eine Unbilligkeit der Einhebung von Steuerschulden des Erblassers beim Erben nur darin begründet sein könne, daß der Erbe durch die Unvorhersehbarkeit der Abgabenschulden des Erblassers zur unbedingten Antretung der Erbschaft veranlaßt worden sei. Im Zeitpunkt der Erbserklärung seien die Abgabenschulden der Verstorbenen dem Verein bereits bekannt gewesen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer über Liegenschaften und eine offene Forderung gegen die Gemeinde Wien verfügen könne, eröffne ihm das Testament die Möglichkeit, Lithographien und Radierungen sowie Nachgüsse von Bronzeskulpturen zu veräußern. Der Tatbestand der Unbilligkeit der Einhebung sei aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Vereines nicht verwirklicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung ist dabei tatbestandsmäßige Voraussetzung für die im § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1990, 89/15/0088, und vom 9. Oktober 1991, 90/13/0208).
Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Rahmen ihrer Rechtsentscheidung die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung verneint. Eine derartige Unbilligkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß bei Entrichtung der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten die Erhaltung der Werke X Ys für die Republik Österreich sowie die Gründung des geplanten Museums gefährdet seien. Der Verein verfolge nur gemeinnützige Ziele im Interesse der Bewahrung der Werke für die Allgemeinheit und müsse, da seine Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet sei, mit den aus der Erbmasse zur Verfügung stehenden Mitteln das Auslangen finden.
Den Standpunkt des Beschwerdeführers, die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Umstände seien geeignet, eine Unbilligkeit der Einhebung im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO aufzuzeigen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes setzt Unbilligkeit der Einhebung im allgemeinen voraus, daß die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder den Steuergegenstand ergeben, wobei die in § 236 Abs. 1 BAO erforderte Unbilligkeit entweder persönlich oder sachlich bedingt sein kann. Eine persönlich bedingte Unbilligkeit liegt im besonderen dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers gefährdete (vgl. nochmals das Erkenntnis 90/13/0208).
Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht, einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 1988, 87/15/0005, und vom 18. Februar 1991, 91/15/0008). Demzufolge wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, seine Angaben zu konkretisieren und insbesondere zu begründen, weshalb bei Verwertung von Vereinsvermögen seine Grundlagen in Frage gestellt wären.
Welche Umstände der Veräußerung etwa jener nach der Aktenlage keinem bestimmten Zweck gewidmeten Eigentumswohnung entgegenstünden, läßt der Beschwerdeführer unerklärt; auch ist er den Ausführungen der belangten Behörde zur möglichen Verwertung dieser Liegenschaft nicht entgegengetreten. Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde anklingen läßt, daß die Erhaltung der Werke und die Veranstaltung von Ausstellungen mit hohem finanziellen Aufwand verbunden seien, er daher weiterer Kapitalmittel nicht entbehren könne, gelingt es ihm nicht, das Vorliegen entscheidungswesentlicher Voraussetzungen aufzuzeigen, zumal er es unterläßt, die Auswirkungen der Abgabeneinhebung auf die Einkommens- und Vermögenslage des Vereines offenzulegen. Nicht recht verständlich mutet überdies die Rüge der Beschwerde an, die belangte Behörde hätte mit ihrer Argumentation zu Unrecht Bezug genommen auf den Bestand einer Forderung gegen die Gemeinde Wien, beruht diese Annahme doch unter anderem auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Nachsichtsansuchen vom 7. Dezember 1987.
Legt der Beschwerdeführer jene Umstände nicht dar, aus denen sich die Unbilligkeit der Einhebung ergibt, so ist es allein schon aus diesem Grund ausgeschlossen, eine Abgabennachsicht zu gewähren (vgl. die hg. Erkenntisse vom 28. September 1983, 83/13/0040, und vom 29. November 1988, 88/14/0136).
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen kann auch der Verfahrensrüge kein Erfolg beschieden sein, mit der die Beschwerde der belangten Behörde zum Vorwurf macht, sie hätte im Zusammenhang mit der Vermögenssituation des Vereines den Sachverhalt nicht ausreichend erforscht. Da das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren keine hinreichenden Nachsichtsgründe enthält, ist der belangten Behörde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ein Verfahrensfehler nicht unterlaufen, wenn sie keine Ermittlungen durchgeführt, im besonderen den Präsidenten des Vereines nicht vernommen hat. Welche entscheidungswesentlichen Tatsachen diese Vernehmung hätte erbringen können, vermag der Beschwerdeführer zudem nicht darzulegen.
Im vorliegenden Fall ist auch nicht zu erkennen, daß die nachzusehende Steuerschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte. Nur wenn die Verwertung von Vermögensgegenständen einer Vermögensverschleuderung gleichkäme, tritt Unbilligkeit der Abgabeneinhebung ein; die Notwendigkeit allein, Vermögenswerte zur Steuerzahlung heranzuziehen, läßt die Abgabeneinhebung noch nicht unbillig erscheinen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 1991, 90/13/0282, 0283, und die dort erwähnte Vorjudikatur). Daß bei Entrichtung der aushaftenden Beträge Vermögensgegenstände verschleudert werden müßten, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Schwierigkeiten in der Verwertung sieht er nur insofern, als in der letztwilligen Verfügung für den Fall des Bargeldbedarfs vorgesehene Veräußerungen von Werken des Künstlers "nicht wie bei einer gewöhnlichen Handelsware" bewerkstelligt werden könnten. Auch dies zeigt nicht die Notwendigkeit einer Verschleuderung auf.
Desweiteren ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie in ihrer Gegenschrift zum Ausdruck bringt, daß die Abgabennachsicht nicht das geeignete Mittel sei, um möglichen, aber unterbliebenen Einwänden gegen Sachbescheide zum Durchbruch zu verhelfen. Sie befindet sich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO ausschließt, wenn der Abgabepflichtige ein ihm zustehendes (nicht aussichtsloses) Rechtsmittel nicht ergriffen hat. Ob die Einkünfte der Erblasserin aus den Verwertungsrechten in den Abgabenbescheiden der richtigen Einkunftsart zugeordnet wurden, braucht daher hier nicht untersucht zu werden (vgl. die hg. Erkenntisse vom 20. Jänner 1987, 86/14/0103, und vom 1. März 1989, 88/13/0183).
Soweit die Beschwerde auf die Überschuldung des Nachlasses Bezug nimmt, hat die belangte Behörde diesem Vorbringen die Eignung als Nachsichtsgrund ebenso mit Recht abgesprochen. Eine Unbilligkeit, die darin lag, daß der Erbe durch die Unvorhersehbarkeit von Abgabenschulden des Erblassers zur unbedingten Antretung der Erbschaft veranlaßt, in der Folge aber zur Erfüllung von Verpflichtungen verbunden war, die er bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes nicht übernommen hätte, weiß die Beschwerde nicht zu nennen (vgl. das hg. Erkenntis vom 7. Februar 1989, 88/14/0040).
Sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt nach dem schon zitierten hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1991, 90/13/0208, vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Es geht dabei um die Anwendung jener gesetzlichen Bestimmungen, die zu den nachsichtsgegenständlichen Abgaben führten. Der Beschwerdeführer vermag aber nicht aufzuzeigen, daß die Festsetzung der strittigen Einkommen- und Vermögensteuerbeträge nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers entsprochen hätte.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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