VwGH 91/13/0139

VwGH91/13/013922.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VII, GZ 6/4-4261/90-01, betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §2 Abs3;
EStG 1988 §32 Z1 lita;
EStG 1988 §32 Z1 litb;
EStG 1988 §32 Z1;
EStG 1988 §37 Abs2 Z4;
VwRallg;
EStG 1988 §2 Abs3;
EStG 1988 §32 Z1 lita;
EStG 1988 §32 Z1 litb;
EStG 1988 §32 Z1;
EStG 1988 §37 Abs2 Z4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Wie aus der Einkommensteuererklärung für 1989 und ihren Beilagen ersichtlich ist, bezog der Beschwerdeführer im Streitjahr unter anderem Funktionsgebühren als Funktionär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Aus einem der Abgabenerklärung angeschlossenen Schreiben des ÖGB ging hervor, daß dem Beschwerdeführer 1989 für seine Tätigkeit im Vorstand bzw. der Kontrollkommission eine "Abfertigung/Entschädigung" in Höhe von S 865.680,-- angewiesen worden sei. In der Abgabenerklärung beantragte der Beschwerdeführer die Anwendung des "Hälftesteuersatzes" im Sinne des § 37 Abs. 1 EStG 1988.

Auf einen entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes teilte der Beschwerdeführer mit, daß Funktionäre des ÖGB bei Ausscheiden aus ihrer Funktion unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung erhalten. Das Höchstausmaß für die Bemessungsgrundlage werde bei einer Funktionsdauer von mehr als 24 Jahren erreicht, was auf den Beschwerdeführer zutreffe.

Das Finanzamt verweigerte die Anwendung des halben Steuersatzes für den obgenannten Betrag mit der Begründung, daß begünstigte Einkünfte nur dann vorliegen, wenn der Zeitraum, für den die Entschädigung gewährt wird, mindestens sieben Jahre beträgt.

In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1989 wurde insbesondere ausgeführt, für die einmalige Entschädigung sei der Hälftesteuersatz anzuwenden, weil der Beschwerdeführer nach mehr als 24-jähriger Funktionsdauer ab November 1989 für eine weitere Tätigkeit in der Gewerkschaft nicht mehr zur Verfügung gestanden sei.

Nach der in Beschwerde gezogenen Berufungsentscheidung, mit der die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde, ist der strittige Betrag ähnlich wie eine Abfertigung (eines Dienstnehmers) als Anerkennung für die langjährige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Funktionär anzusehen. Für die Qualifizierung als Entschädigung fehle das wesentliche Merkmal eines Schadens, der durch ein außerplanmäßiges Ereignis oder gegen den Willen des Entschädigten eingetreten ist. Überdies sei der Betrag nicht für einen Zeitraum gewährt worden, der mindestens sieben Jahre beträgt.

In der gegen diesen Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Anwendung des begünstigten Steuersatzes nach § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 32 Z. 1 EStG 1988 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Nach Abs. 2 Z. 4 dieser Gesetzesstelle sind derartige außerordentliche Einkünfte Entschädigungen im Sinne des § 32 Z. 1 EStG 1988, wenn überdies im Fall der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt.

Nach § 32 Z. 1 EStG 1988 zählen zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 auch Entschädigungen, die gewährt werden

a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen oder

b) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche.

Entschädigungen sind Beträge zur Beseitigung einer bereits eingetretenen oder zur Verhinderung einer sonst drohenden Vermögensminderung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1990, 86/13/0044).

Demgegenüber wurde der gegenständliche Betrag anläßlich des Ausscheidens des Beschwerdeführers aus einer Funktion gewährt, wobei sich die Höhe derartiger Beträge grundsätzlich nach der Dauer der Funktionsausübung richtet. Wie von der belangten Behörde zutreffend erkannt worden ist, fehlt es somit im Beschwerdefall schon am Merkmal einer bereits eingetretenen oder einer drohenden Vermögensminderung, die durch den strittigen Betrag ausgeglichen werden könnte. Der dem Beschwerdeführer gewährte Abfindungsbetrag ist damit von vornherein nicht als Entschädigung im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen zu betrachten.

Da somit ein Schaden, der durch die Abfindungssumme ausgeglichen werden sollte, gar nicht eingetreten ist, konnte die vom Beschwerdeführer erörterte Frage, ob die Zurücklegung der Funktion durch den Beschwerdeführer unfreiwillig, d.h. ohne oder gegen seinen Willen erfolgte, auf sich beruhen. In gleicher Weise gehen die Ausführungen beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur "Sperrfrist" im Sinne des § 37 Abs. 2 Z. 4 EStG 1988 ins Leere. Schließlich ist auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Besteuerung von Abfertigungen unbeachtlich, da die Bestimmungen des § 67 Abs. 6 EStG 1988 für den Beschwerdefall nicht bedeutsam sind.

Es liegt somit eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vor. Es ist aber auch die Verfahrensrüge nicht begründet, weil keine konkrete Verletzung von Verfahrensvorschriften dargetan wurde, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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