VwGH 91/12/0167

VwGH91/12/016718.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Mai 1991, Zl. 6231/81-II/4/91, betreffend Versetzung in den Ruhestand, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §13 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs5;
VwRallg;
AVG §56;
BDG 1979 §13 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der 1956 geborene Beschwerdeführer steht als Revierinspektor der Gendarmerie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war der Gendarmerieposten G in Kärnten.

Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten vom 2. März 1990 wurde der Beschwerdeführer mit Ablauf des 30. April 1990 von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 6 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, eine Berufung gegen diesen Bescheid habe aufschiebende Wirkung. Während eines Berufungsverfahrens gelte er als beurlaubt. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, seit Herbst 1989 erwecke das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Beschwerdeführers bei Vorgesetzten, Kollegen, aber auch in der Bevölkerung den Eindruck, daß eine Wesensänderung und eine geistige Krankheit aufgetreten sei. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. habe den Beschwerdeführer am 12. Jänner 1990 als Sachverständiger untersucht. Er habe eine mittelstarke affektive Störung beim Beschwerdeführer festgestellt, die von ihm als "Manische Episode" eingeordnet worden sei. Durch die starke Selbstüberschätzung des Beschwerdeführers sei vornehmlich im Straßenverkehr Fremdgefährdung gegeben. Nachdem die klinische Symptomatik nicht unbeträchtlich ausgeprägt sei, hätten der Sachverständige und der Gendarmeriearzt Dr. P. in ihren Gutachten vom 18. Jänner 1990 und 5. Februar 1990 den Beschwerdeführer zum beruflichen Einsatz im Außen- und Kanzleidienst der Gendarmerie als ungeeignet erachtet. Der Sachverständige Dr. H. habe den Krankheitsverlauf nicht abschätzen können, doch sei eine Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen, sodaß die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit unwahrscheinlich sei. Auf Grund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers, der aufgetretenen Wesenseigenschaften und der ärztlich festgestellten Gesundheitsstörungen sei der Beschwerdeführer zweifelsfrei ungeeignet, seine dienstlichen Aufgaben als Gendarmeriebeamter zu erfüllen. Es sei außerdem unmöglich, dem Beschwerdeführer einen mindestens gleichwertigen Arbeitsplatz zuzuweisen, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung erfüllen könne und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnissen billigerweise zugemutet werden könne. Der Beschwerdeführer sei am 5. Februar 1990 über die beabsichtigte Ruhestandsversetzung verständigt worden. Er habe eingewendet, nicht dienstunfähig zu sein. Als Beweis habe er die Aufenthaltsbestätigung der Psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt vom 3. Februar 1990 vorgelegt, die als Entlassungsdiagnose "Anpassungsschwierigkeiten" festgestellt habe. Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg habe dem Beschwerdeführer am 25. Jänner 1990 mit Parere in das Landeskrankenhaus Klagenfurt eingewiesen. Die genannte Entlassungsdiagnose lasse gemeinsam mit den Tatsachenfeststellungen der Ärzte keine andere Schlußfolgerung als "Dienstunfähigkeit" zu. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers verhindere eine weitere Dienstleistung im exekutiven Außendienst. Eine Innendienstverwendung sei nur beim Landesgendarmeriekommando in Klagenfurt oder in einer Organisationseinheit in Krumpendorf möglich. Der Beschwerdeführer wohne mit seiner Familie in S in einem Eigenheim. Ein ständiges Pendeln könne dem Beschwerdeführer auf Grund seiner persönlichen und sozialen Verhältnisse nicht zugemutet werden. Außerdem lasse sein Gesundheitszustand auch im Innendienst eine qualitativ einwandfrei und mengenmäßig dem normalen Ausmaß entsprechende Dienstleistung nicht mehr erwarten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich. Dieser Bescheid wurde durch Zustellung an den ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers am 29. Mai 1991 erlassen.

In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung des Verwaltungsvorganges und der Rechtslage auf Grund ergänzender Ermittlungen festgestellt, der Beschwerdeführer sei wegen seines Verhaltens und seiner psychischen Situation dauernd dienstunfähig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift werden sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon vor der Einführung des § 14 Abs. 5 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 zur Frage der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand auf Grund der Bestimmungen der Dienstpragmatik (§§ 81 f) in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß die Rückwirkung einer Pensionierung ungesetzlich ist (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1957, Slg. N.F. Nr. 4.269/A, vom 12. Juli 1957, Slg. N.F. Nr. 4.407 und vom 18. März 1971, Slg. N.F. Nr. 7.991/A). Nach § 14 Abs. 5 BDG 1979 wird die Versetzung in den Ruhestand mit der Rechtskraft des Bescheides oder dem darin festgesetzten späteren Tag wirksam. Auf Grund des klaren Wortlautes dieser Bestimmung hängt die Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand von der Rechtskraft des Bescheides ab, mit der sie ausgesprochen wird.

Der Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand wird unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraft des Bescheides wirksam:

  1. 1. Wenn die oberste Dienstbehörde entschieden hat, mit der Zustellung des Bescheides;
  2. 2. wenn die nachgeordnete Dienstbehörde entschieden hat und
    1. a) der Beamte auf ein Rechtsmittel verzichtet, mit der Abgabe der Verzichtserklärung; oder
    2. b) der Beamte kein Rechtsmittel ergreift, mit dem Ablauf der Rechtsmittelfrist; oder
    3. c) das Rechtsmittel zurückzieht, mit dem Zeitpunkt Zurückziehung.

      Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde erst durch den angefochtenen Bescheid rechtskräftig die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand ausgesprochen. Der Bescheid der nachgeordneten Behörde wurde infolge rechtzeitiger Erhebung der Berufung seitens des Beschwerdeführers formell nicht rechtskräftig, sodaß der darin festgesetzte, vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegende Tag nicht für die Versetzung in den Ruhestand wirksam werden konnte. Die Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand an einem vor der Rechtskraft des Bescheides liegenden Tag wird nämlich durch § 14 Abs. 5 BDG 1979 schon deshalb eindeutig ausgeschlossen, weil darin neben der Rechtskraft des Bescheides als einziger weiterer möglicher Termin ein im Bescheid selbst festgesetzter SPÄTERER Tag ausdrücklich genannt wird (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1989, Zl. 89/12/0027).

      Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht nicht in den dauernden Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 versetzt zu werden, verletzt. Im Rahmen des so erschlossenen Beschwerdepunktes hat der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 VwGG alle für die Entscheidung der Frage, ob das betreffende subjektive Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist oder nicht, maßgebende Gründe zu beachten. Es ist daher eine für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit im Rahmen der Beschwerdepunkte maßgebliche inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vom Verwaltungsgerichtshof auch dann aufzugreifen, wenn sie vom Beschwerdeführer weder ausdrücklich noch nach dem Inhalt der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.525/A). Da der angefochtene Bescheid schon wegen der darin verfügten rückwirkenden Versetzung in den Ruhestand mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist, mußte dies zu einer Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

      Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Zuspruch von Ersatz der Stempelgebühren konnte nur im Ausmaß der entstandenen Gebührenpflicht erfolgen, sodaß das darüber hinaus gehende Kostenersatzbegehren abgewiesen werden mußte.

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