VwGH 91/12/0159

VwGH91/12/015918.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, vom 15. April 1991, Zl. MA 62-III/184/91/Str, betreffend Bestrafung nach § 109 Abs. 2 UOG, zu Recht erkannt:

Normen

StGB §67 Abs2;
UOG 1975 §109 Abs2;
VStG §2 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
StGB §67 Abs2;
UOG 1975 §109 Abs2;
VStG §2 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat das Schreiben vom 18. April 1990 an den Generalkonsul der Republik Österreich in Zürich abgesendet, welches folgenden Briefkopf unter einem Wappen enthält:

"DR. A

DEI OMNIPOTENTIS GRATIA

ARCHIEPISCOPUS TITULARIS

STRYKOWIENSIS"

Am Ende des Schreibens findet sich die Unterschrift des Beschwerdeführers mit der in Maschinschrift beigesetzten

Namensbezeichnung:

"(Mgr.Dr. A)

Erzbischof von Strykow"

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, magistratisches Bezirksamt für den 4., 5. Bezirk, vom 6. Februar 1961 wurde ausgesprochen, der Beschwerdeführer habe am 18. April 1990 in seinem Schreiben an den Generalkonsul Dr. S unberechtigt einen akademischen Titel, nämlich Mgr.Dr., geführt. Er habe dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 2 des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG) 1975, BGBl. Nr. 258/1975 in der geltenden Fassung begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) gemäß § 109 Abs. 2 leg. cit. verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er geltend machte, er sei berechtigt den an einer ausländischen Hochschule verliehenen akademischen Grad des Doktors zu führen. Die Abkürzung "Mgr." erfasse keinen akademischen Titel sondern bezeichne das Wort "Monsignore", welches als Titel einem geistlichen Würdenträger zustehe.

Mit dem angefochtenen Berufungsbescheid erließ die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe des Spruches des Bescheides erster Instanz folgenden Ausspruch:

"Auf Grund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage und im Ausspruch über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges mit der Abänderung bestätigt, daß der Beschuldigte am 18. April 1990 in seinem in Wien verfaßten Schreiben vom 18. April 1990, gerichtet an Herrn Generalkonsul Dr. S, unberechtigt den akademischen Titel "Dr."

geführt hat. Hinsichtlich des Vorwurfes, den Titel "Mgr."

geführt zu haben wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und gemäß § 45 Abs. 1 lit. b die Verfahrenseinstellung verfügt. Die Strafe wird jedoch auf S 1.800,-- im Falle der Uneinbringlichkeit 42 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt. Der erstinstanzliche Kostenbeitrag beträgt demnach gemäß § 64 VStG S 180,--.

Dem Berufungswerber wird gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt."

In der Bescheidbegründung wird nach Zitierung des § 109 Abs. 2 UOG und des § 39 AHStG das Vorbringen des Beschwerdeführers dargestellt und dazu festgestellt, der Beschwerdeführer habe am 18. April 1990 von Wien aus das oben teilweise zitierte Schreiben an den österreichischen Generalkonsul in Zürich gerichtet. Der Beschwerdeführer habe eine Verleihungsurkunde des St. Ephrem"s Institute vom 8. Juni 1989 vorgelegt, mit welchem ihm der Titel "Doctor of Divinity" für seine Thesen zu "Gebt euch ein Zeichen der Liebe und der Versöhnung" ausgestellt worden sei, zwei Weihurkunden und eine Ernennungsurkunde zum Titular-Erzbischof von Strykow des "Mariavitenordens" vorgelegt. Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien habe bekannt gegeben, daß diese Dokumente den Beschwerdeführer als Angehörigen der Religionsgemeinschaften der Mariaviten ausweise. Das Institut in Stockholm, das den Beschwerdeführer als "Doctor of Divinity" ausweise, sei nicht bekannt. Eine Anfrage des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung bei der schwedischen Informationsstelle für Hochschulwesen habe ergeben, daß dieses Institut keine anerkannte schwedische Hochschule sei. Diese Behörde habe auch mitgeteilt, daß es sich bei der "Peoples University of the Americas" um keine anerkannte ausländische Hochschule handle. Allfällige von diesen Institutionen verliehenen "Grade" hätten keine Wirksamkeit in Österreich und dürften nicht geführt werden.

Der Berufungseinwand, der dem Beschwerdeführer angelastete Tatbestand sei nicht im Inland gesetzt worden, wird nach Wiedergabe mit der Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 2 VStG dahingehend beantwortet, der Beschwerdeführer habe das Schreiben an den Generalkonsul in Zürich, wie sich aus diesem selbst ergebe, in Wien verfaßt. Demnach habe er im Inland gehandelt und sei die Verwaltungsübertretung im Inland begangen worden. Daher sei örtlich die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden sei, unabhängig wo der Erfolg eingetreten sei, zuständig.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers könne aus § 39 AHStG nicht gefolgt werden, daß der darin enthaltene Begriff "anerkannte ausländische Hochschule" in dessen Sinn zu verstehen sei. Unter anerkannten ausländischen Hochschulen seien nur solche zu verstehen, die von den zuständigen staatlichen Stellen als solche anerkannt würden. Demnach stehe fest, daß der Beschwerdeführer den akademischen Doktorgrad unberechtigterweise geführt habe. Die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung sei daher als erwiesen anzunehmen. Die Abänderung des Spruches diene der Konkretisierung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes. Bei der Strafbemessung sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen. Das Ausmaß der Schädigung des durch die Strafdrohung geschützten Interesses, nämlich zu gewährleisten, daß nur solche Personen akademische Grade führen, welche ihnen von inländischen oder anerkannten ausländischen Hochschulen verliehen worden seien, müsse als beträchtlich gewertet werden. Von einem geringen Verschulden könne nicht die Rede sein. Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe und Berücksichtigung der ungünstigen Einkommensverhältnisse des vermögenslosen, für niemanden sorgepflichtigen Beschwerdeführers sei die verhängte Strafe angemessen. Im Hinblick darauf, daß es sich bei der Bezeichnung "Mgr." nicht um einen akademischen Grad handle, sei diesbezüglich das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben und gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG die Verfahrenseinstellung zu verfügen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf das gegenständliche Verwaltungsverfahren sind nach dem Übergangsrecht 1991 (Anlage 2 zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 52/1991 Abs. 2) noch die Bestimmungen anzuwenden, die vor dem 1. Jänner 1991 in Geltung standen, weil das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren mit der Aufforderung zur Rechtfertigung an den Beschuldigten vom 18. Juni 1990, die diesem am 21. Juni 1990 zugestellt worden ist, eingeleitet wurde (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, S 543).

Gemäß § 2 Abs. 1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

Die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 2 UOG erfaßt die Führung ausländischer akademischer Grade. Dazu bestimmt § 39 AHStG folgendes:

"Jedem Träger eines von einer anerkannten ausländischen Hochschule verliehenen akademischen Grades ist es in Österreich gestattet, seinem Namen den erworbenen akademischen Grad, und zwar mit dem im Verleihungsdekret enthaltenen Wortlaut und unter Beisetzung der ausländischen Hochschule, die den akademischen Grad verliehen hat, im Verkehr mit Behörden und im privaten Verkehr beizufügen. Ehrenhalber verliehene ausländische akademische Grade dürfen nur mit Bewilligung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung geführt werden. Die Bewilligung ist nur zu erteilen, wenn die Verleihung unter ähnlichen Voraussetzungen wie in Österreich (§ 97 UOG) erfolgt ist."

Nach § 44a VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, nach Z. 1 die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das heißt der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt muß insbesondere nach Ort und Zeit seiner Verwirklichung präzise und so konkret umschrieben werden, daß kein Zweifel daran aufkommen kann, wofür der Täter bestraft worden ist und die eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. Ringhofer aaO. S. 379 Anm. 4 und die dort unter E 8 ff angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - S 381 f).

Diesen gesetzlichen Erfordernissen entspricht der Spruch des angefochtenen Bescheides in mehrfacher Hinsicht nicht. Zunächst enthält der Spruch nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides die irreführende Aussage, das erstinstanzliche Straferkenntnis werde in der Schuldfrage bestätigt. Die folgende Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides, der Beschuldigte habe am 18. April 1990 in seinem in Wien verfaßten Schreiben vom 18. April 1990, gerichtet an Herrn Generalkonsul Dr. S, unberechtigt den akademischen Titel "Dr." geführt, läßt ein Verschulden des Beschwerdeführers nur eingeschränkt auf diesen Tatbestand zwar erkennen, doch handelt es sich in diesem Spruchteil keinesfalls wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung dazu ausführt um eine Konkretisierung des Spruches, sondern hat die belangte Behörde, ohne dies im Spruch zum Ausdruck zu bringen, der Berufung des Beschwerdeführers im Umfang des Tatvorwurfes der Führung des Titels "Mgr." Folge gegeben. Vor allem aber ist in der abgeänderten Fassung des Spruchs der Tatvorwurf insofern nicht ausreichend konkret, als der Tatort der Begehung der Verwaltungsübertretung daraus nicht klar zu erschließen ist. Nach dem Tatbild der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung kommt es ausschließlich darauf an, daß ein akademischer Grad vom Täter unberechtigt geführt wird. Zur Konkretisierung des Tatbildes ist daher nach § 44 AVStG die als erwiesen angenommene Tat nach TATORT und Tatzeit DER FÜHRUNG des akademischen Grades zu bezeichnen.

Gerade der Feststellung des Tatortes kommt aber im Beschwerdefall besondere Bedeutung im Hinblick auf die bereits dargestellte Gesetzeslage zu. Der Ort der Tat ist nämlich dafür wesentlich, ob die Verwaltungsübertretung als im Inland begangen im Sinn des § 2 Abs. 2 VStG angesehen werden kann. Die Feststelllung des Tatortes des Führens des akademischen Grades ist für die Beurteilung der inländischen Strafbarkeit der Tathandlung von entscheidender Bedeutung. Das bloße Verfassen eines Schreibens kann als solches den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 2 UOG nicht erfüllen. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, handelt es sich im vorliegenden Fall der ihm zur Last gelegten Führung des akademischen Grades in einem von ihm verfaßten Schreiben um ein sogenanntes Distanzdelikt. Wird ein solches Delikt durch einen Brief begangen, so ist als Tatort jener Ort anzusehen, an dem der Brief zur Post gegeben wurde. Für die Beurteilung des Begehens der Tat ist das körperliche Verhalten des Täters maßgebend. Dieses wurde in dem Zeitpunkt abgeschlossen, als der Brief zur Post gegeben wurde (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Februar 1964, Zl. 453/62). Diesen Ort der Tathandlung hat die belangte Behörde jedoch im Spruch nicht festgestellt. Er ist im übrigen aber auch aus den Akten des Verwaltungsverfahrens nicht eindeutig zu erschließen.

Eine weitere Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt darin, daß die belangte Behörde, obwohl sie der Berufung des Beschwerdeführers in einem der gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe durch Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides im Ergebnis Folge gegeben hat, diesem Umstand bei der Strafbemessung den Entscheidungsgründen nach keine Bedeutung zugemessen hat.

Nicht berechtigt ist hingegen die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, die Tathandlung des Beschwerdeführers sei beim gegenständlichen Distanzdelikt erst dadurch verwirklicht, daß der von ihm abgesandte Brief geöffnet und einer anderen Person zur Kenntnis gelangt sei, handelt es sich doch bei dem Tatbestand nach § 109 Abs. 2 nicht um ein sogenanntes "Erfolgsdelikt", sondern um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, dessen Tatbild durch ein bloßes Verhalten (Zuwiderhandeln gegen ein Verbot) ohne Merkmale eines Erfolges gekennzeichnet ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. April 1985, Zl. 84/10/0231). Wesentlich ist daher für die Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers, ob er im Inland ein Verhalten gesetzt hat, das in Ansehung des inkriminierten Briefes als Führung eines ausländischen akademischen Grades zu qualifizieren ist oder nicht. Zum gleichen Ergebnis führt auch die zu § 67 Abs. 2 StGB entwickelte strafrechtliche Theorie. Diese Bestimmung stellt darauf ab, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wo der Erfolg eingetreten ist. Wurden Deliktshandlungen teils im Inland, teils im Ausland begangen, so ermöglicht es jede im Inland gelegene Phase des als rechtliche Einheit zu wertenden Gesamtgeschehens, den Täter auch für den im Ausland liegenden Teil der Tat im Inland zu bestrafen (Foregger-Sereni, Kurzkommentar zum StGB, 4. Auflage, S. 191 und die dort zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes). Diese Einheitstheorie gilt nach den genannten Autoren auch für den Bereich des Verwaltungsstrafrechts.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Zuspruch an Aufwandersatz an den Beschwerdeführer im von ihm geltend gemachten Ausmaß stützt sich auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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