VwGH 91/10/0238

VwGH91/10/023824.2.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des X-Clubs in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. April 1991, Zl. U-8884/40, betreffend Zulässigkeit der Ausübung des Motorbootsportes auf dem Inn, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art144 Abs3;
NatSchG Tir 1975 §4a litc;
NatSchG Tir 1991 §5 litc;
NatSchG Tir 1991 Art3 Abs8;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art144 Abs3;
NatSchG Tir 1975 §4a litc;
NatSchG Tir 1991 §5 litc;
NatSchG Tir 1991 Art3 Abs8;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Spruchpunkte I und III des angefochtenen Bescheides betrifft, zurückgewiesen, im übrigen als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 7. Oktober 1991, B 551/91, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und der dem Beschwerdeschriftsatz angeschlossenen Eingabe vom 31. August 1990 ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der X-Club (im folgenden: Beschwerdeführer) ist ein Verein, dessen Mitglieder entsprechend dem Vereinszweck den Motorbootsport auf dem Inn ausüben. Am 31. August 1990 richtete er an die belangte Behörde als Naturschutzbehörde das Ersuchen, den Mitgliedern des Vereins, sofern sie bis spätestens 31. August 1990 in den Verein eingetreten sind und über die entsprechende schiffahrtsrechtliche Befugnis zum Lenken von Motorbooten verfügen, die Genehmigung zu erteilen, den Inn mit Motorbooten zu befahren. Für den Fall, daß sich die Behörde außerstande sehe, einen solchen Genehmigungsbescheid zu erlassen, wurde beantragt, diesen Vereinsmitgliedern gegenüber rechtsverbindlich festzustellen, daß sie das Recht haben, den Inn mit Motorbooten zu befahren. Diese Eingabe ist bei der belangten Behörde am 31. August 1990 eingelangt.

In der Eingabe an die belangte Behörde vom 12. März 1991 stellte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 73 AVG den Antrag auf Entscheidung durch "die zuständige Oberbehörde".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung für die Mitglieder des Vereins, den Inn mit Motorbooten zu befahren, abgewiesen, II. der Antrag auf Feststellung, daß die Vereinsmitglieder "das naturschutzrechtliche Recht" haben, den Inn mit Motorbooten zu befahren, abgewiesen, und III. der Devolutionsantrag zurückgewiesen.

In der Begründung zu Spruchpunkt II bezog sich die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Erlassung von Feststellungsbescheiden und führte aus, daß eine "ausdrückliche naturschutzrechtliche Anordnung zur Erlassung von Feststellungsbescheiden" nicht bestehe. Es könne im vorliegenden Fall angenommen werden, daß der Beschwerdeführer "samt seinen allfälligen teilweisen öffentlichen Interessen" von der Änderung des Tiroler Naturschutzgesetzes durch die Novelle LGBl. Nr. 52/1990 berührt werde, weshalb von der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens auszugehen sei. In der Sache selbst sei dieses Begehren aber nicht berechtigt. Während es vor der Novelle für das Befahren des Inns mit Motorbooten keiner naturschutzrechtlichen Bewilligung bedurft habe, sei dies nach der nunmehrigen Rechtslage verboten. Eine gegenteilige Feststellung stünde damit im Widerspruch und sei daher nicht zulässig.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Darin heißt es einleitend unter "Beschwerdegegenstand und Beschwerdeantrag", es werde begehrt, den angefochtenen Bescheid "hinsichtlich seines Punktes II aufzuheben". In der Begründung der Beschwerde wird ausschließlich auf den Eventualantrag betreffend Erlassung eines Feststellungsbescheides Bezug genommen. In den abschließend gestellten Anträgen heißt es, der Verfassungsgerichtshof wolle den angefochtenen Bescheid "im Rahmen der Anfechtungserklärung" als verfassungswidrig aufheben.

In dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erstatteten ergänzenden Schriftsatz erklärte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid "seinem gesamten Inhalte nach" anzufechten. Damit stimmt der abschließend gestellte, uneingeschränkte Aufhebungsantrag überein. Die Ausführungen dieses Schriftsatzes befassen sich mit den Spruchpunkten I und II des angefochtenen Bescheides. Spruchpunkt II hält der Beschwerdeführer deshalb für rechtswidrig, weil der Feststellungsantrag am 31. August 1990 anhängig geworden sei und er daher aufgrund der Übergangsbestimmungen noch nach dem Tiroler Naturschutzgesetz in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 52/1990 hätte behandelt werden müssen. Infolge unzulässiger Anwendung der neuen Rechtslage sei dieser Ausspruch rechtswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Bei der vorliegenden Beschwerde handelt es sich um eine sogenannte Sukzessivbeschwerde (siehe dazu Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 46), bei der es für die Prüfung der Prozeßvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ankommt (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1979, Slg. 9970/A, und den Beschluß vom 27. Juni 1985, Slg. 11815/A). Für den Fall einer nur teilweisen Bekämpfung eines Bescheides mit zwei oder mehreren trennbaren Absprüchen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist damit auch der Umfang des allfälligen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festgelegt. Eine Ausdehnung des Streitgegenstandes vor dem Verwaltungsgerichtshof nach Beschwerdeabtretung ist auch aufgrund eines Auftrages gemäß § 34 Abs. 2 VwGG unzulässig (vgl. Oberndorfer, 46, mit Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). In Ansehung des nachträglich erweiterten Streitgegenstandes steht der Behandlung der Beschwerde das Prozeßhindernis der Versäumung der Beschwerdefrist entgegen.

Wie sich aus der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ergibt, hat der Beschwerdeführer innerhalb der Beschwerdefrist ausschließlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides bekämpft. Dieser ist von den beiden anderen Spruchpunkten trennbar und daher auch einer gesonderten Bekämpfung zugänglich. Die Ausdehnung des Streitgegenstandes auf die Spruchpunkte I und III des angefochtenen Bescheides ist, weil außerhalb der Beschwerdefrist erfolgt, verspätet. Die Beschwerde ist daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen.

2. Die belangte Behörde ist von der Zulässigkeit einer meritorischen Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers ausgegangen. Es kann dahinstehen, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides tatsächlich vorgelegen sind (siehe dazu näher Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Rz 406, 407, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Denn selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist der Beschwerdeführer jedenfalls durch den Umstand allein, daß die belangte Behörde über seinen Antrag meritorisch abgesprochen hat, statt ihn zurückzuweisen, in seinen Rechten nicht verletzt worden.

3. Die Abweisung des streitgegenständlichen Feststellungsbegehrens bedeutet der Sache nach die Feststellung, die Mitglieder des beschwerdeführenden Vereins seien zur Ausübung des Motorbootsportes auf dem Inn nicht berechtigt. Diese Feststellung steht mit der Rechtslage im Einklang.

Während das Tiroler Naturschutzgesetz in der Stammfassung (LGBl. Nr. 15/1975) keine Regelung über die Ausübung des Motorbootsportes enthielt, bestimmte der mit "Allgemeine Verbote" überschriebene § 4a der Novelle LGBl. Nr. 52/1990 in seiner lit. c (nunmehr § 5 lit. c Tiroler Naturschutzgesetz 1991), daß im gesamten Landesgebiet die Verwendung von Wasserfahrzeugen, die von einem Verbrennungsmotor angetrieben werden, auf fließenden natürlichen Gewässern verboten ist. Diese Novelle trat nach ihrem Art. II Abs. 1 mit 1. September 1990 in Kraft.

Nach Art. III Abs. 8 dieser Novelle (Art. III Abs. 8 der genannten Kundmachung LGBl. Nr. 29/1991) sind Verwaltungsverfahren aufgrund des Tiroler Naturschutzgesetzes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängig sind, nach den gesetzlichen Bestimmungen, wie sie beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung standen, weiterzuführen. Diese Übergangsbestimmung ist auf das gegenständliche, am Tag vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 52/1990 anhängig gemachte Verfahren deshalb nicht anzuwenden, weil, ein derartiges Feststellungsverfahren im Tiroler Naturschutzgesetz (Stammfassung) nicht vorgesehen war und daher kein Verwaltungsverfahren auf Grund dieses Gesetzes ist. Nur an solche Verfahren knüpft aber die Übergangsbestimmung die Rechtsfolge, daß sie nach der alten Rechtslage weiterzuführen sind. Dies läßt der Beschwerdeführer offensichtlich außer acht, wenn er unter Berufung auf diese Übergangsbestimmung meint, sein Begehren hätte noch nach der alten Rechtslage behandelt werden müssen. Die bekämpfte negative Feststellung entspricht, was auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellt, der nunmehrigen Rechtslage.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Beschwerde in diesem Umfang gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte