Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VwGG §13 Abs1 Z1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VwGG §13 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. Mai 1989 stellte die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse fest, daß die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet sei, für namentlich angeführte Versicherte und bezeichnete Zeiträume allgemeine Beiträge in Höhe von S 28.606,-- zu entrichten. In der Begründung dieses Bescheides führte die Mitbeteiligte im wesentlichen und zusammengefaßt aus, die namentlich genannten Dienstnehmer hätten für die von ihnen für die Bausparkasse der österreichischen Sparkassen und der Sparkassen Versicherungs AG abgeschlossenen Bauspar- und Versicherungsverträge Provisionen erhalten. Anbahnungs- und Werbegespräche sowie die Vertragserstellung erfolge zum Teil innerhalb der Dienstzeit in den Räumen der Sparkasse und zum Teil außerhalb der Dienstzeit im privaten Bereich des Dienstnehmers oder Kunden. Die Schulung der Mitarbeiter werde außerhalb der Dienstzeit im Bausparcenter Ried durchgeführt. Drucksorten sowie Werbeartikel würden von der Bausparkasse sowie von der Sparkassen Versicherungs AG, die technischen und sonstigen Einrichtungen von der Dienstgeberin zur Verfügung gestellt. Außerdem finde die eventuell notwendige Betreuung der Kunden zumeist in den Räumen der Dienstgeberin (Sparkasse) statt. Ein Teil der Kosten für die eventuell notwendigen Werbegeschenke werde von den Dienstnehmern getragen. Nach § 107 des Kollektivvertrags für Angestellte der Sparkassen und dem zu dieser Bestimmung festgelegten Grobzielkatalog müsse der Angestellte in der Lage sein, von den verschiedenen Sparformen (gesetzliche und vereinbarte Kündigungsfrist, Sparbrief, PKS inklusive Kreditmöglichkeiten, Wertpapiere und Bausparen), die für den jeweiligen Kundenbedarf passende auszuwählen und zu empfehlen. Der Angestellte müsse ferner in der Lage sein, die verschiedenen Sparformen auf ihre steuerlichen (Einkommen-, Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer) Auswirkungen zu erklären und den Kunden über die Abwicklung eines Bausparvertrages zu beraten und den Abschluß von Verträgen (Personenkreis, Höchstbemessungsgrundlage, Verzinsung, Prämie, Vertragssumme, Mindestsparleistung, Jugendsparvertrag usw.) selbständig durchzuführen bzw. zu interpretieren. Aus diesem Sachverhalt sowie aus den Bestimmungen des Kollektivvertrages ergebe sich, daß der Abschluß von Bauspar- und Versicherungsverträgen zu den Dienstpflichten der Sparkassenangestellten gehöre. Die für den Abschluß der genannten Verträge ausbezahlten Provisionen stellten somit Geldbezüge im Sinn des § 49 Abs. 1 ASVG dar, die die Dienstnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses von einem Dritten erhielten. Die an die Dienstnehmer ausbezahlten Provisionen seien daher in die Beitragsgrundlage einzurechnen und allgemeine Beiträge nachzuverrechnen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch, den sie im wesentlichen damit begründete, die von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vertretene Rechtsansicht, der Abschluß von Bauspar- und Versicherungsverträgen gehöre zu den Dienstpflichten der betroffenen Angestellten, sei unrichtig. Der von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ins Treffen geführte § 107 des Kollektivvertrages treffe keine Aussagen über die Dienstpflichten, sondern regle ausschließlich die Voraussetzung der dienstlichen Eignung und Befähigung für die abzulegende Sparkassenprüfung I. Die den Angestellten im Rahmen ihres Dienstverhältnisses obliegenden Pflichten seien im genannten Kollektivvertrag im Abschnitt A (Dienstordnung) II. (Pflichten der Angestellten) in den §§ 12 ff geregelt. Dort jedoch sei von etwaigen Verpflichtungen der Angestellten, Abschlüsse von Bauspar- und Versicherungsverträgen zu vermitteln, keine Rede. Auch sonst existierten keine gesonderten Vereinbarungen oder Abmachungen zwischen der Dienstgeberin und den Angestellten, wonach diese zur Ausübung einer diesbezüglichen Vermittlungstätigkeit verpflichtet wären. Vielmehr stünde die Abwicklung der Vermittlung von derartigen Verträgen im freien Belieben der Vermittler, die Sparkasse habe darauf keinen Einfluß. Es bestehe daher diesbezüglich zwischen Mitarbeiter und Sparkasse kein Rechtsverhältnis in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit. Die Provisionen würden von der Bausparkasse der Österreichischen Sparkasse bzw. von der Sparkassen Versicherungs AG direkt an die Vermittler auf deren eigene Konten ausbezahlt. Die gestaffelte Beteiligung der Sparkasse an der von den Vermittlern erzielten Provisionen sei als eine Art Entschädigung dafür anzusehen, daß diese Vermittlertätigkeit mit Einschränkung in der Erfüllung der Dienstpflicht geschehe, was jedoch geduldet werde. Dies werde auch durch die Feststellung erhärtet, daß die Angestellten ihre Vermittlertätigkeit zum Teil auch außerhalb der Dienstzeit im privaten Bereich ausübten; auch die Schulung werde außerhalb der Dienstzeit durchgeführt und stehe im freien Belieben der Teilnehmer.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch nicht Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheides verwies sie auf die im bekämpften Bescheid angeführten Gesetzesstellen und wendete auf den sich aus dem Bescheid der mitbeteiligten Partei ergebenden Sachverhalt das in seinem Begründungsteil zur Gänze zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0004, an. In dem dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde liegenden Falle hätten ebenso wie im Beschwerdefall Bedienstete einer Sparkasse Versicherungsverträge sowie Bausparverträge vermittelt und dafür Provisionen erhalten; der Verwaltungsgerichtshof habe dadurch unmißverständlich klargestellt, daß diese Provisionen auf Grund des Dienstverhältnisses gewährt worden seien und daher zu den Beitragsgrundlagen gehörten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG darüber erwogen:
Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides meint die Beschwerdeführerin zunächst darin erblicken zu können, daß sich die belangte Behörde in der rechtlichen Begründung ihres Bescheides auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0004, bezogen hat, ohne sich mit der Schlüssigkeit dieses Erkenntnisses näher auseinanderzusetzen; vielmehr habe sie das erwähnte Verwaltungsgerichtshoferkenntnis "unkritisch rezipiert", worin an sich ein Begründungsmangel liege. In diesem Zusammenhang führt die Beschwerdeführerin im einzelnen weitere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes an (nämlich das Erkenntnis vom 17. Mai 1972, Zl. 2131/71; ZAS 1973, 146 und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1975, Zl. 1068/73; ZAS 1977, 153), mit deren Rechtsaussage das von der belangten Behörde herangezogene jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom
17. Setpember 1991 ihrer Meinung nach in Widerspruch stehe und damit sowohl materiell-rechtlich als auch formal-rechtlich unrichtig sei (letzteres wird auch unter dem Beschwerdegrund des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG geltend gemacht).
Dies ist jedoch unzutreffend. Ganz davon abgesehen, daß aus der Verletzung der Vorschriften der §§ 11 ff VwGG niemandem ein subjektives Recht erwächst, ein unter Außerachtlassung dieser Vorschriften zustande gekommenes Erkenntnis daher auch rechtswirksam ist, erweist es sich auch als unrichtig, daß das von der belangten Behörde als Präzedenzfall herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991 mit der vorangegangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch stünde. Grundsätzlich liegt ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung nur dann vor, wenn die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen Anlaß bestünde, explizit in der Begründung eines Erkenntnisses oder Beschlusses ihren Niederschlag gefunden hat, und nicht nur stillschweigend vorausgesetzt worden ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1986, Zl. 84/10/0158). Wie aus dem von der belangten Behörde zur Gänze zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0004, hervorgeht, erfolgte gerade im Hinblick auf die sowohl von der Beschwerdeführerin als auch vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Vorentscheidungen keine Änderung, sondern eine Weiterentwicklung der Judikatur zu § 49 Abs. 1 ASVG. Überdies bieten die Ausführungen in der Beschwerde jedenfalls keinen Anlaß von dieser eingehend begründeten Rechtsansicht abzugehen, zumal auch der von der belangten Behörde zu Grunde gelegte und von den Parteien des Verwaltungsverfahrens auch nicht bestrittene Sachverhalt hiezu keine Veranlassung gibt.
Insoweit die Beschwerdeführerin als Verfahrensverletzung rügt, der angefochtene Bescheid enthalte keine Feststellungen darüber, ob sie an den von ihren Dienstnehmern gesetzten Vermittlungstätigkeiten jenes Leistungsinteresse hätte, das nach Meinung der belangten Behörde für die Qualifikation der Provisionen als Entgelt entscheidend sei, ist darauf zu verweisen, daß die Beantwortung dieser Frage dem Rechtsbereich und nicht dem Tatsachenbereich zuzuordnen ist. Ob ein Leistungsinteresse vorliegt, ist daher bereits rechtliche Qualifikation von Tatsachen, die die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Beschwerde ins Treffen führt und die im gesamten Verwaltungsverfahren unstrittig geblieben sind. Darunter fällt nicht nur die Provisionsbeteiligung und die Tatsache der Duldung der Vermittlungstätigkeit ihrer Dienstnehmer während der Dienstzeit und in ihren Diensträumen unter teilweiser Verwendung der von ihr zur Verfügung gestellten Einrichtungen, sondern auch die Tatsache, daß die Beratung über den bzw. der Abschluß von Bauspar- bzw. Versicherungsverträgen zum intensiv beworbenen Leistungsangebot der beschwerdeführenden Partei gegenüber ihren Kunden gehört, ohne daß die Organisationsform hier eine rechtlich relevante Rolle spielt.
Wenn die Beschwerdeführerin schließlich eine Verletzung des Parteiengehörs insoweit geltend macht, sie sei von der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vertretenen Rechtsansicht, welche die belangte Behörde übernommen hat, überrascht worden, so ist ihr zu entgegnen, daß der Grundsatz des Parteiengehörs grundsätzlich das Ermittlungsverfahren, d.h. die Sammlung des Tatsachenmaterials, das der rechtlichen Beurteilung erst unterzogen werden soll und nicht diese selbst betrifft, ganz davon abgesehen, daß von einer "überraschenden" Rechtsansicht im Hinblick auf die Weiterführung der bereits vorhandenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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