VwGH 91/08/0107

VwGH91/08/010720.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen Punkt II des Bescheides der Wiener Landesregierung vom 8. Mai 1991, Zl. MA 12 - 12006/88, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litc;
SHG Wr 1973 §13 Abs5;
SHG Wr 1973 §9 Abs1;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litc;
SHG Wr 1973 §13 Abs5;
SHG Wr 1973 §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als dem Beschwerdeführer keine höhere Geldaushilfe als S 1.910,-- gewährt wurde.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem (im Beschwerdefall allein noch relevanten) Punkt II des Bescheides vom 15. November 1990 sprach der Magistrat der Stadt Wien-Magistratsabteilung 12 aus, daß dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 28. September 1989 gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 11/1973 in der derzeit geltenden Fassung (WSHG), in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 13/1973, in der Fassung der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 22. November 1988, LGBl. für Wien Nr. 41/88, für den Zeitraum vom 20. September 1989 bis 22. Oktober 1989 eine Geldaushilfe in der Höhe von S 1.910,-- gewährt werde. Dies entspreche dem richtsatzmäßigen Anspruch für einen alleinstehenden Sozialhilfeempfänger für die Dauer von 32 Tagen, vermindert um einen 50 %igen Abzug gemäß § 13 Abs. 5 WSHG. Nach der Bescheidbegründung sei der Beschwerdeführer im laufenden Bezug einer Notstandshilfe, unterbrochen durch Krankengeldbezug in der Höhe von S 233,90 täglich, gestanden. Dies habe einem durchschnittlichen Monatseinkommen von ca. S 7.000,-- netto für einen alleinstehenden Erwachsenen entsprochen. Am 28. September 1989 habe er beim Sozialreferat für den 15. Bezirk eine Unterstützung nach den Bestimmungen des WSHG unter Vorlage einer Ablichtung einer Niederschrift, aufgenommen beim Arbeitsamt Handel, Transport und Verkehr am 26. September 1989, beantragt. Aus dieser Niederschrift sei ersichtlich gewesen, daß ein Verfahren gemäß § 10 AlVG eingeleitet worden sei. Dem Beschwerdeführer sei die Sperre der Notstandshilfe in Aussicht gestellt worden, weil er die Annahme einer ihm durch das Arbeitsamt vermittelten zumutbaren Tätigkeit vereitelt habe. Laut Auskunft des Arbeitsamtes Versicherungsdienste (Wien) sei die Notstandshilfe des Beschwerdeführers gemäß § 10 AlVG für die Zeit vom 20. September 1989 bis 22. Oktober 1989 gesperrt worden. Gemäß § 13 Abs. 5 WSHG sei der Richtsatz bis zu 50 % zu unterschreiten, wenn der Hilfesuchende trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit nicht gewillt sei, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen. In Würdigung der Tatsache, daß der Beschwerdeführer zwar nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung, aber spätestens mit Wirksamwerden der Leistungssperre für die Dauer von 32 Tagen ohne Einkommen gewesen sei, sei ihm die beantragte Geldaushilfe dem Grunde nach für diese Zeit zuzuerkennen gewesen, zumal er glaubhaft gemacht habe, über keine Ersparnisse zu verfügen. Es sei jedoch wegen seiner vom Arbeitsamt festgestellten Arbeitsunwilligkeit mit Richtsatzkürzung vorzugehen gewesen. In Anbetracht des Umstandes, daß der Beschwerdeführer seit 1983 ohne Beschäftigung sei, sei die volle Kürzungsmöglichkeit ausgeschöpft worden.

In der unter anderem gegen diesen Spruchpunkt erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer Nachstehendes ein: Da die Sozialhilfe eine sofort bei (bewiesener) Notlage zu zahlende Geldleistung sei (die Notlage habe der Beschwerdeführer bewiesen), seine Sorgepflicht für seine Tochter aktenkundig sein müßte und die Nichtauszahlung der Geldleistung allein im Verschulden der erstinstanzlichen Behörde liege, seien zur Berechnung der ihm zustehenden Geldleistung folgende Fakten heranzuziehen: Sozialhilferichtsatz für Hauptunterstützte (30 Tage) für 1990 S 3.772,-- zuzüglich eines Zuschlages wegen der Sorgepflicht für seine Tochter (30 Tage) für 1990 von S 1.161,--; dies ergebe für 32 Tage eine Geldleistung von S 5.262,-- zuzüglich der Erhöhung mit dem geltenden Verbraucherpreisindex seit der Antragstellung vom 28. September 1989. Der 50 %ige Abzug gemäß § 13 Abs. 5 WSHG sei nicht berechtigt, weil der Beschwerdeführer nie eine vom Arbeitsamt vermittelte zumutbare Tätigkeit vereitelt habe (das werde nur vom Arbeitsamt behauptet; das Verfahren laufe noch), weder das Arbeitsamt noch der Beschwerdeführer imstande gewesen seien, eine zumutbare Beschäftigung zu finden, und es nicht sein Verschulden sei, wenn es am Arbeitsmarkt seit 1983 eine derart schlechte Beschäftigungssituation gebe.

Mit Bescheid vom 8. Mai 1991 gab die belangte Behörde unter anderem der Berufung gegen den Spruchpunkt II des Bescheides der erstinstanzlichen Behörde vom 15. November 1990 keine Folge und bestätigte auch insofern den bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe des bisherigen Ganges des Verwaltungsverfahrens und nach Zitierung der §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 sowie 13 Abs. 1 und 5 WSHG ausgeführt, es habe der richtsatzgemäße Anspruch des Beschwerdeführers auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für die Dauer der Sperre des Notstandshilfebezuges S 3.820,-- betragen. Der begehrte Zuschlag für Indexsteigerung finde im WSHG keine Grundlage. Ebenso gebühre kein Zuschlag für die Tochter des Beschwerdeführers, weil diese in dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitraum mit dem Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Da sich der Beschwerdeführer geweigert habe, am 20. September 1989 eine mit S 9.845,-- brutto entlohnte Stelle als Lagerarbeiter anzunehmen, habe das Arbeitsamt in einem Verfahren gemäß § 10 AlVG seine Arbeitsunwilligkeit festgestellt und die damit verbundene Sanktion der Leistungssperre verfügt. Die Umstände sprächen gegen die vom Beschwerdeführer behauptete Arbeitswilligkeit, sei er doch trotz Arbeitsfähigkeit und gestiegener Nachfrage nach Arbeitskräften seit 1983 kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Nach den Kriterien des WSHG sei eine Beschäftigung, wie sie vom Arbeitsamt angeboten worden sei, als zumutbar im Sinne des § 9 Abs. 1 letzter Satz WSHG zu werten. In Würdigung der Tatsache, daß der Beschwerdeführer zwar nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung, aber spätestens mit dem Wirksamwerden der Leistungssperre für die Dauer von 32 Tagen ohne Einkommen gewesen sei, sei ihm die Aushilfe dem Grunde nach für diese Zeit zuzuerkennen gewesen, zumal der Beschwerdeführer glaubhaft gemacht habe, über keine Ersparnisse zu verfügen. Es sei jedoch wegen der vom Arbeitsamt festgestellten Arbeitsunwilligkeit mit Richtsatzkürzung vorzugehen gewesen. In Anbetracht des Umstandes, daß der Beschwerdeführer bereits seit 1983 ohne Beschäftigung sei, habe die volle Kürzungsmöglichkeit ausgeschöpft werden müssen. Aus den dargelegten Gründen sei die Berechnung des Anspruches des Beschwerdeführers auf Sozialhilfe für den Zeitraum vom 20. September 1989 bis 22. Oktober 1989 von der erstinstanzlichen Behörde in gesetzmäßiger Weise erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer Punkt II des Bescheides der belangten Behörde vom 8. Mai 1991 (angefochtener Bescheid) insofern, als ihm nicht der volle von ihm beanspruchte Betrag von S 5.262,-- als Geldaushilfe zuerkannt worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 WSHG hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

Nach § 9 Abs. 1 leg. cit. hat der Hilfesuchende seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensbedarfes für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen einzusetzen. Dabei ist auf den Gesundheitszustand, das Lebensalter, die geordnete Erziehung der Kinder sowie auf die berufliche Eignung und Vorbildung Bedacht zu nehmen. Wenn der Hilfesuchende nach angemessener Frist keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann, ist er verpflichtet, auch Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die nicht unmittelbar seiner beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen, die ihm jedoch im Hinblick auf diese zugemutet werden können. Kann der Hilfesuchende innerhalb einer weiteren angemessenen Frist keinen ihm im Hinblick auf seine berufliche Eignung und Vorbildung zumutbaren Arbeitsplatz erlangen, ist er verpflichtet, andere Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, auch wenn sie nicht der beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen.

Gemäß § 13 Abs. 1 hat die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen. Nach § 13 Abs. 2 leg. cit. sind in der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze folgende Arten von Richtsätzen vorzusehen: 1. Richtsatz für den Alleinunterstützten, 2. Richtsatz für den Hauptunterstützten,

3. Richtsatz für den Mitunterstützten. Der in Z. 1 bezeichnete Richtsatz hat im Umfang des Abs. 3 den Lebensunterhalt eines Hilfesuchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen hat. Die in den Z. 2 und 3 bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfesuchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten und der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfange des Abs. 3 zu decken. Ist der Hilfesuchende trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit (§ 9 Abs. 1) nicht gewillt, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen, so ist nach § 13 Abs. 5 WSHG der Richtsatz bis zu 50 % zu unterschreiten. Der Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Angehöriger sowie des Lebensgefährten darf dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.

Der Beschwerdeführer stellt in Abrede, daß er trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit seit 1983 und insbesondere am 19. September 1989 für die ihm vom Arbeitsamt zugewiesene Beschäftigung nicht gewillt gewesen sei, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensbedarfes einzusetzen. Die belangte Behörde hätte diesbezüglich - ohne Bindung an die Entscheidungen der Behörden der Arbeitsmarktverwaltung - aufgrund des Berufungsvorbringes des Beschwerdeführers eine eigenständige Prüfung vornehmen müssen.

Diesen Einwänden kommt aus nachstehenden Gründen Berechtigung zu:

Nach der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides nahm die belangte Behörde die "Richtsatzkürzung" grundsätzlich "wegen der vom Arbeitsamt (in einem Verfahren nach § 10 AlVG) festgestellten Arbeitsunwilligkeit" des Beschwerdeführers vor und stützte lediglich die volle Ausschöpfung der Kürzungsmöglichkeit des § 13 Abs. 5 WSHG überdies auf den (im Zusammenhang damit die Arbeitsunwilligkeit des Beschwerdeführers indizierenden) Umstand, daß er trotz Arbeitsfähigkeit und gestiegener Nachfrage nach Arbeitskräften bereits seit 1983 ohne Beschäftigung (kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen) sei.

Dem liegt erkennbar die Auffassung zugrunde, daß, wie die

belangte Behörde in der Gegenschrift formuliert, dann, wenn

"von der primär dafür zuständigen Behörde Arbeitsunwilligkeit

infolge Verweigerung oder Vereitelung einer Arbeitsvermittlung

angenommen (wird), ... die Arbeitsunwilligkeit im Sinne der

Einheit der Rechtsordnung auch für die Sozialhilfebehörde als

erwiesen (gilt)... Es bestand sohin für die belangte Behörde

keine Notwendigkeit sich nochmals mit den näheren Umständen,

die zum Nichtzustandekommen der Vermittlung des

Beschwerdeführers als Lagerarbeiter ... führten,

auseinanderzusetzen."

Dabei bezog sich die belangte Behörde - nach der Gegenschrift - darauf, daß mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste (Wien) vom 24. Oktober 1989 gemäß § 38 in Verbindung mit den §§ 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 AlVG ausgesprochen wurde, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 20. September 1989 bis zum 17. Oktober 1989 seinen Anspruch auf Notstandshilfe wegen Vereitelung einer ihm am 19. September 1989 für die Zeit ab 20. September 1989 zugewiesenen Beschäftigung als Lagerarbeiter bei der Firma E-KG verloren habe, und diese Entscheidung mit rechtskräftigem Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 30. Jänner 1990 bestätigt wurde. Der zuletztgenannte Bescheid war auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch in Wirksamkeit. (Er wurde erst mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0085, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Inzwischen hat allerdings die belangte Behörde neuerlich eine inhaltsgleiche Entscheidung mit Bescheid vom 24. Oktober 1991 getroffen, gegen die der Beschwerdeführer zur Zl. 92/08/0042 Beschwerde erhoben hat.

Wäre die obgenannte Auffassung der belangten Behörde zumindest in dem eingeschränkten Sinne zutreffend, daß bei Beurteilung der Arbeitswilligkeit eines Hilfesuchenden im Sinne des § 13 Abs. 5 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 WSHG eine Bindung der Sozialhilfebehörden an rechtskräftige Bescheide der Behörden der Arbeitsmarktverwaltung bestehe, mit denen nach § 10 AlVG (allenfalls in Verbindung mit § 38 leg. cit.) ein Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld (bzw. Notstandshilfe) wegen der Weigerung des Arbeitslosen, eine ihm vom Arbeitsamt zugewiesene (im Sinne des § 9) zumutbare Beschäftigung anzunehmen, oder wegen der Vereitelung der Annahme einer solchen Beschäftigung ausgesprochen wird, so wäre der Beschwerdevorwurf der Unterlassung einer diesbezüglichen eigenständigen Prüfung durch die belangte Behörde unberechtigt.

Eine solche Bindung (vgl. zur Verbindlichkeit rechtskräftiger Bescheide gegenüber anderen Verwaltungsbehörden: Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rdz 465 ff, insbesondere 469 in Verbindung mit den Rdzen 480 bis 484) besteht aber schon deshalb nicht, weil der Begriffsinhalt der Arbeitswilligkeit (Arbeitsunwilligkeit) nach § 13 Abs. 5 WSHG kraft ausdrücklicher Verweisung nach den Kriterien des § 9 Abs. 1 leg. cit und nicht nach jenen der §§ 9 bis 11 AlVG bestimmt wird. Wenn auch die Beurteilung desselben Sachverhaltes in bezug auf eine vorhandene Arbeitswilligkeit bzw. Arbeitsunwilligkeit nach den Bestimmungen des WSHG einerseits und des AlVG andererseits zum selben Ergebnis führen kann, handelt es sich dennoch bei der Arbeitswilligkeit im Sinne des § 13 Abs. 5 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 WSHG um keine Vorfrage im Sinne der §§ 38 und 69 Abs. 1 lit. c AVG, d. h. um eine für die Entscheidung der Sozialhilfebehörde präjudizielle Rechtsfrage, über die als Hauptfrage, als Gegenstand eines rechtsfeststellenden oder rechtsgestaltenden Abspruches, von einer anderen Behörde, von einem Arbeitsamt (Landesarbeitsamt), oder von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren, zu entscheiden ist (vgl. zum Vorfragenbegriff u.a. das Erkenntnis vom 26. Februar 1981, Slg. Nr. 10.383/A). Konsequenterweise (und mangels einer ausdrücklichen Anordnung einer solchen Bindung) vermag auch die rechtskräftige Entscheidung eines Arbeitsamtes (Landesarbeitsamtes) nach § 10 AlVG (allenfalls in Verbindung mit § 38 leg. cit) über den Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (bzw. Notstandshilfe) wegen Nichtannahme bzw. Vereitlung der Annahme einer zugewiesenen, nach § 9 AlVG zumutbaren Beschäftigung schon deshalb keine Bindungswirkung für die Sozialhilfebehörde für ihre Beurteilung des Sachverhaltes nach § 13 Abs. 5 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 WSHG nach sich zu ziehen.

Dadurch daß die belangte Behörde, ausgehend von einer solchen Bindungswirkung, nicht selbständig nach den §§ 37, 39 AVG unter Beteiligung des Beschwerdeführers nach § 45 Abs. 3 AVG in Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen (wenn auch unter zulässiger Mitberücksichtigung der Ermittlungsergebnisse des Verfahrens nach § 10 AlVG) geprüft hat, ob der Beschwerdeführer am 19. September 1989 trotz bestehender Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit nicht gewillt war, seine Arbeitskraft im Sinne des § 9 Abs. 1 WSHG einzusetzen, sondern die Richtsatzkürzung wegen der "vom Arbeitsamt festgestellten Arbeitsunwilligkeit" vornahm und darin auch ein entscheidendes Indiz für seine Arbeitsunwilligkeit seit 1983 erblickte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Zum weiteren, für die Ausschöpfung der vollen Kürzungsmöglichkeit herangezogenen Begründungselement der angenommenen Arbeitsunwilligkeit des Beschwerdeführers, nämlich, daß er bereits seit 1983 trotz Arbeitsfähigkeit und gestiegener Nachfrage nach Arbeitskräften ohne Beschäftigung (kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen) sei, ist zu bemerken, daß sich die belangte Behörde diesbezüglich nicht mit dem Berufungsvorbringen auseinander gesetzt hat, wonach weder das Arbeitsamt noch der Beschwerdeführer imstande gewesen seien, in dieser Zeit eine zumutbare Beschäftigung für ihn zu finden.

Eine allfällige Nichtanwendbarkeit des § 13 Abs. 5 WSHG hätte allerdings, ausgehend von den vom Beschwerdeführer diesbezüglich nicht bekämpften Feststellungen der belangten Behörde, nur zur Gewährung einer maximalen "Geldaushilfe" als Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes von S 3.820,-- und nicht - entsprechend dem in der Beschwerde ohne Begründung aufrechterhaltenen Berufungsbegehren - von S 5.262,-- führen können. Denn die belangte Behörde hat erstens der Bemessung der begehrten Geldaushilfe für den Zeitraum vom 20. September bis 22. Oktober 1989 zu Recht die in diesem Zeitraum (nach der Richtsatzverordnung, LGBl. für Wien Nr. 13/1973 in der Fassung der Verordnung LGBl. für Wien Nr. 41/1988) geltenden Richtsätze zugrundegelegt und nicht die erst ab 1. März 1990 (nach der Verordnung LGBl. für Wien Nr. 24/1990) gültigen, die der Beschwerdeführer bei seiner Berechnung in der Berufung herangezogen hat. Zweitens trifft es, ausgehend von der Feststellung, daß der Beschwerdeführer im maßgebenden Zeitraum mit seiner Tochter nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, zu, daß die Bemessung der Geldaushilfe nach dem Richtsatz für den Alleinunterstützten nach § 13 Abs. 2 Z. 1 WSHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z. 1 der Richtsatzverordnung in der genannten Fassung und nicht nach jenem für den Haupt- und Mitunterstützten nach § 13 Abs. 2 Z. 2 und 3 WSHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z. 2 und 3 der genannten Verordnung zu erfolgen hatte. Demgemäß wurde der Anspruch des Beschwerdeführers auf Geldaushilfe für den genannten Zeitraum richtig mit S 3.820,-- bemessen. (Unklar blieb allerdings, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer auch für den Zeitraum vom 18. Oktober bis 22. Oktober 1989, in dem er ja offensichtlich wieder Notstandshilfe bezog, ein Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes zustand.) Schließlich hat die belangte Behörde drittens mit Recht einen Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Erhöhung der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Richtsätze "mit dem geltenden Verbraucherpreisindex" mangels einer diesbezüglichen Rechtsgrundlage abgelehnt.

Der angefochtene Bescheid (d.h. Punkt II des Bescheides vom 8. Mai 1991) war daher - im Rahmen der Anfechtung - aus den weiter oben angeführten Gründen insoweit, als die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 20. September 1989 bis 22. Oktober 1989 keine den Betrag von S 1.910,-- übersteigende Geldaushilfe gewährt hat, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, allerdings in den Grenzen des Begehrens des Beschwerdeführers.

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