Normen
AVG §33 Abs4;
AVG §56;
AVG §62 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;
AVG §33 Abs4;
AVG §56;
AVG §62 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit im Zuge eines Lokalaugenscheines mündlich verkündeter Erledigung ordnete die Bezirkshauptmannschaft (BH) am 30. Oktober 1990, gestützt auf § 31 Abs. 3 WRG 1959, hinsichtlich der mit ihrem Bescheid vom 9. Oktober 1990 dem Beschwerdeführer zur Beseitigung wassergefährdender Umstände im Bereich seines Betriebesareals und seiner Betriebstankstelle sowie seiner öffentlichen Tankstelle auferlegten Vorschreibungen nachstehendes an:
"1. Für die Erfüllung der noch offenen Maßnahmen, die im Bescheid der BH. vom 9. Okt. 1990 vorgeschrieben wurden, wird die Frist bis zum 14. Nov. 1990 erstreckt.
2. Bezügl. der Öffnung der Betriebstankstelle und der öffentlichen Tankstelle (Dieselzapfsäule) hat Herr F der Behörde bekanntzugeben, wann die Ölbindemittel bzw. die Ölwanne zur Verfügung stehen. Sodann wird die Plombe der Zapfsäule entfernt und für eine Woche das Tanken ermöglicht. Nach Ablauf dieser Woche bzw. nach Entleerung der Tanks werden die Plomben wieder angebracht."
Gegen diese von ihm als Bescheid gewertete Erledigung erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er geltend machte, diese Erledigung sei im Zusammenhang mit dem angeführten Bescheid der BH vom 9. Oktober 1990 zu sehen. Da dieser Bescheid infolge einer dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung noch nicht rechtskräftig sei, mangle es den Anordnungen vom 30. Oktober 1990 an der Rechtsgrundlage.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. Dezember 1990 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 63 AVG zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Formulierung der bekämpften Verfügung lasse erkennen, daß die Erlassung eines Bescheides nicht beabsichtigt gewesen sei. Außer dem Spruch fehlten dieser Erledigung alle für einen Bescheid erforderlichen Bestandteile. Der Beschwerdeführer werde durch diese Erledigung im Vergleich zum Bescheid der BH vom 9. Oktober 1990 - welcher auf Grund der mittlerweile erlassenen Berufungsentscheidung in Rechtskraft erwachsen sei - ausschließlich begünstigt.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 10. Juni 1991, B 197/91-3, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese mit Beschluß vom 5. August 1991, B 197/91-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen "Rechten auf Nichterlassung einer Vollstreckungsverfügung gemäß § 7 Verwaltungsvollstreckungsgesetz sowie auf Nichterlassung von Auflagen gemäß § 31 und 98 Wasserrechtsgesetz und dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG gewährleisteten Recht auf Entscheidung in der Sache selbst durch die Berufungsbehörde" verletzt. Insbesondere habe die BH den normativen Charakter ihrer Erledigung vom 30. Oktober 1990 durch ausdrückliche Stützung auf § 31 Abs. 3 WRG 1959 dokumentiert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß es sich bei der Erledigung der BH vom 9. Oktober 1990, auf welche die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Erledigung vom 30. Oktober 1990 Bezug nimmt, um einen - mündlich verkündeten - Bescheid handelt. Mit diesem Bescheid war dem Beschwerdeführer für die Erfüllung der ihm auferlegten Maßnahmen (teilweise) eine Frist bis 25. Oktober 1990 eingeräumt worden. Unter Punkt 1. der Erledigung vom 30. Oktober 1990 erstreckte die BH diese Frist bis zum 14. November 1990. In dieser Abänderung einer mit Bescheid festgesetzten Paritionsfrist kommt der Wille der Behörde, eine von ihr getroffene normative Regelung bindend abzuändern, und somit der Wille, einen Bescheid zu erlassen, zum Ausdruck. Da die Erledigung auch einen förmlichen und der Rechtskraft fähigen Abspruch, mit dem das Rechtsverhältnis zwischen der Behörde und dem Beschwerdeführer gestaltet wird, enthält, weist sie die wesentlichen, für das Vorliegen eines Bescheides sprechenden Merkmale auf (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S 338 ff, zitierte hg. Judikatur). Daran vermag weder der Umstand, daß der Bescheid vom 9. Oktober 1990 am 30. Oktober noch nicht rechtskräftig war, noch die Ansicht, daß der Beschwerdeführer durch die Erstreckung der Frist begünstigt worden sei, etwas zu ändern. Vielmehr kann aus der Formulierung des Punktes 1. der Erledigung vom 30. Oktober 1990, in der ausdrücklich auf die "noch offenen Maßnahmen" Bezug genommen und für deren Erfüllung eine neue Frist festgesetzt wird, darauf geschlossen werden, daß der Bescheidwille auch darauf gerichtet war, zumindest die Erfüllung der "noch offenen Maßnahmen" in einer der Rechtskraft fähigen Weise dem Beschwerdeführer in modifizierter Form aufzutragen.
Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, über die Berufung des Beschwerdeführers in der Sache selbst zu entscheiden. Da sie dies in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Ersatz von Stempelgebühren lediglich im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß zuerkannt werden kann.
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