VwGH 91/04/0315

VwGH91/04/031515.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des H,

2. der B, 3. des E, 4. des JK, 5. der S, 6. der M, 7. des AK und 8. der CK, alle in W und vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Oktober 1991, Zl. 314.324/4-III-3/91, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei:

X-Fernwärmeversorgung W registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Y),

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §52;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GewO 1973 §353 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2 idF 1988/399;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §52;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GewO 1973 §353 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2 idF 1988/399;
VwRallg;

 

Spruch:

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von den Dritt-, Fünft-, Sechst- und Achtbeschwerdeführern erhoben wurde, zurückgewiesen.

Die Dritt-, Fünft-, Sechst- und Achtbeschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Auf Grund der Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wird der angefochtene Bescheid im Umfang seines Spruchpunktes II wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Erst-, Zweit-, Viert- und Siebentbeschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 2. Jänner 1991 wurde der mitbeteiligten Partei auf ihr Ansuchen vom 15. Februar 1990 gemäß §§ 74 und 77 GewO 1973 die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung einer mit biogenen Brennstoffen befeuerten Fernwärmeheizanlage mit einer Nennwärmeleistung von 0,9 MW sowie einer Lagerhalle, eines Ballenmagazines, eines Aschenlagers, eines Wäscherraumes und einer Heizzentrale mit einer Meßwarte auf dem Grundstück Nr. 231/5, KG W, und eines ölbefeuerten Reservekessels mit einer Nennheizleistung von 350 kW samt Kesselhaus, eines 10.000 l fassenden Doppelwandbehälters und eines Heißwasserkessels auf dem Grundstück Nr. 62/15, KG W, nach Maßgabe der im Bescheidspruch enthaltenen Betriebsbeschreibung und der mit der Genehmigungsklausel versehenen Pläne und Beilagen sowie unter Vorschreibung von Auflagen erteilt (Spruchteil I).

Im Abschnitt B des Spruchteils I finden sich u.a. folgende

Auflagen:

"41. Die Heizanlage für biogene Brennstoffe ist so auszulegen und zu betreiben, daß nachstehende

Emissionsgrenzwerte nicht überschritten werden:

- staubförmige Emissionen 75 mg/m3

- unverbrannte organische gasförmige

Stoffe, angegeben als Kohlenstoff 50 mg/m3

- Kohlenmonoxyd 250 mg/m3

Die Werte beziehen sich auf 0 Grad C, 1013 mbar, 13 % Volumskonzentration Sauerstoff und trockenes Rauchgas.

42. Die Einhaltung der im Auflagenpunkt 41 festgesetzten Emissionsgrenzwerte ist durch Emissionseinzelmessungen dieser Parameter durch einen einschlägigen Zivilingenieur oder eine staatliche oder staatlich autorisierte Prüfanstalt nachzuweisen. Der Meßbericht ist spätestens einen Monat vor Ablauf des Probebetriebes der Bezirkshauptmannschaft Mödling vorzulegen."

Ferner wurde ausgesprochen, daß die Heizanlage für biogene Brennstoffe erst auf Grund einer gesondert zu erteilenden Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf. Gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 wurde für diesen Anlagenteil ein Probebetrieb für die Dauer von 12 Monaten ab Fertigstellung dieser Anlage angeordnet (Spruchteil II).

In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., der Amtssachverständige für die Fachrichtung Luft habe gutächtlich ausgeführt, die Einreichunterlagen sähen vor, durch Verbrennung von Stroh- und Waldhackgut Fernwärme zu erzeugen. Die gegenständliche Anlage sei so konzipiert, daß nach Aufbereitung (Homogenisierung) des zur Verbrennung gelangenden Brennstoffes dieser einer speziell konstruierten Brennkammer zugeführt werde. Die Brennkammer sei so ausgelegt, daß das Brenngut bei einer Temperatur von ca. 1000 bis 1200 Grad C verbrannt werde. Für die Inbetriebnahme der Brennkammer sei vorgesehen, diese bis zur angeführten Betriebstemperatur mit Heizöl extra leicht mit einem Schwefelgehalt von 0,2 Prozent vorzuheizen. Nach Erreichen der Brennkammertemperatur von 1000 Grad C werde das Brenngut der Brennkammer zugeführt. Die Brenngase würden nach Nutzung der Wärme (Wärmeaustauscher) einem Brennwertrauchgaswäscher zugeführt. In diesem würden die partikelhältigen, im Abgas vorhandenen Stoffe abgeschieden. Die Abgastemperatur nach dem Brennwertrauchgaswäscher werde bei ca. 70 Grad C liegen. Das Waschmedium (Wasser) werde nach Entfernen des als Staub anfallenden Schlammes wieder dem Brennwertrauchgaswäscher zugeführt. Das verdunstete Wasser werde mittels eines Niveaureglers automatisch ersetzt. Eine Ausschleusung des Waschmediums sei nicht gegeben. Zur Überwachung und Steuerung der erforderlichen Verbrennungstemperatur in der Brennkammer sei vorgesehen, die Brennkammertemperatur kontinuierlich zu messen und registrierend oder EDV-mäßig zu erfassen. Außerdem sei geplant, die Kohlenmonoxydemission als Parameter des Ausbrandes ebenfalls meßtechnisch kontinuierlich zu erfassen und entweder schreibend oder EDV-mäßig aufzuzeichnen.

In der Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen 1989, BGBl. Nr. 19, würden im § 19 die Grenzwerte für Emissionen von mit Holz, Torf, Hackgut, Rinde oder Holzresten befeuerten Dampfkesselanlagen geregelt. Die genannte Rechtsvorschrift sehe für Anlagen bis 2 MW Brennstoffwärmeleistung für Staub 150 mg/m3, für unverbrannte organische gasförmige Stoffe, angegeben als Kohlenstoff, 100 mg/m3 vor. Die Werte bezögen sich auf 0 Grad C, 1013 mbar und 13 % Volumenkonzentration an Sauerstoff im Verbrennungsgas nach Abzug des Feuchtegehaltes. Aufgrund der örtlichen Situation der geplanten Anlage sei es aus der Sicht des technischen Umweltschutzes, um unzumutbare Beeinträchtigungen der im Einflußbereich liegenden Wohnnachbarschaft auszuschalten, erforderlich, die Emissionen wesentlich zu reduzieren. Es sei erforderlich, für die Anlage in den gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid, eine Berechnung der zu erwartenden Zusatzimmissionen nach ÖNorm

M 9440 vorausgesetzt, nachstehende Emissionen und Emissionsgrenzwerte aufzunehmen:

- Staubförmige Emissionen 75 mg/m3

- unverbrannte organische gasförmige Stoffe, angegeben als

Kohlenstoff 50 mg/m3

- Kohlenmonoxyd 250 mg/m3

Die Werte bezögen sich auf 0 Grad C, 1013 mbar, 13 % Volumenkonzentration Sauerstoff und trockenes Rauchgas.

Bemerkt werde, daß die vorbezeichnete Rechtsvorschrift die Kohlenmonoxydemissionen erst bei Anlagen mit einer Brennstoffwärmeleistung größer als 2 MW begrenze. Laut vorliegenden Einreichunterlagen betrage die Brennstoffwärmeleistung der geplanten Anlage 0,9 MW. Die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Emissionsgrenzwerte könnten nach vorliegender Studie "Emissionen bei der Verbrennung von Luzerne, Schilf, Energiegras und Stroh", erstellt von H. Braun und B. Angrüner 1989, eingehalten werden. Es werde dabei festgestellt, daß, um die genannten Grenzwerte einhalten zu können, die Anlage wesentlich unter den angeführten gesetzlichen Werten betrieben werden müsse. Das gegenständliche Projekt sehe die Verbrennung von Stroh und Waldhackgut vor. Der Verbrennung von stickstoffhältigen Biomassen wie Luzerne etc. könne nicht zugestimmt werden, da bedingt durch den hohen Stickstoffanteil im Brennstoff mit erhöhten Stickoxydemissionen gerechnet werden könne.

In Ergänzung zu diesen Ausführungen sei ein weiteres Gutachten in Form einer Immissionsberechnung eingeholt worden:

Die für die Immissionsberechnung nach ÖNORM M 9449 wichtigen Ausgangsdaten seien der Anlagenbeschreibung und den gutächtlichen Aussagen des umweltschutztechnischen Amtssachverständigen, Fachrichtung Luft, zu entnehmen. Es seien dies:

Abgasmenge 6000 Nm3/h

Abgastemperatur 70 Grad C

Schornsteinhöhe 18 m über Grund

Staubemission 75 mg/m3 = 0,45

kg/h

Kohlenstoff 50 mg/m3 = 0,3

kg/h

Kohlenmonoxyd 250 mg/m3 = 1,5

kg/h

Den Randbedingungen des Rechenmodells entsprechend gelten

die Berechnungsergebnisse exakt nur für ebenes oder leicht

hügeliges Gelände. Bei stark orographisch modifiziertem Gelände

könnten im Extremfall die Werte um ein Mehrfaches höher liegen,

wobei eine Quantifizierung nicht möglich sei. Bei

Inversionslagen könnten sich die Werte verdoppeln.

Die Berechnung der zu erwartenden Maximal-Immissionen habe folgende Werte ergeben:

1. Bei labilen Wetterlagen (Ausbreitungsklassen 2 - 3,

Vorkommen: tagsüber, Häufigkeit: rd. 30 %)

Staub: 0,005 bis 0,010 mg/m3

Kohlenstoff: 0,003 bis 0,007 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0,015 bis 0,036 mg/m3

2. bei neutralen Wetterlagen (Ausbreitungsklasse 4, Vorkommen:

Tag und Nacht, Häufigkeit: rd. 70 %)

Staub: 0,003 bis 0,008 mg/m3

Kohlenstoff 0,002 bis 0,005 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0,010 bis 0,026 mg/m3

3. bei stabilen Wetterlagen (Ausbreitungsklasse 5 - 7,

Vorkommen: nachts, Häufigkeit: rd. 30 %)

Staub: 0,001 bis 0,005 mg/m3

Kohlenstoff: 0,001 bis 0,004 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0,003 bis 0,017 mg/m3

Die zu erwartenden Immissionen seien also sehr gering, sodaß auch bei orographisch oder inversionsbedingten Erhöhungen der Konzentration auch diese noch relativ gering sein werden.

In einem weiteren Rechenschritt sei noch berechnet worden, mit welchen Konzentrationen die nächsten Anrainer zu rechnen hätten. Für die östlich in ca. 50 m Entfernung gelegenen Anrainer hätten sich folgende Werte ergeben, wobei davon ausgegangen worden sei, daß die Häuser rund 5 m über dem Niveau der Betriebsanlage lägen:

1. bei labilen Wetterlagen

Staub: 0 - 0,008 mg/m3

Kohlenstoff: 0 - 0,005 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0 - 0,026 mg/m3

2. bei neutralen Wetterlagen

Staub: 0 - 0,002 mg/m3

Kohlenstoff: 0 - 0,001 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0 - 0,005 mg/m3

3. bei stabilen Wetterlagen

Staub: 0

Kohlenstoff: 0

Kohlenmonoxyd: 0

Für die westlich in ca. 150 m Entfernung gelegenen Anrainer

ergäben sich folgende Werte, wobei von einem Niveauunterschied

von rd. 10 m ausgegangen worden sei.

1. bei labilen Wetterlagen

Staub: 0,003 - 0,010 mg/m3

Kohlenstoff: 0,002 - 0,006 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0,011 - 0,032 mg/m3

2. bei neutralen Wetterlagen

Staub: 0,004 - 0,010 mg/m3

Kohlenstoff: 0,003 - 0,006 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0,016 - 0,032 mg/m3

3. bei stabilen Wetterlagen

Staub: 0 - 0,006 mg/m3

Kohlenstoff: 0 - 0,004 mg/m3

Kohlenmonoxyd: 0 - 0,020 mg/m3

Es müßten auch diese Immissionen als gering bezeichnet werden.

Es müsse darauf hingewiesen werden, daß der Standort aus der Sicht der Ausbreitung von Schadstoffen nicht als günstig zu bezeichnen und daher besonderer Wert darauf zu legen sei, daß die Emissionen nicht jenen Wert überschreiten, der dieser Stellungnahme zugrunde liege.

In der Begründung des erstbehördlichen Bescheides wurde weiters aus dem Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen zunächst der den Problemkreis Lärm betreffende Befund wiedergegeben. Hiezu habe der medizinische Amtssachverständige gutächtlich ausgeführt, daß bei Einhaltung der vom technischen Sachverständigen vorgeschriebenen Maßnahmen mit keiner Erhöhung der Lärmimmissionen über die festgesetzten Grenzwerte zu rechnen sei. Es sei daher auch keine unzumutbare Belästigung, und zwar weder von gesunden, normal empfindlichen Kindern, noch von ebensolchen Erwachsenen zu erwarten.

Aus dem Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen wurde im weiteren der die Frage der Luftverunreinigungen betreffende Befund wiedergegeben. Einzelne Abschnitte dieses Befundes beschäftigen sich mit Schwefeldioxyd, mit Staub und mit Kohlenmonoxyd. Im Abschnitt über Kohlenmonoxyd findet sich die Aussage, daß bei einer CO-Konzentration von 20-40 mg/m3 - wie sie im Bereich von engen, stark frequentierten Straßen vorkämen - der HbCo-Wert im Blut im Verlauf einer Stunde auf ca. 1,5-2 %, bei erhöhter körperlicher Aktivität auf 2-3 % ansteige. Bei gleichzeitigem Rauchen würden Werte von 3-7 % erreicht. Solche Belastungen könnten zu Störungen zentralnervöser Funktionen führen, wie z.B. der Reaktionsfähigkeit, der Sehleistung und der Zeitempfindung Dies bedeute auch ein erhöhtes Unfallrisiko im Straßenverkehr. Experimentelle Untersuchungen hätten ergeben, daß bei körperlichen Belastungen ab HbCO-Werten von ca. 2,5 % die Zeitdauer einer Leistung verkürzt und ab ca. 4 % die maximale Sauerstoffaufnahme beeinträchtigt werde. Ein eindeutig erhöhtes Risiko bestehe bei Herz- und Kreislaufkranken: ab 2,7 % HbCO könnten akute Beschwerden auftreten (Herzattacken, Durchblutungsstörungen) und langdauernde Belastungen über 2 % HbCO könnten den Krankheitsverlauf ungünstig beeinflussen.

Eine detaillierte medizinische Beurteilung der unverbrannten organischen gasförmigen Stoffe, die technisch als Kohlenstoffsummenwert angegeben werden (entsprechend TA-Luft), sei nicht möglich, da die Teilsubstanzen nicht bekannt seien.

Gutächtlich habe der medizinische Amtssachverständige hiezu ausgeführt, daß bei Einhaltung der vom Techniker vorgeschriebenen Maßnahmen, insbesondere bei Unterbleiben einer Verbrennung von stickstoffhältigen Biomassen, keine Belästigung der Anrainerschaft zu erwarten sei. Sämtliche hochgerechneten Immissionswerte lägen selbst bei ungünstiger Wetterlage unter den Grenzwerten.

Zusammenfassend habe der medizinische Amtssachverständige ausgeführt, daß unter den gegebenen Voraussetzungen insgesamt weder durch Lärm, noch durch Luftverunreinigungen, eine unzumutbare Belästigung für die Anrainer gegeben sei. Da der Grad der Lästigkeit von Geräuschen jedoch keinen rein physikalischen, sondern auch psychologischen Sachverhalt darstelle, sollte man, wenn möglich, die Zulieferungszeit an Samstagen weitestgehend einschränken (z.B. 8.00 - 12.00 Uhr). Im Interesse einer absoluten Minimierung der Schadstoffemissionen - und damit der Immissionen - sollte der günstigste mögliche Standort, auch was die zu erwartende Verkehrsbelastung und die meteorologische Situation betreffe, gewählt werden. Außerdem sei während des Probebetriebes sowohl eine Lärm-, als auch eine Schadstoffmessung durch eine autorisierte Untersuchungsanstalt durchzuführen.

Die Erstbehörde lege ihrer im Spruch getroffenen Entscheidung zugrunde, daß die dem Verfahren beigezogenen technischen Amtssachverständigen gutächtlich und in einer in sich widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Art und Weise dargetan hätten, daß die Anlage dem Stand der Technik entspreche, und mit welcher Art von Vorschreibungen bzw. Maßnahmen unzumutbare Belästigungen für die Nachbarn hintangehalten werden könnten. Der dem Verfahren beigezogene Amtssachverständige für Medizin habe in einer nach Ansicht der Behörde denkrichtigen, schlüssigen und daher in sich nachvollziehbaren Art und Weise fundiert dargelegt, welche Auswirkungen durch den Betrieb dieser Anlage auf den menschlichen Organismus eines gesunden, normal empfindenden Kindes oder auf den eines gesunden, normal empfindenden Erwachsenen zu erwarten seien. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses dieses amtlichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere der im Rahmen dieser Ermittlungen eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen, sei die Erstbehörde zur Auffassung gelangt, daß durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagenpunkte keine vorhersehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 zu erwarten seien und Belästigungen und Beeinträchtigungen sowie sonstige nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden, sodaß wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen sei. Um jedoch die Wirksamkeit der vorgeschriebenen Auflagen, insbesondere der aufgetragenen Lärmschutzmaßnahmen, sowie die Wirksamkeit der Rauchgasreinigungsanlage, abschließend beurteilen zu können, seien ein Probebetrieb und die Durchführung entsprechender Messungen angeordnet worden. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe weiters ergeben, daß den Einwendungen der Nachbarn durch Auflagepunkte Rechnung getragen worden sei oder diese Einwendungen als unbegründet beurteilt werden müßten, insbesonders seien bei konsensgemäßem Betrieb keine Einwirkungen auf Gewässer (Grundwasser) zu erwarten (keine Einleitungen, keine bedenklichen Lagerungen).

Dagegen erhoben u.a. die beschwerdeführenden Parteien Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 6. August 1991 wurde die von vier Berufungswerbern erhobene Berufung zurückgewiesen (Spruchteil 1), der Berufung der übrigen Berufungswerber keine Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid bestätigt (Spruchteil 2) und ferner ausgesprochen, daß die Betriebsbeschreibung der Fernwärmeheizanlage wie folgt ergänzt wird: "Als Brennstoff sind Waldhackgut und Stroh vorgesehen, wobei entweder der eine oder der andere Brennstoff bzw. beide gleichzeitig verbrannt werden sollen." (Spruchteil 3)

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die im Zuge der Berufungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen hätten im wesentlichen erklärt, daß das gegenständliche Projekt für die Erfassung und Regelung mit einem kontinuierlich arbeitenden und schreibenden Kohlenmonoxyd- und Sauerstoffmeßgerät ausgestattet werde. Auf Grund der schreibenden Aufzeichnungen der Kohlenmonoxydemissionen sei eine Nachvollziehbarkeit des Ausbrandes der Rauchgase jederzeit gewährleistet. Die genaue Festlegung der wiederkehrenden Messungen werde im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens festgelegt. Als Grundlage hiefür würden die schreibenden Kohlenmonoxydemissionsmessungen sowie die Messungen innerhalb des Probebetriebes herangezogen. Zu den Emissionsgrenzwerten und deren Überprüfung sei festgestellt worden, daß im Zuge der Genehmigung wesentlich strengere Grenzwerte, wie sie derzeit in Bundes- und Landesgesetzen bzw. in einschlägigen Normen angeführt werden, vorgeschrieben worden seien. Als Grundlage der Grenzwertvorschreibung habe die Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen gedient, welche im Bereich für Kesselanlagen ab einer Brennstoffwärmeleistung ab 150 kW bis 2 Megawatt wesentlich höhere Werte vorsehe. Das Projekt sehe die Installierung eines kontinuierlich arbeitenden und schreibenden Kohlenmonoxydemissionsmeßgerätes vor. Dadurch bedingt sei die jederzeitige Kontrolle und das Ausbrandverhalten des Rauchgases gegeben. Zusätzlich zu dem vorhandenen kontinuierlich arbeitenden Meßgerät seien diskontinuierliche Emissionsmessungen vorgesehen und werde im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens die Zeitdauer der wiederkehrenden Überprüfung festgelegt werden.

Zum Feuchtigkeitsgehalt des zum Einsatz gelangenden Brennstoffes sei festgestellt worden, die Anlage sei so konzipiert, daß die Feuchtigkeit des Brenngutes bis zu 40 % betragen könne; das Ausbrandverhalten werde durch erhöhten Feuchtigkeitsgehalt positiv beeinflußt. Im übrigen seien als Brennstoffe Waldhackgut und Stroh vorgesehen, wobei entweder der eine oder der andere Brennstoff bzw. beide gleichzeitig verbrannt werden sollen. Die Anlage sei jedoch so konzipiert, daß sie vollautomatisch betrieben und die Brennstoffänderung durch die Automatisierung berücksichtigt werde. Die Anwesenheit eines Aufsichtsorganes oder eines facheinschlägigen Vertreters sei dabei nicht erforderlich. Zu einem befürchteten Störfall werde festgestellt, daß die Anlage so konzipiert sei, daß im Falle von Störungen Schnellschlußklappen installiert seien, welche die Anlage einerseits emissionsmäßig abschalten, bzw. durch Ausschalten der Brennstoffzufuhr ein Abfahren der Anlage gegeben sei.

Hinsichtlich des Einwandes, der meteorologische Amtssachverständige habe ausdrücklich zugegeben, daß der gegenständliche Standort der Betriebsanlage aus der Sicht der Ausbreitung von Schadstoffen nicht als günstig zu bezeichnen sei, sei von diesem Sachverständigen festgestellt worden, daß damit lediglich auf den nicht als günstig zu bezeichnenden Standort hingewiesen wurde, bei Einhaltung der im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen sei jedoch mit keinen unzumutbaren Abgasbelastungen zu rechnen. Zum Einwand, daß das Rechenmodell nur für ebenes bzw. leicht hügeliges Gelände gelte und daher nicht im Gegenstand anzuwenden sei, sei festgestellt worden, daß im Gutachten des erstbehördlichen Verfahrens angeführt worden sei, daß "auch bei orographisch oder inversionsbedingten Erhöhungen der genannten Konzentrationen diese noch relativ gering sein werden". Grundsätzlich sei noch festgestellt worden, daß im Hinblick auf die beabsichtigte Herstellung von 73 Anschlüssen an die gegenständliche Betriebsanlage aus einschlägigen Messungen und aus der einschlägigen Fachliteratur ersichtlich sei (z.B. Fachtagung kommunale Fernwärmeversorgung, 23. Mai 1990, in der Michelbachhalle, Fachreferat Univ.Doz. Dipl.-Ing. Dr. Herbert Braun - Emissionsmessungen an Biomasse-Fernwärmeanlagen), daß bei Warmwasserkesseln des Hausbrandes mit dem Brennstoff Hackgut Emissionen von Kohlenmonoxyd im Bereich bis zu

4.651 mg/Nm3, gasförmige organische Verbindungen bis 448 mg/Nm3 und Staub bis zu 729 mg/Nm3 gemessen worden seien. Die Grenzwerte für Feuerungsanlagen für den Hausbrand sähen außerdem wesentlich höhere Emissionsbegrenzungen vor. So würden z.B. im NÖ Luftreinhaltegesetz die Staubemissionen für Anlagen mit einer Nennwärmeleistung von mehr als 26 kW bis 120 kW mit 250 mg/Nm3 begrenzt. Weiters sei dazu festgehalten worden, daß vor allem die Feuerungsanlagen im Bereich des Hausbrandes im Teillastbereich wesentlich höhere Emissionen als die angeführten aufwiesen. Unter Berücksichtigung der vorgesehenen Anschlüsse und des Umstandes, daß Fernwärmeanlagen einen wesentlich höheren Wirkungsgrad und Ausbrand des Rauchgases nach sich zögen, wie es bei Feuerungsanlagen im Hausbrand gegeben sei, könne daher die Aussage getroffen werden, daß unter Berücksichtigung der Anzahl der genannten Anschlüsse eine Verbesserung der Emissionen und daher der Immissionen gegeben sein werde. Weiters sei dazu festgestellt worden, daß Großanlagen neben den automatisch arbeitenden Emissionsmeßgeräten auch wiederkehrende Emissionsmessungen vorsehen, sodaß der Zustand und die Funktionsweise einer derartigen Anlage jederzeit überprüft werden könne. In den Feuerungsanlagen des Hausbrandes, vor allem jener Feuerstätten, welche für feste Brennstoffe ausgelegt seien, sei die Verbrennung von nichtkonventionellen Brennstoffen wie Papierabfälle, Kunststoffabfälle usw. möglich und nicht kontrollierbar. Aus der Sicht des technischen Umweltschutzes seien daher Fernwärmeanlagen gegenüber einzelbefeuerten Anlagen, wie es im Hausbrand üblich sei, der Vorzug gegeben.

Die zitierte Studie von Braun und Angrüner 1989 befasse sich mit dem Brennstoff Luzerne, Schilf, Energiegras und Strom. Diese Brennstoffe stellten gegenüber dem Brennstoff Waldhackgut ähnliche Ausbrandverhalten und Eigenschaften dar. Der Brennstoff Luzerne sei deshalb ausgeschlossen worden, da durch den hohen Stickstoffgehalt in der Luzerne bei deren Verbrennung erhöhte NOx-Emissionen gegeben seien. Die Aussage der Studie ändere sich dadurch jedoch nicht.

Nach den Ausführungen der beigezogenen Amtssachverständigen stehe für die Berufungsbehörde fest, daß für die Dauer des angeordneten Probebetriebes (12 Monate ab Fertigstellung der Anlage) bei Einhaltung der im angefochtenen Bescheid diesbezüglich vorgeschriebenen Auflagen nicht angenommen werden könne, daß zufolge des probeweisen Betriebes der Anlage die Nachbarschaft gefährdet oder über das zumutbare Ausmaß hinaus belästigt würde.

Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die erst-, zweit-, viert- und siebentbeschwerdeführenden Parteien Berufung.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Oktober 1991 wurde die von zwei Beschwerdeführern erhobene Berufung zurückgewiesen (Spruchteil I), die übrigen Berufungen wurden abgewiesen (Spruchteil II).

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, was die von den Nachbarn begehrte Neuwahl des Standortes betreffe, sei darauf hinzuweisen, daß im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren grundsätzlich von einem durch das Genehmigungsansuchen bestimmten Standort auszugehen sei und die Behörde die Genehmigungsvoraussetzungen hinsichtlich dieses Standortes zu prüfen habe. Sie könne jedoch dem Genehmigungswerber nicht einen anderen Standort empfehlen oder gar vorschreiben. Die Behauptung, daß die letzten Wohnhäuser nur 20 m vom gegenständlichen Heizwerk entfernt seien, lasse sich schon aus dem vorgelegten Lageplan widerlegen, woraus ersichtlich sei, daß im Umkreis von 20 m des gegenständlichen Heizwerkes keineswegs Wohnhäuser gelegen seien; auf die Widmung eines in der Umgebung der Betriebsanlage gelegenen Grundstückes sei im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht Bedacht zu nehmen. Eine dauernde Messung der relevanten Luftemissionen sei von den Sachverständigen der Behörden erster und zweiter Instanz nicht für erforderlich erachtet worden, es seien jedoch im Bescheid der Behörde erster Instanz nicht nur in der Auflage unter Pkt. 41 konkrete Grenzwerte für Luftschadstoffe festgelegt worden, sondern auch mit der Auflage unter Pkt. 42 die Vornahme von Kontrollmessungen über die Einhaltung dieser Emissionsgrenzwerte durch Befugte aufgetragen worden, und zwar einen Monat vor Ablauf des Probebetriebes, damit diese Ergebnisse im Verfahren zur Erteilung der Betriebsbewilligung (welche vorbehalten worden sei) berücksichtigt werden könnten. Die Verwendung von Erdgas als Energiequelle bei Inversionswetterlagen bzw. anstatt von Heizöl leicht sei derzeit mangels Vorhandenseins eines Erdgasanschlusses nicht möglich und sei auf zukünftige Entwicklungen im gegenständlichen Bescheid, der sich nach der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt richtet, nicht Bedacht zu nehmen. Es sei der Genehmigungswerberin nach Herstellung einer Erdgasleitung in den Ort W jedoch unbenommen, um Umstellung auf diesen Brennstoff anzusuchen.

Wie es in der Begründung des Bescheides an anderer Stelle heißt, entfalteten Gemeinderatsbeschlüsse für das gegenständliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (sofern sie keine eine Verbotsnorm beinhaltende Änderung der Flächenwidmung herbeiführten) keine rechtliche Bedeutung. Mit ihrem Vorbringen betreffend eines Gemeinderatsbeschlusses über eine zukünfte Gasversorgung sowie eines Übereinkommens mit der EVN über eine zukünftige Gasversorgung würden die Berufungswerber selbst zugeben, daß derzeit eine Versorgung der Anschlußwerber bzw. der gegenständlichen Betriebsanlage mit Gas als Alternativbrennstoff nicht möglich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten je eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Die vorliegende Beschwerde ist, soweit sie von den Dritt-, Fünft-, Sechst- und Achtbeschwerdeführern erhoben wurde, unzulässig.

Der angefochtene Bescheid erging über die von insgesamt 20 Personen erhobenen Berufungen. Über ein Rechtsmittel, welches von den vorgenannten Beschwerdeführern erhoben worden wäre, erging der angefochtene Bescheid nicht. Auch sonst wurde mit dem angefochtenen Bescheid darüber, welche Rechtsstellung diesen Beschwerdeführern zukomme, nicht abgesprochen. Die genannten Beschwerdeführer können in ihren Rechten durch den angefochtenen Bescheid daher nicht verletzt sein (Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG). Insoweit die vorliegende Beschwerde von diesen Beschwerdeführern erhoben wurde, war sie daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft den unter dem Titel "Barauslagen" geltend gemachten Betrag (siehe hiezu die einzelnen Tatbestände des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Erst-, Zweit-, Viert- und Siebentbeschwerdeführer in dem "Recht gemäß § 77 GewO 1973 verletzt, eine Betriebsanlage nur zu genehmigen, wenn alle Voraussetzungen vorliegen, um die Auswirkungen und Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO auf ein zumutbares Maß beschränkt werden".

Sie tragen in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, sie hätten in ihrer Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich bereits ausgeführt, daß im Umkreis von 20 m von der zu errichtenden Anlage Wohnhäuser gelegen seien, und es sei im angefochtenen Bescheid auf dieses Argument nicht eingegangen bzw. nur festgestellt worden, daß der Lageplan diese Behauptung widerlege. Die Behörde hätte aber sehr wohl ein Ermittlungsverfahren durchführen müssen, weil die der Genehmigung zugrunde gelegten Lagepläne mittlerweile nicht mehr aktuell und gültig seien. In der Realität seien nämlich bereits Wohnhäuser errichtet worden, welche wirklich nur 20 m von der gegenständlichen Heizanlage entfernt seien und nur aus rein tatsächlichen Gründen im alten Plan noch nicht hätten aufscheinen können. Hätte die Behörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt, so hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, daß sehr wohl im Umkreis von 20 m von der Fernheizanlage Wohnhäuser tatsächlich vorhanden seien und es hätte auf Grund dieser hohen Beeinträchtigung der dort befindlichen Wohnhäuser die gegenständliche Anlage keinesfalls bewilligt werden dürfen. Auch gebe die Behörde im angefochtenen Bescheid selbst zu, daß offenbar bereits eine Widmung des an die Betriebsanlage grenzenden Grundstückes vorhanden gewesen sei und beschränke sich in ihren Ausführungen aber darauf, daß im Gewerbeverfahren auf eine Widmung nicht einzugehen sei. Es "entspricht aber jeder Lebenserfahrung, daß ein bereits gewidmetes Grundstück, noch dazu als Wohngebiet, eine genauere Prüfung der Interessen der dort Lebenden verlangt, was im gegenständlichen Verfahren völlig unterblieb".

Weiters führe die Behörde im angefochtenen Bescheid aus, daß eine dauernde Messung der relevanten Luftemissionen von der Behörde erster und zweiter Instanz nicht für erforderlich erachtet worden sei, andererseits es jedoch außer Zweifel stehe, falls diese dauernde Überwachung fehle, eine Gefährdung gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 nicht ausgeschlossen werden könne.

Im angefochtenen Bescheid werde festgestellt, daß derzeit ein Erdgasanschluß nicht vorhanden sei und deshalb die Verwendung von Erdgas bei Inversionswetterlagen nicht vorgeschrieben werden könne. Dazu sei auszuführen, daß zwar derzeit noch kein Erdgasanschluß vorhanden sei, andererseits jedoch ein Beschluß des Gemeinderates vorliege, wonach ein Erdgasanschluß für die gesamte Gemeinde vorgenommen werden solle und nun nach vorläufiger Genehmigung der Fernwärmeanlage das Erdgas nicht kommen solle, weil man dann bereits die Fernheizanlage haben werde. Das im angefochtenen Bescheid in Aussicht gestellte Ansuchen auf Umstellung auf Erdgas könne aber eine Vorschrift zum Anschluß an dieses nicht ersetzen und es stelle das Fehlen dieser Vorschrift auch eindeutig einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 77 GewO 1973 dar, der auf den Stand der Technik abstelle und nicht auf die momentan vorhandenen Möglichkeiten.

Die Berufungswerber hätten im Verfahren bereits mehrmals vorgebracht, daß eine baugleiche Anlage in Bad Zell in Oberösterreich existiere und daß deren Betrieb dort habe eingestellt werden müssen, weil die Emissionen die Bevölkerung gefährdeten. Auch über diese Beschwerdepunkte sei kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden und es habe die Vermutung der Beschwerdeführer daher nicht widerlegt werden können, daß auch die gegenständliche Anlage die Vorschriften des § 77 GewO 1973 nicht einhalten werde können.

Schließlich werde im angefochtenen Bescheid festgestellt, daß es nicht Aufgabe der Gewerbebehörde sei, zu untersuchen, ob es nicht andere geeignetere Standorte für die zu genehmigende Anlage gäbe und es werde damit gleichzeitig aber zugegeben, daß dieses Problem überhaupt nicht untersucht worden und auch nicht Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens gewesen sei, obwohl das Problem des ungeeigneten Standortes der geplanten Anlage und ein viel besser geeigneter Standort in der Gemeinde bereits im Gutachten erster Instanz (Seite 27 des erstinstanzlichen Bescheides) aufgeworfen worden sei. Damit sei das Problem des ungeeingeten Standortes schon der Behörde erster Instanz bekannt gewesen und diese habe offensichtlich unterlassen, das Problem des ungeeigneten Standortes weiter zu untersuchen. Vielmehr komme schon der erstinstanzliche Gutachter zu dem Schluß, daß der Standort ungeeignet und eine Gefährdung der Anrainer zu erwarten und daher eine besonders genaue Überprüfung der Emissionen notwendig sei. Auch diese Auflage fehle im gegenständlichen Verfahren und es hätte auch aus diesem Grund die Genehmigung nicht erteilt werden dürfen.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1. das Leben oder die Gesundheit der Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitsnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen ...

Nach § 77 Abs. 1 GewO 1973 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die Betriebsanlage darf nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder das Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist ...

Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Als Rechte, welche ein Nachbar in einer Beschwerde gegen einen im Genehmigungsverfahren nach den §§ 353 ff GewO 1973 ergangenen Bescheid als verletzt geltend machen kann, kommen nach Maßgabe der in den betreffenden Genehmigungsverfahren erhobenen Einwendungen und Berufungsanträge die in der Gewerbeordnung 1973 vorgesehenen NACHBARRECHTE in Betracht. Soweit nun das Beschwerdevorbringen dahin geht, im Umkreis von 20 m von der zu errichtenden Anlage seien Wohnhäuser gelegen, und daran Verfahrensrügen geknüpft werden, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwiefern dadurch die Beschwerdeführer - und zwar sie selbst - als Nachbarn (bezogen auf dieses Beschwerdevorbringen) in ihren Rechten verletzt sein konnten (vgl. u.a. auch das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0275).

Ebenso können - für sich genommen - die Beschwerdevorbringen hinsichtlich Erdgasanschluß und "andere geeignetere Standorte" eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigen. Dabei genügt der Hinweis, daß die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, wie auch die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nach § 353 GewO 1973 antragsbedürftige Verwaltungsakte darstellen. Die "Sache", über die die Behörden im Genehmigungsverfahren betreffend Betriebsanlagen zu entscheiden haben, wird insofern durch das Genehmigungsansuchen bestimmt.

Dem Beschwerdevorwurf des "ungeeigneten Standortes" kommt jedoch - im Ergebnis - Berechtigung zu:

Die Feststellung, ob die (sachverhaltsbezogenen) Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung nach § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1973 vorliegen, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt, fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen, die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang im § 77 Abs. 2 GewO 1973 enthaltenen Tatbestandsmerkmale auszuüben vermögen. Auf Grund der Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/04/0074).

Die hinsichtlich von Luftschadstoffen von der Erstbehörde getroffenen und von der belangten Behörde übernommenen Sachverhaltsfeststellungen beziehen sich auf Werte von Maximal-Immissionen, deren Höhe entsprechend der vom Amtssachverständigen für die Fachrichtung Luft erstatteten Immissionsberechnung vom 17. September 1990 für verschiedene örtliche Bereiche und verschiedene Wetterlagen für Staub, Kohlenstoff und Kohlenmonoxyd im erstbehördlichen Bescheid mit der Beifügung angegeben wurden, daß die "zu erwartenden Immissionen ... als sehr gering" seien, "sodaß auch bei orographisch oder inversionsbedingten Erhöhungen der Konzentration auch diese noch relativ gering sein werden". Bezogen auf diese physikalischen Angaben fehlen Aussagen des medizinischen Sachverständigen, wie sich und bis zu welchem Ausmaß (orographisch oder durch Inversionslagen bedingte) erhöhte Konzentrationen auf den menschlichen Organismus unter dem Gesichtspunkt einerseits einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und andererseits einer Belästigung etwa durch Geruch, Rauch bzw. Staub auswirken.

Im Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 15. Oktober 1990 endet Abschnitt III D "Luft" mit der Aussage Pkt. 4: "Eine detaillierte medizinische Beurteilung der unverbrannten organischen gasförmigen Stoffe, die technisch als Kohlenstoffsummenwert angegeben werden (entsprechend TA-Luft), ist nicht möglich, da die Teilsubstanzen nicht bekannt sind."

In unmittelbarem Anschluß an diese Aussage folgt Pkt. 5 "Gutachten": "Bei Einhaltung der vom Techniker vorgeschriebenen Maßnahmen, insbesondere keine Verbrennung von stickstoffhältigen Biomassen, ist keine Belästigung der Anrainerschaft zu erwarten. Sämtliche hochgerechneten Immissionswerte liegen selbst bei ungünstiger Wetterlage unter den Grenzwerten." Weshalb eine gutächtliche Schlußfolgerung aus medizinischer Sicht möglich sei, obwohl "die Teilsubstanzen nicht bekannt sind", und von welcher Differenz zwischen den hochgerechneten Immissionswerten und den Grenzwerten andererseits der medizinische Amtssachverständige ausging, wird in diesem Zusammenhang nicht angegeben. Auch insofern bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung (vgl. dazu sowie zum Vorgesagten wiederum das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/04/0074).

Der Beschwerde kommt aber auch insofern Berechtigung zu, als das Beschwerdevorbringen auf die mangelnde dauernde Überwachung abstellt.

Dem Ziel der Einhaltung der in Rede stehenden Maximal-Immissionen dienen die im Spruch des erstbehördlichen Bescheides enthaltenen und von der belangten Behörde im Verwaltungsrechtszug übernommenen Auflagen 41 und 42.

Eine Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 kann jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zu seiner Erfüllung geeignete behördlich erzwingbare Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1980, Slg. N.F. Nr. 10.020/A). Dies hat aber zur Voraussetzung, daß die Einhaltung einer derartigen Auflage von der Behörde jederzeit und aktuell überprüft werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0202, und vom 5. November 1991, Zl. 88/04/0058).

Im Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 6. August 1991 wurde zwar festgehalten (Seiten 5 und 7), daß das gegenständliche Projekt für die Erfassung und Regelung mit einem kontinuierlich arbeitenden und schreibenden Kohlenmonoxyd- und Sauerstoffmeßgerät ausgestattet werde, auf Grund der schreibenden Aufzeichnungen der Kohlenmonoxydemissionen sei eine Nachvollziehbarkeit des Ausbrandes der Rauchgase jederzeit gewährleistet. Demgegenüber hielt die Behörde im angefochtenen Bescheid fest, daß eine dauernde Messung der relevanten Luftemissionen von den Sachverständigen der Behörde erster und zweiter Instanz nicht für erforderlich erachtet worden sei; es seien jedoch im Bescheid der Behörde erster Instanz nicht nur in der Auflage unter Pkt. 41 konkrete Grenzwerte für Luftschadstoffe festgelegt, sondern mit der Auflage unter Pkt. 42 die Vornahme von Kontrollmessungen über die Einhaltung dieser Emissionsgrenzwerte durch Befugte aufgetragen worden, und zwar einen Monat vor Ablauf des Probebetriebes. Daß und gegebenenfalls inwiefern im Hinblick auf das im Bescheid des Landeshauptmannes bezogene Projekt in Verbindung mit den zitierten Auflagen auch für die Zeit des Probebetriebes im Interesse des Nachbarschutzes die erforderliche jederzeitige und aktuelle Überprüfbarkeit der Einhaltung der vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte stehe, vermag der Verwaltungsgerichtshof anhand insbesondere der hier zitierten Stellen aus der Begründung des zweitbehördlichen und des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Auch insofern bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/04/0074).

Schon aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid in dem vorstehend im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, wobei der Aufwand nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen war.

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