VwGH 90/17/0263

VwGH90/17/026326.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführer Mag. Strohmaier und Kommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des F in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Mai 1990, Zl. II/1-BE-533-29-89, betreffend Ankündigungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Schwechat), zu Recht erkannt:

Normen

AnkündigungsabgabeG NÖ 1979 §2 Abs4;
BAO §27;
LAO NÖ 1977 §25 Abs1;
LAO NÖ 1977 §25 Abs2;
LAO NÖ 1977 §25;
VwRallg;
AnkündigungsabgabeG NÖ 1979 §2 Abs4;
BAO §27;
LAO NÖ 1977 §25 Abs1;
LAO NÖ 1977 §25 Abs2;
LAO NÖ 1977 §25;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Niederösterreich hat dem Beschwedeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. Mai 1989 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer - einem Taxiunternehmen mit der Konzession, auf allen genehmigten Standplätzen im Gebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde einschließlich des Flughafens Wien seine beiden Taxis einzusetzen, auf denen jeweils Bügel mit der Aufschrift "Taxi" auf der Vorderseite und der Aufschrift "RAS-Interunfall" auf der Rückseite angebracht waren - "gemäß § 150 NÖ Abgabenordnung 1977, LGBL. 3400-2, und den §§ 1, 2 Abs. 1 und 2, §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 1 und 3, letzter Satz, §§ 7, 8 und 10 des NÖ Ankündigungsabgabegesetzes 1979, LGBl. 3704-1, in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates vom 22. April 1982, TOP. 10," für den Zeitraum vom 1. Juni bis 31. Dezember 1987 eine Ankündigungsabgabe in Höhe von S 3.424,-- (Bemessungsgrundlage: zwei Fahrzeuge mal S 8,-- Tagessatz mal 214 Tage, an denen sich die Taxis zumindest zeitweilig im Gebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde aufgehalten hätten) sowie ein zweiprozentiger Säumniszuschlag in Höhe von S 68,-- festgesetzt. In der Begründung führte die Berufungsbehörde u.a. in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen, es wäre, da die Taxifahrten nicht ausschließlich in Schwechat durchgeführt worden seien, nur eine anteilige Bemessung vorzunehmen gewesen, aus, dieser Einwand gehe ins Leere, weil gemäß § 2 Abs. 4 des NÖ Ankündigungsabgabegesetzes 1979 als "öffentlicher Raum" ein im Gemeindegebiet verkehrendes Verkehrsmittel dann gelte, wenn das Verkehrsunternehmen in der Gemeinde seinen Sitz habe. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dies nach Darstellung des festgestellten Sachverhaltes und der maßgebenden Rechtsvorschriften unter Bezugnahme auf Vorentscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu den Ankündigungsabgabegesetzen verschiedener Bundesländer sinngemäß im wesentlichen mit der Begründung, mit der auf der Rückseite der Taxibügel jeweils angebrachten Aufschrift habe der Beschwerdeführer u.a. im Gebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde unentgeltlich abgabepflichtige Ankündigungen vorgenommen. Die Abgabe sei nicht gemäß § 4 Abs. 2 des NÖ Ankündigungsabgabegesetzes 1979 (im folgenden: NÖ AnkAbgG), sondern nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle bemessen worden. Das Ermittlungsverfahren sei ordnungsgemäß geführt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem subjektiven Recht verletzt, Aufschriften zu tragen bzw. zu führen, ohne hiefür eine Ankündigungsabgabe nach dem Niederösterreichischen Ankündigungsabgabegesetz zu entrichten."

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 NÖ AnkAbgG ermächtigt die Ortsgemeinden und Städte mit eigenem Statut des Landes Niederösterreich, auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses eine Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gemeindegebiet (Ankündigungsabgabe) einzuheben.

Gegenstand der Abgabe sind gemäß § 2 Abs. 1 NÖ AnkAbgG öffentliche Ankündigungen, das sind alle Ankündigungen in Druck, Schrift, Bild und Ton, welche an öffentlichen Verkehrsanlagen (Staßen, Plätzen, Gartenanlagen, Eisenbahnen, schiffbaren Flüssen u. dgl.) oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Licht und Schallwirkungen hervorgebracht werden, ohne Unterschied der Art ihrer Herstellung (Handschrift, Druckschrift, Maschinenschrift, Anstrich, Licht- oder Schallwirkung usw.) oder des Herstellungsstoffes (Papier, Pappe, Holz, Blech, Ölfarbe u. dgl.) oder des zu ihrer Herstellung angewendeten Verfahrens. Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle gelten als öffentliche Räume auch die im Gemeindegebiet verkehrenden Verkehrsmittel, wenn sie ausschließlich für den Verkehr in der Gemeinde dienen oder das Verkehrsunternehmen in der Gemeinde seinen Sitz hat.

Die §§ 4 und 5 leg. cit. betreffen die Höhe der Abgabe, den Abgabepflichtigen und die Haftung und lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 4

Höhe der Abgabe

(1) Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für deren Vornahme ein Entgelt entrichtet wird, für jeden angefangenen Monat 10 v.H. des Entgeltes ausschließlich der Ankündigungsabgabe ...

(2) Bei gedruckten oder in anderer Art durch mechanische oder chemische Vervielfältigung hergestellten Ankündigungen sowie für sonstige Ankündigungen, für deren Anbringung oder Ausstellung ein Entgelt nicht entrichtet wird oder bei denen sich das wahre Entgelt nicht verläßlich feststellen läßt, beträgt die Abgabe vierzig Groschen für jeden angefangenen Quadratmeter und Monat ...

Für Flugzettel, Prospekte und sonstige Werbeschriften, die ein Ausmaß von 31 cm in der Länge und 22 cm in der Breite nicht übersteigen, sowie für Eintrittskarten, auf denen Ankündigungen angebracht sind, beträgt die Abgabe zwei Groschen für jedes Blatt. Für Flugzettel, Prospekte und sonstige Werbeschriften, die mit Druckwerken versendet oder verbreitet werden ..., ist keine Ankündigungsabgabe zu entrichten.

(3) Bei Ankündigungen durch Schallwirkung beträgt die Abgabe ...

(4) Für Ankündigungen, die durch Straßen getragen oder gefahren werden (Umgeher, Tafelträger, Fahrwerbung oder Reiter) beträgt die Abgabe für jeden Umgeher und Tafelträger S 4,--, für jedes zur Ankündigung verwendete Fahrzeug oder jeden Reiter S 8,-- für jeden angefangenen Tag.

§ 5

Abgabe und Haftpflicht

(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist derjenige verpflichtet, der die Ankündigung vornimmt (Plakatierungsunternehmer).

(2) Wird die Ankündigung nicht durch ein gewerbemäßiges Ankündigungsunternehmen vorgenommen, so ist der Ankündigende zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet ...

(3) ... Wer ohne Auftrag eine Ankündigung für einen Dritten vornimmt, ist zur Entrichtung der Abgabe für diese Ankündigung verpflichtet."

Von der im § 1 Abs. 1 des NÖ AnkAbgG enthaltenen Ermächtigung zur Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gemeindegebiet (Ankündigungsabgabe) hat die mitbeteiligte Stadtgemeinde mit Beschluß des Gemeinderates vom 22. April 1982, Gebrauch gemacht.

Auf dem Boden dieser Rechtsvorschriften steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Ankündigungsabgabenpflicht dem Grunde und der Höhe nach in Streit.

Daß die Taxis des Beschwerdeführers AUSSCHLIEßLICH für den Verkehr in der mitbeteiligten Stadtgemeinde dienten, ist nicht hervorgekommen. Rechtsvoraussetzung für die Ankündigungsabgabenpflicht des Beschwerdeführers ist im Hinblick auf § 2 Abs. 4 AnkAbgG daher, daß das Verkehrsunternehmen des Beschwerdeführers während des Streitzeitraumes seinen Sitz im Gebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde hatte.

Unter dem "Sitz" des Verkehrsunternehmens nach der eben zitierten Gesetzesstelle ist im Hinblick auf die im § 25 Abs. 1 NÖ AO 1977, LGBl. Nr. 3400-0, für Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Vermögensmassen getroffene Regelung auch für in anderer Rechtsform betriebene Verkehrsunternehmen DER ORT DER GESCHÄFTSLEITUNG des Unternehmens zu verstehen; als solcher ist gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle jener Ort anzunehmen, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung des Unternehmens befindet.

Der "Ort der Geschäftsleitung" ergibt sich aus der tatsächlichen Gestaltung der Dinge (vgl. hiezu Stoll, BAO-Handbuch, S 75 zu § 27, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall hat die Berufungsbehörde zwar den Inhalt des § 2 Abs. 4 NÖ AnkAbgG zutreffend wiedergegeben und im Anschluß daran ausgeführt, daß das Verkehrsunternehmen des Beschwerdeführers in der mitbeteiligten Stadtgemeinde seinen Sitz habe. Diese als rechtliche Beurteilung des auslegungsbedürftigen Begriffes "Sitz" des Verkehrsunternehmens zu qualifizierende Annahme entbehrt aber einer aktenkundigen Grundlage im Tatsachenbereich. Nicht nur die Berufungsentscheidung enthält dazu keine Tatsachenfeststellungen, nach dem Inhalt der Verwaltungsakten wurden auch im vorangegangenen Verwaltungsverfahren die für diese rechtliche Beurteilung entscheidungswesentlichen Tatsachen nicht erhoben. Daher blieb das gemeindebehördliche Abgabenverfahren in einem entscheidungswesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig. Die belangte Behörde hätte diesen Verfahrensmangel umsomehr aufgreifen müssen, als nach der Aktenlage die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß der Abgabepflichtige von einem unrichtigen Verständnis des Begriffes "Sitz" des Verkehrsunternehmens - in der Niederschrift des Kammeramtes der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 6. Oktober 1987 ist die allenfalls auch für den Sitz des Verkehrsunternehmens des Beschwerdeführers für maßgeblich erachtete Betriebsadresse mit "Flughafen Wien-Schwechat" angegeben - ausgegangen ist.

Da die belangte Behörde weder den Sachverhalt in diesem Punkt ergänzt noch auch den wesentlichen Verfahrensmangel des gemeindebehördlichen Abgabenverfahrens aufgegriffen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Ohne daß es noch erforderlich wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, mußte der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

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