Normen
BauO Tir 1978 §19;
BauO Tir 1978 §21;
F-VG §5;
F-VG §6 Z5;
BauO Tir 1978 §19;
BauO Tir 1978 §21;
F-VG §5;
F-VG §6 Z5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bundesland Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 28. November 1985 wurde den "Erben nach Dkfm. ES" in N "für die erstmalige Errichtung eines Gehsteiges auf der Verkehrsfläche X-Straße, die der unmittelbaren Erschließung seines/ihres Bauplatzes im Bauland (Gp. Nr. nn1, Bp. nn2 KG. N) dient," ein Gehsteigbeitrag von S 8.073,71 (Bemessungsgrundlage: Bauplatzanteil 1953 m2 a S 14,40 ergibt S 28.123,20 zuzüglich, Baumassenanteil für das Gebäude Y-Straße 7 von 850,37 m3 a S 14,40 ergibt S 12.245,33, insgesamt sohin S 40.368,53, erhoben zu 20 %) zur Zahlung vorgeschrieben. Dieser Bescheid wurde dem Erstbeschwerdeführer durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt.
Der gegen diesen Bescheid vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mittels Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters vom 29. Dezember 1987 stattgegeben und der Bescheid vom 28. November 1985 aufgehoben. In der Begründung dieses Bescheides wurde das gleichzeitige Ergehen eines neuen erstinstanzlichen Abgabenbescheides "an die nunmehr feststehenden Liegenschaftseigentümer" angekündigt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters gleichfalls vom 29. Dezember 1987 wurde den Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft "als gemeinsame grundbücherliche Eigentümer der Gp. nn1 und Bp. nn2 KG. N" für die erstmalige Errichtung eines Gehsteiges auf der Verkehrsfläche in N, X-Straße, die der unmittelbaren Erschließung ihres Bauplatzes im Bauland dient, gemäß § 21 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, idgF (TBO) ein Gehsteigbeitrag von wiederum S 8.073,71 zur Zahlung vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Berufung und stellten gegen die in der Sache ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung vom 4. Oktober 1988 fristgerecht den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 27. Februar 1989 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid ebenfalls abgewiesen. Dies nach Darstellung des Sachverhaltes und der einschlägigen Rechtsvorschriften sinngemäß im wesentlichen mit folgender Begründung:
Es sei unbestritten, daß die X-Straße der unmittelbaren Erschließung des Grundstückes Nr. nn1 KG. N diene bzw. mit ihr das Grundstück Nr. nn2 KG. N durch einen Privatweg verbunden sei. Die ganze X-Straße und nicht nur der auf ihr errichtete Gehsteig sei als Verkehrsfläche im Sinne des Gesetzes anzusehen. Im Hinblick darauf sei es rechtlich unerheblich, daß der Gehsteig auf der der Liegenschaft der Beschwerdeführer gegenüberliegenden Seite des Verkehrsweges errichtet worden sei. Der Abgabenanspruch sei mit der unbestritten erst im Jahre 1985 begonnenen Errichtung des Gehsteiges auf der X-Straße entstanden. Die fünfjährige Frist zur Festsetzung der Abgabe gemäß § 154 Abs. 1 TLAO habe erst mit Ablauf des Jahres 1985 zu laufen begonnen. Im Hinblick auf die bescheidmäßige Geltendmachung der Abgabe im Instanzenzug sei Bemessungsverjährung daher nicht eingetreten. Ein am 4. Jänner 1974 vor dem Bezirksgericht N geschlossener Vergleich in einem Aufkündigungsstreit habe die mitbeteiligte Stadtgemeinde zwar verpflichtet, die X-Straße "staubfrei zu gestalten", dieser Vergleich stelle aber kein rechtliches Hindernis für die Abgabenfestsetzung dar. Der formal im Spruch der Berufungsentscheidung aufscheinende Satz: "Wird der Bauplatz erst nach Baubeginn des Gehsteiges bebaut, so wird für die Baumasse ein Nachtragsbeitrag vorgeschrieben." habe keinen normativen Charakter, sondern stelle sich vielmehr als ein in den Spruch verirrter Hinweis für den Fall dar, daß auf der Liegenschaft eine weitere Baumasse errichtet werde; gegebenenfalls wäre ein allfälliger Nachtragsbeitrag mittels eines (weiteren) Abgabenbescheides vorzuschreiben. Wie auch die Beschwerdeführer in ihrer Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. Dezember 1987 zutreffend erkannt hätten, stelle der Hinweis darauf, daß durch Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des mit Berufung bekämpften Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung des Gehsteigbeitrages nicht aufgehalten werde, lediglich eine Belehrung dar, durch die die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verletzt worden sein könnten. Über den Antrag der Beschwerdeführer vom 1. Februar 1988, "die Einhebung des Gehsteigbeitrages bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsmittelverfahrens auszusetzen", hätten die Gemeindeabgabenbehörden bescheidmäßig nie abgesprochen, aber dem Antrag "offensichtlich faktisch entsprochen". Eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, der Vorstellung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei im Hinblick auf die "bereits getroffene Entscheidung in der Sache selbst (d.h. über die Vorstellung)" entbehrlich gewesen.
Mit Beschluß vom 26. September 1989, B 814/89-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.
In ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angfochtenen Bescheides geltend. Sie erachten sich durch die damit aufrecht erhaltene Vorschreibung eines Gehsteigbeitrages in der Höhe von S 8.073,71 und durch die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrer (administrativen) Rechtsmittel in ihren Rechten verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der Abs. 1
bis 4 des § 21 TBO lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 21 (1) Wird auf einer Verkehrsfläche, die der unmittelbaren Erschließung eines Bauplatzes im Bauland dient oder mit der ein Bauplatz im Bauland durch einen Privatweg verbunden ist, erstmals ein Gehsteig errichtet, so hat der Eigentümer des Bauplatzes unbeschadet der allfälligen Verpflichtung zur Entrichtung des Erschließungsbeitrages (§ 19) einen Beitrag zu den Kosten der Errichtung dieses Gehsteiges (Gehsteigbeitrag) zu leisten.
(2) Der Gehsteigbeitrag beträgt bei Bauplätzen, auf denen im Zeitpunkt des Baubeginnes des Gehsteiges bereits ein Gebäude errichtet ist oder mit der Errichtung eines Gebäudes begonnen worden ist, 20 v.H. der Summe des Bauplatzanteiles (§ 19 Abs. 3) und des Baumassenanteiles (§ 19 Abs. 4), bei den übrigen Bauplätzen 20 v.H. des Bauplatzanteiles (§ 19 Abs. 3)
...
(3) Der Gehsteigbeitrag ist nach Baubeginn des Gehsteiges mit Bescheid vorzuschreiben. Der Berechnung des Gehsteigbeitrages ist der im Zeitpunkt des Baubeginnes des Gehsteiges geltende Einheitssatz (§ 19 Abs. 5) zugrunde zu legen.
(4) Soweit auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde (§ 16 Abs. 2) vom Eigentümer des Bauplatzes oder von einem seiner Rechtsvorgänger Aufwendungen für die Errichtung eines Gehsteiges bereits erbracht worden sind, sind diese Aufwendungen bei der Vorschreibung des Gehsteigbeitrages entsprechend zu berücksichtigen."
Ebenso wie bei dem Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung gemäß § 19 TBO handelt es sich bei dem Beitrag zu den Kosten der Errichtung von Gehsteigen gemäß § 21 leg. cit. um eine ausschließliche GEMEINDEABGABE im Sinne des § 6 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 und um einen der "Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern" im Sinne der Finanzausgleichsgesetze, die nicht schon durch den Bundesgesetzgeber zu ausschließlichen Gemeindeabgaben erklärt worden sind. Unter dem Begriff "öffentliche Abgaben" im Sinne der Finanzverfassung sind nämlich alle einmaligen und laufenden Geldleistungen zu verstehen, die kraft öffentlichen Rechts auf Grund einer generellen Norm zwecks Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) zur Bestreitung des Aufwandes im öffentlichen Interesse allen auferlegt werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 88/17/0223).
In Angelegenheiten dieser Gemeindeabgabe ist die Tiroler Landesabgabenordnung - TLAO anzuwenden, deren § 1 zufolge die Bestimmungen dieses Gesetzes unter anderem in Angelegenheiten der nicht bundesgesetzlich geregelten öffentlichen Abgaben des Landes und der Gemeinden mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben gelten, soweit diese Abgaben durch Organe des Landes oder der Gemeinden zu erheben sind und nicht Abgabenbehörden des Bundes einzuschreiten haben.
Im Beschwerdefall rügen die Beschwerdeführer zunächst, nach Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 28. November 1985 hätte "bei ein und demselben Sachverhalt nicht eine neuerliche Sachentscheidung gefällt werden" dürfen. Der aus dem Rechtsbestand beseitigte Bescheid hätte ohne Aufhebung auch vollstreckt werden dürfen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß mit dem Bescheid vom 29. Dezember 1987 schon deswegen nicht gegen das aus der Rechtskraft eines Bescheides fließende "Wiederholungsverbot" verstoßen worden sein konnte, weil der Bescheid vom 28. November 1985 durch die rechtskräftige Berufungsvorentscheidung vom 29. Dezember 1987 aufgehoben worden ist und daher mangels weiterer Rechtswirksamkeit dem erstinstanzlichen Bescheid vom gleichen Tag nicht entgegenstehen konnte. Die Berufungsvorentscheidung vom 29. Dezember 1987 kann auch nach der diesem Bescheid beigegebenen Begründung nicht so verstanden werden, daß die Aufhebung erfolgte, weil eine Abgabenfestsetzung überhaupt als unzulässig angesehen wurde. In der Bescheidbegründung ist vielmehr ausdrücklich davon die Rede, daß ein "neuer Gehsteigbeitragsbescheid an die nunmehr feststehenden Liegenschaftseigentümer ergehen" wird. Der solcherart angekündigte neue erstinstanzliche Abgabenbescheid wurde auch am gleichen Tag wie die Berufungsvorentscheidung verfaßt. Ob, wie die Beschwerdeführer meinen, der Bescheid vom 28. November 1985 vollstreckbar gewesen wäre, was dahingestellt bleiben mag, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung, weil es dabei um die WIRKUNGEN dieses Bescheides bei aufrechtem Bestand desselben geht, der Bescheid aber durch die Berufungsvorentscheidung vom 29. Dezember 1987 wie erwähnt seine Rechtswirksamkeit verloren hat.
Die Beschwerdeführer meinen weiters, daß der schon erwähnte Vergleich vor dem Bezirksgericht N vom 4. Jänner 1974 der Abgabenfestsetzung entgegenstehe. Mit diesem Vergleich habe die mitbeteiligte Stadtgemeinde die staubfreie Gestaltung der X-Straße und damit auch die Errichtung eines Gehsteiges darauf übernommen; hiedurch seien Aufwendungen ihres Rechtsvorgängers "abgegolten worden, sodaß nach § 21 Abs. 4 der TBO die Vorschreibung eines Gehsteigbeitrages von vornherein zu entfallen" gehabt hätte; die Gegenleistung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer habe nämlich nicht bloß in der Entfernung einer Stirnmauer bestanden, die erst nach dem zweiten Weltkrieg mit einer Baubewilligung aufgeführt worden sei, sondern auch in der Preisgabe einer Grundfläche von ca. 284 m2, die zum Garten des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer gehört habe und so zur Herstellung einer Verbindungsstraße preisgegeben worden sei.
Dieses Vorbringen ist schon deswegen nicht stichhältig, weil die bloße Überlassung der Grundfläche von 284 m2 durch den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer an die mitbeteiligte Stadtgemeinde im konkreten Fall nicht unter das Tatbestandsmerkmal "AUFWENDUNGEN FÜR DIE ERRICHTUNG EINES GEHSTEIGES auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde" im Sinne des § 21 Abs. 4 TBO subsumiert werden kann. Ebensowenig trifft es zu, daß "zur staubfreien Gestaltung der X-Straße ... selbstverständlich auch die Anlegung von Gehsteigen" gehöre, wie die Beschwerdeführer meinen. Aufwendungen der Beschwerdeführer oder ihres Rechtsvorgängers für die Errichtung des Gehsteiges wurden aber weder im Verwaltungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren behauptet.
Daß die Frist zur Festsetzung der strittigen Abgabe schon "spätestens am 1.1.1976 zu laufen begonnen" habe, ist im Hinblick darauf, daß bei dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt der Abgabenanspruch erst im Laufe des Jahres 1985 entstanden sein konnte, von vornherein auszuschließen.
Soweit die Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit des § 199 TLAO behaupten, auf den im erstinstanzlichen Abgabenbescheid vom 29. Dezember 1987 hingewiesen worden sei, ist ihnen zu erwidern, daß diese Bestimmung im Beschwerdefall nicht präjudiziell ist. Weder hat die belangte Behörde diese Bestimmung angewendet noch auch hat sie der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Bescheides anzuwenden.
Da sohin diesem Bescheid weder die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes anhaftet noch auch dem Verwaltungsgerichtshof ein wesentlicher Verfahrensmangel erkennbar ist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
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