VwGH 89/07/0077

VwGH89/07/007725.2.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des J und der S in G, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 29. September 1988, Zl. LAS-19/9-86, betreffend Leistungsverpflichtung gegenüber einer Bringungsgemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Bringungsgemeinschaft G-Weg, vertreten durch den Obmann P in G), zu Recht erkannt:

Normen

AgrVG §1;
AgrVG §10;
AgrVG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs4;
AVG §13 Abs3;
AVG §55;
AVG §63 Abs4;
ZustG §5;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9 Abs3;
AgrVG §1;
AgrVG §10;
AgrVG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs4;
AVG §13 Abs3;
AVG §55;
AVG §63 Abs4;
ZustG §5;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. August 1988 verpflichtete das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) gemäß § 19 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes - GSLG 1970, LGBl. Nr. 40/1970, in Verbindung mit den §§ 2, 12, 17 und 19 der Satzung der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Bringungsgemeinschaft aufgrund des Antrages von deren Obmann auf Eintreibung von Leistungsrückständen die Beschwerdeführer zur ungeteilten Hand, insgesamt S 84.020,13 an die Mitbeteiligte zu bezahlen.

Mit Erkenntnis vom 29. September 1988 wies der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung gemäß § 63 Abs. 4 und § 68 Abs. 1 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) den Antrag des Erstbeschwerdeführers vom 14. Juli 1988 auf bescheidmäßige Erledigung der Berufung der M und der Zweitbeschwerdeführerin vom 14. Oktober 1985 gegen den Bescheid der AB vom 30. September 1985 zurück und gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) in Verbindung mit § 19 GSLG sowie den §§ 2, 12, 17 und 19 der Satzung der Mitbeteiligten die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der AB vom 17. August 1988 ab.

Begründend wurde auf den Bescheid der AB vom 30. September 1985 verwiesen, mit dem die Mitbeteiligte gebildet und das Grundstück 49 EZ 9 I KG G im Miteigentum der Zweitbeschwerdeführerin und ihrer Mutter M mit 7,68 Anteilen in die Mitbeteiligte einbezogen worden sei. Unter anderem auch über deren beider Berufung sei durch den Landesagrarsenat mit Ausschreibung vom 10. März 1986 eine mündliche Verhandlung für den 9. April 1986 in G anberaumt worden. In der Verhandlungsausschreibung sei darauf verwiesen worden, zur Verhandlung persönlich zu erscheinen oder einen eigenberechtigten Vertreter zu entsenden. Diese Verhandlungsausschreibung sei an die beiden Berufungswerber am 12. März 1986 mit Rückscheinbrief zugestellt worden. Zu dieser Verhandlung sei neben einer Reihe von Behördenvertretern und zahlreichen Parteien des Bringungsrechtsverfahrens die Zweitbeschwerdeführerin für sich und ihre Mutter erschienen. Nach der Bestimmung des § 10 Abs. 4 AVG 1950, welche auch im Agrarverfahren anzuwenden sei, könne die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder oder Haushaltungsangehörige handle und es keine Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis gebe. Für den Verhandlungsleiter wie für die weiteren Behördenvertreter, insbesondere für die mit den örtlichen Verhältnissen genaustens vertrauten Gemeindevertreter und für die weiteren zahlreich erschienenen Parteien des Bringungsrechtsverfahrens hätten bei dieser mündlichen Verhandlung keinerlei Bedenken gegen die durch die Zweitbeschwerdeführerin abgegebene Erklärung bestanden, in dieser mündlichen Verhandlung für sich und auch für ihre Mutter aufzutreten. Die Verhandlungsniederschrift weise genau aus, für wen und in welcher Funktion die einzelnen Personen an der Verhandlung teilgenommen hätten. Wie die auch eigenhändig von der Zweitbeschwerdeführerin unterschriebene Verhandlungsniederschrift ausweise, habe jene für sich und ihre Mutter vorgebracht, daß der G-Weg nicht durch ihr Eigentumsgebiet gehe, und weiter: "Wir sind nicht gegen den Bau des G-Weges, auch nicht gegen die entschädigungslose Bringungsrechtseinräumung, wohl aber gegen den hohen Anteil, den wir zu übernehmen haben, und wir sind der Meinung, daß die Hälfte des Prozentanteiles genügen würde." Von sachverständiger Seite sei hiezu näher ausgeführt worden, daß das Grundstück 49 der beiden Berufungswerber durch den geplanten G-Weg eine optimale Erschließung erfahre. Die Zweitbeschwerdeführerin habe dann noch ausdrücklich erklärt, das Berufungsvorbringen bestehe allein darin, daß die Einstufung mit 7,68 Anteilen halbiert werden müßte. In der Folge habe dann in dieser mündlichen Verhandlung, wie weiters aus der Niederschrift zu entnehmen sei, die Zweitbeschwerdeführerin für sich und ihre Mutter die Berufung vom 14. Oktober 1985 gegen den Bescheid der AB vom 30. September 1985 zurückgezogen. Nach ihren ausdrücklichen Erklärungen solle das Grundstück mit 7,68 Anteilen an der Mitbeteiligten beteiligt sein. Unter den anwesenden Parteien sei nämlich eine Absprache dahin getroffen worden, daß im Zuge der Bauarbeiten ein Stichweg in das Grundstück 49 errichtet werden solle. Eine Projektsänderung sei dazu nicht erforderlich. In der mündlichen Verhandlung vom 9. April 1986 seien alle Berufungen bereinigt sowie im Einvernehmen mit allen Parteien festgelegt worden, daß noch über die Berufung der Österreichischen Bundesforste abzusprechen sein werde und deren Grundstück 803/1 als belastetes Grundstück aufzuscheinen habe. Über diese Berufung sei dann mit Bescheid des Landesagrarsenates vom 17. April 1986 entschieden und dieser Bescheid der Zweitbeschwerdeführerin und ihrer Mutter am 5. Mai 1986 zugestellt worden. Der dargestellte Sachverhalt und Verfahrensablauf zeige also, daß auf Grund der Parteienerklärungen vom 9. April 1986 (Rückziehung der Berufungen) und nach Zustellung des Landesagrarsenatserkenntnisses vom 17. April 1986 der Bescheid der AB vom 30. September 1985 mit der im Landesagrarsenatserkenntnis vom 17. April 1986 verfügten Änderung in Rechtskraft erwachsen sei. Auf Grund des rechtskräftigen Bescheides der AB vom 30. September 1985 und der darin festgestellten Beitragsbetreffnisse für die Liegenschaft der Zweitbeschwerdeführerin und ihrer Mutter - der Erstbeschwerdeführer sei nunmehr Rechtsnachfolger nach letzterer - seien mit Bescheid der AB vom 15. Juli 1987 die beiden Beschwerdeführer verpflichtet worden, S 42.226,51 an die Mitbeteiligte zu bezahlen. Die dagegen von den Beschwerdeführern eingebrachte Berufung sei mit Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 24. September 1987 abgewiesen worden. Auf Grund der Ergebnisse im Bescheid der AB vom 30. September 1985 lägen rechtskräftige Entscheidungen der Agrarbehörde erster und zweiter Instanz vor, wonach die jweiligen Eigentümer der Liegenschaft der Beschwerdeführer entsprechend dem rechtskräftig festgelegten Beitragsanteil von 7,68 Anteilen den in den beiden Bescheiden genannten Beitragsanteil an den bisher aufgelaufenen gemeinsamen Kosten zu tragen hätten. In der Berufung vom 14. August 1987 stützten sich die beiden Beschwerdeführer auf das Verhandlungsergebnis in der mündlichen Verhandlung durch Beauftragte des Landesagrarsenates vom 9. April 1986. So beriefen sich die Beschwerdeführer darauf, daß ihrer Familie ein ca. 50 m langer Stichweg zu ihrer Wiese vom G-Weg aus zugesagt worden wäre. Diese Zusicherung sei ein Hauptbeweggrund dafür gewesen, daß die Zustimmung zum Wegebau gegeben worden sei. Die Beschwerdeführer hätten daher den Antrag gestellt, ihre Leistungspflicht an die Mitbeteiligte nicht wie im Bescheid der AB vom 15. Juli 1984 mit S 42.226,51, sondern lediglich mit S 22.226,51 festzusetzen.

Der vorliegende Sachverhalt zeige augenscheinlich, wie grotesk die Auffassung des Erstbeschwerdeführers in seinem an den Landesagrarsenat gerichteten Schriftsatz vom 14. Juli 1988 sei, die Berufung der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin wäre mangels Bevollmächtigung der letzteren bei der mündlichen Verhandlung am 9. April 1986 nicht zurückgezogen worden. Als Rechtsnachfolger nach der ersteren sei der Erstbeschwerdeführer an die namens auch der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin abgegebenen Parteienerklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 1986 und die dadurch geschaffene Rechtslage gebunden (§ 21 Abs. 2 GSLG 1970). Es widerspreche der Logik, wenn der Erstbeschwerdeführer als Rechtsnachfolger nach der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin in seinem Schriftsatz vom 14. August 1987 mit der Zweitbeschwerdeführerin offenbar im Hinblick auf die Parteienerklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 1986 von "Zustimmung zur Wegerrichtung", von Zusage an ihre Familie zur Errichtung eines 50 m langen Stichweges vom G-Weg zu ihrer Wiese sowie davon spreche, daß "diese Zusicherung ein Hauptbeweggrund" für "die Zustimmung zum Wegebau" gewesen sei, nunmehr aber nach seinem Schreiben vom 14. Juli 1988 an den Landesagrarsenat von den bindenden Parteienerklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 1986 im Widerspruch zu den Parteienerklärungen in der besagten schriftlichen Berufung vom 14. August 1987 nichts mehr wissen wolle. Was nunmehr von der dem Schriftsatz vom 14. Juli 1988 beigelegten eidesstattlichen Erklärung der Zweitbeschwerdeführerin zu halten sei, ergebe sich von selbst. Nach Meinung des Landesagrarsenates komme dieser Erklärung keinerlei Wahrheitsgehalt zu, widerspreche die Zweitbeschwerdeführerin doch dadurch ihren ausdrücklichen Erklärungen bei der mündlichen Verhandlung vom 9. April 1986 und ebenso ihren ausdrücklichen Erklärungen im bei der Agrarbehörde anhängigen Verfahren zur Festlegung ihrer Beitragspflicht an die Mitbeteiligte, wie diese im Bescheid der AB vom 15. Juli 1987 und in dem die Berufung dagegen abweisenden Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 24. September 1987 verfügt worden sei. Daher habe man davon auszugehen, daß der Bescheid der AB vom 30. September 1985 angesichts der dargestellten Sachlage längst in Rechtskraft erwachsen und der Erstbeschwerdeführer als Rechtsnachfolger nach der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin an die Entscheidungsergebnisse gebunden sei. Wenn daher der Erstbeschwerdeführer in seinem Schreiben vom 14. Juli 1988 die rechtskräftige Einbeziehung seines Gutes in die Mitbeteiligte in Zweifel ziehe und eine bescheidmäßige Erledigung der durch die Zweitbeschwerdeführerin und ihre Mutter mit Schreiben vom 14. Oktober 1985 eingebrachten Berufung gegen den Bescheid vom 30. September 1985 beantrage - wie die Sachverhaltsdarstellung zeige, seien die Berufungswerber mit ihrem Vorbringen in besagter Berufung ohnehin auch schon präkludiert gewesen -, so stehe diesem Begehren die Rechtskraft und Bindungswirkung des Bescheides vom 30. September 1985 entgegen, weshalb sein Begehren zurückzuweisen sei.

Soweit sich die beiden Beschwerdeführer in ihrem Schriftsatz vom 22. September 1988 gegen die Beitragsvorschreibung im Bescheid vom 17. August 1988 wiederholend mit dem Argument wendeten, zuerst müsse die einwandfreie Einbeziehung ihres betroffenen Gutes nachgewiesen werden, sei ebenso wiederholend erwidert, daß für den Landesagrarsenat kein Zweifel daran bestehe, daß die Zweitbeschwerdeführerin für ihre Mutter sehr wohl zur Abgabe von Parteienerklärungen in der Verhandlung vom 9. April 1986 ermächtigt gewesen sei. Dies sei doch von der Zweitbeschwerdeführerin ausdrücklich erklärt worden. Für den Bestand eines Bevollmächtigungsverhältnisses sei eine Ladung rechtlich nicht Voraussetzung. Unabhängig davon habe offenbar die Zweitbeschwerdeführerin die Ladung zur mündlichen Verhandlung auch für ihre Mutter übernommen. Beide Genannten hätten unter derselben Adresse gewohnt. Sowohl am Rückscheinbrief wie am Verteiler der zugestellten Ladung sei die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin - wie in der gemeinsamen schriftlichen Berufung vom 14. Oktober 1985 - an erster Stelle genannt worden (§ 9 Abs. 3 ZG). Der gesamte Verfahrensablauf zeige, daß an der Bevollmächtigung zur am 9. April 1986 durch die Zweitbeschwerdeführerin für ihre Mutter abgegebenen Parteienerklärung kein Zweifel bestehen könne. Vielmehr stelle sich das Begehren des Erstbeschwerdeführers - über die längst zurückgezogene Berufung zu entscheiden - als unzulässiger Versuch dar, sich über die rechtskräftigen Entscheidungsergebnisse im Bringungsrechtsverfahren nach dem Ableben seiner Rechtsvorgängerin am 23. September 1986 hinwegzusetzen. Der Erstbeschwerdeführer habe sogar einen Antrag auf Wiederaufnahme des Bringungsrechtsverfahrens gestellt, der jedoch abgewiesen worden und in dem er davon ausgegangen sei, daß rechtskräftige Entscheidungen vorlägen, wie dies eine Wiederaufnahme voraussetze. Unabhängig von der gegebenen Tatsachen- und Rechtslage sei noch zusätzlich darauf hingewiesen, daß die Zweitbeschwerdeführerin und ihre Mutter, wie schon in der Begründung zur seinerzeitigen erstbehördlichen Entscheidung vom 30. September 1985 richtig ausgeführt, mit ihrem Vorbringen als präkludiert anzusehen seien, sodaß auch aus diesem Grund die Einbeziehung ihres Gutes in die Mitbeteiligte mit 7,68 Anteilen rechtlich nicht mehr in Frage gestellt werden könne.

Auf Grund der rechtskräftigen Festlegung der Beitragsbetreffnisse im Bescheid der AB vom 30. September 1985 seien mit Bescheid der AB vom 17. August 1988 die Beschwerdeführer zu einer Beitragsleistung von insgesamt S 84.020,13 an die Mitbeteiligte verpflichtet worden. In der Berufung gegen diesen Bescheid machten die Beschwerdeführer geltend, der erstinstanzliche Bescheid ginge zu Unrecht davon aus, die Eigentümer des in Rede stehenden Gutes wären als Mitglieder in die Mitbeteiligte einbezogen, weshalb es sich erübrige, zu den umfangreichen Begründungen des bekämpften Bescheides Stellung zu nehmen; Mitglied einer Bringungsgemeinschaft könne nur sein, wer von der Agrarbehörde rechtskräftig einbezogen worden sei; da die Eigentümer des betroffenen Gutes gegen jenen Bescheid der AB vom 30. September 1985, mit welchem dieses in die Mitbeteiligte hätte einbezogen werden sollen, fristgerecht Berufung eingelegt hätten, liege keine rechtskräftige Einbeziehung vor und könne deshalb auch keien Beitragszahlung vorgeschrieben werden. Wie im vorstehenden umfassend dargelegt, könne davon jedoch nicht die Rede sein. Das Vorbringen der Beschwerdeführer gehe daher sachverhaltsmäßig wie rechtlich von falschen Voraussetzungen aus. Der Berufung komme deshalb keine Berechtigung zu.

Dieses Erkenntnis bekämpften die Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung ihrer Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 14. März 1989, B 1899/88, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof machten die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorchriften geltend, wobei sie sich zusammengefaßt in dem Recht auf Entscheidung in der Sache zur Frage der Einbeziehung der Beschwerdeführer mit ihrem Grundstück 49 KG G in die mitbeteiligte Bringungsgemeinschaft sowie in dem Recht auf Unterlassung der Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Bezahlung der ihnen vorgeschriebenen Leistungsrückstände verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Die Mitbeteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Die Beschwerdeführer haben ihre Beschwerde in einem zusätzlichen Schriftsatz weiter ausgeführt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer haben in ihrer Berufung gegen den Bescheid der AB vom 17. August 1988 lediglich die fehlende Grundlage für die Erlassung eines derartigen Bescheides eingewendet, da sie den Standpunkt vertraten, daß ihr Gut in Wahrheit nicht (rechtskräftig) in die mitbeteiligte Bringungsgemeinschaft einbezogen worden sei. Es ist zu untersuchen, ob sie damit im Recht sind. Die Untersuchung ist für jeden der beiden Beschwerdeführer getrennt zu führen.

Die Zweitbeschwerdeführerin und die Rechtsvorgängerin des Erstbeschwerdeführers (die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin) haben gegen den Bescheid der AB vom 30. September 1985 berufen. In einer von einem Beauftragten der belangten Behörde am 9. April 1986 durchgeführten Verhandlung hat die Zweitbeschwerdeführerin "für sich und ihre Mutter" die von ihr eigenhändig unterfertigte Erklärung abgegeben, "daß die Berufung vom 14. 10.1985 gegen den angefochtenen Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 30. September 1985 als zurückgezogen gilt. Die Gp. 49 soll mit den 7,68 Anteilen an der (Mitbeteiligten) beteiligt sein."

Was die eben beschriebene Prozeßhandlung der Zweitbeschwerdeführerin für sich selbst anlangt, ist in der Beschwerde der Vorwurf erhoben worden, die in der eben angegebenen Weise formulierte Erklärung sei keine Zurückziehung, eine solche hätte bei der bezeichneten Gelegenheit nicht abgegeben werden dürfen und es habe eine entsprechende Rechtsbelehrung gefehlt. Diese Bedenken bestehen nicht zu Recht. Wenn eine Partei erklärt, ihre Berufung habe als zurückgezogen zu gelten, ist dies zwar umständlicher ausgedrückt als die kürzere Wendung, sie ziehe ihre Berufung zurück, bringt aber nichts anderes zum Ausdruck; im übrigen sieht das Gesetz für die Zurückziehung eines Rechtsmittels keine besonderen Formerfordernisse vor (siehe das hg. Erkenntnis vom 28. September 1976, Slg. 9133/A). Gemäß § 9 Abs. 1 AgrVG 1950 entscheiden die Agrarsenate nach mündlicher Verhandlung, deren Gang in § 10 AgrVG 1950 bestimmt wird. Diese Verhandlung vor der belangten Behörde hätte in bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin nur stattfinden müssen, wenn deren Berufung nicht zurückgezogen worden wäre, womit eine Entscheidung der Rechtsmittelbehörde über ihre Berufung entfiel. Die eben genannten Vorschriften schließen jedoch nicht aus, daß gemäß § 55 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) während des Verfahrens mittelbare Beweisaufnahmen und Erhebungen unter anderem durch einzelne dazu bestimmte amtliche Organe vorgenommen werden, die der beauftragenden Behörde zuzurechnen sind. Es besteht kein rechtliches Hindernis, daß bei einer Verhandlung unter anderem über die Berufung einer bestimmten Partei diese das Rechtsmittel zurückzieht. Es ist ferner nicht ersichtlich, daß es im Beschwerdefall einer eigenen (nachweislichen) Rechtsbelehrung (§ 13a AVG) darüber bedurft hätte, was unter einer Berufungszurückziehung zu verstehen sei und daß als deren unmittelbare Rechtsfolge eine weitere Entscheidung in der durch den vorausgegangenen unterinstanzlichen Bescheid entschiedenen Angelegenheit in bezug auf das ursprüngliche Berufungsvorbringen entfällt. Soweit in der Beschwerde schwere Rechtsverstöße gegen den Bescheid der AB vom 30. September 1985 behauptet werden, ist hierauf in diesem Zusammenhang deshalb nicht einzugehen, weil mit der Berufungszurückziehung jener Bescheid der Zweitbeschwerdeführerin gegenüber rechtskräftig geworden ist und auch durch die behaupteten Rechtsmängel dieser nicht, wie die Beschwerdeführer meinen, "mit absoluter Nichtigkeit behaftet" war (siehe dazu etwa Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5, 1991, Rz 440).

Die Zweitbeschwerdeführerin war bei jener Verhandlung, in der sie die Berufung auch für ihre Mutter zurückgezogen hat, nicht durch eine Vollmacht ausgewiesen (§ 10 Abs. 1 AVG 1950), ihre Mutter zu vertreten. Eine Vertretung konnte daher nur gemäß § 10 Abs. 4 AVG 1950 angenommen werden, wonach die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen kann, wenn es sich um die Vertretung durch unter anderem amtsbekannte Familienmitglieder handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten. Um eine Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder im Sinne der eben angeführten Bestimmung annehmen zu können, ist es jedoch erforderlich, daß der zu Vertretende nachgewiesenermaßen von der Verhandlung persönlich verständigt worden ist, weil nur damit die Prämisse für das "Absehen von einer ausdrücklichen Vollmacht" geschaffen worden wäre (siehe die Rechtsprechung bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1987, S. 242 f.). Die Ladung zur Verhandlung am 9. April 1986 erfolgte in der Weise, daß die Beschwerdeführerin und ihre Mutter (letztere an erster Stelle) mit einer einzigen Sendung gemeinsam verständigt wurden, wobei die Übernahmsbestätigung auf dem auf die beiden Namen lautenden Zustellschein nur von der Zweitbeschwerdeführerin, und zwar ohne einen Hinweis auf ihre Mutter, unterfertigt wurde. Ein an mehr als eine Person gerichtetes Schriftstück gilt nur an die Person zugestellt, die es übernommen hat (siehe dazu die Ausführungen sowie die Rechtsprechung bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1990, S. 1171 f. zu § 5 Zustellgesetz). Die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin und ihrer Mutter war gemeinsam erhoben worden. Wird ein Anbringen von mehreren Personen gemeinsam eingebracht, so gilt gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz im Zweifel die an erster Stelle genannte Person als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtiger. In einem derartigen Fall ist diese Person gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz als Empfänger zu bezeichnen, wobei die Zustellung, wenn dies nicht geschieht, in dem Zeitpunkt als vollzogen gilt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin wäre als die Erstgenannte in der Berufung im Beschwerdefall gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz "im Zweifel" gemeinsamer Zustellungsbevollmächtiger gewesen. Abgesehen davon, daß nicht sie allein als Empfänger bezeichnet wurde, wäre die Zustellung erst dann als vollzogen anzusehen gewesen, wenn ihr das Schriftstück tatsächlich zugekommen wäre. Ein diesbezüglicher Nachweis hätte vor der (auch) im Namen ihrer Mutter von der Zweitbeschwerdeführerin ausgesprochenen Berufungszurückziehung geführt werden müssen, damit von der Voraussetzung hätte ausgegangen werden können, daß die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin NACHGEWIESENERMAßEN von der Verhandlung PERSÖNLICH verständigt worden sei. Dies war nach allem Vorgesagten indessen nicht der Fall. Daß die Zweitbeschwerdeführerin bei verschiedenen anderen Gelegenheiten gemeinsam mit ihrer Mutter aufgetreten ist, ist - weil es keine nachweisliche Vollmacht nach § 10 Abs. 1 AVG 1950 gab - ebensowenig ausschlaggebend wie die Tatsache, daß die Zweitbeschwerdeführerin bei der Verhandlung am 9. April 1986 auch in anderer Hinsicht für ihre Mutter gesprochen hat. Auch der Umstand, daß der Erstbeschwerdeführer als Rechtsnachfolger der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin schon einmal zur Bezahlung von Leistungsrückständen verpflichtet worden ist, ändert nichts an der rechtsbedeutsamen Sachlage, denn weder ist hiedurch eine Bindung an eine (nicht rechtswirksam abgegebene) Erklärung gemäß § 21 Abs. 2 GSLG 1970 für den Erstbeschwerdeführer als Rechtsnachfolger eingetreten noch hat dieser durch Verschweigen eine für ihn selbst gemäß § 21 Abs. 3 GSLG 1970 bindende "Erklärung" vor der Agrarbehörde abgegeben. Dasselbe gilt für die im diesbezüglichen Antrag des Erstbeschwerdeführers vom 10. Juni 1988 nicht einmal andeutungsweise erwähnte, also bloß einschlußweise Voraussetzung der Rechtskraft des betroffenen Bescheides für die mit Bescheid der AB vom 8. Juli 1988 nicht bewilligte Wiederaufnahme des Verfahrens. Auch aus der Tatsache, daß der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin ein eine andere Berufung betreffendes Rechtsmittelerkenntnis über den Bescheid vom 30. September 1985 (der Bescheid des Landesagrarsenates vom 17. April 1986, in dem auf die Frage von Berufungszurückziehungen im übrigen gar nicht eingegangen wurde) zugestellt worden ist, läßt sich für den Standpunkt der belangten Behörde ebensowenig gewinnen wie aus der Anwesenheit der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin bei der konstituierenden Vollversammlung der Mitbeteiligten. Der Fall einer "konkludenten" Vollmacht wäre möglicherweise dann vorgelegen, wenn die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin, wäre erstere anwesend gewesen, gegen den Vertretungsanspruch der letzteren nicht aufgetreten wäre oder andere eindeutige konkludente Handlungen gesetzt hätte. Schließlich kann dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer vom 14. August 1987 gegen den Leistungsbescheid der AB vom 15. Juli 1987 "Die Berufungswerber haben der Wegerrichtung nur unter der Voraussetzung zugestimmt, daß der gesamte Weg um

ca. S 1,000.000,-- erbaut werden könne", nicht in bezug auf den Erstbeschwerdeführer die Bedeutung beigemessen werden, dieser habe auf diese Weise seinerseits eine Berufungszurückziehung ausgesprochen, zumal die Berufung vom 14. Oktober 1985 nicht den Weg als solchen, sondern die "Punktebewertung bzw. Anteilsbetreffnisse" sowie die "Entschädigung" betraf.

Ob die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin mit ihrem Berufungsvorbringen gegen den Bescheid vom 30. September 1985 bereits als präkludiert angesehen werden hätte müssen, kann in diesem Zusammenhang nicht untersucht werden, da die belangte Behörde über eine Berufung der Genannten nicht entschieden, sondern lediglich - wie gezeigt zu Unrecht - den Antrag des Erstbeschwerdeführers als ihres - während des Verfahrens von keiner Seite bezweifelten - Rechtsnachfolgers zurückgewiesen hat.

Das angefochtene Erkenntnis war daher, soweit es sich auf den Erstbeschwerdeführer bezog (in seinem Antrag vom 14. Juli 1988 ist die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin und ihrer Mutter nur insoweit als aufrecht bezeichnet worden, als sie von der Letztgenannten erhoben wurde), gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Dasselbe muß jedoch auch in bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin, und zwar (nur) deshalb gelten, weil diese für den Fall einer erfolgreichen Erledigung der noch offenen Berufung nicht anteilsmäßig im derzeitigen Umfang zur vorgeschriebenen Leistung verpflichtet werden könnte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

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