Normen
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §1 Z3;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §7 Abs1;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §7 Abs2;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §7 Abs3;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §1 Z3;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §7 Abs1;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §7 Abs2;
FremdenverkehrsG OÖ 1965 §7 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. September 1987 schrieb der Bürgermeister der Gemeinde X "auf Grund des Beschlusses der Fremdenverkehrskommission des Fremdenverkehrsverbandes "X" über den aufzubringenden Gesamtbetrag am Fremdenverkehrsinteressentenbeiträgen ... und auf Grund der Aufteilung dieses Gesamtbetrages auf die einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten durch den Vorstand des Fremdenverkehrsverbandes" der beschwerdeführenden Partei gemäß § 7 des O.ö. Fremdenverkehrsgesetzes 1965, LGBl. Nr. 64/1964, in der Fassung der O.ö. Fremdenverkehrsgesetz-Novelle 1975, LGBl. Nr. 2/1976, und der
O.ö. Fremdenverkehrsgesetz-Novelle 1980, LGBl. Nr. 67 (in der Folge: O.ö. FrVG 1965), für das Kalenderjahr 1987 einen Fremdenverkehrsinteressentenbeitrag in der Höhe von S 200,-- zur Zahlung vor.
In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, für Zwecke des Fremdenverkehrs habe die Fremdenverkehrskommission den Gesamtbetrag an Fremdenverkehrsinteressentenbeiträgen für das Kalenderjahr 1987 mit S 70.250,-- bestimmt. Dieser Gesamtbetrag sei auf 88 Fremdenverkehrsinteressenten nach Maßgabe des ermittelten wirtschaftlichen Vorteiles zur anteiligen Leistung aufzuteilen. Der Vorstand des Fremdenverkehrsverbandes sei nach eingehender Beratung zu der Auffassung gelangt, daß die beschwerdeführende Partei als Fremdenverkehrsinteressent anzusehen sei. Dem entsprechend habe der Vorstand des Fremdenverkehrsverbandes gemäß § 7 Abs. 3 O.ö. FrVG 1965 "den Fremdenverkehrsinteressentenbeitrag wie im Spruch als angemessen festgesetzt".
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung. Darin wendet sich die beschwerdeführende Partei dagegen, auf Grund ihrer Erwerbstätigkeit als "Agent" einer näher bezeichneten Gesellschaft mbH (in der Folge: X-Gesellschaft mbH) als Fremdenverkehrsinteressent eingestuft zu werden. Die "Agenten" der X-Gesellschaft mbH seien als Privatgeschäftsvermittler tätig und vermittelten als solche Bestellungen von Produkten der X-Gesellschaft mbH durch Letztverbraucher an die X-Gesellschaft mbH. Zu diesem Zwecke würden diese Produkte überwiegend im Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis vorgeführt. Bestellungen erfolgten sodann direkt bei der X-Gesellschaft mbH. Keinesfalls sei es möglich, Personen, die sich im Gemeindegebiet nur vorübergehend, z.B. zum Zweck des Urlaubes, aufhielten, anzusprechen, um Bestellungen an die X-Gesellschaft mbH zu vermitteln. Es fehle hiebei insbesondere an der faktischen Möglichkeit, diesen Personenkreis zu kontaktieren. Die vermittelten Produkte der X-Gesellschaft mbH seien Haushaltschemikalien, wie alle Arten von Reinigungsmitteln, Kosmetika und Kochgeschirr. Diese Produkte erwerbe man üblicherweise nicht anläßlich eines Urlaubes am Urlaubsort.
Die O.ö. Landesregierung wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Februar 1988 die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei übe im Bereich des Fremdenverkehrsverbandes das freie Gewerbe der Vermittler des Kaufes, Verkaufes und Tausches von Waren zwischen Privatpersonen oder zwischen Unternehmungen und Privatpersonen samt den für den Abschluß erforderlichen Hilfsdiensten unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit aus, wobei die beschwerdeführende Partei überwiegend oder auch ausschließlich Produkte der X-Gesellschaft mbH vermittle. Diese Tätigkeit werde unbestrittenerweise selbständig und in Gewinnabsicht ausgeübt, sodaß sie alle Merkmale des Tatbestandselementes "Erwerbstätigkeit" des § 1 Z. 3 O.ö. FrVG 1965 aufweise. Wenn die beschwerdeführende Partei vorbringe, sie kontaktiere dabei nicht mit Fremden und könne somit nicht Fremdenverkehrsinteressent sein, sei dem entgegenzuhalten, daß auch ein mittelbarer Fremdenverkehrsnutzen eine Beitragspflicht begründe. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt habe, erwachse ein wirtschaftlicher Vorteil aus dem Fremdenverkehr auch dadurch, daß dieser eine Einkommensverbesserung der ansässigen Bevölkerung bewirke, was sich auch auf andere Erwerbstätigkeiten belebend auswirke. Weiters sei jedenfalls "berechtigterweise" davon auszugehen, daß auch Gastgewerbetreibende, Privatzimmervermieter und andere Fremdenverkehrsbetriebe zumindest in einem gewissen Umfang die Angebote der beschwerdeführenden Partei betreffend Reinigungsmittel oder Kochgeschirr annähmen; der beschwerdeführenden Partei erwachse hiedurch mittelbar durch den regen Fremdenverkehr im Bereich des Fremdenverkehrsverbandes ein Vorteil. Das Ausmaß dieses Fremdenverkehrsnutzens sei dabei im gegenständlichen Verfahren unbeachtlich, weil die beschwerdeführende Partei ohnedies lediglich zur Entrichtung des Mindestbeitrages verhalten worden sei. Es seien daher diesbezüglich weitere Erhebungen entbehrlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch diesen Bescheid in dem Recht verletzt, daß ihr ein Interessentenbeitrag nicht vorgeschrieben werde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der beantragt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 Z. 3 des auf den Beschwerdefall (noch) anzuwendenden O.ö. FrVG 1965 bestimmt, daß unter Fremdenverkehrsinteressenten alle physischen und juristischen Personen, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, denen in ihrem Berufe oder in ihrer Erwerbstätigkeit aus dem Fremdenverkehr wirtschaftliche Vorteile erwachsen, soweit diese nicht aus dem Betrieb ihrer Schienenbahnen kommen, verstanden werden.
Der mit "Interessentenbeiträge" überschriebene § 7 O.ö. FrVG 1965 hat folgenden Wortlaut:
"(1) Die Fremdenverkehrsinteressenten haben an den Fremdenverkehrsverband, in dessen Bereich sie ihren Beruf oder ihre Erwerbstätigkeit ausüben, für jeden dieser Berufe und jede dieser Erwerbstätigkeiten jährlich Interessentenbeiträge zu leisten. Jedermann ist verpflichtet, dem Fremdenverkehrsverband und den Behörden der Gemeinden und des Landes über Verlangen die zur Ermittlung dieser Beiträge erforderlichen Auskünfte zu geben.
(2) Der Gesamtbetrag an Interessentenbeiträgen, der in einem Haushaltsjahr von den Fremdenverkehrsinteressenten aufzubringen ist, wird von der Fremdenverkehrskommission bestimmt und darf den Betrag nicht überschreiten, der erforderlich ist, um mit den veranschlagten Einnahmen aus dem Fremdenverkehrsförderungsbeitrag und den sonstigen veranschlagten Einnahmen des Fremdenverkehrsverbandes die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben zu bedecken.
(3) Dieser Gesamtbetrag wird durch den Vorstand zur anteiligen Leistung auf die einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten aufgeteilt. Die Interessentenbeiträge der einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten werden nach Maßgabe des durch Schätzung ermittelten wirtschaftlichen Vorteiles, der den einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten aus dem Fremdenverkehr erwächst, in der Höhe von zweihundert Schilling oder einem Mehrfachen dieses Betrages, höchstens aber in der Höhe von zwölftausend Schilling für jeden einzelnen Beruf und jede einzelne Erwerbstätigkeit des Fremdenverkehrsinteressenten festgesetzt. Einkommen aus Dienstverhältnissen und aus der Landwirtschaft haben bei der Schätzung des wirtschaftlichen Vorteiles jedoch außer Betracht zu bleiben.
(4) ...
(5) ..."
Die beschwerdeführende Partei bringt in der Beschwerde zunächst vor, sie übe als Privatgeschäftsvermittler keine Erwerbstätigkeit aus, die mit dem Fremdenverkehr direkt oder indirekt in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stünde. Der eigentliche Geschäftsfall liege erst mit der Bestellung bei der X-Gesellschaft mbH vor. Es liege daher kein Tatbestand des § 1 Z. 3 O.ö. FrVG 1965 vor.
Dieses Vorbringen - für sich genommen - vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Von der beschwerdeführenden Partei wird nämlich übersehen - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist -, daß im angefochtenen Bescheid darauf abgestellt wird, die beschwerdeführende Partei übe selbständig eine Vermittlungstätigkeit aus und es erwüchsen der beschwerdeführenden Partei aus DIESER Erwerbstätigkeit im Bereich des in Frage stehenden Fremdenverkehrsverbandes aus dem Fremdenverkehr wirtschaftliche Vorteile. Daß aber etwa die in Frage stehende Erwerbstätigkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 letzter Satz O.ö. FrVG 1965 als "Einkommen aus Dienstverhältnissen" außer Betracht zu bleiben habe, wird von der beschwerdeführenden Partei gar nicht behauptet.
Die beschwerdeführende Partei ist aber im Recht, soweit ihr Beschwerdevorbringen dahin geht, allein der Umstand, daß eine Erwerbstätigkeit mit dem Fremdenverkehr im Zusammenhang stehe - also der Tatbestand des § 1 Z. 3 O.ö. FrVG 1965 gegeben sei -, begründe noch keine Beitragspflicht.
Wie die beschwerdeführende Partei im Ergebnis zutreffend erkannt hat, ist die grundsätzliche Verpflichtung des § 7 Abs. 1 erster Satz O.ö. FrVG 1965, wonach unter den dort genannten Voraussetzungen die Fremdenverkehrsinteressenten jährlich Interessentenbeiträge zu leisten haben, im Zusammenhalt damit zu sehen, daß einerseits der Gesamtbetrag an Interessentenbeiträgen den Betrag nicht überschreiten darf, der erforderlich ist, um mit den veranschlagten Einnahmen aus dem Fremdenverkehrsförderungsbeitrag und den sonstigen veranschlagten Einnahmen des Fremdenverkehrsverbandes die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben zu bedecken (§ 7 Abs. 2 O.ö. FrVG 1965), und andererseits die Interessentenbeiträge der einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten NACH MAßGABE DES durch Schätzung ermittelten WIRTSCHAFTLICHEN VORTEILES, der den einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten aus dem Fremdenverkehr erwächst (§ 7 Abs. 3 zweiter Satz O.ö. FrVG 1965), festzusetzen sind. Nicht schlechthin jeder, der nach der Begriffsbestimmung des § 1 Z. 3 O.ö. FrVG 1965 Fremdenverkehrsinteressent ist, ist damit auch - wenn auch bloß mit dem im Gesetz bestimmten Mindestbeitrag - beitragspflichtig. Eine derartige Sicht würde dem Umstand nicht gerecht, daß insbesondere im Hinblick auf den gesetzlichen Mindestbeitrag ein von allen Fremdenverkehrsinteressenten zu leistender Interessentenbeitrag den nach § 7 Abs. 2 O.ö. FrVG 1965 zulässigen Gesamtbetrag jedenfalls übersteigen kann. Derart ist vor dem Hintergrund, daß im Grunde des § 7 Abs. 3 zweiter Satz O.ö. FrVG 1965 die Festsetzung der Interessentenbeiträge "nach Maßgabe des ... wirtschaftlichen Vorteiles, der den einzelnen Fremdenverkehrsinteressenten aus dem Fremdenverkehr erwächst, ..." zur erfolgen hat, die Frage der Beitragspflicht nicht vom konkreten Fremdenverkehrsnutzen losgelöst.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung - ausgehend vom hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1980, Slg. N.F. Nr. 5499/F - dargelegt hat, kommt dem Verfahren zur Ermittlung des konkreten Fremdenverkehrsnutzens bei der Festsetzung des Interessentenbeitrages und der Begründung dieses Ergebnisses im Beitragsbescheid entscheidendes Gewicht zu. In der Entscheidung müssen daher die maßgebenden Kriterien für die Bestimmung des Gesamtbetrages an Interessentenbeiträgen und für dessen Aufteilung auf die einzelnen Interessenten offen dargelegt werden. Es bedarf somit auch der zahlenmäßigen Präzisierung der Beitragshöhe der zum Vergleich herangezogenen übrigen Beitragspflichtigen und einer Offenlegung der den betreffenden Fremdenverkehrsinteressenten und alle übrigen Interessenten betreffenden Vorteilseinschätzung.
Nach dem oben Dargelegten hat diese Vorteilseinschätzung aber auch in Ansehung jener Fremdenverkehrsinteressenten zu erfolgen, denen die Behörde bloß den Mindestbeitrag von S 200,-- vorgeschrieben hat.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, wenn sie unter Hinweis darauf, daß die beschwerdeführende Partei "lediglich zur Entrichtung des Mindestbeitrages verhalten wurde", ihrer Begründungspflicht im oben dargestellten Sinn nicht nachgekommen ist.
Der angefochtene Bescheid mußte daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den über den gesetzlich pauschalierten Aufwandersatzbetrag für den Beschwerdeschriftsatz hinausgehenden, für "10 % USt" angesprochenen Betrag. Stempelgebührenersatz konnte nur im begehrten Ausmaß zugesprochen werden.
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