Normen
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §31 Abs5;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VStG §24 idF 1987/516;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 idF 1983/176;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §31 Abs5;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VStG §24 idF 1987/516;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 idF 1983/176;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 26. März 1990 wurde die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Spruchteil I als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen Berufener der Arbeitgeberin, nämlich der H. Gesellschaft m.b.H., näher angeführter fünf Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 (im folgenden: ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 267/1954, und der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung für schuldig befunden und hiefür bestraft.
Spruchteil II betrifft die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich eines weiteren Vorwurfes.
Gegen dieses Straferkenntnis, und zwar soweit das Verfahren nicht eingestellt worden war (sohin gegen Spruchteil I) erhob die mitbeteiligte Partei Berufung.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. April 1991 wurde das erwähnte Straferkenntnis im angefochtenen Umfang behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. b (richtig: Z. 2) VStG eingestellt.
In der Begründung wurde dazu im wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall habe Leopold R. eine eidesstattliche Erklärung vom 25. Jänner 1990 vorgelegt, wonach er zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei. Dieses Beweismittel sei jedoch erst nach der Tatzeit zustande gekommen.
Die mitbeteiligte Partei sei trotzdem nicht zu bestrafen, da die Strafbestimmungen des ASchG vorsähen, daß Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte bei Verstößen gegen die Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung und der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung zur Verantwortung zu ziehen seien. Zufolge § 31 Abs. 5 ASchG seien Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen worden sei oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt hätten fehlen lassen.
Im vorliegenden Fall sei Leopold R. im Berufungsverfahren als Zeuge vernommen worden; er habe angegeben, das er als Werkmeister bereits seit 23 Jahren bei der H. Ges.m.b.H. tätig sei und die Überwachung der auswärtigen Baustellen in seinen Aufgabenbereich falle. Weiters sei er für die praktische Durchführung der Arbeiten und für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich. Obwohl der Zeuge in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zur mitbeteiligten Partei stehe - so die belangte Behörde weiter - gebe es keinen Grund, an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen zu zweifeln, zumal sich der Zeuge durch die Abgabe der eidesstattlichen Erklärung vom 25. Jänner 1990, somit vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist, selbst der Gefahr einer Bestrafung ausgesetzt habe. Leopold R. sei somit als Bevollmächtigter des Arbeitgebers zu qualifizieren. Daß die vorliegenden Verwaltungsübertretungen mit Wissen des Arbeitgebers begangen worden seien, habe dem Akteninhalt nicht entnommen werden können, sodaß der Bevollmächtigte strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen sei. Die mitbeteiligte Partei sei daher für die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen von der Erstbehörde zu Unrecht in Anspruch genommen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 9 Abs. 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 gerichtete Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Zunächst ist klarzustellen, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar von einer gegen den "Spruchteil II" eingebrachten Berufung die Rede ist, doch handelt es sich hiebei um einen offenbaren Schreibfehler, weil kein Zweifel darüber besteht, in welchem Umfang das erstinstanzliche Straferkenntnis, nämlich hinsichtlich des Spruchteiles I, vom Mitbeteiligten mit seiner Berufung angefochten wurde.
Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer unter anderem unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0068, einen Rechtsirrtum der belangten Behörde in Auslegung des § 31 Abs. 5 ASchG behauptet, weil sich die belangte Behörde mit der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten durch die mitbeteiligte Partei in keiner Weise auseinandergesetzt habe.
Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:
Nach § 31 Abs. 2 lit. p ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte dann eine Verwaltungsübertretung, wenn sie den Vorschriften der auf Grund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den auf Grund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln.
Gemäß § 31 Abs. 5 ASchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0068) ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber (bzw. in Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ) etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgalt habe fehlen lassen, wobei dem Arbeitgeber dabei die Verpflichtung obliegt, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend dieser Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem dazulegen ist.
Die belangte Behörde hat somit offenbar die Rechtslage verkannt, in dem sie sich mit der Frage der Kontrolle des von ihr als Bevollmächtigten des Arbeitgebers qualifizierten Leopold R. durch die mitbeteiligte Partei überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Selbst in der Gegenschrift wird auf diese, in der Beschwerde aufgeworfene Frage nicht Bezug genommen.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
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