VwGH 91/18/0081

VwGH91/18/008128.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. G Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 23. Februar 1991, Zl. MA 70-11/897/90/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. November 1989 war der Beschwerdeführer für schuldig befunden worden, 1) am 8. Mai 1988 um 4.55 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw's in "Wien 1., Börsegasse 11 (dortige Tankstelle) Schallzeichen abgegeben" zu haben, "obwohl es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert hat und Hupen nicht das einzige Mittel war, um die einer Person drohende Gefahr abzuwenden"; 2) sich am 8. Mai 1988 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges in Wien 1., Tiefer Graben 20, um 6.40 Uhr geweigert zu haben, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht mit einem "Atemluftalkoholmeßgerät auf Alkoholgehalt" prüfen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand befunden habe. Über den Beschwerdeführer wurden daher wegen Übertretung zu 1) des § 52 Z. 14 StVO 1960 und zu 2) des "§ 5/2 u. 2a lit. b" leg. cit. Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt.

Dieser Bescheid wurde mit Erkenntis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 1990, Zl. 90/18/0006, hinsichtlich der Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und im übrigen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Die Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides hinsichtlich der erstgenannten Übertretung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die belangte Behörde die Einvernahme dreier, vom Beschwerdeführer namhaft gemachter Zeugen unterlassen habe. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der weiteren Übertretung wurde mit einem Verstoß gegen § 44a lit. b VStG begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 23. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer nach einer ergänzenden Zeugeneinvernahme neuerlich wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen bestraft.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zur Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960:

Der im fortgesetzten Verfahren befragte Zeuge Helfried B. erklärte, sich "nicht mehr genau erinnern" zu können, ob der Beschwerdeführer "zum Tatzeitpunkt irgendwann gehupt hat", während der Zeuge Hermann H. deponierte, nicht im Pkw des Beschwerdeführers mitgefahren zu sein und daher zum Thema Hupen keine Angaben machen zu können. Schließlich gab der Zeuge Andreas S. an, er könne sich an den "Vorfall bei der .... Tankstelle nicht mehr sehr exakt erinnern", soweit er sich überhaupt an den Vorfall noch erinnern könne, habe der Beschwerdeführer "nicht andauernd gehupt". Die belangte Behörde knüpfte daran in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Schlußfolgerung, die Zeugen B. und S. hätten "die Angaben der beteiligten Sicherheitswachebeamten insoferne nicht entkräften können", als sie beide angegeben hätten, sich nicht mehr exakt erinnern zu können. Der Zeuge S. habe weiter ausgesagt, der Beschwerdeführer habe "nicht andauernd gehupt". Da jedoch ein andauerndes Hupen nach der übertretenen Norm nicht gefordert werde, habe diese Aussage den Beschwerdeführer nicht entlasten können.

Gegen diese Begründung wendet sich der Beschwerdeführer mit dem Hinweis darauf, daß an diesem "Vorfall gar keine Sicherheitswachebeamten beteiligt" gewesen seien, da die Polizei erst verständigt werden sollte, weshalb es darüber auch keine Angaben von Sicherheitswachebeamten gebe. Die belangte Behörde versuche demnach, ihren mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht übereinstimmenden Standpunkt durch Hinweise auf im Akt gar nicht vorhandene Angaben von Sicherheitswachebeamten, also in aktenwidriger Weise, zu stützen.

Dem Beschwerdeführer ist zwar insoweit Recht zu geben, als zu der in Rede stehenden Übertretung keine Angaben von Sicherheitswachebeamten aktenkundig sind, weshalb insoweit eine Aktenwidrigkeit vorliegt, doch ist diese nicht wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG, führt also in diesem Punkt nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde auch ohne diese Aktenwidrigkeit zu keinem anderen Ergebnis gekommen wäre. Mit dem wiedergegebenen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides wollte die belangte Behörde nämlich offensichtlich zum Ausdruck bringen, daß die Angaben der beiden im fortgesetzten Verfahren einvernommenen Zeugen nicht geeignet sind, die Aussagen des Tankwartes und seines Arbeitskollegen, welche in der Begründung des angefochtenen Bescheides irrtümlich als "Sicherheitswachebeamten" bezeichnet worden sind, zu entkräften. Unter dieser Annahme bestehen aber im Hinblick auf die eingeschränkte Befugnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) gegen die Schlußfolgerung der belangten Behörde keine Bedenken, weil sich aus den Aussagen der Zeugen Helfried B. und Andreas S. nicht ableiten läßt, daß die Angaben des Tankwartes Erwin J. insoferne unrichtig sind, als der Beschwerdeführer zu der im Schuldspruch angegebenen Tatzeit am Tatort keine "Schallzeichen abgegeben" hat, zumal die ohnedies nicht auf genauen Erinnerungen beruhende Erklärung des Zeugen Andreas S., der Beschwerdeführer habe "nicht andauernd gehupt", nicht mit der Aussage gleichzusetzen ist, er habe überhaupt nicht gehupt. Ob er dies "ununterbrochen" getan hat oder nicht, ist für die Tatbestandsmäßigkeit im Sinne der übertretenen Norm nicht von Bedeutung.

Die Beschwerde gegen den die Übertretung des § 52 Z. 14 StVO 1960 betreffenden Spruchteil des angefochtenen Bescheides ist daher unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

2. Zur Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960:

In den dieser Übertretung gewidmeten Beschwerdeausführungen macht der Beschwerdeführer geltend, den Alkotest nie verweigert, sondern den Beamten "anläßlich des Vorfalles vor" einem bestimmten Lokal "lediglich gesagt" zu haben, daß "der Alkotest im Hinblick auf die in der Zwischenzeit genossene

Alkoholmenge nicht sinnvoll sei. Darauf habe man ... nicht mehr

auf dem Test bestanden". Es gebe auch im gesamten Verfahren von niemandem eine Angabe darüber, daß der Beschwerdeführer nach dieser Äußerung über die Sinnhaftigkeit des Alkotests nochmals (zum Alkotest) aufgefordert worden wäre. Es habe auch niemand behauptet, daß der Beschwerdeführer zu der im angefochtenen Bescheid angeführten Tatzeit am dort genannten Tatort (also "Wien 1, Tiefer Graben 20") überhaupt zum Alkotest aufgefordert worden wäre und sich dann geweigert hätte, seine Atemluft untersuchen zu lassen.

Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, daß der Beschwerdeführer in seiner während des Verwaltungsstrafverfahrens abgegebenen Stellungnahme vom 18. Mai 1988 im Anschluß an die Schilderung, zu einem bestimmten Lokal "am Tiefen Graben 22" gefahren zu sein, wörtlich ausgeführt hat, daß "ein Polizist den Beschuldigten zum Alkotest aufforderte, worauf dieser mitteilte, daß dieser

Alkotest nicht sinnvoll sei, .... ". Eine gleichlautende

Darstellung gab der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vom 17. Juni 1988, und anläßlich seiner Vernehmung als Beschuldigter durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 21. September 1989 deponierte der Beschwerdeführer ausdrücklich, daß "die Beamten von mir einen Alkotest verlangten", worauf er gemeint habe, "das dies nicht zielführend sei, weil er in den letzten zwei Stunden genug getrunken hätte und nicht die Absicht hätte, mit dem Auto zu fahren". Damit steht jedenfalls sowohl auf Grund der Beschwerdeausführungen als auch auf Grund der wiedergegebenen Angaben des Beschwerdeführers selbst fest, daß er im Bereich des im angefochtenen Bescheid angeführten Tatortes von einem Straßenaufsichtsorgan aufgefordert worden ist, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei er trotz seines Hinweises auf die vermeintliche Sinnlosigkeit einer derartigen Untersuchung zur Ablegung dieser Untersuchung verpfichtet gewesen wäre, der Aufforderung aber jedenfalls faktisch keine Folge geleistet hat, weshalb von einer Verweigerung der Atemluftprobe auszugehen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1968, Slg. N.F. Nr. 7305/A). Damit hat der Beschwerdeführer an dem im Schuldspruch des angefochtenen Bescheides angeführten Tatort den Tatbestand der Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 erfüllt, wobei in der Beschwerde nicht mehr in Abrede gestellt wird, daß die im § 5 Abs. 2 StVO 1960 normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft erfüllt waren.

Allerdings ist nach der Aktenlage davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer nicht nur an dem im angefochtenen Bescheid genannten Tatort zur Ablegung der Atemluftprobe aufgefordert worden ist und diese verweigert hat, sondern nach seiner Überstellung in das Polizeiwachzimmer in Wien 1., Deutschmeisterplatz 3, entsprechende der dezidierten Aussage des Polizeibeamten Peter B. vom 26. Juli 1988 "um 07.00 Uhr" auch dort nochmals aufgefordert worden ist, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, was der Beschwerdeführer neuerlich abgelehnt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 17. November 1982, Zl. 82/03/0107, ausgesprochen, daß es sich als einheitliches Tatgeschehen darstellt, wenn nach einer erstmaligen Aufforderung zum Alkotest, dem der Betroffene nicht Folge leistet, die Amtshandlung nicht für beendet erklärt, sondern durch Stellen eines neuerlichen Begehrens fortgesetzt wird, was zur Folge hat, daß der Betroffene, solange die Amtshandlung nicht abgeschlossen wurde, den Alkotest ablegen kann, ohne sich strafbar zu machen. Tut er dies nicht, so verantwortet er die gesamte Verwaltungsübertretung.

Angesichts der als erwiesen anzunehmenden Tatsache, daß der Beschwerdeführer im Zuge der gegen ihn geführten Amtshandlung im erwähnten Wachzimmer neuerlich zum Alkotest aufgefordert worden ist, hat er sich daher nicht schon durch die an dem im angefochtenen Bescheid angeführten Tatort erfolgte Verweigerung der Atemluftuntersuchung strafbar gemacht, sondern erst dadurch, daß er der im Wachzimmer neuerlich an ihn gerichteten Aufforderung zur Durchführung dieser Untersuchung wiederum keine Folge geleistet hat. Da nun aber bei einer mehrmaligen Aufforderung zum Alkotest im Hinblick auf die genaue Bezeichnung des Tatortes und der Tatzeit im Spruch des Bescheides festzustellen ist, wo und wann die diesbezügliche Amtshandlung abgeschlossen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, Zl. 83/03/0042), hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht zur Last legen dürfen, die in Rede stehende Übertretung "um 6 Uhr 40" des Tattages "in Wien 1, Tiefer Graben 20" begangen zu haben, sondern hätte dem Beschwerdeführer vorzuwerfen gehabt, sich dieser Übertretung um ca. 7.00 Uhr dieses Tages im erwähnten Polizeiwachzimmer schuldig gemacht zu haben.

Dieser Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a lit. a VStG belastet den diesbezüglichen Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid hinsichtlich der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, im übrigen aber die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 50 VwGG sowie der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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