Normen
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §183 Abs3;
FinStrG §98 idF 1975/335;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZollG 1988 §174 Abs3 lita;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §183 Abs3;
FinStrG §98 idF 1975/335;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZollG 1988 §174 Abs3 lita;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Hauptzollamt Innsbruck - im Zusammenhang mit einem bei ihm als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer anhängigen Finanzstrafverfahren (§ 4 Abs. 2 lit. b der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 11. Dezember 1979, BGBl. Nr. 509/79 in der Fassung des BGBl. Nr. 381/1988, zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes) - mit Bescheid vom 17. April 1989 ausgesprochen, daß für den Beschwerdeführer hinsichtlich 40 Ringe aus Gold mit Brillanten, ein Paar Ohrringe und zwei Armbanduhren im Gesamtwert von 216.509 S gemäß § 174 Abs. 3 lit. a erster Tatbestand iVm § 3 Abs. 2 ZollG die Eingangsabgabenschuld in der Gesamthöhe von 57.241 S Kraft Gesetzes entstanden sei, was zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von 1.145 S insgesamt 58.386 S ergebe. Nach der Begründung stehe nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens fest, daß der Beschwerdeführer im März 1988 bei seiner Einreise über das Zollamt Kiefersfelden die streitverfangenen Waren diesem Zollamt nicht gestellt und in der Folge in das österreichische Zollgebiet verbracht hätte.
Die Finanzlandesdirektion für Tirol als Abgabenbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 1990 der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Eingangsabgabenschuld dem Grunde nach bestritt, weil der Tatbestand des Schmuggels keinesfalls erwiesen sei, und zum Zollwert ausführte, dieser sei lediglich mit 160.000 S bis 170.000 S festzusetzen, insoweit Folge, als sie aussprach, daß die für die zwei Armbanduhren festgesetzte Eingangsabgabenschuld zu entfallen habe. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer am 26. März 1988 anläßlich seiner über das Zollamt Kiefersfelden erfolgten Einreise nach eingehender mehrmaliger Befragung nach mitgeführten Waren von Organwaltern des genannten Zollamtes beanstandet worden, 40 in einem Koffer verwahrte Schmuckwaren (Damenringe mit Schmucksteinen und Brillanten besetzt), ein Paar Ohrringe sowie eine Damen- und eine Herrenarmbanduhr nicht zur Durchführung des Zollverfahrens gestellt zu haben. Bei der in der Folge von Organwaltern der Finanzstrafbehörde durchgeführten Einvernahme wegen Verdachtes des versuchten Schmuggels habe der Beschwerdeführer nach Vorhalt einer bei ihm vorgefundenen Notiz vom 19. März 1988 angegeben, an diesem Tage in Kitzbühel gewesen zu sein und dort dieselbe Anzahl an Ringen mitgeführt zu haben, wie am 26. März 1988. Er habe weiters erklärt, daß er die streitverfangenen Ringe wieder aus Österreich ausgeführt habe, was sich aus dem Umstand ergebe, daß er sie am 26. März 1988 wieder habe durchführen wollen. Eine Anmeldung der streitverfangenen Waren habe er auch am 19. März 1988 unterlassen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan habe, beziehe sich ein Geständnis auf Tatsachen und stelle seine juristischen Natur nach eine einseitige Wissenserklärung dar. Das Geständnis erbringe nicht Beweis, sondern enthebe des Beweises. Es verliere nur dann seine Wirkung, wenn der Widerruf auf erwiesenen Irrtum oder Zwang gestützt werde. Keines von beiden sei hier der Fall. Daß die Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Einvernahme vom 26. März 1988 unter Zwang zustande gekommen seien, habe der Beschwerdeführer nie behauptet und erscheine dafür auch sonst kein Anhaltspunkt gegeben. Ebensowienig könne von einem erwiesenen Irrtum bei dem vom Beschwerdeführer abgegebenen Geständnis vom 26. März 1988 ausgegangen werden. Die im Zusammenhang vorgetragenen Umstände (Übermüdung, lange Dauer der Amtshandlung anläßlich der Beanstandung vom 26. März 1988) stellten keine die Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers in Frage stellenden Ereignisse dar und seien in Ansehung des Gehaltes der gemachten Angaben nicht geeignet, diese als Irrtum qualifizieren zu können. Die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers enthielten einen durchaus logischen und mit der Lebenserfahrung nicht in Widerspruch stehenden Zusammenhang des Geschehensablaufes und ließen Zweifel, daß der Beschwerdeführer mit diesen Angaben einem Irrtum unterlegen gewesen sei, nicht aufkommen. Urspünglich dem Tatgeschehen näherstehende Angaben seien erfahrungsgemäß der Wahrheit näher als später unter dem Eindruck nachteiliger Rechtsfolgen vorgebrachte gegenteilige Angaben. Es wäre auch mit dem allgemeinen Erfahrungsgut des Lebens nicht in Einklang zu bringen und geradezu unerfindlich, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner Beanstandung am 26. März 1988 einen Geschehensablauf geschildert und dabei Tatsachen eingestanden hätte, die, obwohl sie für ihn belastend gewesen seien, in Wirklichkeit nicht stattgefunden hätten. Jedenfalls erweise sich das Berufungsvorbringen, mit dem die Einbringung der streitverfangenen Waren in Abrede gestellt werde, als nicht geeignet, dem Geständnis des Beschwerdeführers vom 26. März 1988 seine Wirksamkeit zu nehmen. Dem diesem Geständnis nachfolgenden, damit nicht in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers sei daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) die Glaubwürdigkeit zu versagen, zumal dieses Vorbringen durch keine überzeugenden Beweise erhärtet worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung näher bezeichneter, verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit dem Beschluß vom 25. Feber 1991, B 1340/90, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt, weil die gerügten Rechtsverletzungen nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung eines einfachen Gesetzes wären. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Gleichzeitg wurde die Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem Inhalt seines gesamten Vorbringens in dem Recht verletzt, die ihm für die streitverfangenen Schmuckstücke vorgeschriebenen Eingangsabgaben nicht entrichten zu müssen. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, ein Geständnis gebe nur vollen Beweis, wenn es mit den Ergebnissen des übrigen Beweisverfahrens übereinstimme und wenn aus ihm alle Merkmale des strafbaren Tatbestandes gewonnen werden könnten. Die Überprüfung eines noch so logisch erscheinenden Geständnisses zähle zu den absoluten Verpflichtungen eines gewissenhaften Organwalters. Es sei daher nicht so, daß ein Geständnis grundsätzlich unkritisch von der belangten Behörde übernommen werden dürfe. Ein Geständnis könne nur dann als beweismachend angesehen werden, wenn es entweder bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens unwidersprochen geblieben oder durch andere Beweismittel erhärtet worden sei. Nun habe in diesem Verfahren der Beschwerdeführer seine Angaben begründeterweise widerrufen, und zwar gestützt darauf, daß er in der Nacht vom
25. auf den 26. März 1988 seinem Schlafbedürfnis nicht habe nachkommen können und mehrere Stunden habe warten müssen, bis die Vernehmung, die ebenfalls stundenlang gedauert habe, angefangen habe. Aus diesem Grunde und auf Grund der Übermüdung des Beschwerdeführers seien in der Niederschrift Angaben enthalten, die objektiv unrichtig seien. Es sei daher der belangten Behörde verwehrt, dieses "Geständnis" als Enthebung des Beweises heranzuziehen. Es sei auch nicht so, daß die übrigen Beweise gegen den Widerruf des Geständnisses sprechen würden.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 174 Abs. 3 lit. a erster Tatbestand ZollG entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes - also ohne weiteren Rechtsakt - für den, der über eine einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware erstmalig vorschriftswidrig so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr.
Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung von der Annahme aus, der Beschwerdeführer habe die streitverfangenen Schmuckstücke bei seiner am 19. März 1988 erfolgten Einreise über das Zollamt Kiefersfelden ohne vorherige Stellung und Durchführung eines gesetzlichen Zollverfahrens in das österreichische Zollgebiet eingebracht und in der Folge hierüber so verfügt, als wären sie im freien Verkehr.
Die dieser Auffassung zugrunde liegende tatbestandsbezogene Sachverhaltsannahme der belangten Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig.
Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Beschwerdeführer anläßlich seiner am 26. März 1988 erfolgten ersten Vernehmung als Beschuldigter, deren Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen, vor Organwaltern des Hauptzollamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Niederschrift folgende Aussage abgegeben:
"Am 19. März hatte ich dieselbe Anzahl an Ringen mit wie heute. Ich habe sie deshalb nach Kitzbühel mitgenommen, weil ich keine sichere Verwahrungsmöglichkeit in München habe. Daß ich die Ringe wieder aus Österreich ausgeführt habe ergibt sich wohl aus dem Umstand, daß ich sie heute wieder durchführen wollte. Eine Anmeldung habe ich auch am 19. März unterlassen, weil ich daran gar nicht gedacht habe. ..... Zum Vorhalt, daß ich in Kitzbühel Schmuck verkauft habe, möchte ich nunmehr die volle Wahrheit sagen und bitte mein bisheriges Verhalten zu entschuldigen. Es ist richtig, daß ich in letzter Zeit in Kitzbühel meinen Schmuck einem größeren Bekanntenkreis gezeigt habe. Direkt zum Verkauf habe ich den Schmuck nie angeboten.
Bei Kaufinteresse war ich jedoch nicht abgeneigt, von diesem
Schmuck auch etwas zu verkaufen. Unter jenen Personen, die den
Schmuck gesehen haben, waren auch überwiegend deutsche
Urlaubsgäste, vorwiegend aus dem Münchner Raum dabei. ..... In
Kitzbühel habe ich ausschließlich nur in zwei Fällen Schmuck
verkauft. Vor ca. 14 Tagen habe ich an Frau H drei Damenringe
zum Gesamtpreis von DM 4.500 verkauft. Kauf und Übergabe fanden
bei ihr in der Wohnung in Kitzbühel statt. Ich selber habe für
die Ringe insgesamt DM 2.700 bezahlt. ..... Die verkauften
Ringe stammten aus meiner vorliegenden Kollektion. Daß diese
Ringe keiner Zollbehandlung zugeführt worden sind, habe ich
vorhin schon erwähnt. ..... Meine Angaben entsprechen der
Wahrheit, ich habe sie freiwillig und ohne jeden Zwang gemacht
und ich bitte, daß meine Bereitschaft zur Sachaufklärung bei
der Beurteilung dieser Sache berücksichtigt wird. ..... Ich
sehe mein Verschulden ein, bitte um eine milde Strafe und bin
bereit freiwillig zur Schadensgutmachung einen Betrag von
S 10.000,- zu erlegen."
Zieht man in Erwägung, daß - wie oben erwähnt - Angaben bei der ersten Vernehmung erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen und der Beschwerdeführer, der den Sachverhalt am besten kennt und in der Niederschrift vom 26. März 1988 "nunmehr die volle Wahrheit sagen wollte", erst fast eineinhalb Jahre später bei Erkennen der nachteiligen Rechtsfolgen dieser Aussagen im Vorlageantrag vom 30. Juli 1990 die in der Niederschrift vom 26. März 1988 konkret und detailliert gemachten Angaben als unrichtig bezeichnet und seine Haltung geändert hat, so vermag der Verwaltungsgerichtshof, der die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfen befugt ist (siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Feber 1987, Zl. 85/16/0074, und die dort zitierte Rechtsprechung), die Feststellung der belangten Behörde, dieser Widerruf könne nur verminderte Glaubwürdigkeit beanspruchen, nicht als unrichtig zu erkennen.
Wenn daher die belangte Behörde trotz Widerrufes der zugestandenen Tatsache der zollrechtswidrigen Einfuhr der streitverfangenen Schmuckstücke am 19. März 1988 dem späteren, damit nicht im Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen freier Beweiswürdigung weniger Glauben beigemessen hat, dann ist sie damit nicht rechtswidrig vorgegangen, zumal dieses Vorbringen durch keine überzeugenden Beweise seitens des Beschwerdeführers erhärtet worden ist.
Nicht verwertbar für einen Rückschluß auf das Beweisthema ist die vom Beschwerdeführer weiters gerügte Unterlassung der Einvernahme des von ihm als Zeugen angebotenen Franz K. Die belangte Behörde weist in der Gegenschrift mit Recht darauf hin, daß der Beschwerdeführer nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens mit seiner Stellungnahme vom 7. März 1990 ein Schreiben des Genannten vom 21. Feber 1990 (in Kopie) vorgelegt hat, in welchem dieser erklärte, Schmuckstücke ausnahmslos nur in München gesehen und die zur Ansicht genommenen Ringe in München quittiert zu haben. Kann ein Zeuge nach der Aktenlage zu den entscheidungswesentlichen Fragen keine Aussage machen oder ist bereits auf Grund des Beweisthemas ersichtlich, daß die Aussage entbehrlich erscheint, so liegt in der Unterlassung der beantragten Einvernahme eines solchen Zeugen kein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften (vgl. im Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1990, Zl. 88/16/0167). Es war daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde den Beweisantrag als für das vorliegende Beweisthema (zollrechtswidrige Einfuhr der streitverfangenen Schmuckstücke am 19. März 1988) unerheblich, d. h. als ungeeignet qualifizierte, auf die von ihr getroffene Entscheidung irgendeinen Einfluß zu üben.
Soweit der Beschwerdeführer abschließend in der Erlassung des angefochtenen Bescheides vor Durchführung und Abschluß des Finanzstrafverfahrens eine Verletzung der Vorschrift des § 281 BAO erblickt, so ist ihm zu erwidern, daß die Abgabenbehörde durch das Gesetz nicht gehalten ist, im Verfahren zur Wahrung des Abgabenanspruches die Beweiswürdigung im Finanzstrafverfahren abzuwarten (vgl. VwSlg. 5622/F).
Somit aber wurde der Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.
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