VwGH 91/08/0003

VwGH91/08/000317.12.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse in Graz, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 31. Oktober 1990, Zl. 121.214/7-7/90, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. MZ in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, 2. RB in G, 3. UE in G, 4. XY in G, 5. AH in G, 6. ER in G, 7. KS in G,

8. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §49 Abs1;
ASVG §5 Abs2 idF 1976/704;
ASVG §5 Abs2 litb idF 1976/704;
ASVG §5 Abs2 litc idF 1976/704;
VwRallg;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §5 Abs2 idF 1976/704;
ASVG §5 Abs2 litb idF 1976/704;
ASVG §5 Abs2 litc idF 1976/704;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im berufungsstattgebenden Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit (im wesentlichen gleichlautenden) Bescheiden vom 10. März 1987 stellte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse fest, daß die zweit- bis siebentmitbeteiligte Partei, sowie HN (idF: H.N.) und CS (idF: C.S.) in folgenden Zeiträumen zur erstmitbeteiligten Partei in einem die Vollversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden seien: Die zweitmitbeteiligte Partei vom 25. September 1982 bis 3. Oktober 1982, die drittmitbeteiligte Partei vom 30. April 1982 bis 9. Mai 1982, die viermitbeteiligte Partei vom 28. April 1984 bis 6. Mai 1984, die fünftmitbeteiligte Partei vom 30. April 1982 bis 9. Mai 1982 und vom 25. September 1982 bis 3. Oktober 1982, die sechstmitbeteiligte Partei vom 30. April 1982 bis 9. Mai 1982, die siebentmitbeteiligte Partei vom 30. April 1982 bis 9. Mai 1982, H.N. vom 1. Oktober 1983 bis 9. Oktober 1983 und C.S. vom 1. Oktober 1983 bis 9. Oktober 1983.

Nach der Begründung dieser Bescheide hätten die zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien, sowie H.N. und C.S. in den angegebenen Zeiträumen täglich von 8.00 bis 18.00 Uhr Verkaufstätigkeiten am Messestand der erstmitbeteiligten Partei verrichtet. Sie seien zur Einhaltung der Arbeitszeit verpflichtet gewesen und hätten sich nicht von anderen Personen vertreten lassen dürfen. Als Entgelt für die Verkaufstätigkeit sei entweder ein Fixum in der Höhe von S 2.000,-- zuzüglich Umsatzprovision oder ausschließlich Umsatzprovision vereinbart gewesen. Ferner würden die am Messestand der erstmitbeteiligten Partei beschäftigten Verkäuferinnen dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte unterliegen, der ein nach zeitlichen Maßstäben zu berechnendes Mindestentgelt vorsehe. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse habe festgestellt, daß in den jeweiligen Zeiträumen (insgesamt) von der zweitmitbeteiligten Partei S 5.400,--, von der drittmitbeteiligten Partei S 4.000,-- (davon S 2.000,-- Fixum), von der viermitbeteiligten Partei S 3.400,--, von der fünftmitbeteiligten Partei S 3.200,-- bzw. S 2.860,--, von der sechstmitbeteiligten Partei S 2.850,--, von der siebentmitbeteiligten Partei S 2.500,--, von H.N. S 2.300,-- und von C.S. S 2.600,-- an Entgelt tatsächlich erzielt worden sei.

Gegen diese Bescheide erhob der Erstmitbeteiligte jeweils Einspruch. Daraus ist - unter Berücksichtigung der Beschwerdepunkte und der in der Folge vorgenommenen ausdrücklichen Außerstreitstellungen der erstmitbeteiligten Partei im Verwaltungsverfahren, aber auch in der Gegenschrift - für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nur noch der darin vertretene Standpunkt von Bedeutung, die zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien sowie H.N. und C.S. seien gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG als geringfügig beschäftigt von der Vollversicherung ausgenommen, weil das ihnen gebührende Entgelt in den einzelnen Kalendermonaten unter den in dieser Bestimmung genannten Grenzbeträgen gelegen sei. Die getroffene Entgeltvereinbarung sei - ungeachtet dessen, daß sie den kollektivvertraglichen Mindestansprüchen genügen müsse - nicht zeitraumbezogen, sodaß eine (Leistungs-)Entlohnung im Sinne der in § 5 Abs. 2 lit. c ASVG beispielsweise aufgezählten Lohnarten vorliege.

Die Beschwerdeführerin legte die Einsprüche der erstmitbeteiligten Partei dem Landeshauptmann mit einer Stellungnahme vor, in der sie dazu - zusammengefaßt und sinngemäß - die Auffassung vertrat, daß der zwingende Charakter der kollektivvertraglichen Mindestentlohnung (die nach zeitlichen Maßstäben bemessen sei) die Anwendung des § 5 Abs. 2 lit. c ASVG ausschließe.

Der Landeshauptmann hat in der Folge weitere Stellungnahmen der erstmitbeteiligten Partei, der Beschwerdeführerin sowie des Pensions- und des Unfallversicherungsträgers, sowie die Gehaltstafeln des Kollektivvertrages für Handelsangestellte für die Jahre 1982, 1983 und 1984 eingeholt und schließlich mit Bescheid vom 3. August 1989 den Einsprüchen keine Folge gegeben. In der Frage, ob die strittigen Dienstverhältnisse wegen Geringfügigkeit gemäß § 5 Abs. 2 ASVG von der Vollversicherungspflicht auszunehmen seien, vertrat der Landeshauptmann in der Begründung dieses Bescheides die Auffassung, daß das im Kollektivvertrag für die Handelsangestellten festgelegte Mindestentgelt auch dann gebühre, wenn eine Provisionszahlung vereinbart worden sei. Es sei daher § 5 Abs. 2 lit. b ASVG und nicht lit. c dieser Gesetzesstelle anzuwenden. Die festgestellten Entgelte lägen über den in Frage kommenden Geringfügigkeitsgrenzen des § 5 Abs. 2 ASVG, die im Kalenderjahr 1982 S 153,-- täglich, S 459,-- wöchentlich und S 1.995,-- monatlich, im Kalenderjahr 1983 S 161,-- täglich, S 484,-- wöchentlich und S 2.105,-- monatlich und im Kalenderjahr 1984 S 167,-- täglich, S 503,-- wöchentlich und S 2.189,-- monatlich betragen hätten.

Die belangte Behörde hat der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der erstmitbeteiligten Partei teilweise stattgegeben und mit Bescheid vom 31. Oktober 1990 in Abänderung des Einspruchsbescheides festgestellt, daß die Zweitmitbeteiligte vom 1. bis 3. Oktober 1982, die Drittmitbeteiligte am 30. April 1982, die Viertmitbeteiligte vom 28. April bis 6. Mai 1984, die Fünftmitbeteiligte am 30. April und vom 1. bis 3. Oktober 1982, die Sechstmitbeteiligte am 30. April 1982 und die Siebentmitbeteiligte am 30. April 1982 NICHT vollversichert gewesen seien. Im übrigen wurde die von den Unterinstanzen festgestellte Vollversicherungspflicht hinsichtlich der zweitbis dritt-, und der fünft- bis siebentmitbeteiligten Partei (teilweise) sowie H.N. und C.S. (zur Gänze) bestätigt. In der für die Entscheidung wesentlichen Frage der Geringfügigkeit der Beschäftigung führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten, daß die zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien sowie H.N. und C.S. zumindest in den in den Bescheiden der Beschwerdeführerin angeführten Zeiträumen vom Erstmitbeteiligten an seinem Messestand als Verkäuferinnen gegen ein sich prozentuell nach der Höhe des von den einzelnen Verkäuferinnen erzielten Umsatzes richtendes Entgelt beschäftigt und diese Beschäftigungsverhältnisse für die jeweilige Dauer der Messe vereinbart gewesen seien. Es sei weiters unbestritten (und ergebe sich im übrigen aus den vom Erstmibeteiligten vorgelegten Bestätigungen und erstatteten Stellungnahmen), daß die zweitmitbeteiligte Partei für ihre Tätigkeit im September 1982 S 3.780,-- und im Oktober 1982 S 1.620,--, die Drittmitbeteiligte im April 1982 S 400,-- und im Mai 1982 S 3.600,--, die Viertmitbeteiligte im April 1984 S 1.360,-- und im Mai 1984 S 2.040,--, die Fünftmitbeteiligte im April 1982 S 320,-- und im Mai 1982 S 2.880,--, H.N. im September 1983 S 230,-- und im Oktober 1983 S 2.070,--, die Sechstmitbeteiligte im April 1982 S 285,-- und im Mai 1982 S 2.565,--, die Siebentmitbeteiligte im April 1982 S 250,-- und im Mai 1982 S 2.250,-- und C.S. im September 1983 S 260,-- und im Oktober 1983 S 2.340,-- erhalten hätten. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Beschäftigung der Verkäuferinnen (der zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien sowie H.N. und C.S.) sei aufgrund des nach zeitlichen Abschnitten bemessenen Entgelts, das ihnen nach dem Kollektivvertrag für Handelsgestellte gebührte, nicht nach § 5 Abs. 2 lit. b ASVG geringfügig, sei zweifellos richtig. Da sich das vereinbarte Entgelt nach dem Umsatz - also nicht nach zeitlichen Abschnitten - gerichtet habe, sei aber auch zu prüfen, ob die Beschäftigungen nach § 5 Abs. 2 lit. c ASVG geringfügig gewesen seien. Aus den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen über die bezahlten Entgelte ergebe sich, daß die Zweitmitbeteiligte im September 1982, die Drittmitbeteiligte im Mai 1982, die Fünftmitbeteiligte im Mai und September 1982, die Sechstmitbeteiligte und die Siebentmitbeteiligte im Mai 1982 und C.S. im Oktober 1983 auch nach § 5 Abs. 2 lit. c ASVG NICHT geringfügig beschäftigt gewesen seien. Andererseits sei auch unter Berücksichtigung des Kollektivvertrages, nach welchem den Verkäuferinnen ein Gehalt von ungefähr S 6.000,-- bis S 7.000,-- pro Monat gebührt habe, aufgrund der kurzen Dauer - nur bis zu drei Tagen - die Beschäftigung der Zweitmitbeteiligten im Oktober 1982, der Drittmitbeteiligten im April 1982, der Viertmitbeteiligten im April 1984, der Fünftmitbeteiligten im April und im Oktober 1982, der Sechstmitbeteiligten und der Siebentmitbeteiligten im April 1982 zweifellos geringfügig. Das H.N. für ihre Tätigkeit im Oktober 1983 bezahlte Entgelt von S 2.070,-- sei zwar unter der Grenze des § 5 Abs. 2 lit. c ASVG gelegen, eine Einstufung in die niedrigste der in Frage kommenden Beschäftigungsgruppen der Gehaltstafel für den allgemeinen Groß- und Kleinhandel des Kollektivvertrages für Handelsangestellte (in die Beschäftigungsgruppe 1 b) ergebe aber für die von ihr im Oktober 1983 geleisteten Arbeitsstunden einen Gehaltsanspruch von ungefähr S 2.800,--. Der viertmitbeteiligten Partei gebühre hingegen auch nach dem Kollektivvertrag (Beschäftigungsgruppe 2) für ihre Tätigkeit sowohl an den drei Tagen im April auch an den sechs Tagen im Mai 1984 bei einer täglichen Arbeitszeit von achteinhalb Stunden ein auch unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 lit. c ASVG liegendes Entgelt (ergänze: woraus die belangte Behörde ableitete, daß ihr Beschäftigungsverhältnis zur Gänze wegen Geringfügigkeit nicht der Vollversicherungspflicht unterlag).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, mit welcher der Bescheid jedoch nur insoweit angefochten wird, als darin für die zweit- und dritt- sowie fünft- bis siebentmitbeteiligten Parteien die Vollversicherung teilweise, für die viertmitbeteiligte Partei hingegen zur Gänze verneint wurde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt. Die achtmitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat erklärt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, während sich die dem Verfahren ebenfalls als mitbeteiligte Partei beigezogene Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in ihrer als Gegenschrift bezeichneten Stellungnahme der Auffassung der Beschwerdeführerin angeschlossen und beantragt hat, der Beschwerde stattzugeben (woraus sich ergibt, daß sie infolge ihrer mit jenen der Beschwerdeführerin gleichlaufenden Interessen nicht mitbeteiligte Partei des Verfahrens ist). Die erstmitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist nicht mehr strittig, daß die zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien während der in Rede stehenden Zeiträume zum Erstmitbeteiligten entgeltlich und in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt gewesen sind. Strittig ist, ob die belangte Behörde für diese Zeiträume zu Recht das Vorliegen einer Ausnahme von der Vollversicherungspflicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 ASVG wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung angenommen hat.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG sind (u.a.) Dienstnehmer hinsichtlich einer Beschäftigung, die nach Abs. 2 als geringfügig anzusehen ist, von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen.

§ 5 Abs. 2 erster bis dritter Satz ASVG in der für 1982 bis 1984 anzuwendenden Fassung der 32. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 704/1976, sowie unter Berücksichtigung der Verordnungen des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 11. Dezember 1981, BGBl. Nr. 586 für das Jahr 1982, vom 30. Dezember 1982, BGBl. Nr. 19/1983 für das Jahr 1983 bzw. vom 14. Dezember 1983, BGBl. Nr. 638 für das Jahr 1984 lautete:

"(2) Eine Beschäftigung gilt als geringfügig im Sinne des Abs. 1 Z. 2,

a) wenn sie für eine kürzere Zeit als für eine Woche vereinbart ist und dem Dienstnehmer für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 153 S (1983: 161 S, 1984: 167 S) gebührt,

b) wenn sie für mindestens eine Woche oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und dem Dienstnehmer ohne Rücksicht auf die Zahl der Arbeitstage als wöchentliches Entgelt höchstens 459 S (1983: 484 S, 1984: 503 S) oder als monatliches Entgelt höchstens 1.995 S (1983: 2.105 S; 1984: 2.189 S) gebührt,

c) wenn das Entgelt nicht nach zeitlichen Abschnitten, sondern nach einem anderen Maßstab (Akkordlohn, Stücklohn, Leistungen Dritter) vereinbart ist und dem Dienstnehmer in einem Kalendermonat ein Entgelt von höchstens 1.995 S (1983: 2.105 S, 1984: 2.189 S) gebührt.

Eine Beschäftigung, die in den Betracht kommenden Zeitabschnitten ein die obigen Ansätze nicht übersteigendes Entgelt ergibt, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit), und eine Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, gilt als nicht geringfügig. Als geringfügig gilt ferner nicht eine auf unbestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung, wenn das daraus gebührende Entgelt nur deshalb nicht mehr als 1.995 S (1983: 2.105 S; 1984: 2.189 S) in einem Monat oder 459 S (1983: 484 S bzw. 1984: 503 S) in einer Woche beträgt, weil die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Monats oder der betreffenden Woche begonnen hat, geendet hat oder unterbrochen wurde."

Die Dienstverhältnisse der zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien waren jeweils auf bestimmte Zeit (für die Dauer einer Messe) und für mehr als eine Woche, aber für weniger als ein Monat vereinbart worden, weshalb § 5 Abs. 2 lit. a ASVG als Prüfungsmaßstab von vornherein ausscheidet.

Das Schicksal der vorliegenden Beschwerde hängt vielmehr vorerst von der zu lösenden Rechtsfrage ab, ob die Geringfügigkeit nach § 5 Abs. 2 lit. b ASVG oder nach lit. c der genannten Gesetzesstelle zu beurteilen ist. Die Erstmitbeteiligte hält - gestützt auf den Umstand, daß sich das vereinbarte Entgelt nach dem Umsatz richten sollte - die Anwendung der lit. c für gerechtfertigt, weil das Entgelt (im Sinne dieser Vorschrift) nicht nach zeitlichen Abschnitten vereinbart worden sei. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse vertritt hingegen die Auffassung, daß aufgrund der anzuwendenden kollektivvertraglichen Bestimmungen das Mindestentgelt, das der zweit- bis siebentmitbeteiligten Partei für die Dauer dieser Beschäftigung jedenfalls gebührt hätte, nach zeitlichen Maßstäben bemessen ist. Sowohl § 5 Abs. 2 lit. b ASVG als auch lit. c dieser Gesetzesstelle stellten auf den zustehenden ANSPRUCHSLOHN ab. Es sei zu prüfen, ob das Entgelt, welches dem Dienstnehmer für den jeweiligen Kalendermonat gebühren würde bzw. gebührt hätte, die nach lit. c bestehende Grenze übersteige bzw. überstiegen hätte. Bezugsgröße sei also das (für den ganzen Kalendermonat) gebührende Entgelt und nicht das aufgrund der tatsächlichen Beschäftigung im betreffenden Kalendermonat "gebührende oder tatsächlich erzielte" Entgelt. Das von der belangten Behörde vorgenommene "Aufsplitten" der Beschäftigung widerspreche dem nicht nur aus § 5 Abs. 2 ASVG sondern auch aus anderen Bestimmungen dieses Gesetzes (z.B. § 10 Abs. 1 ASVG) zu entnehmenden Grundsatz der Einheitlichkeit des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Allenfalls sei "eine Abwägung unter den Bestimmungen der lit. b und c vorzunehmen und jene Vorschrift anzuwenden, die den Dienstnehmer günstiger stellt".

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, sind für die Beurteilung der Geringfügigkeit einer Beschäftigung im Sinne des § 5 Abs. 2 ASVG unter dem Aspekt des gebührenden Entgelts jene Geld- und Sachbezüge im Sinne des § 49 ASVG maßgebend, auf die der (die) Beschäftigte im relevanten Zeitraum aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte oder die er (sie) darüber hinaus aufgrund dieses Beschäftigungsverhältnisses erhalten hat (vgl. die Erkenntnisse vom 12. Februar 1982, Zl. 81/08/0086, und vom 18. Dezember 1990, Zl. 89/08/0165). Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach bleibt die Regelung der Frage, ob ein Angestellter überhaupt einen solchen Anspruch hat, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen und in welchem Umfang er besteht und wann er fällig ist, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht, einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen (OGH Arb 10086) dem Ortsgebrauch überlassen (vgl. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1984, Zl. 81/08/0211 mwN, uva.).

Im Gegensatz zu § 5 Abs. 2 lit. a und b ASVG, deren Anwendung jeweils davon abhängt, welche Vereinbarungen hinsichtlich der DAUER DES BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSES getroffen worden sind, setzt lit. c der zitierten Gesetzesstelle - in der Art der Anknüpfung abweichend - die Vereinbarung eines ENTGELTES "nicht nach zeitlichen Abschnitten" voraus. Daraus ist zunächst der (Gegen-)Schluß zu ziehen, daß im Falle der "Vereinbarung eines Entgelts nach zeitlichen Abschnitten" die Geringfügigkeit NICHT nach lit. c, sondern ausschließlich entweder nach lit. a oder nach lit. b des § 5 Abs. 2 leg. cit. zu prüfen ist. Die Problematik des Beschwerdefalles liegt nun - von der Dauer der Beschäftigung zunächst abgesehen - darin, daß hier das zwingend gebührende kollektivvertragliche Mindestentgelt nach Zeitabschnitten bemessen, jedoch einzelvertraglich ein Entgelt auf Provisionsbasis vereinbart worden ist.

Es ist nun denkbar, daß ein (aliquot) zustehender kollektivvertraglicher Mindestentgeltanspruch zwar die wöchentliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 lit. b ASVG, nicht aber die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (sei es nach lit. b oder lit. c) überschreitet. Würde in einem solchen Fall der vereinbarte Provisionsanspruch zweifelsfrei im Ergebnis hinter dem (aliquoten) Mindestlohn zurückbleiben, so wäre der letztere als ein nach zeitlichen Abschnitten bemessener Anspruchslohn der Geringfügigkeitsprüfung nach LIT. b zu unterziehen, mit dem Ergebnis, daß z.B. bei Überschreiten der wöchentlichen Geringfügigkeitsgrenze Vollversicherungspflicht gegeben wäre. Würde hingegen die tatsächlich ins Verdienen gebrachte Provision zwar den anteiligen Mindestlohn, nicht aber die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, so wäre - legte man die Auffassung der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei zugrunde - trotz des im Verhältnis zum Mindestlohn HÖHEREN Entgeltanspruchs Vollversicherungspflicht zu verneinen, weil nunmehr anhand des "vereinbarten" Provisionsanspruches eine Prüfung nach LIT. c vorzunehmen wäre. Ein solches Ergebnis wäre mit Recht dem Verdacht ausgesetzt, auf einer unsachlichen Differenzierung zu beruhen. Es scheidet nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem gleichen Grunde aber auch eine Auslegung aus, nach der bei Vorliegen einer Vereinbarung von Entgelt in Form von Provisionen die Geringfügigkeit jedenfalls und NUR nach lit. c zu beurteilen wäre: In diesem Fall wäre nämlich die Anwendung der lit. b (konsequenterweise) auch für den Fall ausgeschlossen, daß die vereinbarte Provision den kollektivvertraglichen Anspruchslohn tatsächlich nicht erreicht; schon durch Vereinbarung einer ganz geringfügigen Provision könnte bei dieser Auslegung der Prüfungsmaßstab der lit. b für die Beurteilung der Geringfügigkeit ausgeschlossen werden.

Aus diesen Überlegungen ergeben sich für die Auslegung des § 5 Abs. 2 lit. b und lit. c ASVG zwei Konsequenzen: Unter dem Begriff des "vereinbarten" Entgelts im Sinne der lit. c ist nicht nur die ausdrückliche, einzelvertragliche Entgeltabrede zu verstehen, sondern vielmehr der entgeltrechtliche Inhalt des Arbeitsvertrages schlechthin. Gemäß § 11 Abs. 1 ArbVG sind die Bestimmungen des Kollektivvertrages, soweit sie nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien regeln, innerhalb seines fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich; sie entfalten unmittelbar normative Wirkung auf den Inhalt des Arbeitsvertrages. Wenn daher auf die in Rede stehenden Dienstverhältnisse ein Kollektivvertrag anzuwenden ist, aufgrund dessen den Dienstnehmern ein nach zeitlichen Abschnitten bemessenes Mindestentgelt zusteht, liegt schon deshalb jedenfalls ein nach zeitlichen Abschnitten vereinbartes Entgelt im Sinne des § 5 Abs. 2 ASVG vor, mag darüber hinaus auch einzelvertraglich eine (nicht nach zeitlichen Abschnitten bemessene) Provisionsvereinbarung getroffen worden sein. Die Prüfung der Geringfügigkeit ist in solchen Fällen immer nach § 5 Abs. 2 lit. b ASVG vorzunehmen.

Nur wenn aufgrund des Kollektivvertrages bzw. (auch bei Fehlen eines solchen) des Einzelvertrages ein reiner Leistungslohn (d.h. überhaupt kein nach zeitlichen Abschnitten bemessener Entgeltanspruch) zusteht, ist die Prüfung der Geringfügigkeit nach lit. c vorzunehmen.

Dieses Ergebnis wird auch durch die Berücksichtigung der Absicht des historischen Gesetzgebers gestützt:

§ 5 Abs. 2 ASVG in der Fassung des Stammgesetzes lautete:

"(2) Eine Beschäftigung ist als geringfügig im Sinne des Abs. 1 Z. 2 anzusehen, wenn dem Dienstnehmer von einem oder mehreren Dienstgebern monatlich kein höheres Entgelt als 270 S gebührt. Eine Beschäftigung, die nur deswegen monatlich kein höheres als das oben bezeichnete Entgelt ergibt, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder eine Beschäftigung, die der Hausbesorgerordnung unterliegt, gilt nicht als geringfügig."

Abgesehen davon, daß in der Praxis schwer festzustellen war, ob ein Dienstnehmer auch noch in anderen Dienstverhältnissen stand (die bei Beurteilung der Geringfügigkeit mitzuberücksichtigen waren), konnte häufig zu Beginn der Beschäftigung noch nicht festgestellt werden, ob es der Vollversicherung unterliegen werde (vgl. dazu NOTT, Geringfügige Beschäftigung und Versicherungspflicht - gestern, heute, morgen, SoSi 1960, 345 ff). Überdies wurde es als unbefriedigend empfunden, daß kürzer als einen Monat dauernde Beschäftigungen unter Umständen nicht vollversichert waren, obwohl die Höhe des Verdienstes bei ganzmonatlicher Beschäftigung zur Vollversicherungspflicht geführt hätte (vgl. STEINBACH, Der Begriff Geringfügigkeit in der Sozialversicherung, SoSi 1957, 454). Es wurde daher schon bald nach dem Inkrafttreten des ASVG der Vorschlag gemacht, zwei gesonderte Begriffsbestimmungen, "nämlich eine für kurzfristige und eine für die ständigen Dienstverhältnisse" vorzusehen und eine wöchentliche bzw. für (kurze Beschäftigungsverhältnisse) eine tägliche Bagatellgrenze als zusätzliche Kriterien für die Geringfügigkeit vorzusehen (vgl. STEINBACH, aaO, 455). Diese (im hier interessierenden Zusammenhang bis heute praktisch unverändert wirksame) Gesetzesänderung wurde schließlich durch Art. I Z. 4 der 9. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 13/1962, vorgenommen. Die Gesetzesmaterialien (Initiativantrag Nr. 147/A zu 517 Blg. sten. Prot. NR. IX. GP, 52) beziehen sich inhaltlich auf die von den genannten Autoren aufgezeigten Unzulänglichkeiten und betonen das Anliegen des Gesetzgebers, diese Unzulänglichkeiten zu beseitigen.

Daraus ergibt sich auch die Absicht des Gesetzgebers, die als unzulänglich empfundene, starre monatliche Geringfügigkeitsgrenze (nur) dort beizubehalten, wo ein anderer Maßstab überhaupt nicht zur Verfügung steht. Letzteres trifft aber nur dann zu, wenn eine an Zeitabschnitten orientierte Betrachtungsweise von vornherein versagen muß, weil für ein nach zeitlichen Abschnitten bemessenes Entgelt kein Anhaltspunkt besteht.

Durch diese Auslegung werden nicht nur unsachliche Ergebnisse, die sich - wie oben ausgeführt - bei den anderen in Betracht kommenden Auslegungsvarianten einstellen würden, vermieden, sondern im übrigen auch das durch § 5 Abs. 2 lit. c ASVG gegebene Fortbestehen mancher Probleme der Stammfassung dieser Gesetzesstelle auf den sachlich unvermeidlichen Anwendungsbereich (im Sinne der Kritik von KREJCI, Das Sozialversicherungsverhältnis, 68 bei FN 10) zurückgedrängt.

Bei Anwendung des § 5 Abs. 2 lit. b ASVG ist als nächstes die Frage zu untersuchen, ob auf ein Beschäftigungsverhältnis, welches auf bestimmte Zeit, und zwar auf länger als eine Woche, jedoch weniger als einen Monat abgeschlossen wurde, die wöchentliche oder die monatliche Geringfügigkeitsgrenze anzuwenden ist. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit nicht eindeutig, als die in dieser Gesetzesstelle geregelten DREI denkbaren Fälle (Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit in der Dauer einer Woche, Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit in der Dauer von mehr als einer Woche, Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit) mit ZWEI Geringfügigkeitsgrenzen verknüpft sind. Der dargelegten Absicht des Gesetzgebers, durch die kürzere Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses allein möglichst keine Ausnahme von der Vollversicherungspflicht wegen Geringfügigkeit eintreten zu lassen, entspricht jedoch nur eine Auslegung, bei welcher auf untermonatig vereinbarte Beschäftigungsverhältnisse nicht die monatliche, sondern die wöchentliche Geringfügigkeitsgrenze angewendet wird. Diese Absicht des Gesetzgebers kommt im übrigen auch in § 5 Abs. 2 lit. a ASVG zum Ausdruck, wonach bei Beschäftigungsverhältnissen in der Dauer von WENIGER ALS EINER WOCHE eine TÄGLICHE Geringfügigkeitsgrenze als Beurteilungsmaßstab vorgesehen ist. Leitet man daraus den (allgemeinen) Rechtsgedanken ab, daß Geringfügigkeitsgrenzen, die sich auf einen BESTIMMTEN ZEITRAUM beziehen, nicht auf Dienstverhältnisse angewendet werden sollen, die FÜR EINEN KÜRZEREN ZEITRAUM vereinbart worden sind, so ergibt sich auch daraus für die im Beschwerdefall zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnisse die Anwendung der wöchentlichen Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 lit. b ASVG.

Bei Beschäftigungsverhältnissen auf bestimmte Zeit, in der Dauer von mehr als einer Woche, jedoch weniger als einem Monat ist daher die Gesamtverdienstsumme zunächst durch die Anzahl der Beschäftigungstage zu teilen und der so ermittelte durchschnittliche Tagesverdienst mit sieben zu multiplizieren; das so ermittelte wöchentliche Entgelt ist der wöchentlichen Geringfügigkeitsgrenze des jeweiligen Kalenderjahres gegenüberzustellen. Wird diese Geringfügigkeitsgrenze erreicht oder überschritten, so liegt hinsichtlich des GESAMTEN BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSES Vollversicherungspficht unabhängig davon vor, ob dieses Beschäftigungsverhältnis zur Gänze innerhalb eines Kalendermonates liegt oder - wie im Falle der zweit-, dritt- sowie fünft- bis siebentmitbeteiligten Partei des vorliegenden Beschwerdeverfahrens - mit einem Teil in das nächstfolgende Kalendermonat hineinreicht. Dadurch (vgl. in diesem Sinne auch die Mitteilung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger M/20 vom 19. Februar 1962, SoSi 1962,

219) wird auch sichergestellt, daß bei kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen die Versicherungspflicht nicht vom Zufall der zeitlichen Lagerung des Beschäftigungsverhältnisses abhängt, wie dies infolge der Rechtsauffassung der belangten Behörde geschieht, vergleicht man die Fälle der viertmitbeteiligten Partei mit jenen von H.N. und C.S., die - obgleich ihr Entgeltanspruch hinter dem der viertmitbeteiligten Partei deutlich zurückblieb - hinsichtlich der GESAMTEN DAUER des Beschäftigungsverhältnisses als VOLLVERSICHERT beurteilt wurden, während das sich auf zwei Kalendermonate verteilende Beschäftigungsverhältnis der Viertmitbeteiligten ZUR GÄNZE als GERINGFÜGIG angesehen wurde.

Da die belangte Behörde diese Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in seinem der Berufung der mitbeteiligten Partei stattgebenden Teil wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte