Normen
GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §360 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 die Schließung des Lkw-Abstellplatzes der Beschwerdeführerin auf dem Grundstück Nr. 735/4 der KG X aufgetragen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 11. März 1991 sei die Schließung des Lkw-Abstellplatzes der Beschwerdeführerin auf dem Grundstück Nr. 735/4 der KG X mit der Begründung verfügt worden, in Straferkenntnissen sei wiederholt festgestellt worden, daß eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein Lkw-Abstellplatz ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei. In der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung sei als richtig ausgeführt worden, seitens der Behörde seien Straferkenntnisse erlassen worden und zwar gestützt auf den Sachverhalt, daß eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein Lkw-Abstellplatz ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben werde. Es sei jedoch das Minimierungsgebot verletzt worden, und es wäre zu prüfen, auf welche Teile des Abstellgrundstückes Nr. 735/4, KG. X, die Schließung zu beschränken sei und zwar gemessen an den Schutzinteressen des § 74 GewO 1973. Auch sei durch den Bescheid jede Art der Tätigkeit verboten, während doch nur jene Tätigkeit von der Schließungsverfügung erfaßt werden könne, welche den Tatbestand der Straferkenntnisse gebildet hätte, sodaß andere Tätigkeiten nicht von der Verfügung betroffen sein könnten. Es seien daher ergänzende Erhebungen nötig, weshalb die Behebung des Bescheides bzw. die Rückverweisung zum Zwecke der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens beantragt werde.
Bezogen auf dieses Berufungsvorbringen heißt es in der Begründung weiters, in den Straferkenntnissen sei festgestellt worden, daß ohne erfolgte gewerbebehördliche Genehmigung auf dem Gelände der Beschwerdeführerin in X, N-Straße 28, nämlich "auf Grundstücknummer 735/4", KG. X, ein Lkw-Abstellplatz betrieben werde, obwohl im Freien befindliche Kraftwagenabstellplätze als solche genehmigungspflichtige Betriebsanlagen darstellten, zumal im gegenständlichen Fall eine tatsächliche Lärmbelästigung sowie eine Belästigung durch die Abgase der gestarteten Lkw während der Warmlaufphase gegeben sei. Die als erwiesen angenommene Tat sei klar zu erkennen und durch die im bekämpften Bescheid angeführten zweitinstanzlichen Straferkenntnisse erhärtet. Dementsprechend werde mit dem bekämpften Bescheid vom 11. März 1991 die Schließung dieses Lkw-Abstellplatzes angeordnet. Durch den Ausspruch des Verbotes der Lkw-Abstellung werde nicht mehr und nicht weniger verfügt, als die Beseitigung der im Strafverfahren festgestellten Zuwiderhandlung, somit die Herstellung der rechtlichen Soll-Ordnung verlangt. Eine Frage der Minimierung stelle sich hier nicht, weil eine Teilschließung einer nicht genehmigten Anlage unzulässigerweise als "stillschweigende Genehmigung" der übrigen Anlage gedeutet werden könnte. Aus diesem Grunde entfalle die von der Beschwerdeführerin als erforderlich erachtete Prüfung der Frage, welche Bereiche des Grundstückes Nr. 735/4, KG. X, im Detail von der Schließung ausgenommen werden könnten. Auch aus der von der Beschwerdeführerin aufgenommenen Frage der Erlaubtheit anderer Tätigkeiten könne nichts gewonnen werden, weil sich aus dem Spruch des bekämpften Bescheides eindeutig erkennen lasse, daß dieser sich eben auf die Lkw-Abstellung und nicht auf sonstige Tätigkeiten beziehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in folgendem Recht
verletzt:
"Der angefochtene Bescheid leidet an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, da im Gegensatz zu dem auch in § 360 Abs. 1 normierten Minimierungsgebot die Schließung der Benützung des gesamten Grundstückes 735/4 verfügt wurde und nicht nur jene Teile der Betriebsanlage auf diesem Grundstück, welche Gegenstand der vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren waren." In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe Jahrzehnte alte Bewilligungen zur Errichtung und zum Betrieb dieser Anlage seitens der Baubehörde. Es möge ihr die mangelnde Kenntnis der maßgeblichen Rechtslage, wonach es für die Errichtung und den Betrieb einer solchen Anlage auch einer Bewilligung durch die Gewerbebehörde bedürfe, als Mitverschulden angelastet werden; andererseits sei jedoch von entscheidender Bedeutung, daß die Beschwerdeführerin nach entsprechendem Hinweis bereits mit 14. Juli 1988 ein entsprechendes Ansuchen eingebracht habe und das Verfahren darüber noch immer nicht abgeschlossen sei. Solcherart sei die Beschwerdeführerin trotz betriebstypenkonformer Situierung der Anlage im Industrie- und Gewerbegebiet I und damit trotz entsprechender Genehmigungsfähigkeit (allenfalls unter Auflagen) noch immer nicht im Besitze einer solchen Bewilligung. Über Anrainerbeschwerden habe die Beschwerdeführerin der Behörde die Zusage gemacht, den Ansuchensgegenstand sogar noch entsprechend einzuschränken, welche Einschränkung unter Begleitung entsprechender emissions- und immissionstechnischer Gutachten in Ausarbeitung sei. Unbeschadet dieses formellen Sachverhaltes "standen und stehen wir in der Notsituation einer drohenden Schließung" einer mit baubehördlicher Bewilligung errichteten Anlage (in welchem letztgenannten Verfahren die Frage der Immissionsverträglichkeit ohnehin ebenfalls Gegenstand des behördlichen Verfahrens gewesen sei). In Kenntnis dieser Situation sei es Sache der belangten Behörde gewesen, im besonderen auf das auch für einen Vorgang nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 gültige Minimierungsgebot Rücksicht zu nehmen. In diesem Sinne komme daher dem Vorbringen Berechtigung zu, wonach die Schließung einer Anlage nur als ultima ratio und allenfalls nur insoweit in Frage komme, "als es gilt, auf jenen Tatbestand des Verwaltungsstrafverfahrens einschränkend Bedacht zu nehmen, welcher zu unzumutbaren Belästigungen geführt hat". Im Gegensatz dazu gehe die belangte Behörde davon aus, daß die bloße Tatsache erfolgter Bestrafungen die gesamte Grundstücksfläche von der Schließung betroffen mache, unabhängig davon a) wo auf dieser Grundstücksfläche die Tatbestände der vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren verwirklicht worden seien und b) ob diese Tatbestände so schwerwiegend gewesen seien, daß sie zu unzumutbaren Belästigungen geführt hätten. Jede Übertretung einer - wenn auch bloß formellen - Norm der GewO 1973 könne zu einer Bestrafung führen; im Verfahren nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 ist sodann zu prüfen, ob eine solche Bestrafung auch tatsächlich die ultima ratio einer Betriebsschließung rechtfertige oder nicht bzw. ob nicht auch sonstige (gelindere) Vorkehrungen möglich seien, den vom Gesetz intendierten Zustand der Hintanhaltung von Nachbarbelästigungen herbeizuführen.
Gemäß § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 (in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399) hat die Behörde, wenn in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung oder in einem Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 die Genehmigungspflicht einer Anlage rechtskräftig festgestellt worden ist, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus der Bedeutung der Worte des § 360 Abs. 1 GewO 1973 in ihrem Zusammenhang, daß unter dem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand jene Soll-Ordnung zu verstehen ist, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt wurde. Als normativer Gehalt der verba legalia "der der Rechtsordnung entsprechende Zustand" ist daher (lediglich) der "contrarius actus" der (festgestellten) Zuwiderhandlung aufzufassen. Bei Beantwortung der Frage, ob eine eine behördliche Anordnung nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 rechtfertigende "rechtskräftige Feststellung im Strafverfahren" vorliegt, ist unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Ausführungen unabhängig von sonstigen Gesichtspunkten auch zu prüfen, ob ein derartiger Ausspruch die Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung erkennen läßt, der durch Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes als "contrarius actus" begegnet werden kann (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0325, und die weitere dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Davon ausgehend ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund der diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach wiederholt in mehreren (im erstinstanzlichen Bescheid näher bezeichneten) rechtskräftigen Bestrafungen festgestellt wurde, daß ohne die erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung auf dem Grundstück Nr. 735/4, KG. X, ein Lkw-Abstellplatz betrieben werde, dieser festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung durch einen "contrarius actus" im Sinne des § 360 Abs. 1 GewO 1973 begegnete.
Daß die Gewerbeausübung nicht mehr unbefugt ausgeübt werde, wird selbst in der Beschwerde nicht behauptet. Die Beschwerdeführerin bezieht sich vielmehr auf ein anhängiges Betriebsanlagengenehmigungsverfahren. Auf Grund der Anordnung des § 360 Abs. 1 GewO 1973 ist aber die Behörde verpflichtet, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird, die dort angeführten Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen zu verfügen. Mangels eines - aus dem normativen Gehalt der Regelung erkennbaren - ensprechenden Ausnahmetatbestandes hindert ein anhängiges Verfahren, das auf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes abzielt, im Falle der Fortsetzung des genehmigungslosen Betriebes die Vorschreibung einer Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 86/04/0209).
Sofern aber die Beschwerdeführerin rügt, die Behörde hätte es unterlassen, auf das "nach § 360 Abs. 1 GewO gültige Minimierungsgebot Rücksicht zu nehmen", so vermag auch das diesbezügliche Vorbringen die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.
Die Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1973 trägt der Behörde auf, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen. Daraus ergibt sich aber, daß die nach der gegebenen Sachlage "jeweils notwendigen Maßnahmen" vorzuschreiben sind, die zur Herstellung jener Soll-Ordnung, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt wurde, dienen, wobei die Behörde VON DER
RECHTSKRÄFTIG FESTGESTELLTEN GESETZWIDRIGEN GEWERBEAUSÜBUNG
auszugehen hat (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0325). Nach der dargestellten Sach- und Rechtslage kann aber der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie auf Grund der festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung der Beschwerdeführerin den Auftrag zur Schließung des "Lkw-Abstellplatzes ... auf dem Grundstück Nr. 735/4 der KG. X" erteilte. Entgegen der offenbaren Meinung der Beschwerdeführerin ist aus dem behördlichen Abspruch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß sich die Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 nicht auf das gesamte Grundstück Nr. 735/4 der KG. X bezieht, sondern (lediglich) auf den auf diesem Grundstück befindlichen "Lkw-Abstellplatz". Auch im Lichte des Beschwerdevorbringens vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht eine dahingehende Unklarheit zu erkennen, um welchen örtlichen Bereich es sich handelt, wobei in der Beschwerde selbst auf die Jahrzehnte alte baubehördliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb "dieser Anlage" hingewiesen wird.
Wenn aber die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde sei von der bloßen Tatsache erfolgter Bestrafungen ausgegangen, unabhängig davon ob diese Tatbestände so schwerwiegend gewesen wären, daß sie zu unzumutbaren Belästigungen geführt hätten, so vermag auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden. Hat doch die Behörde bei Prüfung der Frage der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 360 Abs. 1 GewO 1973 von der im Strafverfahren festgestellten unbefugten Gewerbeausübung auszugehen, ohne im Hinblick auf die durch die strafbehördliche Feststellung gegebene Bindungswirkung eine eigenständige Qualifikation der Handlungsweise vornehmen zu können.
Wenn schließlich in der Beschwerde die mangelnde Prüfung gerügt wird, ob nicht auch sonstige (gelindere) Vorkehrungen möglich (gewesen) seien, den vom Gesetz "intendierten Zustand der Hintanhaltung von Nachbarbelästigungen herbeizuführen", so mangelt diesem Vorbringen im Hinblick auf die dargestellte, für den vorliegenden Bescheidabspruch maßgebende Gesetzeslage eine tatbestandsbezogene Relevanz.
Die Beschwerde erweist sich sohin in ihrer Gesamtheit nicht als berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den neuerlichen Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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