VwGH 91/03/0146

VwGH91/03/014611.12.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Franz M in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung und des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. April 1991, Zl. 11-75 Mu 17-91, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung bzw. des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der Bescheid der Landesregierung wird, soweit damit der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO schuldig erkannt und bestraft wurde, sowie im Ausspruch über den anteilsmäßigen Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.475,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Im übrigen wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Bescheid des Landeshauptmannes richtet, als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen, in einer gemeinsamen Ausfertigung erlassenen Bescheiden der belangten Behörden (Steiermärkische Landesregierung in Ansehung der in ihren Vollzugsbereich fallenden Übertretung der StVO und Landeshauptmann von Steiermark in Ansehung der in seinen Vollzugsbereich fallenden Übertretung des KFG) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 29. Juli 1989 gegen 2,50 Uhr seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der L 668 von St. Ulrich in Greith kommend in Richtung Pölfing-Brunn gelenkt, wobei er im Ortsgebiet Pölfing-Brunn nach rechts in die L 605 in Richtung Gasselsdorf abgebogen sei,

und ... 3) um 23.00 Uhr nächst der Garage seines Anwesens

in ... der Aufforderung zur Überprüfung der Atemluft mittels

Alkomat nicht Folge geleistet, obwohl vermutet werden konnte, daß er seinen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, und 4) den genannten Pkw in Betrieb genommen und sich trotz Zumutbarkeit nicht davon überzeugt, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen habe, zumal die rechte Rückleuchte defekt gewesen sei, und dadurch Übertretungen zu 3) nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO und zu 4) nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 4 KFG begangen. Über ihn wurden Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Hinsichtlich zweier weiterer Übertretungen (Pkt. 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) wurde das Verfahren eingestellt. Zur Begründung führten die belangten Behörden im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer bestreite, das Fahrzeug gelenkt zu haben. Die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers sei jedoch auf Grund des erhobenen Sachverhaltes erwiesen. Die einschreitenden Gendarmeriebeamten hätten übereinstimmend und glaubwürdig bezeugt, daß sie das Fahrzeug des Beschwerdeführers verfolgt haben. Das Fahrzeug sei von einem Beamten sofort erkannt und das Kennzeichen bei Beginn der Verfolgung durch die anderen Beamten abgelesen worden. Dasselbe Fahrzeug sei 10 Minuten später beim Wohnsitz des Beschwerdeführers abgestellt aufgefunden worden. Der Motor sei noch warm gewesen, was bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Lenkzeit (ca. 4 Stunden vor diesem Zeitpunkt) nicht möglich gewesen wäre. Obwohl der Lenker ein auffallendes Verhalten gezeigt habe (er sei kurz vor dem Beamten umgekehrt und über einen Umweg zum Wohnsitz des Beschwerdeführers gefahren), sei im gesamten Verfahren kein anderer Lenker bekanntgegeben worden. Dies gelte sowohl für die Entlastungszeugen als auch für den Beschwerdeführer, der ausdrücklich nach dem betreffenden Lenker gefragt worden sei. Die Entlastungszeugen hätten nicht bestätigen können, daß sich der Beschwerdeführer bereits 4 Stunden vor der Amtshandlung an seinem Wohnsitz aufgehalten habe. Die Gattin des Beschwerdeführers habe sich der Zeugenaussage entschlagen. Ihre beantragte neuerliche Zeugenvernehmung sei nicht erforderlich, da nicht dargetan worden sei, was sie nach Ablauf von mehr als einem Jahr bezeugen könnte. Die Zeugin sei seinerzeit über ihre Rechte belehrt worden und habe sich der Aussage entschlagen. Im übrigen bestreite der Beschwerdeführer nicht, die Atemluftuntersuchung verweigert zu haben. Sein Vorbringen, es rechtfertige die bloße Vermutung der Lenkereigenschaft nicht eine Aufforderung zur Atemluftuntersuchung, vermöge ihn nicht zu entlasten, zumal tatsächlich seine Lenkereigenschaft im Verfahren erwiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe zugegeben, daß der Defekt der rechten Rückleuchte auf einem Kontaktfehler beruhe, der offensichtlich beim Autowaschen am Vortag entstanden sei.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangten Behörden haben die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihnen erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Verletzung der Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO setzt u.a. voraus, daß die betroffene Person tatsächlich das Fahrzeug gelenkt hat. Die bloße Vermutung hiefür reicht nicht aus, wie der Beschwerdeführer zutreffend auf diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verweist. Im vorliegenden Fall bestand aber nicht die bloße Vermutung, sondern wurde die Feststellung getroffen, daß der Beschwerdeführer der Lenker seines Pkws gewesen ist.

Unbestritten geblieben ist, daß die Atemluft des Beschwerdeführers nach Alkohol roch und er die Durchführung der Atemluftprobe verweigerte, ebenso das Vorliegen der mangelhaften Beleuchtung. Der Beschwerdeführer bekämpft mit seinem Vorbringen im wesentlichen die Feststellung der belangten Behörden, er sei um 2.50 Uhr der Lenker des Fahrzeuges gewesen, indem er deren Beweiswürdigung rügt.

Unter Bezugnahme auf das gegen die Beweiswürdigung gerichtete Beschwerdevorbringen ist daran zu erinnern, daß die Würdigung der Beweise, auf Grund deren der Sachverhalt angenommen wurde, nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1985, Zl. 85/18/0034).

Einer solchen Überprüfung halten die angefochtenen Bescheide stand. Schon die Behörde erster Instanz, aber ihr folgend auch die belangten Behörden, haben die Feststellung, daß der Beschwerdeführer das Fahrzeug zum maßgebenden Zeitpunkt gelenkt hat, auf die übereinstimmenden und widerspruchsfreien Aussagen der als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten Gr. Insp. Oskar B. und Rev.Insp. Franz K. gestützt und ausreichend und schlüssig begründet, warum sie der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers nicht gefolgt sind. Gegen die Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken. Schließlich hat der Gendarmeriebeamte Franz K., der die Haltesignale gegeben hatte, worauf das Fahrzeug umkehrte und der Lenker davonfuhr, das Fahrzeug als das des Beschwerdeführers erkannt; es wurde auch von den anderen Gendarmeriebeamten bei der Verfolgung das Kennzeichen durch Ablesen festgestellt. Des weiteren wurde das Fahrzeug des Beschwerdeführers wenige Minuten später in der Garage seines Anwesens mit warmem Motor aufgefunden, wobei es insbesondere den schon bei der Verfolgung festgestellten Lichtdefekt aufwies. Die Beamten konnten daher mit Recht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer der Lenker gewesen ist, zumal er auch keinen anderen Lenker zu nennen vermochte. Ebenso ergaben sofort veranlaßte Erhebungen, daß sich der Beschwerdeführer noch wenig vorher in einem bestimmten Lokal aufgehalten hatte, sodaß sich seine Verantwortung, schon rund 4 Stunden zu Hause gewesen zu sein, als unrichtig herausstellte. Überdies hat der Beschwerdeführer jene beiden Freunde, mit denen er im genannten Gasthaus Karten gespielt hat, und die nach seiner Behauptung schon 4 Stunden vor der Amtshandlung mit ihm das Lokal verlassen haben sollen, nicht bekanntgegeben.

Die belangten Behörden haben des weiteren dargelegt, warum es der neuerlichen Ladung (Vernehmung) der Gattin des Beschwerdeführers nicht bedurfte. Diesen Ausführungen vermochte der Beschwerdeführer nicht wirksam entgegenzutreten.

Die belangten Behörden handelten daher nicht rechtswidrig, wenn sie zu der Feststellung gelangten, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug gegen 2.50 Uhr gelenkt. Gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz mit der Tatzeit gegen 2.50 Uhr bestehen daher keine Bedenken.

Hingegen erweist sich der Schuldspruch wegen der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO aus folgenden Gründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet: Die erforderliche Konkretisierung der Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG gebietet auch die richtige Anführung der Tatzeit (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 2 zu § 44a VStG, S. 937 ff). Wie der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der von der belangten Behörde (hier Landesregierung) insoweit unverändert übernommen wurde, zeigt, wurde die Tatzeit für die Verweigerung der Atemluftuntersuchung - wie schon in der Aufforderung des Beschuldigten zur Rechtfertigung vom 24. Oktober 1989 - mit 23.00 Uhr angenommen. Dies findet aber in der Aktenlage keine Deckung, da die Tat gegen 3.00 Uhr erfolgt sein soll. Die Tatzeit 23.00 Uhr steht im Widerspruch zum festgestellten Lenken des Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer am 29. Juli 1989 gegen 2.50 Uhr.

Bemerkt wird, daß nach der Aktenlage offensichtlich insoweit auch keine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt sein dürfte.

Der Bescheid der Landesregierung war daher, soweit der Beschwerdeführer damit der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO schuldig erkannt und bestraft wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben; hingegen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Bescheid des Landeshauptmannes richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Aufwandersätze gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, und zwar hinsichtlich des Obsiegens des Beschwerdeführers beschränkt durch die beantragte Höhe (je zur Hälfte für Bescheid des Landeshauptmannes bzw. Bescheid der Landesregierung).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte