VwGH 90/17/0027

VwGH90/17/002710.10.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Dr. NN in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 29. März 1989, Zl. MDR-H 8 und H 9/89, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer und Aussetzung der Einhebung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs2;
BAO §248;
LAO Wr 1962 §193;
LAO Wr 1962 §89;
VergnügungssteuerG Wr 1963 §34 Abs4;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §13 Abs4 idF 1989/033;
VwGG §41 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §248;
LAO Wr 1962 §193;
LAO Wr 1962 §89;
VergnügungssteuerG Wr 1963 §34 Abs4;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §13 Abs4 idF 1989/033;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 4/7, vom 15. September 1988 wurde der Beschwerdeführer "auf Grund der §§ 1, 2, 6, 7, 8, 29 und 34 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 idF des LGBl. für Wien Nr. 35/86, bzw. gemäß §§ 1, 3, 8, 13 Abs. 4 und 15 des Vergnügungssteuergesetzes 1987 - VGSG, LGBl. für Wien, Nr. 43/87, sowie gemäß §§ 2, 5, 145 und 149 Abs. 2 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1982 in der derzeit geltenden Fassung" als Inhaber der Veranstaltungsräume zur Zahlung der in Wien I, Y-Gasse 33, infolge Durchführung einer Tanzveranstaltung (Ball) am 31. Dezember 1987 entstandenen Vergnügungssteuerschuld der Unternehmerin GX-GmbH in Liquidation, im Betrage von insgesamt S 32.919,-- herangezogen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, die Unternehmerin (Veranstalterin) GX-GmbH in Liquidation habe die Vergnügungssteuer für die von ihr durchgeführte Ballveranstaltung vom 31. Dezember 1987 weder abgerechnet und entrichtet noch der behördlichen Aufforderung zur Vorlage von Geschäftsaufzeichnungen Folge geleistet, sodaß diese Abgabe amtlich habe festgesetzt werden müssen.

In weiterer Folge legte die Abgabenbehörde erster Instanz die Berechnung der Vergnügungssteuer vom Eintrittspreis auf Grund amtlicher Feststellung, jener vom Bruttonutzen durch Schätzung dar und führte weiters aus, die Unternehmerin schulde somit für die im Spruch bezeichnete Veranstaltung folgende Abgabenbeträge:

Vergnügungssteuer S 32.274,--

Säumniszuschlag (2 %) S 645,--

S 32.919,--

Da der Beschwerdeführer Inhaber der von der

Abgabenschuldnerin benützten Räumlichkeiten sei und zudem die

Vergnügungssteuerschuld bei der Primärschuldnerin zufolge deren

Konkurses nicht habe eingebracht werden können, sei die

gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht des

Beschwerdeführers gegeben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Behauptung, daß bereits am 13. Dezember 1987 der Konkurs über die GX-GmbH eröffnet worden sei. Im übrigen sei der Grundsatz des Parteiengehörs nicht gewahrt worden, da dem Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit zur Einsichtnahme in den gegenständlichen Akt eingeräumt worden sei, sodaß er zu den Schätzungsgrundlagen und damit zur der Höhe der nunmehr vorgeschriebenen Abgaben nicht Stellung nehmen könne. Im übrigen seien die als Grundlage für die Haftung des Beschwerdeführers herangezogenen Bestimmungen des Vergnügungssteuergesetzes verfassungswidrig.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien im Spruchpunkt I. - nur dieser ist noch Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - die Berufung als unbegründet ab. Unbestritten stehe fest, daß der Beschwerdeführer Inhaber der gegenständlichen Räumlichkeiten zum Zeitpunkt der veranstalteten Vergnügung gewesen sei. Da in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides die Bemessung der Vergnügungssteuer für die am 1. Dezember 1987 von 20.00 bis 4.00 Uhr veranstaltete Silvestergala (Tanzveranstaltung) detailliert dargelegt worden sei, sei der Beschwerdeführer im Zuge des weiteren Verfahrens nicht gehindert gewesen, konkrete Einwände vorzubringen. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Veranstalterin sei laut Beschluß des Handelsgerichtes Wien am 15. Jänner 1988 erfolgt. Daher habe der Masseverwalter für die Durchführung der Veranstaltung nicht verantwortlich sein können. Im Hinblick darauf, daß der Rückstand beim Primärschuldner nicht rasch eingebracht werden könne, entspreche die Geltendmachung der Haftung den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit.

Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 28. November 1989, B 600/89-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens in seinem Recht verletzt, zur Haftung für die genannte Abgabenschuld nicht herangezogen zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 4 erster Satz des bis zum 31. Dezember 1987 in Geltung gestandenen Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. Nr. 11, idF LGBl. Nr. 35/1986, haftet, wer zur Anmeldung der Veranstaltung verpflichtet ist, ohne selbst Unternehmer zu sein, neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner. Gemäß § 7 Abs. 3 erster Satz leg. cit. ist zur Anmeldung sowohl der Unternehmer der Veranstaltung "wie" der Inhaber der dazu benützten Räume oder Grundstücke verpflichtet.

Gemäß § 13 Abs. 4 erster Satz des am 1. Jänner 1988 in Kraft getretenen Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. Nr. 83 (VGSG), in der (gemäß ihrem Art. IV Abs. 1 zweiter Satz auch im Beschwerdefall anzuwendenden) Fassung der Novelle LGBl. Nr. 33/1989 haftet der Inhaber der für die Vergnügung benützten Räume oder Grundstücke neben dem Unternehmer für die Vergnügungssteuer, sofern er nicht selbst steuerpflichtig ist.

Gemäß § 193 WAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 171) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Abgabenanspruch (Abgabenbescheid, § 146) mittels Berufung die Rechte geltend machen, die dem Abgabepflichtigen zustehen.

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht seine Heranziehung zur Haftung dem Grunde nach, sondern wendet lediglich ein, er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt. Die belangte Behörde habe als Grundlage für die vorgeschriebenen Vergnügungssteuerbeträge Schätzungen der Speisen- und Getränkelosung vorgenommen, ohne dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einzuräumen, zu diesen Schätzungen Stellung zu nehmen. Ebenso sei ihm keine Möglichkeit eingeräumt worden, zu den angenommenen Besucherzahlen (320 Besucher) Stellung zu nehmen. Alle herangezogenen Bemessungsgrundlagen erschienen dem Beschwerdeführer viel zu hoch gegriffen.

Dem ist zu erwidern, daß dem Beschwerdeführer in der Begründung des erstinstanzlichen Haftungsbescheides in ausführlicher Weise Kenntnis über die Höhe der haftungsgegenständlichen Abgabenansprüche verschafft wurde (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1990, Zl. 87/17/0223, und vom 30. November 1990, Zl. 89/17/0029, sowie die dort jeweils angeführte weitere Rechtsprechung). Entgegen dem Beschwerdevorbringen wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, gegen diese Berechnungsgrundlagen in einer gemäß § 193 WAO auch gegen den Abgabenanspruch als solchen erhobenen Berufung die angenommene Höhe der Abgabenschuld zu bekämpfen. Auch ist weder dem Akteninhalt noch dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer etwa eine von ihm geforderte Akteneinsicht verwehrt worden wäre. Wenn der Beschwerdeführer daher in seiner Berufung ausführte, er könne zu den Schätzungsgrundlagen und damit zu der Höhe der vorgeschriebenen Abgaben nicht Stellung nehmen, so kann dies nur so verstanden werden, daß er keine Berufung gegen den Abgabenanspruch zu erheben beabsichtigte. Damit hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid auch nicht über eine Berufung gegen die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabenansprüche, sondern lediglich über eine die Geltendmachung der Haftung bekämpfende Berufung entschieden. In der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof kann daher schon wegen des Gegenstandes des angefochtenen Bescheides nicht mit Erfolg vorgebracht werden, die der Haftungsinanspruchnahme zugrunde liegenden Abgabenansprüche bestünden der Höhe nach nicht zu Recht (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 30. November 1990, Zl. 89/17/0029).

Nach dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers ist der angefochtene Bescheid auch rechtswidrig, weil dem Beschwerdeführer mit dem Haftungsbescheid ein 2 %iger Säumniszuschlag vorgeschrieben worden sei, ohne daß er vorher jemals zur Zahlung aufgefordert worden sei. Nach Auffassung des Beschwerdeführers besteht lediglich eine Haftung für die Vergnügungssteuer als solche, aber nicht für nicht vom "Haftungspflichtigen" (offenbar gemeint: Abgabepflichtigen) zu verantwortende Säumniszuschläge.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erstrecken sich jedoch persönliche Haftungen nach § 5 Abs. 1 WAO gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle auch auf Nebenansprüche (§ 2 Abs. 1 und 2). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung sind auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden (vgl. hiezu nochmals das hg. Erkenntnis vom 21. September 1990, Zl. 87/17/0223). Im übrigen hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid auch das Zurechtbestehen des Säumniszuschlages nicht bekämpft.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

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