VwGH 90/16/0012

VwGH90/16/001225.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Karger und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der X AG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. November 1989, Zl. 6-1/B 8/1/24/1989/Bi, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Normen

AbgRallg;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Zolltarif Erläuterungen;
ZTG 1958 ZTNr27.10;
ZTG 1958 ZTNr27.10A;
ZTG 1958 ZTNr27.10B;
ZTG 1958 ZTNr27.10C;
ZTG 1958 ZTNr27.10D;
ZTG 1958 ZTNr27.10E;
ZTG 1958 ZTNr27.10F;
ZTG 1958 ZTNr27.10G;
ZTG 1958 ZTNr27.10H;
ZTG 1958 ZTNr27.10I;
ZTG 1958 Zolltarif ATV ;
AbgRallg;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Zolltarif Erläuterungen;
ZTG 1958 ZTNr27.10;
ZTG 1958 ZTNr27.10A;
ZTG 1958 ZTNr27.10B;
ZTG 1958 ZTNr27.10C;
ZTG 1958 ZTNr27.10D;
ZTG 1958 ZTNr27.10E;
ZTG 1958 ZTNr27.10F;
ZTG 1958 ZTNr27.10G;
ZTG 1958 ZTNr27.10H;
ZTG 1958 ZTNr27.10I;
ZTG 1958 Zolltarif ATV ;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit der im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Berufungsentscheidung gab die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde) der Berufung der (in der Folge immer nur als solche bezeichneten) Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Zollamtes Linz vom 22. April 1985 unter gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens teilweise statt, änderte u.a. die Zolltarifnummer (in der Folge: TNr.) für die hier in Rede stehende - am 7. März 1985 über die Zollgrenze eingebrachte und mit der von der Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin als Verfügungsberechtigter und Warenempfängerin angegebenen Bezeichnung "NOVOSOL 220 (Heizöl, schwer), Stockpunkt unter 15 Grad Celsius, Schwefelgehalt unter 2 %" antragsgemäß zum freien

Verkehr abgefertigten - Ware auf 27.10 F: Spindelöle und Schmieröle ab und setzte, davon ausgehend, den darauf entfallenden Zoll neu fest. Dies im wesentlichen mit folgender

Begründung

Ausgehend von den Bestimmungen des Zolltarifes, den Erläuterungen zum Zolltarif, den Untersuchungsergebnissen und verschiedenen Literaturhinweisen erscheine die im Spruch getroffene Tarifentscheidung begründet:

Die Warenbezeichnung der TNr. 27.10 des gemäß § 1 Abs. 2 Zolltarifgesetz 1958, BGBl. Nr. 74/1958 i.d.g.F (ZolltarifG), einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Österreichischen Gebrauchs-Zolltarifes laute: "Erdöle und Öle aus bituminösen Mineralien, andere als Rohöle; anderweitig weder genannte Zubereitungen mit 70 oder mehr Gewichtsprozent Erdöl oder Öl aus bituminösen Mineralien, in denen diese Öle den wesentlichen Bestandteil bilden.

A - Petroläther und Benzine, ausgenommen Testbenzin

B - Testbenzine

C - Petroleum

D - Gasöle

E - Heizöle

F - Spindelöle und Schmieröle

G - zubereitetes Schmiermittel, ausg. solche der Nummer 34.03

H - Weißöle (Vaselinöl, Paraffinöl)

I - andere."

Die Anmerkung 3 zum Kapitel 27 bestimme dazu ferner:

"Zu den Erdölen und Ölen aus bituminösen Mineralien der Nummer 27.10 gehören nicht nur die Erdöle und Öle aus bituminösen Mineralien im engeren Sinne, sondern auch alle anderen gleichartigen Öle, ohne Rücksicht auf das Herstellungsverfahren, auch wenn sie aus Gemischen ungesättigter Kohlenwasserstoffe bestehen, soferne bei allen diesen Produkten die nichtaromatischen gegenüber den aromatischen Verbindungen gewichtsmäßig vorherrschen."

Zur Auslegung des Zolltarifes und somit zur leichteren Einreihung einer Ware in den Zolltarif seien die "Erläuterungen zum Zolltarif" heranzuziehen. Die Erläuterungen, die nicht als Rechtsverordnung kundgemacht seien, stünden als Dienstanweisung in Geltung. Es komme ihnen - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht habe - die Bedeutung eines Auslegungsbehelfes zu, der erkennen lasse, wie die Bestimmungen des Zolltarifes - einheitlich - zu verstehen seien.

Die "Erläuterungen zum Zolltarif" könnten also nicht bloß nur "erläutern", sondern auch als Auslegungsbehelf, d.h. zur Klarstellung und Deutung des Sinnes der Bestimmungen des Zolltarifes, herangezogen werden.

Gemäß der Bemerkung (3) e) der Erläuterungen zu TNr. 27.10 seien unter dem Begriff "Heizöle der Subposition E dieser Tarifnummer" dunkelfarbige Öle auf der Grundlage von Erdölrückständen mit einem Flammpunkt nach Pensky-Martens von mindestens 55 Grad Celsius und einer Viskosität bei 100 Grad Celsius von höchstens 60 cSt, bei deren Destillation nach ASTM D 86 bis 350 Grad Celsius weniger als 85 Volumprozent übergehen, zu verstehen.

Gemäß der Bemerkung (3) f) der Erläuterungen zu TNr. 27.10 seien unter dem Begriff "Spindelöle und Schmieröle der Subposition F dieser Tarifnummer" Kohlenwasserstoffgemische, bei deren Destillation nach ASTM D 86 bis 300 Grad Celsius weniger als 20 Volumprozent übergehen, deren Gehalt an Normalheptanunlöslichem (NHU) nach der IP (Institute of Petroleum) 143 höchstens 0,2 % beträgt und die eine Viskosität bei 20 Grad Celsius von mindestens 12 cSt sowie einen Flammpunkt nach Pensky-Martens von mindestens 100 Grad Celsius besitzen, zu verstehen, die auch dann in dieser Subposition blieben, wenn sie nicht schmierenden Zwecken dienen. Zu den Schmierölen gehörten auch Heißdampfzylinderöle, soweit es sich dabei nicht um Compoundöle handle.

Ein dem Begriff "Heizöl" im Sinne des Zolltarifes zuzurechnendes Produkt müsse daher folgende Eigenschaften aufweisen:

  1. a) dunkelfarbiges Öl
  2. b) auf der Grundlage von Erdölrückständen
  3. c) Flammpunkt (nach Pensky-Martens): mindestens 55 Grad Celsius
  4. d) Viskosität (bei 100 Grad Celsius): höchstens 60 cSt
  5. e) Destillation (nach ASTM D 86):

    bis 350 Grad Celsius gehen weniger als 85 Vol.% über.

Demgegenüber umfasse ein dem Begriff "Spindelöle und Schmieröle" im Sinne des Zolltarifes zuzurechnendes Produkt folgende Eigenschaften:

a) Flammpunkt (nach Pensky-Martens): mindestens 100 Grad Celsius

  1. b) Viskosität (bei 20 Grad Celsius): mindestens 12 cSt
  2. c) Destillation (nach ASTM D 86):

    bis 300 Grad Celsius gehen weniger als 20 Vol.% über

  1. d) Normalheptanunlösliches (nach IP-143): höchstens 0,2 %.

Unter Zugrundelegung der bisherigen Ausführungen sei das Produkt "NOVOSOL 220" im Zuge des Berufungsverfahrens durch die TUA (Technische Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung) einer neuerlichen, eingehenden Untersuchung im Hinblick auf die Überprüfung vorgenannter, geforderter Eigenschaften - vorerst insbesonders derjenigen für den Begriff "Heizöl" im Sinne des Zolltarifes - unterzogen worden.

Es sei dabei insbesondere zu erheben gewesen, ob die am 8. April 1985 erfolgte Erstbeurteilung (Tarifvorschlag TNr. 27.10 I 2) als "anderes Erdöl auf Grund seiner Kennzahlen nicht mineralölsteuerpflichtig" aufrecht zu erhalten sei oder ob die Meinung der Beschwerdeführerin durch faktische Gegebenheiten erhärtet werden könne.

Anläßlich dieser Untersuchungen sei folgende von der Beschwerdeführerin unwidersprochen gebliebene Beschaffenheit des streitgegenständlichen Produktes festgestellt worden:

  1. a) Flammpunkt (nach Pensky-Martens): 178 Grad Celsius
  2. b) Viskosität (bei 20 Grad Celsius): 852 cSt

    Viskosität (bei 50 Grad Celsius): 100,7 cSt

    Viskosität (bei 100 Grad Celsius): 14,0 cSt

  1. c) Destillation (nach ASTM-D 86):

    bis 300 Grad Celsius gehen weniger als 20 Vol.% über

    bis 350 Grad C gehen weniger als 85 Vol.% über

  1. d) Gehalt an Erdöl: über 70 %, wobei die nichtaromatischen Verbindungen gewichtsmäßig vorherrschen (siehe Anm. 3 zum Kap. 27)
  2. e) Pourpoint: unter + 10 Grad Celsius
  3. f) Gehalt an Asphaltenen NHU (Fällung mit n-Heptan nach IP-143)

unter 0,2 %.

Die Bestimmung des Sulfataschegehaltes würde nicht zwingend den Rückschluß auf die Schmieröleigenschaften eines Erzeugnisses zulassen, da der Begriff "Grundöl" oder "Basisöl" auf eine weitere Verarbeitung hinweise. Viele dieser Produkte könnten aber auch direkt als sogenannte "Schmieröle ohne Wirkstoffe" zur Anwendung gelangen, wobei Produktnormen (z.B. "Schmieröle C" u.a.) bestünden. Außerdem würden für Spezialzwecke auch Weißöle (z.B. "Paraffinum Liquidum") ohne irgendwelche Zusätze für Schmierzwecke in Anwendung gebracht, was in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben könne. Auch müßten Erzeugnisse mit der Bezeichnung "Brightstock" - hellgelbe bis dunkelbraune, ölige, viskos-flüssige Produkte - auf Grund ihrer objektiven Beschaffenheit im allgemeinen in zolltarifarischer Sicht als "Spindelöle und Schmieröle" der TNr. 27.10 Subposition F im Sinne der Bemerkung (3) f) der Erläuterungen zum Zolltarif zu TNr. 27.10 bezeichnet werden.

Die Ausführungen zur Verseifungszahl, aus der auf einen Fettzusatz geschlossen werden könne bzw. auf einen Zusatz von dem Mineralöl artfremden, verseifbaren Bestandteilen wäre insbesondere für eine Abgrenzung der TNrn 27.10 F "Spindelölen und Schmierölen" und 27.10 G "zubereiteten Schmiermitteln" von Interesse. Dazu führten die Erläuterungen zu TNr. 27.10 in ihrer Bemerkung (3) g) aus (auszugsweise): "Zubereitetes Schmiermittel (Nr. 27.10 G) sind Zubereitungen aus Schmierölen oder anderen schmierend wirkenden Ölen, mit Zusätzen anderer Stoffe in unterschiedlichen Mengen (z.B. pflanzliche Öle und Fette zur Verbesserung der Schmierfähigkeit, Additives u. dgl.), ..."

Die einschlägige Literatur (Fachliteratur) erachte in weiten Bereichen die Dimensionsangabe als ausreichend zur Charakterisierung, welche der "beiden möglichen Viskositäten" (dynamische und kinematische Viskosität) gemeint sei. Es werde auf Küster, Thiel-Rechentafeln für die Chemische Analytik, S. 194, 102. Auflage 1982, W. de Gruyter, verwiesen.

Ausgangspunkt für die Prüfung, ob das vorliegende Erzeugnis entweder dem zolltarifarischen Begriff "Heizöl" (Nr. 27.10 E) oder der Produktgruppe der "Spindelöle und Schmieröle" (Nr. 27.10 F) zugerechnet werden müsse, seien ausschließlich der Österreichische Gebrauchs-Zolltarif und die Erläuterungen zum Österreichischen Zolltarif sowie die darin enthaltenen Vorschriften und Anweisungen im Zusammenwirken mit "den am Erzeugnis" in Abhängigkeit der vorgenannten Bestimmungen objektiv feststellbaren Eigenschaften.

Die für die beiden in Frage stehenden TNrn vorgesehenen Abgrenzungen der entsprechenden Begriffe seien bereits an Hand der Erläuterungen aufgezeigt worden. Wegen des Einwandes, nur der allgemeine Verwendungszweck eines Mineralöls, der bei seinem Absatz objektiv in Erscheinung trete, sei maßgeblich, werde auf die folgenden Ausführungen über die tarifarische Behandlung von Ofenheizöl (Heizöl extra leicht) verwiesen.

Eine Abgrenzung der Begriffe "Heizöl" einerseits und "Spindelöle und Schmieröle" andererseits in zolltarifarischer Hinsicht werde durch die "Erläuterungen zum österreichischen Zolltarif" vorgenommen. Daß dabei nicht jedes als "Heizöl" bezeichnete Erzeugnis als Produkt der TNr. 27.10 E anzusehen sei, könne am Beispiel "Ofenheizöl" (auch als "Heizöl extra leicht" bezeichnet) illustriert werden. Die Normbezeichnung dieses Erzeugnisses (gemäß ÖNORM C 1109) laute Ofenheizöl ÖNORM C 1109-OH (bzw. erlaubte Kurzbezeichnungen ÖNORM C 1109-OH oder C 1109-OH). Trotzdem sei in zolltarifarischer Sicht in Verbindung mit der objektiven Beschaffenheit des in Rede stehenden Erzeugnisses dieses in die TNr. 27.10 D (Gasöle) einzureihen, wozu die Bemerkung (3) d) zu TNr. 27.10 u.a. ausführe:

"Gasöle (Dieselkraftstoff, Ofenheizöl und andere Erdölfraktionen, die der nachstehenden Definition entsprechen), d. s. Kohlenwasserstoffgemische mit einem Flammpunkt nach Pensky-Martens von mindestens 55 Grad Celsius, bei deren Destillation nach ASTM D 86 bis 225 Grad Celsius weniger als 65 Volumprozent und bis 350 Grad Celsius mindestens 85 Volumprozent übergehen und deren Viskosität bei 20 Grad Celsius weniger als 12 cSt beträgt (Nr. 27.10 D)."

Es sei somit erkennbar, daß das angeführte Produkt zwar als "Heizöl" zu bezeichnen sei, aber dennoch in zolltarifarischer Sicht nicht unter den Begriff "Heizöl" gemäß den "Erläuterungen zum Zolltarif" subsumiert werden könne, sondern in die TNr. 27.10 D einzureihen sei.

Der von der Beschwerdeführerin angeführte Farb/Viskositätsvergleich sei in den österreichischen Vorschriften nicht vorgesehen und könne daher auch nicht als Entscheidungskriterium herangezogen werden. Eine dezidierte Angabe der Normen bzw. genauere Beschreibung dieses Verfahrens könne daher unterbleiben.

Auch die Anforderung der Bemerkung (3) e) der Erläuterungen zu TNr. 27.10 "auf der Grundlage von Erdölrückständen" sei mit der analytisch objektivierbaren Qualität eines Asphaltengehaltes von weniger als 0,2 % (siehe Untersuchungsergebnis der TUA) nicht in Einklang zu bringen.

Dazu einige Literaturbeispiele:

Rückstandsheizöle seien kolloidale Systeme, in denen komplexe, hochmolekulare Kohlwasserstoffkomponenten (Asphaltene, 2 bis 10 %) in der kontinuierlichen Ölphase (Maltene) verteilt seien. Asphaltene verursachten die dunkle Farbe und enthielten den Großteil der öllöslichen Aschebildner (V-, Ni-, S- und N-Verbindungen). In stark gekrackten Rückstandsölen sei der Asphaltenegehalt durch Neubildung erhöht. Rückstandsheizöle würden oft mit Destillatheizölen gemischt (C. Zerbe, Mineralöle und verwandte Produkte, Teil I, S. 461, 2. Auflage, Springer 1969).

Rückstandsöle - Zusammensetzung: Mischkomponenten für ihre Herstellung seien Top.- und/oder Vakuumdestillationsrückstände und beim thermischen Krackern (visbreaking) anfallende Rückstände zusammen mit einem geeigneten Verdünnungsmittel, gewöhnlich Gasöl (Katalysatoren, Tenside und Mineralöladditive, S. 232, G. Thieme, Stuttgart 1978).

Bei der Verarbeitung des Rohöls verblieben, je nach dessen Provenienz mehr oder minder große Mengen von Rückständen, die auch im Vakuum nicht mehr unzersetzt sieden würden. Sie enthielten größere Anteile an Asphaltenen, außerdem seien in ihnen Metalle wie Nickel, Vanadium sowie Schwefel- und Stickstoffverbindungen angereichert. In dieser Zusammensetzung seien die Rückstände schlecht verwertbar; ein gewisser Teil davon könne zu Bitumen verarbeitet werden, die Hauptmenge genüge lediglich den Anforderungen, die an ein Heizöl schwer gestellt würden. Selbst dabei könne der hohe Schwefel- und Metallgehalt stören (Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage - in der Folge: "Ullmann 4" -, Bd. 14, 1977, S. 707/08).

Heizöl S (schwerflüssig) bestehe meist aus Rückständen der atmosphärischen Destillation sowie anderen Verarbeitungsanlagen (Crackanlagen usw.). Die Zusammensetzung sei sehr komplex, neben paraffinischen, naphtenischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, teilweise sehr hochmolekularer Struktur, seien Schwefel-, Stickstoff- und Sauerstoffverbindungen vorhanden.

Rückstandsöle (Heizöle S) seien kolloiddisperse Systeme, in denen komplexe hochmolekulare Komponenten (Asphaltene) in einer kontinuierlichen Ölphase (Maltene) verteilt seien. Bei den Asphaltenen handle es sich um dunkelbraune bis schwarze Substanzen mit hohem Kohlenstoff/Wasserstoff-Verhältnis und Stickstoff- und Sauerstoffanteilen, die durch Heptan aus dem Heizöl ausgefällt werden könnten ("Ullmann 4", Bd. 12, 1976, S. 569/70).

Zusammenfassend sei festzustellen, daß die Subposition 27.10 I, wie auch die Beschwerdeführerin in ihrem Berufungsschreiben vom 20. Mai 1985 ausführe, eine Auffangposition innerhalb der TNr. 27.10 darstelle. Auf Grund der objektiven Beschaffenheit der Ware sei eine Einreihung in die Subpositionen 27.10 A - D nie im Raum gestanden. Eine Einreihung der Ware in die Subposition 27.10 E "Heizöle" könne jedoch auf Grund der oben dargelegten Untersuchungsergebnisse nicht erfolgen. Die vorliegende Ware erfülle hingegen alle Voraussetzungen, insbesonders die des niedrigen Gehaltes an Normalheptanunlöslichem (NHU), der in der TNr. 27.10 F angeführten Spindelöle und Schmieröle. Darüber hinaus stehe außer Zweifel, daß das vorliegende Produkt, auch wenn es nicht schmierenden Zwecken diene, doch schmierende Eigenschaften aufweise.

Das vorliegende Produkt werde von der Unterposition 27.10 F erfaßt, da nur bei dieser alle geforderten Bedingungen erfüllt seien. Neben den Unterpositionen 27.10 A - D, die von vornherein nicht in Frage kämen, seien die für eine Einreihung in die Unterposition 27.10 E geforderten Bedingungen nur teilweise erfüllt. Das Untersuchungsergebnis enthalte nämlich alle jene Angaben, die im Zusammenwirken mit dem Österreichischen Gebrauchs-Zolltarif und den bereits mehrfach zitierten "Erläuterungen zum österreichischen Zolltarif" eine Zuordnung des Produktes in die TNr. 27.10, Unterposition F, ermöglichten. Da im Sinne der bisherigen Ausführungen zwei oder mehrere Tarifnummern nicht in Betracht zu ziehen gewesen seien, komme es auch zu keiner Anwendung der ATV 2 bzw. 3.

In seinem Gutachten vom 22. April 1987 stelle der auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 177 BAO bestellte behördlich beeidete Sachverständige, a.o. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. H. S, Technische Universität Wien, im wesentlichen folgendes fest:

Zur Definition von Heizölen nach dem Zolltarif "auf der Grundlage von Erdölrückständen" sei anzumerken, daß Heizöle im Zolltarif nicht in "leicht, mittel und schwer" unterschieden würden, wie es im tatsächlichen Gebrauch, im Inlandhandel und daher auch in der ÖNORM der Fall sei. Diese Handelsheizöle bestünden, je nach Sorte, aus einem Gemisch von mehr oder weniger Destillat mit mehr oder weniger Destillationsrückständen. Da zur Zeit der Schwefelgehalt immer weiter herabgesetzt werden müsse, würden immer mehr Destillate zugesetzt, da nur über die Destillate eine Schwefelreduzierung möglich sei. Wie etwa die Zahlenwerte für das Siedeverhalten von "NOVOSOL 220" und "SCHWECHAT 2000" bei dem von ihm angestellten Vergleich zwischen beiden Produkten zeigten, liege zwar der Siedebeginn von "NOVOSOL" tiefer, letztlich gehe bis zum Siedeende bei "SCHWECHAT 2000" wesentlich mehr Destillat über als bei "NOVOSOL 220". Das bedeute, daß "SCHWECHAT 2000" mehr Destillat als das Produkt "NOVOSOL" (53 bzw. 19 Volumprozent) enthalte.

Weiters sei in den Erläuterungen zum Zolltarif nicht festgelegt, ob es sich bei den Erdölrückständen um Rückstände der Normaldruck- oder der Vakuumdestillation handeln müsse. Bei "NOVOSOL" handle es sich offensichtlich um einen Rückstand der Normaldruckdestillation. Zusätzlich sei dieser Rückstand der Normaldruckdestillation später noch einer Vakuumdestillation unterworfen worden. Dieses Eigenschaftskriterium sei in den Erläuterungen zum Zolltarif nicht eindeutig genug definiert. Alle übrigen Kriterien hingegen würden vom Produkt eindeutig erfüllt, also der Flammpunkt, die Viskosität bei 100 Grad Celsius und die Destillatmenge bis 350 Grad Celsius.

Bei einer Einordnung von "NOVOSOL 220" in die Gruppe der Spindel- und Schmieröle seien die in den Erläuterungen zum Zolltarif angeführten Kriterien Flammpunkt, Viskosität bei 20 Grad Celsius und die Destillation bis 300 Grad Celsius eindeutig erfüllt. Die Angabe, daß das n-Heptan-Unlösliche höchstens 0,2 % betragen dürfe, solle bei Spindel- und Schmierölen offensichtlich gewährleisten, daß es sich um Raffinate oder Destillate handle und möglicherweise sei dieser Grenzwert auch zur Abgrenzung gegen Heizöle gedacht gewesen. Bei vorliegendem Produkt liege der Wert um diese 0,2 % oder knapp darunter. In diesem Bereich sei aber die Fehlerquote schon groß.

Unter Zusammenfassung aller vom Produkt "NOVOSOL 220" ermittelten Analysedaten gelange der behördlich beeidete Sachverständige in seinem Gutachten zu folgender Einstufung:

  1. 1.) Von seiner Verwendungsmöglichkeit her handle es sich bei "NOVOSOL 220" offensichtlich um eine Heizölkomponente, die durch Vakuumdestillation und Entschwefelung aus einem Rückstand der Normaldruckdestillation hergestellt werde. Durch Vermischen mit einer geringen Menge schweren Rückstandes, aber auch mit leichten Destillatkomponenten zur Verbesserung des Pourpoints könne es gut zu einem ÖNORM-gemäßen Heizöl verarbeitet werden.
  2. 2.) Von den Eigenschaften, die das Produkt zur Einordnung in die Gruppe der Heizöle im Sinne des Zolltarifes (bzw. der Erläuterungen) aufweisen müsse, würden drei Forderungen, nämlich der Flammpunkt, die Viskosität bei 100 Grad Celsius und die Destillation bis 350 Grad Celsius eindeutig erfüllt. Fraglich seien die - allerdings auch nicht im Zolltarif zweifelsfrei definierten - Punkte der Farbe, sowie der Umstand, daß es sich um ein Rückstandsöl handeln müsse. Es fehlten hier eindeutig Angaben über die Mindestmenge Rückstandsöl (oder n-Heptan-Unlösliches) und ein Grenzwert für Farbe.
  3. 3.) Die in den Erläuterungen zum Zolltarif für Spindel- und Schmieröle festgehaltenen Eigenschaften träfen praktisch vollständig auf das Produkt "NOVOSOL 220" zu, doch könne das Produkt mit seinem hohen Pourpoint in der Praxis nicht als Spindelöl oder als Schmierölgrundöl eingesetzt werden.

Die Frage, ob eine Heizölkomponente in die Zolltarifgruppe Heizöl, Spindelöl oder in eine andere Tarifgruppe einzuordnen sei, werde in diesem Gutachten nicht eindeutig beantwortet. Es werde lediglich darauf hingewiesen, daß zur Klärung dieser Frage keine weiteren objektiven Analysenwerte mehr herangezogen werden könnten. Ob eine Heizölkomponente zolltariflich als Heizöl behandelt werden könne, sei letztlich ohnehin eine juridische Entscheidung. Von der Verwendung her würde die Einordnung von "NOVOSOL 220" als Heizöl am besten entsprechen, würde aber formalrechtlich vorgegangen, dann sei die Einordnung in die Gruppe Spindelöle richtig.

Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht entspreche hingegen, soweit sie für das Berufungsverfahren von Belang gewesen sei, nicht der geltenden Rechtslage.

Die Beschwerdeführerin lege nämlich den Begriff "Heizöl" dergestalt aus, daß darunter alle Mineralöle zu verstehen seien, die objektiv zum Verheizen geeignet seien. Diese Ansicht sei insofern unrichtig, als auch Gasöl, frische und gebrauchte Schmieröle, Spindelöle, Petroleum u.a. nicht als Heizöle im Sinne des Zolltarifes geltende Mineralölprodukte grundsätzlich zum Verheizen geeignet seien. Eine für die tarifarische Einreihung notwendige Objektivierung des Begriffes (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1988, Zl. 88/16/0055) könne durch eine derartige Auslegung, die sich allein an dem zum Zeitpunkt der Einfuhr oftmals noch nicht feststehenden Verwendungszweck orientiere, nicht erreicht werden.

Daraus ergebe sich auch die Unerheblichkeit der Tatsache, für die von der Beschwerdeführerin die Einholung eines Gutachtens beantragt worden sei, daß nämlich das Produkt "NOVOSOL 220" im internationalen Handel als "Heizöl", im Sinne der obzitierten Auslegung dieses Begriffes, zu qualifizieren sei. Im vorliegenden Fall komme es bei der Zuordnung einer Ware zu einer bestimmten Unterposition der TNr. 27.10 des österreichischen Zolltarifes 1958 nicht auf die tatsächliche Verwendung des Produktes im nationalen oder auch im internationalen Handel an, sondern es werde eine derartige Einreihung ausschließlich durch das Vorliegen genau definierter, durch eine wissenschaftliche (chemotechnische) Warenuntersuchung feststellbarer, Merkmale, Eigenschaften und Charakteristika bestimmt.

Im übrigen könne auch nach der oftmals zitierten Verkehrsauffassung ein zwar wegen der analytischen Kennzahlen als Heizölkomponente verwendbares Produkt noch nicht als fertiges Heizöl bezeichnet werden.

Auch der von der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 20. Mai 1987 enthaltene Versuch einer systematischen Auslegung des Begriffes "Heizöl" erweise sich letztlich als ebenfalls nicht zielführend: Prof. F. P, Technische Universität Wien und ÖMV-AG, unterteile im Abschnitt "Verarbeitung von Erdöl" der neuesten Auflage von "Chemische Technologie, Bd. 5", herausgegeben von Winnacker/Küchler, einem Standardwerk der chemischen Technologie, die Heizöle in Destillatheizöle (Heizöl EL) und Rückstandsheizöle. Da der Zolltarif die extraleichten Heizöle (Ofenheizöle) aus der Position E der TNr. 27.10 ausnehme, könnten darunter nur noch die Rückstandsheizöle fallen. Ihre Abgrenzung zu den Spindel- und Schmierölen sei dabei durch den bei letzteren mit maximal 0,2 Gewichtsprozent begrenzten Wert für das Normalheptanunlösliche gegeben.

Daß im Zuge der chemotechnischen Untersuchung des Produktes zusätzlich zu den in der Bemerkung (3) lit. e) der Erläuterungen zu TNr. 27.10 angeführten, konkret meßbaren Kriterien (Flammpunkt, Viskosität und Destillation) der Asphaltaschegehalt - im vorliegenden Fall 0,2 Gewichtsprozent - ermittelt und bei der Abgrenzung der TNr. 27.10 E und 27.10 F entsprechend berücksichtigt worden sei, entkräfte auch den seitens der Beschwerdeführerin pauschal erhobenen Einwand der "längst überholten Abgrenzungskriterien".

Zu dem mit 178 Grad Celsius (P.M.) festgestellten und nach Ansicht der Beschwerdeführerin eher für den Heizölcharakter sprechenden Flammpunkt sei festzustellen:

Wenngleich der Flammpunkt eines Mineralölproduktes für sich allein nie ein Abgrenzungskriterium innerhalb der einzelnen Produktgruppen darstellen könne, da nämlich sehr häufig für verschiedene Produkte, so z.B. für Gasöle (TNr. 27.10 D) und Heizöle (27.10 E), gleiche Untergrenzen ohne Höchstlimits gälten (vgl. auch Erläuterungen zum Zolltarif), sei grundsätzlich festzuhalten, daß ein hoher Flammpunkt (der bei Heizölen nach Pensky-Martens in einer geschlossenen Apparatur und bei Schmierölen in einem offenen Tiegel bestimmt werde, wobei der im offenen Tiegel bestimmte Flammpunkt in der Regel höher als der in der geschlossenen Apparatur ermittelte liege) eher für ein Schmierölprodukt - der Flammpunkt von Schmierölen liege in der Regel zwischen 150 und 300 Grad Celsius - als für ein Heizöl spreche.

Zu dem von der Beschwerdeführerin als wesentliches Unterscheidungskriterium angeführten Aschegehalt sei anzumerken, daß dieser sowohl bei Spindelölen und bei nichtadditivierten Schmierölen, sog. Schmieröl-Grundölen, ebenso wie bei Heizölen relativ niedrig, d.h. zwischen 0,01 und 0,1 % Masse, liegen könne. So betrage beispielsweise der Aschegehalt bei Heizöl der Sorte Leicht (nach ÖNORM C 1108) in der Praxis bei ca. 0,01 %. Der Ansicht der Beschwerdeführerin, allein ein hoher Sulfataschegehalt würde für die Schmieröleigenschaft eines Produktes sprechen, könne daher nicht gefolgt werden.

Aber auch die von der Beschwerdeführerin angesprochene Verseifungszahl, die die Menge an Kaliumhydroxid (KOH) angebe, die erforderlich sei, um die in einem Gramm des Produktes enthaltenen freien Säuren zu neutralisieren und die vorhandenen Ester zu verseifen, sei für eine Abgrenzung der einzelnen Subpositionen der TNr. 27.10 nicht geeignet. Weder Spindelöle und Schmieröle noch Heizöle, sofern sie ausschließlich aus Kohlewasserstoffen bestünden und keine verseifbaren Stoffe wie Fette oder fette Öle enthielten, wiesen eine Verseifungszahl auf. Nur einzelne Spezialöle, die pflanzliche oder tierische Fette enthielten, nicht aber Schmieröl-Grundöle, die allesamt weder freie Säuren oder Ester enthielten, zeigten einen höheren Fettgehalt.

Zum Unterscheidungsmerkmal "dunkelfarbiges Öl" sei festzuhalten:

Es sei unbestritten, daß die ÖNORM C 1108 in keiner Weise definiere, daß es sich bei den Heizölen - ausgenommen ausdrücklich Ofenheizöl, das in dieser Norm gar nicht enthalten sei - um dunkelfarbige Produkte handle, höchstens in der angeführten englischen Bezeichnung "residual fuels for heating purposes". Dennoch erscheine es nach den obigen Ausführungen plausibel, daß es sich bei Heizölen (leicht, mittel und schwer) nach wie vor und trotz allen technologischen Fortschritts um Schwarzprodukte handle, also Destillationsrückstände enthaltende Mineralölprodukte. Daher erachte die belangte Behörde nach wie vor das Merkmal "dunkelfarbig" zu Recht als ein zusätzliches Unterscheidungskriterium.

Auf Grund des Ermittlungsergebnisses und der oben wiedergegebenen rechtlichen Erwägungen stehe für sie fest, daß die strittige Ware der TNr. 27.10 F zuzuorden und die zu diesem Ergebnis führende Beweislage von ausreichender Klarheit sei, so daß die Durchführung weiterer Beweisaufnahmen, die von der Beschwerdeführerin beantragt worden seien, nicht mehr erforderlich erscheine.

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinn der angefochtenen Berufungsentscheidung) die hier in Rede stehende Ware in die TNr. 27.10 F einzureihen ist oder (wie die Beschwerdeführerin vermeint) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das ZollG 1955 wurde durch Kundmachung BGBl. Nr. 644/1988 unter Berücksichtigung der sich aus den im Art. II dieser Kundmachung angeführten Rechtsvorschriften ergebenden Änderungen als Bundesgesetz über die Zölle und das Zollverfahren (Zollgesetz 1988 - ZollG) wiederverlautbart.

Art. 49 a Abs. 3 B-VG entsprechend ist gemäß § 6 Abs. 1 ZollG (wie schon nach § 6 Abs. 1 ZollG 1955) für die Anwendung der zolltarifarischen Bestimmungen, insbesondere für den Fall ihrer Änderung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Verzollung, Freischreibung oder die Abfertigung auf Vormerkschein einer dem Zollamt gestellten Ware unter Abgabe einer ordnungsgemäßen Anmeldung (ZollG 1955: Warenerklärung) und unter Vorlage der für die beantragte Abfertigung erforderlichen Unterlagen beantragt wird; bei Abfertigungen auf Vormerkrechnung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Ware zur Verbringung in den freien Verkehr aus dem Lagerraum entnommen worden ist.

Auf Grund des § 7 Abs. 1 ZollG (wie schon gemäß § 7 Abs. 1 ZollG 1955) ist für die Tarifierung einer Ware, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, deren Menge, Art und Beschaffenheit zur Zeit des Übertrittes über die Zollgrenze maßgebend.

Nach § 1 Abs. 1 des - daher im vorliegenden Fall in der für den 7. März 1985 maßgebenden Fassung anzuwendenden - Zolltarifgesetzes 1958 sind bei der Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der Republik Österreich Einfuhrzölle zu erheben, deren allgemeine Sätze im beiliegenden Zolltarif festgelegt sind.

Auf Grund des § 1 Abs. 2 PräferenzzollG, BGBl. Nr. 487/1981 (in der hier maßgebenden Fassung), sind die im Abs. 1 genannten Zölle wie die Vertragszölle im Sinne des § 4 Abs. 1 ZollG 1955 zu behandeln.

Gemäß § 1 Abs. 2 Zolltarifgesetz 1958 bildet der Zolltarif, der auch die Allgemeinen Tarifierungsvorschriften umfaßt, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes.

Nach diesen Allgemeinen Tarifierungsvorschriften (in der hier maßgebenden Fassung) sind bei der Anwendung des Zolltarifes folgende Grundsätze zu beachten:

1 - Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Unterkapitel

stellen nur Hinweise für das Aufsuchen der Waren dar; maßgebend für die Einreihung in den Tarif sind der Wortlaut der Tarifnummern und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln sowie die Allgemeinen Tarifierungsvorschriften, letztere jedoch nur insoweit, als sie dem Wortlaut der Tarifnummern und Anmerkungen nicht widersprechen.

2 - a - Jede Anführung einer Ware in einer Tarifnummer gilt

auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie die wesentlichen Merkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für die vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen als solche geltende Ware, wenn sie zerlegt oder noch nicht zusammengebaut zur Abfertigung gestellt wird; in diesem Fall sind die einzelnen Elemente der zerlegten oder noch nicht zusammengebauten Ware nicht als "Teile" im Sinne des Zolltarifes anzusehen.

b - Jede Anführung eines Stoffes in einer Tarifnummer gilt

für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Ebenso gilt jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Die Tarifierung dieser gemischten oder zusammengesetzten Waren erfolgt nach den Grundsätzen der Allgemeinen Tarifierungsvorschrift 3.

3 - Kommen für die Tarifierung von Waren bei Anwendung der

Allgemeinen Tarifierungsvorschrift 2b oder aus einem

anderen Grund zwei oder mehr Tarifnummern in Betracht, so

ist wie folgt zu verfahren:

a - die Tarifnummer mit der genaueren Warenbezeichnung

geht den Tarifnummern mit allgemeiner Warenbezeichnung

vor;

b - Gemische und Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder

Bestandteilen bestehen, sowie handelsübliche

Zusammenstellungen verschiedener, in einer gemeinsamen

Aufmachung für den Kleinverkauf vorliegender Waren,

die in einander ergänzender Weise verwendet werden, um

eine bestimmte Tätigkeit oder die Deckung eines

bestimmten Bedarfes zu ermöglichen, sind, wenn deren

Tarifierung nicht nach der Vorschrift 3a erfolgen

kann, nach jener Komponente (Stoff, Bestandteil oder

Ware) einzureihen, die ihr Wesen bestimmt, sofern

diese Feststellung getroffen werden kann;

c - ist die Tarifierung nach der Vorschrift 3a oder 3b

nicht möglich, so ist die Ware in die der Numerierung

nach letzte der gleichermaßen in Betracht kommenden

Tarifnummern einzureihen.

4 - Waren, die durch keine Tarifnummer erfaßt werden, sind wie

jene Waren zu tarifieren, denen sie am nächsten stehen.

Die Überschrift des Kapitels 27 lautet: Mineralische Brennstoffe, Mineralöle und ihre Destillationsprodukte, bituminöse Stoffe, mineralische Wachse.

Die Anmerkungen zu diesem Kapitel bestimmen:

1 - Ausgenommen von diesem Kapitel sind:

a - isolierte organische Verbindungen von chemisch

eindeutig bestimmter Konstitution; jedoch bleiben

Methan und Propan auch in chemisch reinem Zustand in

der Nummer 27.11;

b - Arzneiwaren der Nummer 30.03;

c - Gemische ungesättigter Kohlenwasserstoffe der

Nummer 33.01, 33.04 oder 38.07.

2 - In die Nummer 27.07 sind nicht nur Öle und andere Produkte

der Destillation von Hochtemperatur-Steinkohlenteeren einzureihen, sondern auch gleichartige Produkte, die durch Destillation von Tieftemperatur-Steinkohlenteeren oder anderen Mineralteeren, durch Cyclisierung von Erdöl oder durch andere Verfahren erhalten werden, sofern bei all diesen Produkten die aromatischen gegenüber den nichtaromatischen Verbindungen gewichtsmäßig vorherrschen.

3 - Zu den Erdölen und Ölen aus bituminösen Mineralien der Nummer 27.10 gehören nicht nur die Erdöle und Öle aus bituminösen Mineralien im engeren Sinne, sondern auch alle anderen gleichartigen Öle, ohne Rücksicht auf das Herstellungsverfahren, auch wenn sie aus Gemischen ungesättigter Kohlenwasserstoffe bestehen, sofern bei allen diesen Produkten die nichtaromatischen gegenüber den aromatischen Verbindungen gewichtsmäßig vorherrschen.

4 - Die Nummer 27.13 umfaßt nicht nur Paraffin und die anderen

dort genannten Produkte, sondern auch die durch Synthese oder auf andere Weise hergestellten gleichartigen Produkte.

Unter TNr. 27.10 werden aufgezählt:

Erdöle und Öle aus bituminösen Mineralien, andere als Rohöle; anderweitig weder genannte noch inbegriffene Zubereitungen mit 70 oder mehr Gewichtsprozent Erdöl oder Öl aus bituminösen Mineralien, in denen diese Öle den wesentlichen Bestandteil bilden:

A - Petroläther und Benzine, ausgenommen Testbenzine ...

B - Testbenzine ...

C - Petroleum ...

D - Gasöle ...

E - Heizöle ...

F - Spindelöle und Schmieröle ...

G - Zubereitete Schmiermittel, ausgenommen solche der Nummer 34.03 ...

H - Weißöle (Vaselinöl, Paraffinöl) ...

I - andere ...

Die Anmerkungen zu dieser TNr. lauten:

1 - Siedepunktbenzine der Nummer 27.10 A mit einem Siedebereich

von max. 50 Grad Celsius für gewerbliche Betriebe als Roh-

oder Hilfsstoff für Verarbeitungszwecke, auf

Erlaubnisschein ...

2 - Testbenzine der Nummer 27.10 B mit einem Flammpunkt im

Apparat nach Abel-Pensky von 21 Grad Celsius oder darüber

für gewerbliche Betriebe als Roh- oder Hilfsstoff für

Verarbeitungszwecke, auf Erlaubnisschein ...

3 - Erdölfraktionen der Nummer 27.10, hergestellt durch

Kracken, Destillation oder durch Destillation und

Raffination bzw. Lösungsmittelbearbeitung, für

Mineralölraffinerien und Mineralölraffinationsanlagen,

gegen eine Bestätigung des Bundesministeriums für Handel

und Wiederaufbau über die Verwendung zur Weiterverarbeitung

durch Destillation oder Raffination ...

4 - Rückstände von der Erdölverarbeitung der Nummer 27.10 für

Erdölraffinerien, gegen eine Bestätigung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau über die Verwendung zur Weiterverarbeitung durch Kracken, Destillation oder Destillation und Raffination ...

5 - Paraffinum liquidum der Nummer 27.10 H in

Arzneimittelqualität, gegen eine Bestätigung des

Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau über die

Verwendung zum pharmazeutischen Gebrauch ...

6 - Für Heizöle der Nummer 27.10 E für Verfeuerungszwecke kann

bei Nichterzeugung oder bei nicht bedarfsdeckender

Erzeugung im Inland der Zoll vom Bundesministerium für

Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für

Handel, Gewerbe und Industrie ermäßigt oder erlassen

werden.

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem - von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens offensichtlich unbeachtet gelassenen - Erkenntnis vom 23. Jänner 1975, Zl. 765/74, ÖStZB 15/16, S. 164 (bei den dort zitierten Entscheidungsgründen wurde in deren Zeile 10 nach dem ersten Satz der Buchstabe "G" offensichtlich durch einen Druckfehler ausgelassen), im wesentlichen folgendes dargetan:

Dem Aufbau der TNr. 27.10 ist zunächst zu entnehmen, daß die Subpositionen A bis F und H nicht zubereitete Erdöle umfassen, und die Subpositionen G und I deren Zubereitungen. Die in den Subpositionen A bis D genannten nicht zubereiteten Erdöle besitzen als Treibstoffe keine schmierenden Eigenschaften. Nicht zubereitete Schmiermittel in der Form von Schmierölen werden von der Subposition F, zubereitete Schmiermittel werden von der Subposition G der TNr. 27.10 umfaßt.

Anschließend hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis die von einem Schmiermittel erwarteten schmierenden Eigenschaften besonders hervorgehoben und auch ausgeführt, daß die (keine verbindliche Rechtsquelle, sondern lediglich einen Auslegungsbehelf darstellenden - siehe z.B. das Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, Zl. 87/16/0118, ÖStZB 14/1988, S. 336, mit weiteren Hinweisen) "Erläuterungen" nicht der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnten, weil ihr (damals wesentlicher) Wortlaut dem normativen Gehalt der TNr. 27.10 widersprach.

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner von der Beschwerdeführerin u.a. gewünschten Erörterung der Frage, ob das Kapitel 27 bzw. die TNr. 27.10 G ein Stoff- oder Zweckkapitel bzw. eine Stoff- oder Zwecknummer (siehe z.B. das Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 85/16/0116, Slg. Nr. 6075/F) ist oder nicht, weil selbst unter Bedachtnahme auf den Grundsatz, wonach im Interesse der Rechtssicherheit und einer geordneten Verwaltungstätigkeit bzw. der Meßbarkeit des Verwaltungshandelns das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren in deren objektiven Merkmalen UND EIGENSCHAFTEN zu suchen ist, wie sie im Wortlaut der TNr. und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (siehe z.B. das Erkenntnis vom 4. September 1986, Zl. 86/16/0113, Slg. Nr. 6142/F), auch von einem nicht zubereiteten Schmieröl schmierende Eigenschaften als Basis- oder Grundöl erwartet werden.

In diesem Sinne führte aber der erwähnte Sachverständige, dessen Gutachten die belangte Behörde der angefochtenen Berufungsentscheidung zugrunde legte, mit einem Hinweis auf die der Verkehrsauffassung im Sinne des Erkenntnisses vom 19. Jänner 1984, Zlen. 83/16/0154, 0160, Slg. Nr. 5855/F, durchaus gleichzusetzenden Praxis aus, die hier in Rede stehende Ware könne mit ihrem hohen Pourpoint (zu diesem Begriff siehe z.B. ÖNORM C 1153 - 1. Dezember 1975) in der Praxis nicht als Spindelöl oder als Schmierölgrundöl eingesetzt werden. Im übrigen gab die belangte Behörde in der angefochtenen Berufungsentscheidung u.a. auch den Teil des Gutachtens dieses Sachverständigen aktenkonform wieder, wonach die hier in Rede stehende Ware durch Vakuumdestillation UND ENTSCHWEFELUNG aus einem Rückstand der Normaldruckdestillation hergestellt worden sei. Dieser Entschwefelung könnte Bedeutung zukommen.

Auf Grund vorstehender Ausführungen ist die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG ohne Notwendigkeit weiterer Erörterungen aufzuheben.

Ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin kann der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall von einer Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG absehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren ist abzuweisen, weil auf Grund des § 14 TP 5 Abs. 1 GebG nicht mehr als 180 S je Beilage zu entrichten sind. Die Vorlage der offensichtlich für die belangte Behörde bestimmt gewesenen weiteren Abschrift des angefochtenen Bescheides war überdies zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.

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