VwGH 90/12/0168

VwGH90/12/016818.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 1990, Zl. 6204/51-II/4/90, betreffend Aufhebung eines Bescheides nach § 13 DVG, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §11 Abs1;
BDG 1979 §11 Abs5;
DVG 1984 §13 Abs1;
BDG 1979 §11 Abs1;
BDG 1979 §11 Abs5;
DVG 1984 §13 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter des Gendarmeriedienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Tirol am Gendarmerieposten X eingeteilt.

Auf Grund des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages vom 25. Feber 1990 stellte die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 13. März 1990 fest, daß das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 1 BDG 1979 nach Erfüllung der besonderen Erfordernisse (§ 12 Abs. 1 und Z. 13.4 der Anlage 1 zum BDG 1979) "am 1. April 1990 definitiv wird". Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25. März 1990 zugestellt.

Um 04.00 Uhr morgen des gleichen Tages war dem Beschwerdeführer, weil er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Pkw gelenkt hatte, der Führerschein vorläufig abgenommen worden. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer der Führerschein vom 25. März bis 22. April 1990 entzogen und über ihn außerdem gemäß § 5 Abs. 1 StVO in Verbindung mit § 99 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt.

Mit Verfügung der Dienstbehörde erster Instanz vom 26. März 1990, dem Beschwerdeführer am gleichen Tage zugestellt, wurde der Beschwerdeführer wegen Schädigung des Ansehens der Gendarmerie und Beeinträchtigung wesentlicher dienstlicher Interessen als Folge des vorher wiedergegebenen Sachverhaltes mit sofortiger Wirkung vorläufig vom Dienst suspendiert.

Mit Beschluß der Disziplinarkommission vom 30. März 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer das Disziplinarverfahren eingeleitet. Mangels Erreichbarkeit konnte der Einleitungsbeschluß aber erst am 1. April 1990 zugestellt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. März 1990, mangels Erreichbarkeit des Beschwerdeführers ebenfalls erst am 1. April 1990 zugestellt, wurde gemäß § 13 Abs. 1 DVG in Verbindung mit § 11 Abs. 5 BDG 1979 der Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 13. März 1990 aufgehoben und festgestellt, daß die Wirkung des § 11 Abs. 1 BDG 1979 nicht eintritt und das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers daher zum 1. April 1990 nicht definitiv wird.

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des § 13 Abs. 1 DVG weiter ausgeführt, daß die Voraussetzungen der genannten Bestimmung gegeben seien, wenn bei einem Vergleich des Bescheidinhaltes mit den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen erkennbar sei, daß der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoße. Mit dem Bescheid vom 13. März 1990 habe die Dienstbehörde erster Instanz festgestellt, daß das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 1 BDG 1979 am 1. April 1990 definitiv werde.

Wegen disziplinärer Verfehlungen sei der Beschwerdeführer von der Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 26. März 1990 vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Dies habe zur Folge, daß der Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 13. März 1990 gegen zwingende Bestimmungen der §§ 11 Abs. 5 und 123 Abs. 3 BDG 1979 verstoße, weil nach diesen Bestimmungen ein Beamter während eines Disziplinarverfahrens und bis drei Monate nach Abschluß des Verfahrens sowie während einer Suspendierung - wenn auch nur vorläufig - von der Definitivstellung grundsätzlich ausgeschlossen sei.

Da dies - objektiv betrachtet - bei einem Vergleich des Bescheides mit dem Gesetzestext für jedermann erkennbar sei, habe auch dem Beschwerdeführer bekannt sein müssen, daß der Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 13. März 1990 gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß ein rechtskräftiger Bescheid, durch den gemäß § 11 BDG 1979 festgestellt wurde, daß sein bis dahin provisorisches öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis definitiv wurde, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Erfordernisse, insbesondere jener nach § 13 Abs. 1 DVG aufgehoben wird, und damit auch in seinem Recht auf Definitivstellung nach § 11 Abs. 1 BDG 1979 durch unrichtige Anwendung der zitierten Vorschriften, sowie der Verfahrensvorschriften über die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, §§ 58, 60 AVG), verletzt.

Gemäß § 11 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, wird das Dienstverhältnis auf Antrag des Beamten definitiv, wenn er neben den Ernennungserfordernissen

  1. 1. die für seine Verwendung vorgesehenen Definitivstellungserfordernisse erfüllt und
  2. 2. eine Dienstzeit von vier Jahren im provisorischen Dienstverhältnis vollendet hat.

    Der Eintritt der Definitivstellung ist mit Bescheid festzustellen.

Die Wirkung des Abs. 1 tritt nach Abs. 5 leg. cit. während eines Disziplinarverfahrens und bis zu drei Monaten nach dessen rechtskräftigem Abschluß nicht ein. In § 123 Abs. 3 BDG 1979 ist festgelegt, daß, wenn in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft sind, diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung eintreten.

Nach § 13 Abs. 1 DVG, BGBl. Nr. 29/1984, ist in Dienstrechtsangelegenheiten eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig, wenn die Partei wußte oder wissen mußte, daß der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.

Im Gegensatz zur Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, die durch konstitutiven Bescheid erfolgt, wird das Dienstverhältnis des provisorischen Beamten, wenn die gesetzlich normierten Voraussetzungen gegeben sind, ohne daß es eines eigenen Behördenaktes bedarf, definitiv. Die "Definitivwerdung" tritt nach § 11 Abs. 5 BDG 1979 während eines Disziplinarverfahrens nicht ein, wobei diese Regelung nach § 123 Abs. 3 BDG 1979 noch insoferne erweitert wird, als diese Rechtsfolge, die an die Einleitung des Disziplinarverfahrens geknüpft ist, auch bei einer vorläufigen Suspendierung gegeben ist.

Mit dem einleitend dargestellten Bescheid der Dienstbehörde I. Instanz vom 13. März 1990 ist festgestellt worden, daß das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 1 BDG 1979 nach Erfüllung der besonderen Erfordernisse (§ 12 Abs. 1 und Ziff. 13.4 der Anlage 1 zum BDG 1979) am 1. April 1990 definitiv wird. Auf die Regelung des § 11 Abs. 5 BDG 1979 ist dabei nicht Bedacht genommen worden. Bereits daraus folgt, daß dieser Feststellungsbescheid objektiv erkennbar gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen hat; seine Aufhebung ist daher gemäß § 13 Abs. 1 DVG zu Recht erfolgt.

Offen ist damit aber noch die Richtigkeit der Feststellung im Spruch des angefochtenen Bescheides, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers nicht definitiv geworden ist. Entscheidend hiefür ist, ob zum angegebenen Termin alle gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren bzw. ob Hindernisse im Sinne des § 11 Abs. 5 BDG 1979 vorgelegen sind oder nicht.

Im Beschwerdefall ist diesbezüglich im Sinne der letztgenannen Regelung strittig, ob der Beschwerdeführer nach § 123 Abs. 3 BDG 1979 vorläufig suspendiert war.

Der Beschwerdeführer bringt gegen die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Suspendierung vor, diese sei ihm am 26. März 1990 nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Das entsprechende Fernschreiben habe aus einem einleitenden und einem abschließenden Teil bestanden, die an die Dienststelle und nicht an ihn gerichtet gewesen seien. Der mittlere, als Bescheid bezeichnete Teil des Fernschreibens habe keine Behördenbezeichnung enthalten; diese sei nur im abschließenden Teil genannt. Weiters stelle die Ausfolgung lediglich einer Kopie dieses Fernschreibens keine Bescheidzustellung dar.

Zum letzten Einwand bleibt der Beschwerdefüher eine Begründung schuldig. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes könnte dem genannten Umstand (Ausfolgung der Kopie eines Fernschreibens an Stelle des an die Dienststelle gerichteten Fernschreibens, wobei der Bescheidadressat - der Beschwerdeführer - im Bescheidteil ausdrücklich mit seiner Dienstadresse genannt ist) nur dann eine entscheidende Bedeutung zukommen, wenn inhaltliche Abweichungen zwischen dem Fernschreiben und der Kopie bestünden. Derartiges behauptet weder der Beschwerdeführer noch gibt es sonst dafür Anzeichen. Hinsichtlich der angeblich fehlenden Behördenbezeichnung übersieht der Beschwerdeführer, daß diese im Spruch der vorläufigen Suspendierung aufscheint.

Die solcherart unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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