Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beim Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde langte am 10. Mai 1990 ein Ansuchen der zweitmitbeteiligten Partei um Erteilung der baubehördlichen Genehmigung zur Errichtung eines Geschäftsgebäudes mit Hochgarage (Neubau Ost-EKZ W) auf dem Grundstück Nr. 457/1, KG W, unter Anschluß der erforderlichen Pläne ein. Der Neubau erfolgt zwischen dem bestehenden Einkaufszentrum und dem vorhandenen Baumarkt (Erdgeschoß und Obergeschoß und teilweise Unterkellerung) mit Parkplätzen auch auf dem Dach des EKZ. Im Südosten grenzt im Bereich des neuen Parkhauses und des bestehenden Baumarktes das Grundstück Nr. 458/4 der beschwerdeführenden Partei (Fleischmarkt) an. Im Parkplatzplan ist die Fläche neben dem Fleischmarkt als Reserveparkplatz angeführt (allerdings ohne Einzeichnung der einzelnen Parkplätze, wie dies sonst laut Plan durchgehend der Fall ist). In der Baubeschreibung heißt es hinsichtlich der Abstellplätze u.a., daß 373 erforderlich seien und 389 Plätze (konkretisiert durch den Parkplatzplan) vorhanden sind. Überdies würden auch Parkplätze bei Überlastung auf der Gp. 658/1 (Pachtgrund) und auf der Gp. 458/4 (Fleischmarkt) zur Verfügung stehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 1990, zu der auch die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde, erklärten die beigezogenen Amtssachverständigen, es bedürfe zur besseren Verkehrsführung am Bauplatz insbesondere des Abrückens der östlichen Gebäudefront und des Abflachens der Gebäudekanten sowie eines neuen Verkehrskonzepts. Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab die Erklärung ab, daß keine Einwendungen erhoben würden und auch keine Bedenken bezüglich des Überfahrens der Grundstücksgrenze vor ihrem Fleischmarkt bestünden. Es werde lediglich darauf hingewiesen, daß an der Südwestseite des Fleischmarktes senkrecht zur Verkehrsrichtung auf eigenem Grund Fahrzeuge bis zu 18 m Länge abgestellt sein könnten. Die zweitmitbeteiligte Partei legte hinsichtlich der maßgebenden Bereiche neue Tekturpläne, insbesondere auch einen neuen Parkplatzplan vor, wonach nunmehr (in Verbindung mit der neuen Baubeschreibung) auch Parkplätze auf dem Dach des bestehenden Baumarktes geschaffen werden, sodaß trotz Verbesserung des Verkehrsflusses die Zahl der Parkplätze gleich hoch bleibt. Zur Verbesserung des Verkehrsflusses wurden die Gebäude (in der Länge) geringfügig verkleinert und die Ecken abgeflacht.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 26. Juni 1990 wurde nach wörtlicher Wiedergabe der Baubeschreibung gemäß § 31 der Tiroler Bauordnung (BO) die baupolizeiliche Bewilligung unter einer Reihe von Auflagen erteilt.
In der rechtzeitig erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, sie habe vom modifizierten Projekt erst durch den Bescheid Kenntnis erlangt. Es bestehe keine Identität mehr mit dem ursprünglich eingereichten Projekt. Der Beschwerdeführerin stehe hinsichtlich mehrerer Einlagezahlen, darunter auch auf dem Baugrund, das Recht des Gehens, Fahrens und Abstellens von Fahrzeugen zu, sodaß die Bestimmungen des § 9 BO (über die Abstellflächen) nicht eingehalten werden könnten. Auch die Anführung im Bescheid, bei Parkplatzmangel könne das Areal der Beschwerdeführerin (Fleischmarkt) herangezogen werden, entbehre mangels einer vertraglichen Vereinbarung jeder Grundlage.
Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom 20. September 1990 die Berufung im wesentlichen mit der Begründung ab, der Vertreter der Beschwerdeführerin habe in der mündlichen Verhandlung gegen das Vorhaben keine Einwendungen erhoben. Die Änderungen bzw. Verbesserungen des Vorhabens seien geringfügig, sodaß von keinem neuen Projekt gesprochen werden könne (kein Verstoß gegen § 31 Abs. 10 BO). Schon in der Verhandlung seien vom Sachverständigen die notwendigen Änderungen festgehalten worden. Diesen sei nunmehr Rechnung getragen worden (insbesondere Abschrägung der Ecken, um ein Passieren von Lkw-Zügen zu erleichtern).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. November 1990 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen. In der Begründung heißt es im wesentlichen, Zweck des mit den Nachbarn durchzuführenden Verfahrens sei es, ihnen die Möglichkeit zu geben, die Einhaltung zwingender Vorschriften, die auch ihrem Interesse dienen, geltend zu machen. Der Umfang der Mitwirkung sei durch § 30 BO abgesteckt. Danach könne der Nachbar weder privatrechtliche noch objektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen noch solche aus baurechtsfremden Bereichen geltend machen. Er könne nur im Rahmen der im § 30 Abs. 4 BO beschriebenen subjektiv-öffentlichen Rechte Einwendungen erheben. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Bestimmungen des § 9 BO über die Schaffung der erforderlichen Stellplätze und die allenfalls damit im Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Zivilrechtes (Besitzschutz, Schutz von Servituten) begründen keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Da Verfahrensrechte nie weiter als materielle Rechte wirken könnten, sei auch die Rüge wegen angeblicher Verfahrensmängel hinfällig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Einen gleichlautenden Antrag hat auch die zweitmitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie die verschiedenen Pläne und die Ausführungen in der Sachverhaltsdarstellung zeigen, besteht zwischen dem seinerzeit eingereichten und dem sodann zur Verbesserung des Verkehrsflusses auf der Liegenschaft modifizierten Bauvorhaben im wesentlichen Identität. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die diesbezügliche Annahme der belangten Behörde sei aktenwidrig, findet in der Aktenlage keine Deckung. Im übrigen wurden gerade im Bereich der Beschwerdeführerin durch die Abschrägung der Gebäudeecken und die Verkürzung der Gebäudefront die Verkehrsverhältnisse wesentlich verbessert.
Die Bestimmungen des § 9 BO über die Stellplätze begründen, worauf schon die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat, kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht (vgl. Hauer, Tiroler Baurecht, Anm. 12 zu § 9 BO, sowie die unter 2) wiedergegebenen Entscheidungen, S. 63, sowie Anm. 4 zu § 30 BO, S. 119). Der Baubeschreibung vom 31. Mai 1990 (in Verbindung mit dem Parkplatzplan) ist zu entnehmen, daß zufolge der gegebenen Verkaufsflächen insgesamt 360 Pkw-Abstellplätze erforderlich sind und am Baugrund 389 Abstellplätze tatsächlich vorhanden sind. Wenn die Beschwerdeführerin, wie schon im Verwaltungsverfahren, neuerlich vorbringt, es stünden ihr an Stellflächen der zweitmitbeteiligten Partei dingliche Rechte zu, ohne dies zu konkretisieren, wenn sie (die Beschwerdeführerin) selbst ausbauen möchte, wäre ihr ein Nachweis der erforderlichen Parkflächen nicht möglich, so ist ihr entgegenzuhalten, daß es sich hiebei um eine privatrechtliche Einwendung handelt, die zu keiner Versagung der Bewilligung im baubehördlichen Verfahren führt.
Wenn die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf S. 6 des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 26. Juni 1990, worin es heißt, "Weiters stehen noch Parkplätze bei Überlastung auf der Gp. 658/1 (Pachtgrund) und auf der Gp. 458/4 (Fleischmarkt) zur Verfügung", geltend macht, sie habe mit der zweitmitbeteiligten Partei keine Vereinbarung über die Überlassung von Stellflächen auf ihrer Liegenschaft Nr. 458/4 getroffen, so ist ihr zu entgegnen, daß die zweitmitbeteiligte Partei ohnehin über genügend Abstellflächen verfügt, wie die Eintragungen im Parkplatzplan beweisen, und es sich bei dem angeführten Passus lediglich um eine Wiedergabe der Baubeschreibung handelt. Es wurde in der Baubewilligung keine die Beschwerdeführerin belastende Verpflichtung hinsichtlich des im Parkplatzplan außerhalb der die Baubewilligung betreffenden Fläche genannten Reserveparkplatzes begründet. Dazu kommt noch, daß in der ursprünglichen Baubeschreibung dieser Passus ebenso wie im ursprünglichen Parkplatzplan die Bezeichnung Reserveparkplatz aufschien und die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung dagegen keine Bedenken vorbrachte.
Abgesehen davon, daß die den Nachbarn zustehenden Verfahrensrechte nicht weitergehen als ihre materiellen Rechte, hatte die Beschwerdeführerin in der Berufung ausreichend Gelegenheit, zu den verschiedenen Modifizierungen Stellung zu nehmen und dies auch getan, sodaß von keiner Verletzung des Parteiengehörs gesprochen werden kann.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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