Normen
BauO Tir 1978 §40 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs1;
BauO Tir 1978 §44 Abs2;
BauO Tir 1978 §44 Abs3 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs4 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs5 idF 1989/010;
BauO Tir 1989 §25 lita;
BauO Tir 1989 §25 litd;
BauO Tir 1989 §40;
BauO Tir 1989 §44 Abs5;
BauO Tir 1989 §44;
BauRallg;
MRG §17 Abs2;
ROG Tir 1984 §16b Abs1;
ROG Tir 1984 §16b;
BauO Tir 1978 §40 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs1;
BauO Tir 1978 §44 Abs2;
BauO Tir 1978 §44 Abs3 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs4 idF 1989/010;
BauO Tir 1978 §44 Abs5 idF 1989/010;
BauO Tir 1989 §25 lita;
BauO Tir 1989 §25 litd;
BauO Tir 1989 §40;
BauO Tir 1989 §44 Abs5;
BauO Tir 1989 §44;
BauRallg;
MRG §17 Abs2;
ROG Tir 1984 §16b Abs1;
ROG Tir 1984 §16b;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem abweisenden Teil wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hat der Zweitbeschwerdeführerin mit Bescheid vom 20. August 1987 die Baubewilligung zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf den Gp. 100 und 101/1 der KG X unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt und in der Folge mit Bescheiden vom 6. Mai 1988 (hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin) und 18. Mai 1988 (hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin) auch Benützungsbewilligungen für diese bauliche Anlage als "Lebensmittel-Supermarkt" erteilt.
Aufgrund der Ergebnisse einer nachträglichen Überprüfung trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführerinnen mit Bescheid vom 21. November 1988 gemäß § 40 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung (TBO) auf, den bewilligungsgemäßen Zustand
"innerhalb von drei Monaten herzustellen, d.h. das westseitige 'Lager' von 67,41 m2 ist entsprechend dem bewilligten Einreichplan als solches zu gestalten und zu verwenden, sowie vom Geschäftslokal entsprechend abzugrenzen (brandbeständige Wand, Verbindungsöffnungen T 30)".
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, bei einem am 6. September 1988 durchgeführten Lokalaugenschein sei festgestellt worden, daß das westseitig gelegene "Lager" mit einer Nutzfläche von 67,41 m2 dem Verkaufsraum zugegliedert worden sei. Da die Nutzfläche der Verkaufsräume somit 400 m2 überschreite, liege nach § 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG), LGBl. Nr. 4/1984, ein Einkaufszentrum vor, welches nur auf einer Grundfläche, die als "Sonderfläche für Einkaufszentren" gewidmet sei, errichtet werden dürfe. Weil jedoch die Grundlage für eine Umwidmung, ein Entwicklungsprogramm für die mitbeteiligte Marktgemeinde nicht existiere, sei die Widmung einer "Sonderfläche für Einkaufszentren" für das gegenständliche Bauvorhaben unmöglich. Da eine Umwidmung unmöglich sei, die Bauausführung vom bewilligten Bauvorhaben abweiche und diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstelle, zu deren Vornahme auch bei bestehenden baulichen Anlagen eine Baubewilligung erforderlich wäre, sei die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 40 Abs. 3 TBO zu verfügen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführerinnen Berufung. Richtig sei, heißt es in dieser Berufung, daß eine "nicht tragende Zwischenmauer" nicht errichtet worden sei, sodaß das westseitige Lager von 67,41 m2 mit dem Geschäftslokal verbunden worden sei. Die Auffassung der Behörde erster Instanz, daß es sich damit um ein Einkaufszentrum handle, sei jedoch deshalb unrichtig, weil die Verkaufsfläche ohne Packzone das Ausmaß von 400 m2 nicht überschreite. Unter Nutzflächen seien jene Flächen zu verstehen, in denen Waren des täglichen Bedarfs angeboten würden. Die Packzone diene lediglich der Bequemlichkeit der Konsumenten und könne niemals als Verkaufs- bzw. Nutzfläche im Sinne des § 16b TROG eingestuft werden. Im übrigen habe die Baubehörde erster Instanz für den gegenständlichen Lebensmittelmarkt eine rechtskräftige Benützungsbewilligung erteilt, wodurch das "Weglassen der Mauer" als geringfügige Änderung genehmigt worden sei. Die Behörde sei auch nicht berechtigt, den Beschwerdeführerinnen aufzutragen, das westseitige Lager entsprechend dem bewilligten Einreichplan als solches zu gestalten und zu verwenden, sowie vom Geschäftslokal entsprechend abzugrenzen.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde hat die Berufung der Beschwerdeführerinnen mit Bescheid vom 9. August 1989 als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Den Berufungsausführungen wurde entgegnet, daß die Packzone eine passive Verkaufsfläche darstelle, die auf jeden Fall der Nutzfläche der Verkaufsräume zuzurechnen sei. Es liege daher ein Einkaufszentrum vor, welches nur auf einer Grundfläche, die als "Sonderfläche für Einkaufszentren" gewidmet sei (§ 16b Abs. 2 TROG) errichtet werden dürfe. Aus der Erteilung der Benützungsbewilligung könne nicht abgeleitet werden, daß ein der Baubewilligung oder den baurechtlichen Vorschriften widersprechender Zustand geheilt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Vorstellung, worin sie - abgesehen von der sinngemäßen Wiederholung ihres Berufungsvorbringens - ausführen, daß nach dem Einreichplan, welcher Grundlage des Baubewilligungsbescheides vom 20. August 1987 gewesen sei, das westseitige Lager vom übrigen Geschäftsraum durch Obstregale in einer Länge von 7 m und einer Höhe von 2 m abgetrennt sei, wobei die Raumhöhe ca. 4 m betrage und darüberhinaus ein offener Durchgang von 2,50 m bestehe. Die Vorschreibung der Herstellung einer brandbeständigen Wand und einer Verbindungsöffnung T 30 widerspreche daher dem Inhalt des Baubewilligungsbescheides.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerinnen teilweise Folge gegeben und den Berufungsbescheid insoweit behoben (und insoweit die Verwaltungssache an die Berufungsbehörde zur neuerlichen Entscheidung rückverwiesen), als die Berufungsbehörde die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Vorschreibungen "brandbeständige Wand, Verbindungsöffnungen T 30", sowie das Lager "als solches zu verwenden" bestätigt hatte. Im übrigen wurde die Vorstellung abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß ein Bauverfahren als Projektsverfahren immer nur aufgrund der eingereichten Planunterlagen beurteilt werden könne. Demnach sei das Bauansuchen aufgrund der vorliegenden Baubeschreibung und der angeschlossenen Baupläne zu beurteilen, die sowohl für die Ausgestaltung des Gebäudes als auch für dessen zulässigen Verwendungszweck allein maßgeblich seien. Im gegenständlichen Fall sei also davon auszugehen, daß sowohl laut Baubeschreibung vom 24. Juli 1987 als auch laut Einreichplan westseitig von dem 399,98 m2 großen Geschäftslokal ein 67,41 m2 großes integriertes Lager vorgesehen war. Als Abgrenzung sei ein an die Nordwand grenzendes 7 m langes und 1,5 m tiefes Obstregal mit einer darüberliegenden Verblendung geplant gewesen. Nach Westen hin anschließend hätten die Vorstellungswerber die Errichtung eines weiteren Lagers (41,03 m2) mit Kühlraum (11,52 m2) geplant. Dieses im äußersten Westen gelegene Lager sei von den übrigen Räumen mit einer massiven Wand abgegrenzt. Im Ansuchen sei des weiteren ein Kassenbereich im Ausmaß von 46,71 m2 enthalten gewesen. Diese Bauvorhaben seien in der Folge auch Inhalt der rechtskräftigen Baubewilligung, die mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. August 1987 erteilt worden sei, gewesen. Gemäß Auflage 1 der brandschutztechnischen Bedingungen müßten die Lagerräume Brandabschnitte bilden, wobei die Brandwände gemäß § 8 der Technischen Bauvorschriften zu erstellen seien. Aufgrund der Planunterlagen beziehe sich diese Auflage lediglich auf den im äußersten Westen gelegenen Lagerraum (41,03 m2), nicht jedoch auf das (im Beschwerdefall strittige) mit dem Geschäftslokal integrierte Lager (67,41 m2). Die Beschwerdeführerinnen hätten, entgegen der Baubewilligung, dieses geplante, im Westen an das 399,98 m2 große Geschäftslokal angrenzende Lager als solches nicht ausgestaltet, sondern dem Verkaufsraum hinzugezogen. Auch das Obstregal sei nicht aufgestellt worden. Dies stelle ohne Zweifel eine Abweichung von der Baubewilligung dar. Dies hätten auch die Beschwerdeführerinnen nicht bestritten. Wenn Abweichungen von der Baubewilligung festgestellt würden, sei bei fertiggestellen Bauten nicht § 40, sondern § 44 der Tiroler Bauordnung anzuwenden. Die Beschwerdeführerinnen seien dadurch allerdings nicht in ihren Rechten verletzt, weil beide Bestimmungen dieselben Rechtsfolgen nach sich zögen. Die Anwendung des § 40 Abs. 3 TBO anstelle des § 44 Abs. 5 TBO bleibe demnach für die Beschwerdeführerinnen ohne Bedeutung im Sinne einer Rechtsverletzung. Gemäß § 44 Abs. 5 TBO habe die Behörde den Abbruch der baulichen Anlage bzw. die Beseitigung eines Bauvorhabens aufzutragen, wenn dieses abweichend von der Baubewilligung ausgeführt worden sei und diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstelle, zu deren Vornahme auch dann, wenn das Bauvorhaben bereits ausgeführt wäre, eine Baubewilligung erforderlich sei. Sofern dies wirtschaftlich vertretbar sei, habe die Behörde anstelle des Abbruches der baulichen Anlage bzw. der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufzutragen. Eine Abweichung, zu deren Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre, liege vor: Die ursprünglich als Lagerraum vorgesehene Fläche sei dem Verkaufsraum eingegliedert worden. Die dadurch bewirkte Änderung des Verwendungszweckes sei gemäß § 25 lit. d TBO bewilligungspflichtig: Nach dieser Bestimmung bedürfe die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben könne, einer Bewilligung der Behörde. Durch die Eingliederung des Lagerraumes in den Verkaufsraum habe sich die Fläche des Geschäftslokales um jene des vorgesehenen Lagers vergrößert. Auf die Zulässigkeit des Gebäudes habe diese Änderung aufgrund § 16b TROG Einfluß. Da das Baugrundstück keine Flächenwidmung "Sonderfläche für Einkaufszentren" aufweise, sei es für die Zulässigkeit des gegenständlichen Lebensmittelgeschäftes erforderlich, daß die Nutzfläche der in diesem Gebäude vorgesehenen Verkaufsräume das Ausmaß von 400 m2 nicht übersteige. Durch die Eingliederung der 67,41 m2 großen, ursprünglich als Lager vorgesehenen Fläche übersteige die Nutzfläche jedoch das zulässige Höchstausmaß. Da aufgrund der eingereichten Planunterlagen die Lagerfläche vom übrigen Geschäftslokal lediglich durch das erwähnte Obstregal getrennt gewesen sei, sei der Auftrag zur Errichtung einer brandbeständigen Wand und von Verbindungsöffnungen T 30 demnach nicht zulässig. Auch der Auftrag, das Lager als solches zu verwenden, sei unzulässig, weil es den Beschwerdeführerinnen auch freistehe, diese Fläche überhaupt nicht zu verwenden.
Gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides erhoben die Beschwerdeführerinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 28. November 1989, B 1263/89, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Die Beschwerdeführer machen in einem ergänzenden Schriftsatz (teilweise auf ihre Verfassungsgerichtshofbeschwerde inhaltlich verweisend) Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragen dessen Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß bei Errichtung des Lebensmittel-Supermarktes, hinsichtlich dessen die Erstbeschwerdeführerin eine Baubewilligung erwirkt hatte, von der aus den Einreichplänen hervorgehenden Gestaltung der Räumlichkeiten insoweit abgewichen wurde, als das westseitig an den Verkaufsbereich anschließende "Lager" von 67,41 m2 nicht durch das in den Bauplänen noch vorgesehene Regal vom Verkaufsbereich getrennt wurde. Der MATERIELL den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildende (von der belangten Behörde insoweit bestätigte, d.h. nach Ausscheiden der von der belangten Behörde daraus aufgehobenen Teile verbleibende) Bescheidspruch lautet:
"Gemäß § 40 Abs. 3 Tiroler Bauordnung (TBO) LGBl. 43/1978 ist der bewilligungsgemäße Zustand innerhalb von drei Monaten herzustellen, d.h. das westseitige 'Lager' von 47,41 m2 ist entsprechend dem bewilligten Einreichplan als solches zu gestalten sowie vom Geschäftslokal entsprechend abzugrenzen."
Vorausgeschickt sei, daß im Beschwerdefall die Bestimmungen der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978 (TBO), idF der 3. Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 10/1989, bzw. (seit Ablauf des 4. April 1989) in der Fassung der Wiederverlautbarung der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, anzuwenden sind. Der erstinstanzliche Bescheid erging zwar vor, der Berufungsbescheid jedoch nach Inkrafttreten der zitierten Bestimmungen. In Ermangelung einer anderslautenden Übergangsbestimmung hatte die Berufungsbehörde somit das im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Recht anzuwenden (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A).
Wie die belangte Behörde bereits zutreffend hervorgehoben hat, hatten die Behörden nicht § 40 TBO, sondern § 44 TBO anzuwenden, weil es sich unbestrittenermaßen um ein vollendetes Bauwerk handelt (vgl. dazu das Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0046).
§ 44 Abs. 3 und 5 TBO in der Fassung der Wiederverlautbarung, LGBl. Nr. 33/1989, lauten:
"(3) Die Behörde hat den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen,
a) wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt,
b) wenn die bauliche Anlage wegen eines Baugebrechens das Leben und die Gesundheit von Menschen, insbesondere wegen bestehender Feuer- oder Einsturzgefahr, gefährdet oder das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt und die Instandsetzung wirtschaftlich nicht vertretbar ist.
...
(5) Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. a sind sinngemäß anzuwenden, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstellt, zu deren Vornahme auch dann, wenn das Bauvorhaben bereits ausgeführt wäre, eine Baubewilligung erforderlich wäre. Sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist, hat die Behörde anstelle des Abbruches der baulichen Anlage bzw. der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufzutragen."
Unter dem Gesichtspunkt der möglichen Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerinnen ist in erster Linie zu untersuchen, ob ein auf die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes gerichteter baupolizeilicher Auftrag dem Grunde nach erlassen werden durfte, bejahendenfalls - in zweiter Linie - die materielle und formelle Richtigkeit des Spruches.
Die Zulässigkeit eines baupolizeilichen Auftrages der vorliegenden Art ist dann zu bejahen, wenn der errichtete Bau von der erteilten Baubewilligung abweicht, d.h. konsenslos ist.
§ 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 4/1984 in der hier noch anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 38/1984 lautet auszugsweise:
"§ 16b
Sonderflächen für Einkaufszentren
(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind Einkaufszentren Gebäude mit Verkaufsräumen von insgesamt mehr als 400 m2 Nutzfläche ..., in denen insbesondere auch Waren des täglichen Bedarfes, jedenfalls Lebensmittel angeboten werden. ...
(2) Die Baubewilligung für die Errichtung eines Einkaufszentrums darf nur erteilt werden, wenn dieses Gebäude auf einer Grundfläche, die als Sonderfläche für Einkaufszentren gewidmet ist, errichtet wird und die Nutzfläche der in diesem Gebäude vorgesehenen Verkaufsräume insgesamt das im Flächenwidmungsplan festgesetzte Höchstausmaß nicht übersteigt. Die Verwendung eines bisher anderweitig verwendeten Gebäudes als Einkaufszentrum sowie die Vergrößerung der Nutzfläche der Verkaufsräume eines bestehenden Einkaufszentrums bedürfen einer Baubewilligung. ..."
Es ist unbestritten, daß eine Sonderflächenwidmung als Voraussetzung für die Zulässigkeit des gegenständlichen Lebensmittelmarktes als Einkaufszentrum im Sinne des § 16b Abs. 2 TROG nicht vorliegt. Der Lebensmittelmarkt der Beschwerdeführerinnen wäre dann (und zwar zur Gänze - vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 89/06/0033) - konsenslos, wenn durch eine von der Baubewilligung abweichende Bauführung anstelle eines Lebensmittelmarktes, der nicht als Einkaufszentrum anzusehen ist, ein die Grenzwerte des § 16b Abs. 1 TROG überschreitender (und deshalb als Einkaufszentrum anzusehender) Lebensmittelmarkt errichtet worden wäre, mit anderen Worten, wenn das Gebäude nachträglich mit "Verkaufsräumen von insgesamt mehr als 400 m2 Nutzfläche" ausgestattet wurde.
Nach der insoweit zwischen den Parteien nicht strittigen Interpretation des dem Baubewilligungsbescheid vom 20. August 1987 zugrundeliegenden (und einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden) Einreichplanes sollte die Unterteilung des (unstrittig insgesamt mehr als 400 m2 großen und 4 m hohen) Geschäftsraumes in einen Verkaufs- und einen Lagerbereich durch ein 2 m hohes Regal unter Freilassung eines Durchganges von 2,50 m erfolgen. Abgesehen davon, daß die Aufstellung eines solchen Regales an sich keine bewilligungspflichtige Bauführung ist, weil es sich um einen Einrichtungsgegenstand handelt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1980, Zl. 906/78), weshalb auch die Einzeichnung eines solchen Regales in den Einreichplan dieses noch nicht zum Bestandteil des Baukonsenses macht, konnte der 4 m hohe Raum durch ein solches Regal nicht in zwei RÄUME unterschiedlicher Nutzung im Sinne des § 16b TROG abgeteilt werden; es liegt vielmehr auch unter Berücksichtigung dieses Regales nur EIN RAUM vor, in welchem - neben der beabsichtigten Lagerung - Lebensmittel zum Verkauf angeboten werden sollten. Ein solcher Raum ist (mangels einer baulich bedeutsamen Teilung) EIN Verkaufsraum im Sinne des § 16b TROG. Durch die Weglassung des Regales wurde daher nicht die konsensgemäße Raumeinteilung verändert.
Es liegt in der Weglassung dieses Regales aber auch keine (gemäß § 25 lit. d TBO bewilligungspflichtige) "Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen", die "auf die Zulässigkeit des Gebäudes ... einen Einfluß haben kann". Die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf einer Grundfläche, die nicht als Sonderfläche im Sinne des § 16 b TROG gewidmet ist, ist insoweit zulässig, als nicht ein Gebäude mit "Verkaufsräumen von insgesamt von mehr als 400 m2 Nutzfläche ... in denen im besonderen auch Waren des täglichen Bedarfs, jedenfalls Lebensmittel, angeboten werden" vorliegt. Eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung läge somit nur dann vor, wenn die Einbeziehung des mit "Lager 67,41 m2" umschriebenen Raumteiles in die Verkaufsfläche eine im Lichte des § 16b TROG insoweit bedeutsame Änderung wäre, daß DADURCH ein Gebäude mit Verkaufsräumen von mehr als 400 m2 entstünde, maW, der Begriff der Nutzfläche (nur) im Sinne einer AKTIVEN VERKAUFSFLÄCHE (die durch die Einbeziehung des Lagers vergrößert wurde) zu verstehen wäre. Eine solche Auslegung läßt
jedoch der Gesetzeswortlaut nicht zu: Der Relativsatz "... in
denen ... Waren ... jedenfalls Lebensmittel ... angeboten
werden" im "§ 16b Abs. 1 TROG bezieht sich nicht - wie die Beschwerdeführerinnen meinen - auf die Wendung "400 m2 Nutzfläche", sondern auf das Wort "Verkaufsräume". Jeder Raum, in dem Waren des täglichen Bedarfes, jedenfalls Lebensmittel, angeboten werden, ist ein Verkaufsraum, dessen GESAMTE NUTZFLÄCHE auf das in § 16b TROG genannte Ausmaß von 400 m2 anzurechnen ist (wobei seitens des Verwaltungsgerichtshofes kein Bedenken dagegen besteht, von jenem Begriff der Nutzfläche auszugehen, wie er etwa im § 17 Abs. 2 des Mietrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 520/1981, umschrieben ist; vgl. dazu WÜRTH in Rummel II, § 17 MRG Rdz. 7 und 8). Da durch die Einbeziehung des "Lagers" in die aktive Verkaufsfläche eine Veränderung der (so verstandenen) NUTZFLÄCHE des Verkaufsraums nicht eingetreten ist, liegt darin auch keine im Sinn des § 25 lit. d TBO bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes.
Es ist daher im Beschwerdefall zwar die Baubewilligung unter Verletzung des § 16b Abs. 2 TROG erteilt worden; solange sich jedoch - wie hier - die Bauführung im Rahmen des rechtskräftig festgelegten Baukonsenses hält, kommt die Erteilung baupolizeilicher Aufträge weder im Sinne des § 40, noch des § 44 TBO in Betracht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß es der Erörterung der weiteren Fragen bedarf, ob der Auftrag in der vorliegenden Form rechtens überhaupt erteilt werden durfte, ob er hinreichend bestimmt ist und ob es zulässig war, BEIDEN Beschwerdeführerinnen den beschwerdegegenständlichen baupolizeilichen Auftrag zu erteilen, ohne näher darzulegen, in welcher Eigenschaft die Beschwerdeführerinnen jeweils in Anspruch genommen wurden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 89/06/0033).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)