VwGH 90/06/0016

VwGH90/06/001617.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. November 1989, Zl. Ve-550-1616/1, betreffend die Abweisung eines Bauansuchens (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1989 §25;
BauO Tir 1989 §3 Abs1;
BauO Tir 1989 §3 Abs2;
BauO Tir 1989 §7 Abs6 lita;
BauO Tir 1989 §7 Abs9;
BauRallg;
BauO Tir 1989 §25;
BauO Tir 1989 §3 Abs1;
BauO Tir 1989 §3 Abs2;
BauO Tir 1989 §7 Abs6 lita;
BauO Tir 1989 §7 Abs9;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund einer Anzeige von Nachbarn wurde dem Beschwerdeführer am 1. August 1988 gemäß § 44 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung (TBO) der Abbruch des (ohne Baubewilligung) auf dem Grundstück Nr. 2028/48 KG X errichteten überdachten Schwimmbeckens angedroht, falls nicht innerhalb eines Monates um Baubewilligung angesucht oder diese nicht erteilt werde.

Der Beschwerdeführer stellte am 28. August 1988 das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung.

Bei der mündlichen Bauverhandlung vom 5. Oktober 1988, an der auch ein Bausachverständiger teilnahm, wurde festgestellt, es handle sich um den Neubau einer baulichen Anlage und eines Gebäudes (23 m2 verbaute Fläche, 84 m3 umbauter Raum). In der Baubeschreibung heißt es, an der Südostecke des Bauplatzes unmittelbar an der südlichen und im Abstand von ca. 60 cm von der östlichen Grundgrenze sei ein überdecktes Schwimmbecken errichtet. Die Überdeckung bestehe aus einer Aluminiumkonstruktion und einer Verglasung aus Plexiglas. Die Oberfläche verlaufe tonnenförmig mit einem höchsten Punkt von 2,60 m über dem aufgeschütteten Gelände des Bauplatzes. Die an der südlichen Grundstücksgrenze befindliche Wand habe vom Gelände des Nachbargrundstückes eine Höhe von 3,80 m. Die (östliche) Nachbarin erhob Einwendungen insbesondere wegen Nichteinhaltung des Abstandes. Der Bausachverständige erklärte, daß deshalb das Bauvorhaben den baurechtlichen Bestimmungen widerspreche. Trotz Aufforderung zur Vorlage weiterer Unterlagen übermittelte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers lediglich eine Vereinbarung mit den südlichen Nachbarn im Sinne des § 7 Abs. 8 TBO a.F.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Juni 1989 wurde das Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für ein Schwimmbecken mit Überdachung gemäß § 31 Abs. 4 TBO in der Fassung der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 33/1989 abgewiesen. Nach Wiedergabe der Ergebnisse der Bauverhandlung heißt es, gemäß § 3 Abs. 2 TBO seien Gebäude überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossende bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Das Schwimmbad sei überdeckt, allseits umschlossen, könne von Menschen betreten werden und diene deren Schutz. Es sei somit ein Gebäude. Es habe gegenüber der östlichen und südlichen Grundstücksgrenze nicht den gemäß § 7 Abs. 1 lit. b TBO erforderlichen Mindestabstand von 4 m. Nach § 7 Abs. 6 lit. a TBO dürften in den Abstandsflächen oberirdische bauliche Anlagen errichtet werden, wenn die Höhenlage der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand 2,80 m nicht übersteige. Nach Abs. 9 dürfen die nach Abs. 6 lit. a TBO zulässigen baulichen Anlagen nur dem Schutz von Sachen dienen. Da ein Schwimmbad dem Aufenthalt von Menschen diene und das gegenständliche in der Abstandsfläche liege, stehe das Ansuchen im Widerspruch zu den Bestimmungen der Bauordnung.

In der rechtzeitig erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer, über Schwimmbecken und Überdachung wegen der Trennbarkeit der Ansuchen separate Bescheide zu erlassen.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. Oktober 1989 wurde der Berufung hinsichtlich des unterirdischen Schwimmbeckens Folge gegeben und hiefür die Baubewilligung erteilt.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 17. Oktober 1989 wurde die Berufung, soweit sie sich gegen die Abweisung des Bauansuchens hinsichtlich der Überdachung des Schwimmbeckens richtete, als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 3 Abs. 1 TBO seien bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Die Überdachung des Schwimmbades bestehe unwidersprochen aus einer Aluminiumkonstruktion und einer Verglasung mit Plexiglas. Zur fachgerechten Herstellung seien zweifellos bautechnische Kenntnisse erforderlich, es seien z.B. allfällige Schneelasten, Winddruck, etc. zu berücksichtigen. Ebenso müsse eine derartige Konstruktion bei fachgerechter Herstellung eine Verbindung mit dem Erdboden haben, um z.B. ein Abheben bei Wind zu vermeiden. Für eine fachgerechte Ausführung seien jedenfalls bautechnische Kenntnisse erforderlich. Auch die Materialien - Aluminium und Plexiglas - seien Baustoffe, die für die Herstellung einer baulichen Anlage verwendet würden, im Gegensatz zu dem in der Berufungsschrift behaupteten "zeltähnlichen Charakter". Die Überdachung sei somit eine bauliche Anlage. Unter Wiederholung der schon im Bescheid des Bürgermeisters wiedergegebenen Bestimmungen der Abs. 6 und 9 des § 7 TBO heißt es weiters, die bauliche Anlage diene offensichtlich dem Aufenthalt von Menschen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers sei das Beurteilungskriterium nicht der Umstand, daß eine bauliche Anlage von Menschen betreten werden könne, wie es bei einer Garage oder Holzlege der Fall sei. Die Garage diene dem Abstellen von Kraftfahrzeugen, die Holzlege dem Lagern von Holz. Im Gegensatz dazu diene die Schwimmbeckenüberdachung primär dem Aufenthalt von Menschen. Durch die Überdachung werde ein Raum geschaffen, in dem sich, als Selbstzweck, Menschen aufhalten. Ob der Aufenthalt kurzzeitig ist, sei ohne Bedeutung, das Schwimmbad mit der Überdachung diene (als einziger Verwendungszweck) dem Schwimmen, also dem Aufenthalt von Menschen. Da nach § 7 Abs. 9 TBO die oberirdische bauliche Anlage (in den Abstandsflächen) nur dem Schutz von Sachen dienen dürfe, sei das Vorbringen des Beschwerdeführers unbegründet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. November 1989 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 6 und 9 TBO aus, die Schwimmbeckenüberdachung stelle eine bauliche Anlage im Sinne des § 3 Abs. 1 TBO dar, wie dies schon der Gemeindevorstand zutreffend bejaht habe. Es sei daher weiters zu prüfen, ob diese bauliche Anlage tatsächlich nur dem Schutz von Sachen diene. Einziges Kriterium für eine in der Abstandsfläche zulässige bauliche Anlage bilde nämlich der Umstand, daß diese nur dem Schutz von Sachen dienen dürfe. Dies bedeute jedoch nicht - wie der Beschwerdeführer meine -, daß die bauliche Anlage gleichzeitig einen Aufenthaltsraum im Sinne des § 3 Abs. 3 TBO, somit einen Raum, der zum ständigen oder längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt sei, darstellen müsse. Es könne auch in diesem Zusammenhang auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid der Gemeindebehörde verwiesen werden, wo klargestellt sei, daß die als Schwimmbeckenüberdachung dienliche bauliche Anlage nicht nur dem Schutz von Sachen diene. Der Beschwerdeführer selbst führe aus, daß die Überdachung dem Aufenthalt von Menschen diene, er meine jedoch unzutreffend, daß die Kurzzeitigkeit von Bedeutung sei. Da die bauliche Anlage somit § 7 Abs. 9 TBO widerspreche, sei die Abweisung zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat hiezu eine Replik erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen der Tiroler Bauordnung in der Fassung der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 33/1989 von Bedeutung:

"§ 3

 

(1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.

(2) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.

(3) Aufenthaltsräume sind Räume in Gebäuden, die zum ständigen oder längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt sind."

 

"§ 7

.....

(6) In den Abstandsflächen, die sich aus den Mindestabständen von drei oder vier Metern nach Abs. 1 ergeben, dürfen folgende baulichen Anlagen errichtet werden:

a) oberirdische bauliche Anlagen, wenn die Höhe der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand 2,80 m, bei baulichen Anlagen im Gewerbe- und Industriegebiet sowie bei Glashäusern für gärtnerische Zwecke 3,50 m nicht übersteigt,

.....

 

(9) Die nach Abs. 6 lit. a zulässigen baulichen Anlagen dürfen ..... Die nach Abs. 6 lit. a zulässigen baulichen Anlagen dürfen nur dem Schutz von Sachen dienen. ....."

Daß es sich bei der Schwimmbeckenüberdachung um eine bauliche Anlage im Sinne des § 3 Abs. 1 TBO handelt, wurde von der belangten Behörde in Übereinstimmung mit den Gemeindebehörden zutreffend dargelegt. Diese bauliche Anlage, die zur Gänze umschlossen und mit 2,60 m Höhe auch raumbildend ist, weist an der Längsfront Öffnungsmöglichkeiten auf und ist dazu bestimmt, von Menschen betreten zu werden, wie die vorhandenen, teilweise vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Lichtbilder beweisen. Im Innern können neben dem Schwimmbecken z. B. noch Sitzgelegenheiten usw. aufgestellt werden.

Gemäß § 7 Abs. 9 TBO dürfen aber oberirdische bauliche Anlagen mit einer Höhe von höchstens 2,80 m (beim hier gegebenen Wohngebiet) in den Abstandsflächen u.a. nur dann errichtet werden, wenn sie nur dem Schutz von Sachen dienen. Daß bei der Überdachung eines für Menschen bestimmten Schwimmbeckens in dem hier vorgesehenen Ausmaß und bei der gegebenen Konstruktion nicht davon ausgegangen werden kann, die Anlage diene (gleich einer bloßen Abdeckung) nur dem Schutz von Sachen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die anderslautenden Ausführungen in der Replik des Beschwerdeführers vermögen in keiner Weise zu überzeugen. Der vom Beschwerdeführer angestellte Vergleich mit einer Garage, mit einer Holzlege oder einem Werkzeugschuppen schlägt fehl, da solche Anlagen schon begrifflich zum Schutz von Sachen bestimmt sind.

Wenn der Beschwerdeführer ausführt, daß seiner Meinung nach die Überdachung nicht als ein Aufenthaltsraum im Sinne des § 3 Abs. 3 TBO anzusehen sei, so übersieht er, daß § 7 Abs. 9 TBO keinesfalls auf das Vorliegen eines SOLCHEN Raumes abstellt, worauf schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend Bezug genommen hat.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47. ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte