Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 29. Mai 1989 wurden der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für das Projekt "Dorfpark Y" (Hotel, Restaurant, Großmarkt, Geschäftslokale und Wohnungen) auf näher bezeichneten Grundparzellen in Y gemäß § 77 GewO 1973 unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen genehmigt (Spruchpunkte I und III), die Einwendungen unter anderem der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt II) und der mitbeteiligten Partei die Entrichtung der Verfahrenskosten aufgetragen (Spruchpunkt IV).
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie den Antrag stellte, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß der Beschwerdeführerin die Partei- und Nachbarstellung zuerkannt und der Genehmigungsantrag - allenfalls nach Aufnahme weiterer Beweise - abgewiesen werde.
Daraufhin erließ der Landeshauptmann von Vorarlberg am 24. August 1989 einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Der Berufung der N, Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 29.5.1989, Zl. II-2326/88, womit die Einwendungen u. a. der N im gewerbebehördlichen Verfahren betreffend M-GesmbH, X, Errichtung und Betrieb des Projektes "Dorfpark Y", Y, als verspätet zurückgewiesen wurden, wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit §§ 356 GewO 1973 und 42 AVG 1950 keine Folge gegeben und der angefochtene Spruchpunkt II., soweit hiemit über die Einwendungen der N abgesprochen wurde, mit der Maßgabe bestätigt, daß die Zurückweisung der Einwendungen wegen Unzulässigkeit unter Zugrundelegung der §§ 356 GewO 1973 und 42 AVG 1950 erfolgte."
Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit Bescheid vom 23. Februar 1990 hob der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den zweitbehördlichen Bescheid im Grunde des § 59 Abs. 1 AVG 1950 auf (Spruchpunkt I) und wies im übrigen die Berufung, soweit darin die Abweisung des Genehmigungsansuchens für die Betriebsanlage (Dorfpark Y) im Standort KG Y beantragt werde, gemäß § 63 Abs. 1 AVG 1950 zurück. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe des Inhaltes des § 59 Abs. 1 AVG 1950 führte der Bundesminister zur Begründung aus, die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe sich sowohl gegen die Zurückweisung der Einwendungen der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren als auch gegen die Genehmigung der Betriebsanlage selbst gerichtet. Aus diesem Berufungsvorbringen ergebe sich der für die Gewerbebehörde zweiter Instanz maßgebliche Prozeßgegenstand. Dieser lasse eine Trennung nach mehreren Punkten nur dann zu, wenn die Entscheidung über jeden dieser Punkte ohne Einfluß auf die Entscheidung über alle anderen Punkte sei, sodaß jeder Punkt als Hauptfrage für sich entschieden werden könne. Im gegenständlichen Fall sei eine gesonderte Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Einwendungen einerseits und über die Zulässigkeit der Berufung gegen die Genehmigung der Betriebsanlage andererseits rechtlich nicht möglich. Komme die Gewerbebehörde zweiter Instanz daher zu der Auffassung, die "Einwendungen" der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Bescheid seien zu Recht zurückgewiesen worden und der diesbezügliche Spruchteil daher zu bestätigen, so habe sie gleichzeitig die Berufung, soweit sich diese gegen die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage richte, mangels Parteistellung zurückzuweisen, zumal in der Berufung nicht die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides, sondern die Abweisung des Genehmigungsansuchens beantragt worden sei. Da die Gewerbebehörde zweiter Instanz jedoch lediglich über das Berufungsvorbringen betreffend den Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides entschieden habe, habe sie einen im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG 1950 unzulässigen Teilbescheid erlassen. In der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den zweitbehördlichen Bescheid werde auch die Abweisung des Ansuchens auf Genehmigung der Betriebsanlage beantragt. Gegenstand des angefochtenen Bescheides sei jedoch lediglich die Frage der Zulässigkeit von "Einwendungen" gewesen. Das über den Gegenstand der Erledigung hinausgehende Berufungsvorbringen habe daher meritorisch nicht behandelt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung mit Beschluß vom 31. Juli 1990 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, daß die belangte Behörde den Bescheid der Gewerbebehörde zweiter Instanz nicht behebe und zurückverweise, sondern selbst meritorisch entscheide. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, bei dem zweitbehördlichen Bescheid handle es sich nicht um einen unzulässigen Teilbescheid. Die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe sich gegen die Zurückweisung der Einwendungen der Beschwerdeführerin und damit auch gegen die Genehmigung der Betriebsanlage selbst gerichtet. Die Gewerbebehörde zweiter Instanz sei zur Auffassung gekommen, die Einwendungen der Beschwerdeführerin seien verspätet erfolgt. Die Einwendungen seien daher im Spruch des Bescheides als verspätet zurückgewiesen und es sei der Berufung keine Folge gegeben worden. Damit habe die belangte Behörde sowohl über den Spruchpunkt I als auch den Spruchpunkt II abgesprochen. Hinsichtlich des Spruchpunktes II habe die Gewerbebehörde zweiter Instanz allerdings noch festgehalten, daß die Zurückweisung der Einwendungen wegen Unzulässigkeit nach § 356 GewO 1973 und 42 AVG 1950 erfolge. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde liege daher kein Teilbescheid vor. Die belangte Behörde hätte daher den Bescheid nicht beheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die zweite Instanz zurückverweisen dürfen, sondern in der Sache selbst entscheiden müssen. Selbst dann, wenn ein Teilbescheid vorläge, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 in der Sache selbst zu entscheiden. Die in gesetzwidriger Weise erfolgte Ablehnung der Zuständigkeit belaste den angefochtenen Bescheid auch mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde.
Vorweg ist zu bemerken, daß der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsansicht der mitbeteiligten Partei, es mangle der Beschwerdeführerin an der "Beschwerdelegitimation", weil in der Zwischenzeit der Landeshauptmann von Vorarlberg einen neuerlichen Bescheid erlassen habe, der den im angefochtenen Bescheid geforderten Voraussetzungen entspreche und welcher über Berufung der Beschwerdeführerin durch Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. Oktober 1990 bestätigt worden sei, nicht beizupflichten vermag. Durch die genannten Umstände ist die Möglichkeit einer Verletzung der Beschwerdeführerin in dem eingangs genannten Beschwerdepunkt nicht weggefallen.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.
Von einer die getrennte Entscheidung unzulässig machenden Untrennbarkeit mehrerer Entscheidungspunkte kann nur dann gesprochen werden, wenn keiner der Entscheidungspunkte für sich allein selbständig bestehen könnte (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. März 1984, Slg. N.F. Nr. 11357/A).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Wortlaut des zweitbehördlichen Bescheides der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, der Landeshauptmann von Vorarlberg habe über das gesamte Berufungsbegehren entschieden, nicht beizutreten. Im übrigen erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, bei der Entscheidung über die Zurückweisung von Einwendungen eines Nachbarn und der Entscheidung über eine von diesem Nachbarn erhobene Berufung handle es sich um untrennbare Elemente einer einheitlichen Entscheidung, als nicht rechtswidrig. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend darlegte, stehen beide Entscheidungselemente in einem solchen inneren Zusammenhang, daß sie nicht einzeln für sich selbst bestehen können. Es bildet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24. August 1989 als im Widerspruch zu § 59 Abs. 1 AVG 1950 stehend aufhob.
Da - wie bereits oben ausgeführt - der Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24. August 1989 einen Ausspruch über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den die in Rede stehende Betriebsanlage genehmigenden Teil des erstbehördlichen Bescheides nicht enthält, bedeutet es schließlich im Hinblick auf die Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG 1950, wonach die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde durch die "Sache" des angefochtenen Bescheides begrenzt ist, auch keine Rechtswidrigkeit, wenn die belangte Behörde im Punkt II des angefochtenen Bescheides die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den zweitbehördlichen Bescheid insoweit zurückwies, als damit eine Entscheidung über das Genehmigungsansuchen der mitbeteiligten Partei begehrt wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das einen höheren Schriftsatzaufwand zuzüglich Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Ersatzanspruches abzuweisen.
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