VwGH 90/03/0261

VwGH90/03/026113.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. September 1990, Zl. IIb2-V-8586/1-1990, betreffend Zurückweisung einer Berufung (Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §56;
VStG §24;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §56;
VStG §24;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Unter Hinweis auf das gegen ihn durchgeführte Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen nach § 52 lit. a Z. 10a und nach § 20 Abs. 2 StVO erstattete der Beschwerdeführer während des erstbehördlichen Verfahrens mit Schriftsatz vom 27. März 1990 an die Erstbehörde, bei dieser eingelangt am 29. März 1990, folgende Anzeige:

"In obiger Angelegenheit hat nunmehr der Beschuldigte Herrn RA Dr. K die Vollmacht widerrufen und mit der Fortführung dieser Angelegenheit Herrn RA Dr. G beauftragt.

Der Beschuldigte legt die Vollmacht vor und ersucht ....."

In der Folge erstattete der Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt Dr. G mit Schriftsatz vom 10. Juni 1990 eine Stellungnahme.

Die als Straferkenntnis bezeichnete Erledigung der Erstbehörde vom 25. Juni 1990 enthält folgende Anschrift (Zustellverfügung):

"Herrn

N .....

z.Hd. des Rechtsanwaltes

Dr. K ....."

 

Die Zustellung an Dr. K erfolgte am 28. Juni 1990.

Unter Bezugnahme auf eine Zustellung am 29. Juni 1990 erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12. Juli 1990 das Rechtsmittel der Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als verspätet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Berufung sei als verspätet zurückzuweisen gewesen, da das erstbehördliche Straferkenntnis nachweislich am 28. Juni 1990 zugestellt, die Berufung jedoch, ungeachtet der vollständigen und richtigen Rechtsmittelbelehrung, erst am 13. Juli 1990 und somit einen Tag nach Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Wochen bei der Erstbehörde eingebracht worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Straferkenntnisse sind dem Beschuldigten, im Falle, daß er vertreten ist, seinem Vertreter zuzustellen (siehe § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG 1950; § 9 des Zustellgesetzes). Nach § 13 Abs. 1 des Zustellgesetzes ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Im vorliegenden Fall wurde nicht der Vertreter des Beschwerdeführers, dessen Stellung als Vertreter der Erstbehörde mit Schriftsatz vom 27. März 1990 bekanntgegeben worden war, sondern Dr. K, also eine seit der Erstattung des Schriftsatzes vom 27. März 1990 an dem gegen den Beschwerdeführer durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren unbeteiligte Drittperson, als Empfänger bezeichnet. Die erstbehördliche, als Straferkenntnis bezeichnete Erledigung vom 25. Juni 1990 wurde nicht dem Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter, sondern am 28. Juni 1990 der als Empfänger bezeichneten anderen Person zugestellt. Insofern kam eine Heilung eines Zustellmangels weder im Sinne des § 7 noch im Sinne des zweiten Satzes des § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes in Betracht. Durch die Zustellung an die als Empfänger bezeichnete Person konnte, da es sich um eine unbeteiligte Drittperson handelte, die Erlassung eines Straferkenntnisses nicht bewirkt werden. Der von der belangten Behörde herangezogene Zurückweisungsgrund einer Verspätung der Berufung lag daher nicht vor.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 106/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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