VwGH 90/03/0099

VwGH90/03/009922.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. Februar 1990, Zl. 9/01-31.434/12-1990, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 6. Juni 1988 um 07.30 Uhr in Salzburg, auf Höhe Landstraße Nr. n, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftwagen gelenkt und dabei mit dem linken Rückspiegel den von einer anderen Verkehrsteilnehmerin gelenkten, dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftwagen im Bereich der rechten Tür und des rechten Kotflügels gestreift, wodurch dieses Kraftfahrzeug beschädigt worden sei, und habe es unterlassen, a) am Unfallsort sofort anzuhalten und b) ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Verkehrsunfall zu verständigen. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach zu a) § 4 Abs. 1 lit. a StVO und zu b) § 4 Abs. 5 StVO begangen. Wegen dieser Übertretungen wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. haben die im Abs. 1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0058) haben sowohl die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO als auch die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. zur Voraussetzung, daß es zu einem Verkehrsunfall - das ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat - gekommen und das Verhalten der betreffenden Person am Unfallsort damit in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß es am Unfallsort zur Tatzeit zu einer Berührung des vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeuges mit dem von einer anderen Verkehrsteilnehmerin gelenkten Fahrzeug kam und dabei das Fahrzeug dieser Verkehrsteilnehmerin beschädigt wurde. Solcherart stand auch das Verhalten des Beschwerdeführers mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang, weshalb er verpflichtet war, den im § 4 Abs. 1 lit. a und Abs. 5 StVO normierten Verpflichtungen selbst dann nachzukommen, wenn ihn am Zustandekommen des Unfalles - wie er behauptet - kein Verschulden traf. Denn für die Begehung der Delikte des § 4 Abs. 1 und des § 4 Abs. 5 StVO ist die Frage des Verschuldens am Verkehrsunfall ohne Bedeutung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1986, Zl. 85/03/0164, wonach es im Hinblick auf die Verpflichtungen nach § 4 StVO nicht darauf ankommt, ob ein Verschulden am Zustandekommen eines Verkehrsunfalles gegeben ist). Demnach entbehrt das Vorbringen in der Beschwerde, es sei zu dem Verkehrsunfall durch das rechtswidrige Verhalten der Unfallsgegnerin gekommen, der Relevanz.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat (vgl. dazu das Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0153) setzen sowohl die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO als auch die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. auch das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern es genügt - da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG 1950) -, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können. Die Tatbestände des § 4 Abs. 1 lit. a und des § 4 Abs. 5 StVO sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen ermocht hätte. Weiters muß der Lenker den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuwenden.

Ausgehend davon ist der angefochtene Bescheid schon in Hinsicht auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren nicht als rechtswidrig zu erkennen. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren und in der vorliegenden Beschwerde habe sich zur Unfallszeit in dem Bereich, in dem sich der Vorfall ereignete, eine Baustelle befunden, durch die die Fahrbahn, die in diesem Bereich in Fahrtrichtung des Beschwerdeführers (stadteinwärts) zwei Fahrstreifen aufweist, verengt gewesen sei, sodaß im wesentlichen nur mehr ein Fahrstreifen zur Verfügung gestanden sei. Der Beschwerdeführer sei - so brachte er weiters vor - einem dort aufgestellten und ausschwenkenden Bagger minimal nach links ausgewichen, ohne jedoch den von ihm benützten Fahrstreifen zu verlassen, als er wahrgenommen habe, daß ihn die Unfallsgegnerin unter Überfahren der Sperrlinie zu überholen versucht habe. Dabei habe sie anscheinend mit ihrem Fahrzeug den linken Außenspiegel seines Fahrzeuges gestreift, ehe sie ihr vorschriftswidriges Überholmanöver abgebrochen habe. Da er von der Streifung nichts bemerkt habe, sei er weitergefahren und habe kurz danach vor einer Verkehrsampel anhalten müssen. Die Unfallsgegnerin sei aus ihrem Fahrzeug ausgestiegen, habe aber keine Anstalten getroffen, sich zu seinem Fahrzeug zu begeben oder ihn sonst auf die Beschädigung ihres Fahrzeuges aufmerksam zu machen.

Bei diesem vom Beschwerdeführer geschilderten Sachverhalt hätte der Beschwerdeführer, insbesondere in Hinsicht auf die Verengung der Fahrbahn durch die damals im Bereich des Unfallsortes vorhanden gewesene Baustelle, erhöhte Aufmerksamkeit walten lassen müssen, umsomehr, als er mit seinem Fahrzeug wegen eines ausschwenkenden Baggers, wenn auch nur geringfügig, nach links ausgewichen ist, während ihn die Unfallsgegnerin nach seiner Version zu überholen versucht habe. Gerade letzter Umstand hätte den Beschwerdeführer veranlassen müssen, sich durch geeignete Maßnahmen - etwa durch einen (sofortigen) Blick in den Rückspiegel - davon zu überzeugen, daß es hiebei ungeachtet dessen zu keiner Kontaktierung der Fahrzeuge gekommen ist, zumal die Unfallsgegnerin mit ihrem Fahrzeug nach diesem Vorfall - unbestritten - anhielt und aus dem Fahrzeug ausstieg. Wenn der Beschwerdeführer die Streifung, mit der er nach dem Vorgesagten in ursächlichem Zusammenhang stand, nicht wahrgenommen hat, weil er die ihm möglichen und zumutbaren Erkundigungen unterließ, ist ihm dieser Umstand als Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG anzurechnen (vgl. auch dazu das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0153, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur zum vergleichenden Fall des Durchfahrens einer engen Straßenstelle).

Bei diesem Ergebnis, bei dem sich der angefochtene Bescheid selbst auf dem Boden der Rechtfertigung des Beschwerdeführers und der Beschwerdebehauptungen nicht als rechtswidrig erweist, können die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel, wie etwa die der belangten Behörde unterstellte Aktenwidrigkeit oder mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides, nicht wesentlich sein; insbesondere bedurfte es auch nicht der Aufnahme weiterer Beweise.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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