VwGH 90/02/0148

VwGH90/02/014820.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. März 1990, Zl. I/7-St-H-89138, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 30. Juli 1988 um 13.00 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einem näher bezeichneten Ort in Neu-Guntramsdorf nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden a) nicht sofort angehalten und b) es als eine Person, deren Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl kein Identitätsnachweis erfolgt sei. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zunächst ist im Hinblick auf das Vorbringen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde richte sich gegen einen Bescheid des "Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung", darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer als belangte Behörde ausdrücklich (und zutreffend) die Landesregierung bezeichnet hat. Im übrigen wäre selbst die Benennung des Amtes der Landesregierung kein Zurückweisungsgrund, wenn die belangte Behörde aus dem vorgelegten angefochtenen Bescheid einwandfrei hervorgeht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3. Auflage, Seite 240).

Die belangte Behörde bemängelt weiters, daß es sich bei den auf Seite 1 der Beschwerde angeführten Paragraphen (§ 64 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 65 VStG) um keine Straf- sondern Kostenbestimmungen handle, woraus zu schließen wäre, daß sich die Beschwerde lediglich gegen die Strafhöhe richte.

Die Unrichtigkeit dieser Argumentation ergibt sich deutlich aus der Formulierung des Beschwerdepunktes in Verbindung mit den Beschwerdegründen. Der Beschwerdeführer wendet sich danach gerade gegen den Schuldspruch, nicht gegen die Strafbemessung.

Zu seinen Ausführungen ist zu bemerken:

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Nach § 4 Abs. 5 StVO haben die in Abs. 1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Anhalte- und die Meldepflicht ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/02/0165).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß es anläßlich des in Rede stehenden Vorfalles zu einem Sachschaden (Beschädigung des linken hinteren Blinkerglases sowie Delle im Kotflügel eines abgestellten Pkws) gekommen ist. Er gibt auch zu, einen Knall gehört zu haben. Er behauptet aber, diese Wahrnehmung indiziere keineswegs die Vermutung, daß das Geräusch mit einem verursachten Sachschaden in Zusammenhang stehe. Er habe angenommen, daß das Geräusch aus einem der Hausgärten stamme.

Dem ist entgegenzuhalten, daß der Pkw des Beschwerdeführers dem abgestellten Pkw gefährlich nahe gekommen war, wie der nachfolgende Kontakt zeigte. Bei dieser Situation war der Beschwerdeführer zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet (vgl. wiederum das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. Jänner 1991). Wenn er anläßlich der Vorbeifahrt am abgestellten Pkw mit ungenügendem Sicherheitsabstand einen Knall hörte, diesen aber auf eine andere Ursache zurückführte, so ist ihm das behauptete Nichtwissen vom Unfall dennoch als Verschulden anzulasten. Er hatte damit nämlich von Umständen Kenntnis, aus denen er auf die Möglichkeit eines Unfalles mit Sachschaden schließen mußte. Dafür spricht auch, daß ihn das wahrgenommene Geräusch seinen Angaben nach zu einem Blick in den Rückspiegel veranlaßt hatte.

Die belangte Behörde ist somit nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie zum Ergebnis gelangt ist, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Anhalte- und die Meldepflicht gegeben waren.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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