VwGH 89/17/0127

VwGH89/17/012725.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde 1.) der AS, 2.) des NF, 3.) der OF gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 5. Dezember 1988, Zl. MD - 7845/1988, betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Stadtgemeinde Innsbruck zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. Oktober 1984 erteilte der Stadtmagistrat Innsbruck, Bauamt, dem Zweit-Beschwerdeführer die Bewilligung zur Errichtung einer aus 10 Einfamilienhäusern bestehenden Wohnanlage im Anwesen X-Straße nn auf den Gpn. n1 und n2, beide KG Z, und zwar unter der aufschiebenden Bedingung der grundbücherlichen Zusammenlegung dieser genannten Gpn. zu einem Bauplatz.

Laut dem im Akt erliegenden Teilungsausweis der "Arbeitsgemeinschaft Vermessung Tirol" wurde die im Eigentum der drei Beschwerdeführer stehende, inzwischen offenbar zusammengelegte Liegenschaft Gp. n1 in die Grundstücke n1/1 bis n1/11 geteilt.

Mit Bescheid vom 4. Juni 1987 setzte der Stadtmagistrat Innsbruck gegenüber den Beschwerdeführern für die mit Bescheid des Stadtbauamtes vom 10. Oktober 1984 genehmigte Bauführung im Anwesen Innsbruck, X-Straße nn, Gp. n1/1-11, KG Z, auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes vom 25. November 1968 über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969 (Gehsteigabgabengesetz), sowie des Beschlusses des Gemeinderates vom 27. Jänner 1984 über die Festsetzung des Einheitssatzes die Gehsteigabgabe unter Zugrundelegung einer Fläche des Bauplatzes von 5.764 m2 und einer voll anrechenbaren Baumasse von 6.542 m3 mit S 207.328,-- fest.

In der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer - soweit für vorliegendes Verfahren noch von Bedeutung - unter anderem geltend, daß im Bereich X-Straße nicht mehr von einer "erstmaligen" Herstellung eines Gehsteiges gesprochen werden könne, zumal in diesem Straßenzug Gehsteige bereits vorhanden seien. Bei der Berechnung des Bauplatzanteiles sei auch nicht berücksichtigt worden, daß die Eigentümer der Gpn. n1/1 bis n1/10 die sich über die ganze Länge der Gp. n1/11 erstreckende Erschließung selbst zu tragen hätten und dieser Umstand in analoger Anwendung der Tiroler Bauordnung (TBO) abgabenmindernd zu berücksichtigen gewesen wäre. Im Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung sei von einem Beginn allfälliger Gehsteigerrichtungsarbeiten noch keine Rede gewesen, sodaß die Abgabenvorschreibung auch aus diesem Grunde nicht zu Recht erfolgt sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck die Berufung als unbegründet ab. Zu dem oben wiedergegebenen Berufungsvorbringen führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Abgabentatbestand der einmaligen Abgabe nach § 2 Abs. 1 Gehsteigabgabengesetz enthalte keine Bezugnahme darauf, ob ein Gehsteig in der betreffenden Straße oder vor dem in Betracht kommenden Bauplatz bereits vorhanden sei oder nicht. Da dieser Abgabentatbestand lediglich auf die Tatsache einer Bauführung (Rechtskraft der Baugenehmigung) im Gemeindegebiet von Innsbruck abstelle, könnten die Beschwerdeführer mit ihrem Einwand, daß im Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung von einem Beginn allfälliger Gehsteigerrichtungsarbeiten noch keine Rede (gewesen) sei, eine Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides nicht dartun. Ebensowenig komme es darauf an, daß im Bereich X-Straße Gehsteige bereits vorhanden seien. Die Höhe der Gehsteigabgabe richte sich ausschließlich nach der Größe des Bauplatzes und der Baumasse in Verbindung mit dem zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltenden Einheitssatz. Das Gehsteigabgabengesetz sehe eine Berücksichtigung einer allfälligen von den Abgabepflichtigen selbst bzw. den jeweiligen Eigentümern des Bauplatzes vorzunehmenden Erschließung nicht vor. Die Vorschreibung der Gehsteigabgabe richte sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Gehsteigabgabengesetzes und nicht nach der Tiroler Bauordnung.

Diesen Bescheid bekämpften die Beschwerdeführer zunächst vor dem VfGH, der jedoch mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 156/89, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens in ihrem Recht verletzt, daß ihnen gegenüber Gehsteigabgabe nicht vorgeschrieben werde. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Gehsteigabgabengesetz ermächtigt die Stadt Innsbruck gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, zur teilweisen Deckung der Kosten der erstmaligen Herstellung von zeitgemäßen Gehsteigen (§ 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck) eine Abgabe (§ 14 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 2) zu erheben.

Gemäß § 2 Abs. 1 Gehsteigabgabengesetz sind zur Entrichtung einer einmaligen Abgabe die Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke (Bauplätze) verpflichtet. Unter Bauplätzen sind die nach den Bestimmungen der Innsbrucker Bauordnung bebaubaren, zuzüglich aller demselben Eigentümer gehörigen, daran unmittelbar angrenzenden, selbständig nicht bebaubaren Grundflächen zu verstehen. Die Abgabepflicht entsteht bei Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringen die Beschwerdeführer - zum Teil im Widerspruch mit ihrem Vorbringen auf Verwaltungsebene - vor, entweder aus der Tatsache, daß im Gehsteigabgabengesetz von einer erstmaligen Herstellung zeitgemäßer Gehsteige gesprochen werde, oder aus einem Vergleich mit den Bestimmungen der §§ 19 und 21 TBO sei abzuleiten, daß die gegenständliche Abgabe rechtswidrig erhoben worden sei. Es sei nämlich weder ein Gehsteig errichtet worden noch bestünden Gehsteige.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen beiden Erkenntnissen vom 4. Oktober 1985, Zlen. 84/17/0022 und 84/17/0165, unter Hinweis auf Vorjudikatur dargetan hat, enthält der Abgabentatbestand der EINMALIGEN Abgabe (§ 2 Abs. 1 leg. cit.) keine Bezugnahme auf eine bereits erfolgte oder zumindest in Aussicht genommene Gehsteigherstellung im Bereich jenes Grundstückes, von dessen Eigentümer die Abgabe anläßlich einer Bauführung zu erheben ist. Für diese Auffassung spricht - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zuerst genannten Erkenntnis weiter ausgeführt hat - auch die systematische Eingliederung dieses Abgabentatbestandes in das Gesetz, da der unmittelbar nachfolgende Tatbestand einer LAUFENDEN Abgabe (§ 2 Abs. 2) im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 des Gesetzes die Abgabepflicht darauf abstellt, ob zumindest an einer Seite der Verkehrsfläche ein Gehsteig vorhanden ist.

Es kam daher auch im Beschwerdefall nicht darauf an, ob sich im Bereich der X-Straße bereits ein Gehsteig befindet bzw. ob die Errichtung von Gehsteigen geplant ist oder nicht.

Nicht zielführend ist auch der Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 19 und 21 TBO, weil im Beschwerdefall nicht dieses Gesetz, sondern lediglich das Gehsteigabgabegesetz LGBl. Nr. 23/1969 anzuwenden ist.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, selbst wenn man von der (bestrittenen) Rechtmäßigkeit der eingehobenen Abgabe ausginge, wäre diese unrichtig berechnet, da lediglich die Gp. n1/11 UNMITTELBAR von der X-Straße erschlossen werde und die Erschließung der Gpn. n1/1 bis n1/10 auf eigene Kosten über Gp. n1/1 (gemeint offenbar: n1/11) erfolge.

Dem ist zu erwidern, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Juli 1971, Zl. 343/71, dargetan hat - es sich bei der Gehsteigabgabe zwar um einen Interessentenbeitrag handelt, daß aber selbst jene Grundstücke, die an Privatwegen liegen, vom gesamten übrigen Verkehrsnetz aus aufgeschlossen werden; auch die Eigentümer solcher Grundstücke sind daher, wenngleich in geringerem Ausmaße als die an einer mit einem Gehsteig versehenen öffentlichen Verkehrsfläche anrainenden Grundstückseigentümer, als Interessenten am Ausbau zeitgemäßer Gehsteige anzusehen.

Es kommt jedoch noch hinzu, daß im Beschwerdefall nach der Aktenlage die Gpn. n1/1 bis n1/11 als ein einheitlicher Bauplatz im Sinne des § 2 Abs. 1 Gehsteigabgabegesetz bzw. der durch diese Verweisung zum Inhalt der genannten Norm gemachten §§ 1 bis 3 der Bauordnung für die Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 31/1896, anzusehen sind (zur Rechtsnatur dieser Verweisung vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1981, Slg. Nr. 5555/F, und vom 16. März 1981, Zl. 17/3605/80). Insbesondere ergibt sich aus dem Zusammenhalt der Bestimmung des § 2 Abs. 1 erster Satz Gehsteigabgabegesetz, wonach zur Entrichtung einer einmaligen Abgabe die Eigentümer der ZU BEBAUENDEN Grundstücke (Bauplätze) verpflichtet sind, und des dritten Satzes dieser Gesetzesstelle, wonach die Abgabepflicht bei Eintritt der Rechtskraft des BAUBEWILLIGUNGSBESCHEIDES entsteht, daß unter Bauplatz jene Grundfläche zu verstehen ist, auf die sich der (einheitliche) Baubewilligungsbescheid bezieht.

Im Beschwerdefall bezog sich der Baubewilligungsbescheid vom 10. Oktober 1984, wie oben dargestellt, einheitlich auf die gesamten hier gegenständlichen Grundflächen. Aus diesem Grund kommt es daher in Wahrheit gar nicht darauf an, ob die Gp. n1/1 bis n1/10 über die Gp. n1/11 aufgeschlossen sind, weil es sich - wie gesagt - hiebei um einen einheitlichen Bauplatz handelt. Daß die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabeschuld Eigentümer der Gesamtliegenschaft waren, wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Die Beschwerdeführer machen im Rahmen ihrer Rechtsrüge schließlich noch geltend, bei der Berechnung der Abgabenhöhe sei entgegen der von der Baubehörde bei der Berechnung der "Dichte" zugrunde gelegten bebaubaren Flächen die Grundstücksfläche zugrunde gelegt worden. Bereits in seinem Erkenntnis vom 9. Juli 1971, Zl. 349/71, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch dargetan, daß sich die Unrichtigkeit der Auffassung, die Abgabepflicht nach § 2 Abs. 1 Gehsteigabgabegesetz bestehe nur für den bebaubaren Teil der Grundfläche, aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ergibt.

Als Verfahrensmangel machen die Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe weder festgestellt, ob und wann ein Gehsteig errichtet worden sei, noch ob die X-Straße der mittelbaren oder unmittelbaren Erschließung der Gp. n1/1 bis n1/10 diene. Von einem allfälligen Ermittlungsergebnis seien die Beschwerdeführer auch nicht benachrichtigt worden.

Da es jedoch, wie dargelegt, auf diese Umstände nicht ankommt, liegen auch die behaupteten Verfahrensmängel nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

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