VwGH 89/17/0111

VwGH89/17/011125.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Fürstenfeld gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. April 1989, Zl. 7-48 Sta 37/3-1989, betreffend Wasserleitungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: X-GmbH & Co KG), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §9;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art119a Abs9;
GdO Stmk 1967 §94 Abs5;
GmbHG §61 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art119a Abs9;
GdO Stmk 1967 §94 Abs5;
GmbHG §61 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesland Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 28. April 1981 wurde der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Produktionshalle und einer Werkstätte (jeweils Erweiterung der bestehenden Anlage) auf den Grundstücken Nrn. n/1, n/2, EZ. nn1, nn2 KG. Fürstenfeld, unter bestimmten Auflagen erteilt.

Mit Schreiben vom 26. Jänner 1987 forderte der Stadtamtsdirektor der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die mitbeteiligte Partei unter Hinweis auf eine anläßlich einer Begehung der Z-Straße getroffene Feststellung, daß die mit dem vorgenannten Bescheid bewilligten Bauführungen fertiggestellt seien, auf, um die Erteilung der Benützungsbewilligung für diese Bauführungen anzusuchen. Dieser Anzeige kam die mitbeteiligte Partei darauf nach.

Nach Durchführung einer Bauverhandlung und Vorlage der infolge Abweichungen vom genehmigten Bauprojekt erforderlichen Austauschpläne erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 27. April 1987 die nachträgliche Baubewilligung und zugleich auch die Benützungsbewilligung.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 24. November 1988 wurde der X-GesmbH hinsichtlich dieser Bauführungen gemäß den §§ 1, 2 und 5 des Wasserleitungsbeitragsgesetzes, LGBl. für Steiermark Nr. 137/1962, idF der Novelle LGBl. Nr. 152/1969, in Verbindung mit § 1 des Stmk. Gemeindewasserleitungsgesetzes, LGBl. Nr. 42/1971, und § 1 der Wasserleitungsbeitragsordnung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 1. November 1986 idgF ein Wasserleitungsbeitrag in der Höhe von S 145.598,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei, wie sie in ihrer Gegenschrift ausdrücklich bekräftigt, im eigenen Namen Berufung.

Dieser Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Fürstenfeld vom 28. Februar 1989 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Abgabenbescheid bestätigt. Diese Berufungsentscheidung wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei erlassen.

Der gegen diesen Bescheid gerichteten Vorstellung der mitbeteiligten Partei gab die belangte Behörde der Vorstellungswerberin gegenüber Folge, hob den mit Vorstellung bekämpften Bescheid des Gemeinderates vom 28. Februar 1989 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese Behörde, weil das Recht zur Festsetzung der Abgabe verjährt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt die beschwerdeführende Stadtgemeinde vor, § 2 Abs. 4 des Stmk. Wasserleitungsbeitragsgesetzes könne nur so ausgelegt werden, daß insofern die Abgabenpflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit (Anlage) entstehe, es auch darauf ankomme, ob die Behörde von dieser Benützung in irgendeiner Weise Kenntnis erlangt habe. Solange dies nicht der Fall sei und der Bauführer gegen Bestimmungen der Stmk. Bauordnung verstoße (betreffend die Meldung des Baubeginnes, die Anzeige der Rohbaubeschau, die Meldung der Abweichung von genehmigten Bauplänen im Zuge der Bauführung sowie betreffend die Benützungsbewilligung), könne das Recht zur Festsetzung der Abgabe nicht verjähren. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde hält weiters auch das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde für ergänzungsbedürftig.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ohne weiteres Vorbringen unter Bezugnahme auf die Begründung des angefochtenen Bescheides beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat in ihrer Gegenschrift einen gleichartigen Antrag gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Berechtigung zur Erhebung einer Parteibeschwerde gegen einen Bescheid dann nicht, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage der Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. z.B. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 13. Juli 1956, Slg. Nr. 4127/A).

Dies gilt auch für Gemeindebeschwerden nach Art. 119a Abs. 9 B-VG, weil auch diese als PARTEIbeschwerden, mit denen eine Verletzung des subjektiven Rechtes auf Selbstverwaltung geltend gemacht wird, anzusehen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. Nr. 5283/F, und Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S 71/72). Anders als bei einer objektiven Beschwerde genügt es demnach bei einer Gemeindebeschwerde nicht, wenn bloß eine objektive Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt wird, die Möglichkeit, daß die Gemeinde in ihren Rechten verletzt wurde, aber auszuschließen ist. Ein solcher Fall liegt hier aus folgenden Gründen vor:

Aus der Sachverhaltsdarstellung geht hervor, daß nicht die GesmbH, an die der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde das Leistungsgebot gerichtet hatte, gegen diesen Bescheid Berufung erhoben hat, sondern die von diesem Leistungsgebot nicht berührte mitbeteiligte Partei im eigenen Namen. Dementsprechend hätte schon der Gemeinderat die Berufung der mitbeteiligten Partei zurückweisen sollen. Mit der Bestätigung des erstinstanzlichen Leistungsgebotes an die GesmbH in der gegenüber der mitbeteiligten Partei erlassenen Berufungsentscheidung wurde jedoch dieser kein eigenes Leistungsgebot erteilt, also nicht über ihr öffentlich-rechtliches Verhältnis zum Abgabengläubiger abgesprochen. Infolgedessen durfte auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht davon ausgehen, die mit Vorstellung bekämpfte Berufungsentscheidung verletze DIE MITBETEILIGTE PARTEI in einem materiellen Recht, weswegen der zur Aufhebung berechtigende Tatbestand des § 94 Abs. 5 Stmk. Gemeindeordnung 1967 erfüllt sei. Aus dieser Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt sich jedoch noch nicht die Möglichkeit, daß die beschwerdeführende Stadtgemeinde durch diesen Bescheid in ihren Rechten verletzt sein könnte. Denn von einer solchen Rechtsverletzungsmöglichkeit könnte im Beschwerdefall nur dann gesprochen werden, wenn der angefochtene Bescheid bewirken hätte können, daß die beschwerdeführende Stadtgemeinde in ihrem Recht auf gesetzmäßige Abgabenerhebung irgendwie eingeschränkt wird. Dies ist aber deswegen zu verneinen, weil der angefochtene Bescheid weder die Abgabenfestsetzung gegenüber der GESMBH berührt - an der nach der Aktenlage im Hinblick darauf, daß weder diese Gesellschaft im eigenen Namen noch die mitbeteiligte Partei als deren Vertreter fristgerecht berufen hat, eingetretenen Rechtskraft des Abgabenbescheides vom 24. November 1988 hat sich durch den angefochtenen Bescheid nichts geändert - noch auch er eine Entscheidung (mit Bindungswirkung der die Aufhebung tragenden Entscheidungsgründe für ein fortzusetzendes Verfahren) in Angelegenheit eines ein Leistungsgebot gegenüber der mitbeteiligten Partei enthaltenden gemeindebehördlichen Verfahrens darstellt. Wohl besteht nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis vom 26. Februar 1988, Zl. 85/17/0037, und die dort zitierten Entscheidungen) eine Bindung an die in einem aufrecht bleibenden kassatorischen Vorstellungsbescheid ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde im Umfang der die Aufhebung tragenden Begründungselemente, im Beschwerdefall hat der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde bei seiner Erledigung der wiederum offenen Berufung aber vorweg - also noch bevor sich die Frage stellt, ob und gegebenenfalls inwieweit bei einer Sachentscheidung Bindung an die ausschließlich materiell-rechtlichen Aufhebungsgründe des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides besteht - zu berücksichtigen, daß sich die im eigenen Namen erhobene Berufung der mitbeteiligten Partei mangels eines ihr gegenüber erlassenen erstinstanzlichen Abgabenbescheides nicht gegen ein taugliches Anfechtungsobjekt richtet und daher zurückzuweisen ist.

Mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit der beschwerdeführenden Stadtgemeinde durch den angefochtenen Bescheid mußte daher die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zurückgewiesen werden. Dieser Beschluß war gemäß Abs. 3 leg. cit. in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Aus Zweckmäßigkeitsgründen sei aber noch folgendes bemerkt:

Der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Stadtgemeinde, das Recht zur Festsetzung von Wasserleitungsbeiträgen verjähre beim Ersatztatbestand der erstmaligen Benützung der Baulichkeit (Anlage) im Sinne des § 2 Abs. 4 des Stmk.

Wasserleitungsbeitragsgesetzes erst, sobald die Behörde von diesem Umstand Kenntnis erlangt habe, ist entgegenzuhalten, daß nach den eben zitierten Rechtsvorschriften die Bemessungsverjährung mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Der Abgabenanspruch (die Abgabenschuld) entsteht wiederum gemäß § 3 Abs. 1 Stmk. LAO vorbehaltlich besonderer Regelungen in Abgabenvorschriften, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft; auf die Kenntnis der Abgabenbehörde kommt es hiebei ebensowenig an wie auf allfällige Verstöße des Abgabenschuldners gegen Bestimmungen der Stmk. Bauordnung.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Da der Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 11. August 1989 nach seinem Inhalt keine Gegenschrift, sondern lediglich ein Schreiben, in dessen Anlage die Verwaltungsakten vorgelegt wurden, darstellt, war der belangten Behörde lediglich der Vorlageaufwand, nicht aber Schriftsatzaufwand zuzuerkennen. Das Kotenbegehren der mitbeteiligten Partei war insoweit abzuweisen, als der Schriftsatzaufwand einschließlich Umsatzsteuer über den Pauschalsatz der lit. C Z. 7 der vorhin genannten Verordnung in Höhe von S 10.110,-- hinausgeht.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte