Normen
AZG §2 Abs1 Z1;
AZG §9;
VwRallg;
AZG §2 Abs1 Z1;
AZG §9;
VwRallg;
Spruch:
Die gegen den erstangeführten Bescheid gerichtete Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden des Landeshauptmannes von Vorarlberg (der belangten Behörde) wurde der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe, wie bei einer vom Arbeitsinspektorat Bregenz am 9. Februar 1988 durchgeführten Arbeitszeiterhebung festgestellt worden sei, als Arbeitgeber und in seiner Funktion als Geschäftsinhaber gemäß § 9 VStG 1950 verantwortliches Organ der Firma "K." nicht für die Einhaltung der täglich maximal zulässigen Arbeitszeit von 10 Stunden gesorgt. Er habe den Arbeitnehmer Wolfgang F. am 22. Dezember 1987 11 3/4 Stunden und den Arbeitnehmer Viktor M. am 23. Dezember 1987 11 Stunden beschäftigt. Dadurch habe der Beschwerdeführer jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 i. V.m. § 28 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG), BGBl. Nr. 461/1969 i.d.g.F., begangen. Es wurde deshalb über ihn gemäß § 28 Abs. 1 AZG eine Geldstrafe in der Höhe von je S 2.000,-- (insgesamt S 4.000,--), im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von je 4 Tagen (insgesamt 8 Tage), verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens und der Berufungsverfahren in der Höhe von je S 400,-- (insgesamt S 800,--) verpflichtet (§ 64 VStG 1950).
In der Begründung beider Berufungsbescheide führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Einwendungen des Beschwerdeführers in seinen Berufungen zunächst übereinstimmend aus, daß es für die Berechnung der Arbeitszeit unerheblich sei, ob die gesamte Arbeitszeit innerhalb des Betriebes oder auf einer auswärtigen Arbeitsstelle oder im Betrieb und einer auswärtigen Arbeitsstelle geleistet worden sei. Nach den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes beginne die Arbeitszeit für den Arbeitnehmer mit dem Betreten des Betriebes und ende mit dem Verlassen des Betriebes. Befinde sich eine auswärtige Arbeitsstelle, wie schon der Name sage, außerhalb des Betriebsbereiches, so würden auch die Fahrzeiten als Arbeitszeit gelten. Aus den dem Arbeitsinspektor bei der Arbeitszeiterhebung vorgelegten Stempelkarten sei ersichtlich, daß für den Arbeitnehmer Wolfgang F. am 22. Dezember 1987 die Arbeitszeit 11 Stunden und 45 Minuten und für den Arbeitnehmer Viktor M. am 23. Dezember 1987 die Arbeitszeit 11 Stunden betragen habe. Es liege somit jeweils eine Übertretung des § 9 AZG vor.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden mit dem Begehren, aus diesen Gründen die bekämpften Bescheide kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt und je eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) ist Arbeitszeit im Sinne dieses Bundesgesetzes die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.
Gemäß § 9 AZG darf die Arbeitszeit abgesehen von den Bestimmungen der §§ 4 Abs. 10 zweiter Satz, 5, 7 Abs. 2 bis 5, 8 Abs. 2, 16, 18 bis 20 und 23 zehn Stunden täglich nicht überschreiten.
Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit wird vom Beschwerdeführer in beiden Beschwerdefällen eingewendet, daß zwar die Arbeitszeitkarten der Arbeitnehmer jeweils an den betreffenden Tagen die von der belangten Behörde festgestellten Arbeitszeiten von 11 3/4 Stunden bzw. 11 Stunden ausgewiesen hätten, aber von dieser Zeitdauer im ersten Fall eine Wegzeit von insgesamt zwei Stunden und im zweiten Fall eine Wegzeit von insgesamt einer Stunde in Abzug gebracht werden müssen. Während der Beförderung der Arbeitnehmer vom Betrieb zu einer außerhalb des Betriebes gelegenen Arbeitsstätte oder umgekehrt hätten die Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung zu erbringen.
Dieser Standpunkt kann vom Gerichtshof nicht geteilt werden. Das Arbeitszeitgesetz definiert den Begriff "Arbeitszeit" in der an anderer Stelle wiedergegebenen Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 1 als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Da die vom Beschwerdeführer relevierte Wegzeit zwischen dem Beginn und dem Ende der Arbeit der Arbeitnehmer des Beschwerdeführers liegt, findet die Ansicht des Beschwerdeführers nicht einmal im Wortlaut des Gesetzes Deckung. Aber auch in Literatur und Rechtsprechung, auf die sich der Beschwerdeführer selbst beruft (Cerny, Kommentar zum Arbeitszeitrecht, Schriftenreihe des ÖGB/84, 2, S. 31), wird entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers diese Frage dahin gehend beantwortet, daß Wegzeiten vom Betrieb zu einer außerhalb des Betriebes gelegenen Arbeitsstätte oder umgekehrt als Arbeitszeit zu werten sind. Auch wenn die Arbeitnehmer im gegenständlichen Fall während ihrer Beförderung zu den außerhalb des Betriebes gelegenen Arbeitsstätten oder umgekehrt untätig bleiben mußten, ist die dafür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit zu werten, da die Selbstbestimmungsmöglichkeit des Arbeitnehmers über die Verwendung dieser Zeit ausgeschlossen ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide liegt demnach nicht vor.
Die Beschwerden bringen weiters übereinstimmend unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, es sei weder aus dem Spruch noch aus der Bescheidbegründung "textlich erkennbar, welchen Straftatbestand welchen Wortlauts" die belangte Behörde herangezogen habe.
Gemäß § 44 a lit. a und lit. b VStG 1950 hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Fassung des Spruches der angefochtenen Bescheide entspreche nicht den genannten Erfordernissen, wird durch die Aktenlage widerlegt. Nach dem eingangs wiedergegebenen Spruch der angefochtenen Bescheide wurde der Beschwerdeführer jeweils wegen der Übertretung nach § 9 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 AZG deshalb bestraft, weil er jeden der zwei Arbeitnehmer an je einem Tag über die zulässige Tagesarbeitszeit von 10 Stunden hinaus beschäftigt habe. Damit hat die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer jeweils zur Last gelegte Tat im Spruch so eindeutig umschrieben, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Beschwerdeführer bestraft worden ist.
Auf den Hinweis des Beschwerdeführers in der Beschwerde gegen den zweitgenannten Bescheid, es könnte in diesem Fall die Jahresfrist des § 51 Abs. 5 VStG 1950 überschritten sein, braucht nicht näher eingegangen zu werden, da aus den Akten hervorgeht, daß die Berufung am 2. Mai 1989 mittels Fernschreiben bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch eingebracht und der Bescheid der Berufungsbehörde vom 10. April 1990 dem Beschwerdeführer am 30. April 1990, somit innerhalb der Einjahresfrist, zugestellt worden ist.
Der weitere nur den zweitangefochtenen Bescheid betreffende Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde habe sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, der Arbeitnehmer sei vom Kunden während der festgestellten Arbeitszeit von 11 Stunden zu einem ca. 1 Stunde währenden Essen eingeladen gewesen, nicht auseinandergesetzt, besteht hingegen zu Recht. Obwohl die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides diesen vom Beschwerdeführer in der Berufung wiederholten Einwand ausdrücklich wiedergegeben hat und überdies Zeugenaussagen vorgelegen haben, die dieses Vorbringen des Beschwerdeführers bestätigten, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides hierüber keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen und auch nicht in erkennbarer Weise zum Ausdruck gebracht, warum sie den Einwand nicht berücksichtigt hat. Daran kann auch der Hinweis der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auf die Begründung des in erster Instanz ergangenen Straferkenntnisses nichts ändern, da schon in diesem der Einwand des Beschwerdeführers mit Stillschweigen übergangen worden ist.
Dieser Frage kommt aber entscheidende Bedeutung zu, weil der Beschwerdeführer für den Fall, daß die Arbeitszeit des Arbeitnehmers Viktor M. am 23. Dezember 1987 nicht elf, sondern nur zehn Stunden betragen haben sollte, die ihm angelastete Übertretung nicht begangen hätte.
Da dem zweitangefochtenen Bescheid zu dieser Frage jegliche Begründung fehlt und sich aus ihm dementsprechend auch nicht entnehmen läßt, von welcher Sachverhaltsannahme die Behörde ausgegangen ist, war er (insbesondere auch deshalb, weil der erwähnte Mangel den Verwaltungsgerichtshof daran hindert, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Bescheides im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu prüfen) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3
lit. b und c VwGG aufzuheben. Die Beschwerde gegen den erstangeführten Bescheid war hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 296/1989.
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