Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §13 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §13 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. August 1988 wurden dem Beschwerdeführer vier als erwiesen angenommene Taten zum Vorwurf gemacht, wodurch er die Verwaltungsvorschriften der §§ 5 Abs. 1, 13 Abs. 1, 4 Abs. 5 und 4 Abs. 1 lit. c der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) verletzt habe. Es wurden Geld- und Ersatzarreststrafen auf Grund der folgenden angewendeten Gesetzesbestimmungen (in der Reihenfolge der oben genannten verletzten Verwaltungsvorschriften) verhängt: § 99 Abs. 1 lit. a, § 99 Abs. 3 lit. a, § 99 Abs. 3 lit. b, § 99 Abs. 2 lit. a StVO. Ferner wurden dem Beschwerdeführer als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ingesamt S 1.000,-- vorgeschrieben.
Über die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis erkannte die Wiener Landesregierung mit Bescheid vom 24. August 1989, berichtigt mit Bescheid vom 30. Mai 1990, wie folgt:
Der Spruch des Berufungsbescheides habe wie folgt zu lauten:
"Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, hat mit Straferkenntnis vom 25.8.1988, Zl. Pst 2638/D/88, über Herrn N, wohnhaft in Wien n, X-Gasse 9/7, wegen Übertretung der §§ 1) 5 Abs. 1, 2) 13 Abs. 1, 3) 4 Abs. 5 und 4) 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 1) eine Strafe von S 8.000,--, bei Uneinbringlichkeit eine Woche Ersatzfreiheitsstrafe, 2) und 3) je eine Strafe von S 500,--, bei Uneinbringlichkeit je 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe,
4) eine Strafe von S 1.000,--, bei Uneinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und erstinstanzliche Strafkostenbeiträge von insgesamt S 1.000,-- vorgeschrieben.
Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:
'Sie haben am 21.3.1988 gegen 21.35 Uhr in Wien 19, Kreuzung Y-Gasse mit der Z-Straße, aus der Y-Gasse kommend, den Pkw mit dem polizeilichen Kennzeichen W mmm.mmm gelenkt und hiebei 1) dieses Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, 2) sind Sie beim Einbiegemanöver von der Y-Gasse nach rechts in die Z-Straße nicht in engem, sondern weitem Bogen eingebogen, 3) haben Sie bei diesem Fahrmanöver einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und haben Sie es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Unfall zu verständigen und haben Sie 4) an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, indem Sie nach dem Verkehrsunfall trotz Wissen um diesen noch weitere alkoholische Getränke konsumierten.
Sie haben hiedurch Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 5 Abs. 1, 2) § 13 Abs. 1, 3) § 4 Abs. 5 und 4) § 4 Abs. 1 lit. c der StVO 1960 begangen.'
Die Kosten des Strafverfahrens haben aufgesplittert zu
1) S 800,--, zu 2) und 3) je S 50,-- und zu 4) S 100,--, zusammen S 1.000,--, zu lauten.
Dem Berufungswerber wird gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von zu 1) S 800,--, zu 2) und 3) je S 50,-- und zu 4) S 100,-- auferlegt (zusammen S 1.000,--)."
In der Begründung des Berufungsbescheides wurden zunächst die Aussagen der Zeugen A und B wörtlich wiedergegeben, wie dies auch an anderer Stelle der Begründung geschah. Sodann wurde auf den Einwand des Beschwerdeführers eingegangen, er habe nach dem Unfall einen Nachtrunk alkoholischer Getränke zu sich genommen. Die Berufungsbehörde kam zur Feststellung, daß ein solcher Nachtrunk sowohl in der Wohnung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als auch im Cafe C - nämlich in letzterem "ein Bier" - stattgefunden habe, doch könne die Menge des Nachtrunkes keinesfalls so groß gewesen sein, wie dies der Beschwerdeführer behaupte, weil sonst auf Grund des Alkoholkonsums unmittelbar vor der Atemluftuntersuchung die Überschreitung der Markierung laut Bedienungshandbuch wesentlich größer gewesen sein müsse. Daher gehe die Berufungsbehörde davon aus, daß die relativ größere Menge bereits vor dem Unfall konsumiert worden sei und der weitere Alkohol erst in der Abbauphase hinzugekommen sei. Im übrigen habe der Beschwerdeführer sich geweigert, einer Blutabnahme zuzustimmen. Das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung habe zwei Stunden nach dem Unfall den Befund eines unsicheren Ganges, einer unsicheren Finger-Finger-Probe, einer deutlichen Rötung der Augenbindehäute, einer trägen Pupillenraktion und eines deutlichen Geruches der Atemluft nach Alkohol ergeben. Gerade die Verweigerung der Blutabnahme lasse darauf schließen, daß der Beschwerdeführer darum bemüht gewesen sei, seinen wahren Alkoholisierungsgrad zu verschleiern. Im übrigen habe der Beschwerdeführer durch zahlreiche Widersprüche in seinen Angaben seine Glaubwürdigkeit noch weiter untergraben. Der erwiesene Nachtrunk des Beschwerdeführers stelle den Tatbestand der Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO dar. Vor dem Unfall sei der Beschwerdeführer bei seinem Einbiegemanöver nach rechts nicht in kurzem Bogen, sondern plötzlich geradeaus auf das bereits im Kreuzungsbereich stehende Fahrzeug des Zeugen A zugefahren, was sich auch aus den beiden Skizzen ergebe. Die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 StVO bestünde unabhängig vom Verschulden an der Herbeiführung des Verkehrsunfalles. Der Versuch des Beschwerdeführers, die nächste Polizeidienststelle telefonisch zu verständigen, sei fehlgeschlagen; danach sei der Beschwerdeführer - ohne gegenseitigen Identitätsnachweis - von der Unfallstelle davongefahren und habe erst vom Zeugen B eingeholt und angehalten werden können. Erst mit erheblicher Verspätung und nach gutem Zureden sei ein wechselseitiger Identitätsnachweis erfolgt. Der Tatbestand des § 4 Abs. 5 StVO sei aber schon vorher verwirklicht gewesen.
Die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten seien daher als erwiesen anzunehmen und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen gewesen. Die Abänderung im Spruche habe der genaueren Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand bzw. der richtigen Zitierung der heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen gedient. Es folgen Erwägungen zur Strafbemessung.
Der Beschwerdeführer bekämpfte diesen Bescheid zunächst mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 28. November 1989, Zl. B 1211/89, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei der Beurteilung des angefochtenen Berufungsbescheides ist von seiner berichtigten Fassung auszugehen, wobei der berichtigte Bescheid rückwirkend, nämlich als zur Zeit seiner Erlassung, als berichtigt anzusehen ist (vgl. die ausführlichen Erwägungen des Beschlusses eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. N.F. Nr. 12329/A). Damit erweisen sich die Rügen, der Familienname des Beschwerdeführers sei im angefochtenen Bescheid unrichtig geschrieben, und es fehle die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift Straßenverkehrsordnung, als nicht (mehr) gerechtfertigt.
Mit Recht rügt allerdings der Beschwerdeführer, daß der Berufungsbescheid auch in seiner berichtigten Fassung des Strafausspruches ermangle. Der Berufungsbescheid beschränkt sich nämlich nicht darauf, die als erwiesen angenommenen Taten im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 neu zu umschreiben und die durch die Taten verletzten Verwaltungsvorschriften zu nennen, sondern spricht schlechthin aus, daß der Spruch (des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) wie folgt zu lauten habe. Nach einer solchen umfassenden Formulierung wäre es notwendig gewesen, das gesamte erstinstanzliche Straferkenntnis, allenfalls mit Abänderungen, zu wiederholen, insbesondere auch die Aussprüche über die verhängten Strafen und die angewendeten Gesetzesbestimmungen im Sinne des § 44a lit. c VStG 1950. Der "mit der Maßgabe bestätigte" Spruch der ersten Instanz endet aber in der Fassung des Berufungsbescheides, wie sich insbesondere aus den Anführungszeichen ergibt, mit der Nennung der durch die Taten verletzten Verwaltungsvorschriften.
Eine solche Unvollständigkeit eines Berufungsbescheides in Strafsachen bewirkt, wie sich aus den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1985, Zl. 85/02/0047 und vom 7. November 1986, Zl. 86/18/0196 ergibt, eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des gesamten Berufungsbescheides - im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil es mangels eines Ausspruches über die verhängten Strafen an jeder Grundlage für die Bemessung der Kostenbeiträge erster und zweiter Instanz fehlte.
Allein aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt der Verwaltungsgerichtshof zu den ferner ausgeführten Beschwerdegründen wie folgt Stellung:
Unzutreffend ist der Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1979, Slg. N.F. Nr. 9898/A, weil der Beschwerdeführer nicht der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2, sondern der anderen Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO schuldig erkannt wurde. Insofern der Beschwerdeführer meint, die im Berufungsbescheid genannten verletzten Verwaltungsvorschriften "bewirkten für sich allein keinen Straftatbestand", es sei
- und zwar zur Erfüllung der Voraussetzungen nach § 44a lit. b VStG 1950 - auch die Zitierung der Strafsanktionsbestimmungen notwendig, ist er auf die gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.525/A) hinzuweisen.
Unverständlich ist die Bemerkung des Beschwerdeführers, seine bloßen Vormerkungen wegen anderer Verwaltungsstrafverfahren hätten zu keiner Bestrafung berechtigt, hängt doch der Schuldspruch in dem hier gegenständlichen Strafverfahren nicht von Vormerkungen oder Vorstrafen ab. Gegen die Höhe der hier erfolgten Bestrafung
- ungeachtet des oben erwähnten Mangels eines Spruches nach § 44a lit. c VStG 1950 - wurde aber nicht Beschwerde erhoben.
Ein Schuldspruch nach § 13 Abs. 1 StVO kann sich, was die Tathandlung betrifft, auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes beschränken (vgl. Erkenntnisse vom 4. Juli 1962, Zl. 448/62 und vom 26. September 1962, Zl. 803/62). Auch für die diesbezügliche Begründung besteht nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Notwendigkeit, "exakt" seine Fahrlinie festzustellen.
Hinsichtlich der Bekämpfung der Glaubwürdigkeit der Aussagen der Zeugen A und B wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, hingewiesen, wonach der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen kann, ob der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z. B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht.
Sofern der Beschwerdeführer davon ausgeht, die beiden unfallsbeteiligten Parteien seien übereingekommen, in die Wohnung des Beschwerdeführers zu fahren, um ein fehlendes Dokument zu holen, geht er nicht vom festgestellten, sondern von einem anderen, von der belangten Behörde nicht festgestellten Sachverhalt aus. Nach dem Erkenntnis vom 7. September 1988, Zl. 88/18/0222, muß auch der gegenseitige Identitätsnachweis ohne unnötigen Aufschub erfolgen. Der unnötige Aufschub lag im vorliegenden Fall schon darin, daß der Beschwerdeführer vom Unfallsort flüchtete und erst durch die Verfolgung und Anhaltung durch den Zeugen B veranlaßt wurde, sich mit dem Zeugen A im Cafe C über den Unfall auseinanderzusetzen. Von einem "gemeinsamen Nachhausfahren zwecks Besorgung von Dokumenten" war sachverhaltsmäßig im vorliegenden Fall nie die Rede.
Begründet ist die Mängelrüge der Beschwerde hinsichtlich des Schuldspruches nach § 5 Abs. 1 StVO, aber nicht, weil, so der Beschwerdeführer, eine klinische Untersuchung eines Lenkers rund zwei Stunden nach Beendigung der Lenkertätigkeit keine brauchbaren Ergebnisse liefern würde - es gibt keinen Erfahrungssatz in dieser Richtung. Der Verfahrensmangel besteht darin, daß die belangte Behörde ausdrücklich einen Nachtrunk des Beschwerdeführers sowohl in der Wohnung seiner Lebensgefährtin als auch im Cafe C angenommen hat, aber nur hinsichtlich des letzteren Nachtrunkes eine ungefähre Mengenangabe ("ein Bier") zugrundegelegt hat. Um, allenfalls unter Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen, beurteilen zu können, ob die Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Unfallszeitpunkt allein eine Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO ergeben hätte, wären Feststellungen über die ungefähr konsumierten Alkoholmengen vor und nach Beendigung der Lenkertätigkeit erforderlich gewesen. Dieser Begründungsmangel wird bei einer allfälligen künftigen abermaligen Berufungsentscheidung zu beachten sein.
Der angefochtene Bescheid war aus dem weiter oben angeführten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebühren insgesamt nur S 480,-- beizubringen waren.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)