VwGH 90/16/0053

VwGH90/16/005312.7.1990

A gegen Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 24. Jänner 1990, GZ. 7/2/I-13/1/-/89, betreffend Nacherhebung von kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgaben

Normen

BAO §52;
BAO §53;
BAO §69;
BAO §74;
FinStrG §161 Abs1;
FinStrG §53;
FinStrG §58;
FinStrG §82 Abs2;
FinStrG §82 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
BAO §52;
BAO §53;
BAO §69;
BAO §74;
FinStrG §161 Abs1;
FinStrG §53;
FinStrG §58;
FinStrG §82 Abs2;
FinStrG §82 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der beantragten Höhe von S 9.990,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens waren am 9. und 11. September 1986 auf Antrag der Spedition B-GesmbH in S, die gegenüber der Zollbehörde als Anmelder iSd § 51 ZollG aufgetreten war, beim Zollamt Rosenbach für die Beschwerdeführerin als Empfängerin eine "Bord Test Workstation", der Marke "SYPROP/Gen Rad", Type "2276 XP" und Teile hiezu aus der USA durch Verzollung zum freien Verkehr abgefertigt worden. Die in den beiden bezughabenden schriftlichen Anmeldungen als "Computer (Funktionseinheit) und Computerteile" deklarierten Waren waren in die Zolltarifnummern 84.53 (automatische Datenverarbeitungsmaschinen und Einheiten davon) und 84.55 (Teile und Zubehör hiefür), welche beide die Zollfreiheit vorsehen, eingereiht worden.

Die beiden bezughabenden Eingangsabgabenbescheide des Zollamtes Rosenbach vom 19. September 1986,

WE-Nr. 490/000616/01/86 und vom 16. September 1986, WE-Nr. 490/000623/01/86, waren unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

In der Folge vom Hauptzollamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz angestellte Ermittlungen führten diese Behörde zur Annahme, es seien in den beiden zur Durchführung der jeweiligen Zollverfahren abgegebenen schriftlichen Anmeldungen vom 9. und 11. September 1986 hinsichtlich der Beschaffenheit, des Zweckes und der Funktion des Gerätes und der Teile hiezu, insbesondere durch unrichtige Bezeichnung der Waren als "Computer und Computerteile", unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht worden.

Mit Bescheid vom 6. Juni 1988 wies das Hauptzollamt Klagenfurt die streitverfangene "Bord Test Workstation" der Zolltarifnummer 90.28 B (elektrische und elektronische Meß-, Prüf-, Kontroll-, Regulier- und Analyseninstrumente, -apparate, -geräte und -maschinen, andere) und die Teile hiefür der Nummer

90.29 zu und forderte bei der Beschwerdeführerin die nach dem Ergebnis der Ermittlungen unerhoben gebliebenen Eingangsabgaben samt Säumniszuschlag im Betrage von insgesamt 741.820 S gemäß § 174 Abs. 3 lit. c iVm § 3 Abs. 2 ZollG nach.

Die Finanzlandesdirektion für Kärnten als Abgabenbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Berufung der Beschwerdeführerin, in der sie geltend machte, die "Bord Test Workstation" könne nur als "automatische Datenverarbeitungsmaschine" iSd Nummer 84.53 tarifiert werden, keine Folge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, die vorgeschriebenen Eingangsabgaben nicht entrichten zu müssen, weil das streitverfangene Gerät der Zolltarifnummer 84.53 zuzuweisen sei.

Der Beschwerde kommt im Ergebnis aus folgenden, von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachten Gründen, Berechtigung zu:

Gemäß § 69 BAO ist für die Erhebung von Zöllen und sonstigen Eingangsabgaben das Zollamt örtlich zuständig, das auf Antrag mit der Sache befaßt wird oder von Amts wegen als erstes einschreitet.

Damit ist der Grundsatz zum Ausdruck gebracht, daß die örtliche Zuständigkeit der Zollbehörde erster Rechtsstufe zur Befassung mit einer bestimmten Rechtssache entweder durch den Antrag des Anmelders (zur Durchführung eines bestimmten Zollverfahrens) oder aber im Falle amtswegigen Einschreitens der Behörde durch deren Priorität begründet wird.

Nach den Feststellungen des von der belangten Behörde im Instanzenzug bestätigten Bescheides des Hauptzollamtes Klagenfurt vom 6. Juni 1988 war im Beschwerdefall dieses Zollamt das Zollamt Rosenbach, welches - wie oben dargelegt - auf Parteiantrag das streitverfangene Gerät und die dazugehörigen Teile zum freien Verkehr durch Verzollung abgefertigt hatte. In Ansehung dieser beiden vom Zollamt Rosenbach auf Antrag der Spedition B-GesmbH, durchgeführten Eingangsabfertigungen war daher das Hauptzollamt Klagenfurt zur Einforderung des unerhoben gebliebenen Eingangsabgabenbetrages örtlich unzuständig.

Auf einen Delegierungsbescheid (§ 71 Abs. 2 BAO), mit dem für die Erhebung der Eingangsabgaben anstatt des örtlich zuständigen Zollamtes Rosenbach das Hauptzollamt Klagenfurt bestimmt worden wäre, vermag sich die belangte Behörde nicht zu berufen und es ergeben sich aus der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte dafür.

Nach der Bestimung des § 4 Abs. 2 lit. b der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 509/1979, in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung des BGBl. Nr. 418/1981 war den Hauptzollämtern die Zuständigkeit u.a. zur Vorschreibung und Einhebung von nach § 174 Abs. 3 lit. c iVm § 3 Abs. 2 ZollG geschuldeten Eingangsabgabenbeträgen übertragen, sofern die Entstehung oder das Unbedingtwerden der Eingangsabgabenschuld von dem Hauptzollamt in einem gegen den Abgabenschuldner oder auch gegen eine dritte Person eingeleiteten Finanzstrafverfahren ermittelt worden war.

Da im Beschwerdefall der strafbestimmende Wertbetrag (hinterzogene Eingangsabgabenschuldigkeit) iSd § 53 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 2 lit. a FinStrG 500.000 S übersteigt, scheidet rechtens (vgl. § 82 Abs. 2 und Abs. 3 erster Satz FinStrG) die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens durch die FinanzstrafBEHÖRDE erster Instanz aus. Der dennoch erlassene Bescheid des Hauptzollamtes Klagenfurt vom 2. Mai 1988 betreffend die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nach § 35 Abs. 2 iVm § 11 FinStrG gegen F wurde daher mit Beschwerdeentscheidung der belangten Behörde vom 28. August 1989 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz aufgehoben.

Da dieser Aufhebung eine Wirkung "ex tunc" zukommt, war für die belangte Behörde der Rechtszustand so zu betrachten, als ob der Bescheid des Hauptzollamtes Klagenfurt betreffend die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1987, Zl. 87/09/0069 und vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0060).

Damit aber steht fest, daß rechtens im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides weder gegen den Abgabenschuldner noch gegen eine dritte Person ein Finanzstrafverfahren eingeleitet war.

In jedem Stadium des Verfahren ist sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Abgabenbehörden von Amts wegen wahrzunehmen. Greift die im Berufungswege angerufene Abgabenbehörde zweiter Rechtsstufe (§ 74 BAO) die sich daraus ergebende Rechtswidrigkeit nicht auf, begründet dies eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, auch wenn dieser Umstand, wie im Beschwerdefalle, in der Berufung nicht geltend gemacht wurde. Da die belangte Behörde die Unzuständigkeit der Behörde erster Rechtsstufe bei der Erlassung des bekämpften Bescheides nicht wahrnahm, belastete sie ihren in Beschwerde gezogenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1990,

Zlen. 89/16/0187, 0188, 0189, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Somit war der angefochtene Bescheid schon aus dem dargestellten Grunde wegen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war. Die Entscheidung selbst konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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