VwGH 90/15/0017

VwGH90/15/001725.6.1990

X Ges.m.b.H. gegen Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 10. November 1989, Zl. B 234-4/87, betreffend Umsatzsteuer 1985

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BAO §115 Abs2;
BAO §161;
BAO §183 Abs4;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BAO §115 Abs2;
BAO §161;
BAO §183 Abs4;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob die Beschwerdeführerin (die Gesamtrechtsnachfolgerin der Y AG, an die der Berufungsbescheid adressiert ist), die im Inland weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte hat, anläßlich eines im Jahr 1985 im Inland getätigten Umsatzes von S 10.000,-- (Regelbesteuerung wurde beantragt) zum Abzug von Vorsteuern aus einer Rechnung vom 5. April 1985 berechtigt ist, die u.a. Leistungen betrifft, welche die Beschwerdeführerin in den Jahren 1979 bis 1981, 1983 und 1984, in denen sie aber selbst keine Lieferungen oder sonstige Leistungen im Inland erbrachte, seitens der Ausstellerin der Rechnung empfing.

Das Finanzamt Graz-Stadt vertrat dazu in seinem Bescheid vom 3. Februar 1987 die Auffassung, bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer für das Jahr 1985 seien nur jene Vorsteuern abzugsfähig, die aliquot auf das Jahr 1982 entfielen, weil die Beschwerdeführerin selbst nur in diesem Jahr inländische Umsätze erzielt hätte, und anerkannte daher von der insgesamt geltend gemachten Vorsteuersumme von S 580.099,58 nur einen Betrag von S 118.502,52.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit dem Argument, durch den Rechnungsempfang und den eigenen Umsatz im Jahr 1985 seien alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt. Es sei unbeachtlich, in welchem Zeitraum die dem Vorsteuerabzug zu Grunde liegenden Leistungen an sie erbracht worden seien; es komme nicht darauf an, daß den Leistungen an sie im jeweiligen Jahr auch eigene Umsätze gegenüberstünden. Diese Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen, worauf die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und vertrat dazu im wesentlichen die Auffassung, es seien für den Vorsteuerabzug grundsätzlich die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt maßgeblich, in welchem die betreffenden Lieferungen oder sonstigen Leistungen, aus denen die Vorsteuer stamme, an den Unternehmer ausgeführt würden. Zu diesem Zeitpunkt müßten die in § 12 Abs. 1 UStG 1972 normierten Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen. Lediglich die Voraussetzung des Vorliegens einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer könne auch zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt werden. Da die Beschwerdeführerin aber nur in den Jahren 1982 und 1985 selbst im Inland Umsätze erzielt habe, könne ihr für die Jahre 1979 bis 1981 sowie 1983 und 1984, in denen sie selbst im Inland keine Umsätze getätigt hätte, betreffend ihr gegenüber erbrachte Lieferungen oder sonstige Leistungen der Rechnungsausstellerin kein Vorsteuerabzug gewährt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten auf Vorsteuerabzug und ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebssätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Den weitwendigen Beschwerdeausführungen zum behaupteten Beschwerdegrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit, die - auf den Punkt gebracht - behaupten, daß § 12 Abs. 1 UStG 1972 nicht voraussetze, daß der Unternehmer, um Vorsteuern abziehen zu können, im Jahr des Leistungsempfanges selbst Leistungen ausführen (bzw. im Inland einen Sitz oder eine Betriebsstätte haben) müsse, ist folgendes entgegenzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem - von der Beschwerdeführerin ohnehin zitierten, aber insoweit offenbar mißverstandenen - Erkenntnis vom 11. September 1987, Zl. 86/15/0067 (auf das zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird), unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1982, Zl. 81/15/0072, Slg. N.F. 5650/F, und das Schrifttum (Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 140a zu § 12 UStG) klargestellt, daß die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nur dann gegeben ist, wenn sämtliche in § 12 UStG 1972 genannten Voraussetzungen in jenem Veranlagungszeitraum gegeben waren, in dem der Umsatz getätigt worden ist, der den Vorsteuerabzug auslöst, und daß daher geprüft werden muß, ob im Zeitpunkt der Erbringung der dem Vorsteuerabzug zu Grunde liegenden Lieferung oder sonstigen Leistung bei dem Unternehmen alle sonstigen in § 12 leg. cit. für den Vorsteuerabzug geforderten Voraussetzungen (mit Ausnahme der Rechnung) vorhanden waren.

Daraus folgt für den Beschwerdefall, daß es entscheidend darauf ankommt, ob die Beschwerdeführerin in den strittigen Jahren 1979 bis 1981, 1983 und 1984, in denen sie jene Leistungen empfangen hat, aus denen sie Vorsteuern abziehen will, selbst im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt hat. Da dies unbestritten nicht der Fall war, erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit (woran auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 11. Mai 1990 nichts zu ändern vermögen) und braucht auf die übrigen Beschwerdeargumente dazu nicht weiter eingegangen zu werden.

Zur Verfahrensrüge in der Beschwerde ist folgendes zu sagen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der Beschwerdeführerin nicht zu folgen, wenn sie behauptet, der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet. Ganz im Gegenteil, die belangte Behörde hat in ihrer Berufungsentscheidung, der Vorschrift des § 93 Abs. 3 lit. a BAO entsprechend, sehr wohl zum Ausdruck gebracht, welchen Sachverhalt sie aus welchen Erwägungen ihrer Entscheidung zu Grunde legte und warum sie den von der Beschwerdeführerin angestrebten Vorsteuerabzug für nicht berechtigt erachtete.

Was schließlich die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs anlangt, ist die Beschwerdeführerin, die rügt, es wäre ihr die Rechtsmeinung der belangten Behörde nicht zur Kenntnis gebracht worden, darauf zu verweisen, daß es nach herrschender Ansicht nicht dem Wesen des Parteiengehörs entspricht, die Partei auch zu der Rechtsansicht und zu den rechtlichen Schlußfolgerungen zu hören, welche die Behörde ihrem Bescheid zu Grunde zu legen gedenkt (vgl. Stoll, BAO-Handbuch 273, unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 17. April 1975, Zl. 721/74). Davon, daß im vorliegenden Fall auf Grund der Rechtsmeinung der belangten Behörde Sachverhaltselemente Relevanz erlangt hätten, zu denen die Beschwerdeführerin bisher noch nicht Stellung beziehen konnte, kann keine Rede sein.

Der angefochtene Bescheid ist daher auch nicht mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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