Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtssekretär in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Vor seiner Versetzung war der Dienstort des Beschwerdeführers X; seither ist seine Dienststelle das Arbeitsamt Y. Mit Schreiben des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 1. September 1989 wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, es sei beabsichtigt, ihn vom Arbeitsamt X zum Arbeitsamt Y zu versetzen, wo er als selbständiger Bearbeiter verwendet werden sollte.
Dagegen wandte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. September 1989 im wesentlichen ein, durch sein "langes Pendeln (1970 - 1984)" nach Y habe er sich ein Rückenleiden (Bandscheiben-Rückgratverkrümmung) zugezogen. Da dieses Leiden wieder akut geworden sei, habe er sich einer Injektionskur und Bestrahlungen unterziehen müssen und sei mit 5. September 1989 in den Krankenstand gegangen. Nach Aussage des behandelnden Arztes sei von einem täglichen Pendeln nach Y unbedingt abzusehen, weil dies das Leiden ständig verschlimmern würde. Weiters erfordere die Dienstverrichtung in Y einen enormen Zeitaufwand, der seinen Augen nicht zumutbar sei. Die finanzielle zusätzliche Belastung ergebe sich aus dem Aufwand an Fahrtkostenersatz von monatlich derzeit S 380,--, woraus sich ein Mehraufwand von fast S 100.000,-- für seine restliche Dienstzeit errechne.
Mit Bescheid vom 21. September 1989 sprach das Landesarbeitsamt Niederösterreich die Versetzung des Beschwerdeführers von Amts wegen gemäß § 38 Abs. 2 BDG 1979 mit Wirksamkeit 9. Oktober 1989 vom Arbeitsamt X zum Arbeitsamt Y aus. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, auf Grund der Reorganisation der Verfahrensabläufe im Leistungsbereich und der damit verbundenen Rückverlegung der Leistungsagenden und Installierung der Leistungseinheit beim Arbeitsamt Y sei es notwendig gewesen, zwei erfahrene Bedienstete des Gehobenen Dienstes aus der Abteilung 3 (Leistungseinheit) beim Arbeitsamt X zum erstgenannten Amt zu versetzen. Daraus ergebe sich das vom Gesetz geforderte wichtige dienstliche Interesse an der Versetzung des Beschwerdeführers. Die Fahrzeit des Beschwerdeführers zwischen seinem Wohnort X und seinem nunmehrigen Dienstort Y betrage eine knappe Stunde. Dieser Zeitaufwand stelle keinen wesentlichen Nachteil im Sinne des § 38 Abs. 3 BDG 1979 dar. Die durch die Versetzung entstehenden finanziellen Mehraufwendungen von S 380,-- monatlich könnten keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten, weil es sich hiebei um einen gesetzlich bestimmten Betrag handle, der sämtlichen Bediensteten in gleicher Weise für ihre Fahrtauslagen zuzumuten sei. Auf Grund der Aktenlage, insbesondere nach Überprüfung der Urlaubs- und Krankheitsblätter zum Standesausweis, sei ein bei der nunmehrigen Versetzung zu berücksichtigendes Rückenleiden nicht feststellbar. Da die Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel prinzipiell kein anderes körperliches Belastungsbild ergebe als eine vorwiegend sitzende berufliche Tätigkeit, sei eine tägliche Bus- oder Bahnfahrt in gesundheitlicher Hinsicht dem Beschwerdeführer ohne weiteres zumutbar.
In seiner gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, jede Stunde, die er zusätzlich zu seiner beruflichen sitzenden Tätigkeit in einem öffentlichen Verkehrsmittel verbringe, stelle für ihn eine starke gesundheitliche Belastung dar. Sein Hausarzt rate ihm davon eindringlich ab. Eine diesbezügliche Bestätigung legte er mit der Berufung vor. Schon im April und Mai 1986 habe er sich wegen des Rückenleidens zweimal Injektionskuren unterziehen müssen und sei mit physikalischer Unterwassertherapie behandelt worden. Beim Arbeitsamt X gebe es in der Abteilung 3 auch noch andere besonders erfahrene Bedienstete, denen bei einer Versetzung zum Arbeitsamt Y keine zusätzlichen Belastungen entstehen würden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und führte nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen zu den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allein relevanten Fragen, die sich aus § 38 Abs. 3 BDG 1979 ergeben, aus, der Fahrtkostenanteil in der Höhe von S 380,-- monatlich stelle keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil dar. Es handle sich um die vom Gesetzgeber bei der Bemessung des Eigenanteiles des Fahrtkostenzuschusses als "billigerweise zumutbare Kosten" eines innerstädtischen Massenbeförderungsmittels, die jedem Beamten, gleich wo er seinen Dienstort habe, zumutbar seien. Der zeitliche Mehraufwand für die Wegstrecke X - Y - X betrage rund 2 Stunden. Durch die am 22. November 1989 erfolgte Übersiedlung des Beschwerdeführers von X nach Z habe sich die Reisezeit des Beschwerdeführers zwar verlängert, doch könne der zusätzliche Zeitaufwand, der durch die Verlegung des Wohnsitzes nach Erlassung des Bescheides erster Instanz, mit dem die Versetzung zum Arbeitsamt Y ausgesprochen worden sei, nicht berücksichtigt werden, weil sonst der Beamte es in der Hand hätte, jede Versetzung durch Wohnsitzverlegung zu verhindern. Der Beschwerdeführer habe keine zwingenden Gründe für die Wohnsitzverlegung vorgebracht. Eine tägliche Reisebewegung im Ausmaß von 2 Stunden sei jedem Beamten zumutbar und stelle keine soziale Härte dar. § 38 Abs. 3 BDG 1979 stelle auf das Vorliegen von wesentlichen wirtschaftlichen Nachteilen ab, welche bei einem bloß zeitlichen Mehraufwand nicht gegeben seien. Da mit der Versetzung des Beschwerdeführers zum Arbeitsamt Y keine wesentlichen wirtschaftlichen Nachteile verbunden seien, entfalle die Prüfung der Frage, ob andere geeignete Beamte für die Versetzung zur Verfügung stünden, da schon das erste Tatbestandsmerkmal der zuletzt genannten Bestimmung nicht erfüllt sei. Zu der vom Beschwerdeführer angeführten Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch den langen Anreiseweg verwies die belangte Behörde schließlich darauf, daß dies eine Frage der Dienstfähigkeit sei, welche in einem anderen Verfahren zu klären wäre. Sache des Berufungsverfahrens sei nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Versetzung des Beschwerdeführers zum Arbeitsamt Y.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht von Amts wegen an einen anderen Dienstort versetzt zu werden, durch unrichtige Anwendung des § 38 Abs. 3 BDG 1979 sowie durch Verletzung von Verfahrensvorschriften verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nach dem durch den Beschwerdepunkt eingeschränkten Rahmen ausschließlich die Überprüfung der Frage, ob bei der Versetzung des Beschwerdeführers die Bestimmung des § 38 Abs. 3 BDG 1979 richtig angewendet worden ist.
Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind nach dieser Bestimmung die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, daß die Behörden des Verwaltungsverfahrens bei der amtswegigen Versetzung den ersten Satz der zitierten Bestimmung nicht beachtet haben. Zweifellos gehören die vom Beschwerdeführer schon in seinen Einwendungen gegen die ihm von der Behörde erster Instanz mitgeteilte Absicht, ihn zu versetzen, vorgebrachten gesundheitlichen Umstände zu den persönlichen Verhältnissen des Beamten, die nach dem Gesetz von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren gegen die Versetzung gesundheitliche Gründe, die gegen eine längere Fahrzeit sprechen würden, vorgebracht, die von den Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht geprüft und nicht berücksichtigt worden sind. Insbesondere kann der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsmeinung, die vom Beschwerdeführer in der Berufung angeführte Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch den (infolge der Versetzung erforderlichen) langen Anreiseweg sei ausschließlich eine Frage der Dienstfähigkeit, welche in einem anderen Verfahren zu klären wäre, nicht gefolgt werden. Dies schon deshalb, weil nach dem klaren Gesetzeswortlaut persönliche Verhältnisse des Beamten bei der Prüfung der Zulässigkeit der Versetzung von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Daß nach dem zweiten Satz der hier allein maßgeblichen Bestimmung eine Versetzung nur dann für unzulässig erklärt wird, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht, schließt nicht aus, daß auch die Berücksichtigung persönlicher, insbesondere gesundheitlicher Verhältnisse des Beamten zu einer Unzulässigkeit der Versetzung führen kann. Dem Gesetz darf keineswegs der Sinn unterstellt werden, daß eine drohende gesundheitliche Beeinträchtigung des Beamten infolge der mit der Versetzung verbundenen Belastung im Verfahren über die Versetzung unbeachtet bleiben müßte und erst nach dadurch verursachter dauernder Dienstunfähigkeit oder infolge Krankheit oder Gebrechens eingetretener einjähriger Abwesenheit vom Dienst und Dienstunfähigkeit (§ 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979) geprüft werden könnte, ob die Voraussetzungen für den Übertritt in den Ruhestand vorliegen. Widerspricht es doch gänzlich dem das Beamtendienstrecht beherrschenden Grundsatz der Fürsorgepflicht des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers für den Beamten, durch eine dienstrechtliche Maßnahme wie die amtswegige Versetzung die Dienstunfähigkeit oder Krankheit des Beamten herbeizuführen oder zumindest zu fördern. Daraus folgt aber bereits, daß auch die im Gesetz vorgesehene amtswegige Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers zu einer Unzulässigkeit der Versetzung von Amts wegen führen kann, wenn durch die mit dieser Maßnahme verbundene zusätzliche Belastung des Beamten dessen Gesundheit erheblich beeinträchtigt würde.
Da dies von der belangten Behörde verkannt wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß der angefochtene Bescheid auch deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet ist, weil die Versetzung eines Beamten ein rechtsbegründender Verwaltungsakt ist, dem keine rückwirkende Kraft zukommt. Es muß daher eine Versetzung, die mit Wirkung von einem Tag verfügt wurde, der vor dem Tag der Zustellung des Bescheides liegt, als eine rückwirkende und rechtswidrige Ernennung angesehen werden. Im Beschwerdefall hat die Dienstbehörde erster Instanz die Versetzung mit Wirkung vom 9. Oktober 1989 ausgesprochen. Der Beschwerdeführer hat dagegen Berufung eingebracht, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommt. Die belangte Behörde hat der Berufung nicht stattgegeben und den erstinstanzlichen Bescheid mit dem angefochtenen Bescheid vollinhaltlich, also auch hinsichtlich der Wirksamkeit bestätigt. Da dem am 18. April 1990 zugestellten angefochtenen Bescheid somit eine im Gesetz nicht gedeckte rückwirkende Bedeutung zukommt, ist er auch dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, die allerdings nicht als Aufhebungsgrund in Frage kommt, weil der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nur im Rahmen des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG im Zusammenhalt mit § 41 Abs. 1 VwGG) zu prüfen hatte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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