Normen
ABGB §472;
ABGB §914;
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §60;
ABGB §472;
ABGB §914;
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §60;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Jänner 1974 stellte die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (BH) gemäß den §§ 98 und 121 WRG 1959 fest, daß die mit ihrem Bescheid vom 10. Dezember 1971 wasserrechtlich bewilligte Trinkwasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei (mP) im wesentlichen gemäß dem Bewilligungsbescheid errichtet worden sei. Gleichzeitig beurkundete die BH gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959 das nachstehende zwischen der mP und DS, vlg E (dies ist der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer), abgeschlossene Übereinkommen:
"1. Herr DS, vlg. E, räumt der Frau CP die Dienstbarkeit der Verlegung und Erhaltung der Wasserleitung über die Parzelle 1015 KG X ein.
2. Als Gegenleistung verpflichtet sich Frau CP, Herrn DS im Bedarfsfalle einen Anschluß an die Wasserleitung im Ausmaß von 1/4-Zoll im Verlauf der Parzelle 1015 KG X einzuräumen.
3. Der Anschluß muß ordnungsgemäß gemacht werden. Frau CP bzw. ihre Rechtsnachfolger sind vorher zu verständigen."
Mit mündlichem Anbringen vom 2. März 1988 beantragte die mP bei der BH, die Erstbeschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des DS zu veranlassen den Punkt 3. des angeführten Übereinkommens zu erfüllen. Da DS den ihm eingeräumten Anschluß nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe, komme es zu einem ständigen Wasseraustritt. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22. März 1989 verpflichtete die BH auf Grund des Übereinkommens mit Bescheid vom 20. Juli 1989 die Beschwerdeführer zur Durchführung einer Reihe von in fünf Punkten angeführten Maßnahmen im Bereich der von der Wasserversorgungsanlage der mP abzweigenden Anschlußleitung und insbesondere in Punkt I.4 zur Ausführung eines Betonüberschubrohres im Bereich eines Weges. Die Tragung der angefallenen Kommissionsgebühren wurde zur Hälfte der mP und zur anderen Hälfte den Beschwerdeführern auferlegt. Hinsichtlich der Notwendigkeit der aufgetragenen Maßnahmen wies die Behörde auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen hin. Die auferlegten Maßnahmen seien notwendig, um die beurkundete Vereinbarung zu erfüllen. Zu der von der mP im Verfahren aufgestellten Behauptung, das dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer eingeräumte Wasserleitungsanschlußrecht sei nicht als Grunddienstbarkeit sonders als persönliche Dienstbarkeit eingeräumt worden, führte die Behörde aus, in der Verhandlung vom 22. März 1989 sei festgestellt worden, daß dieses Recht als Grunddienstbarkeit vereinbart worden sei. Derjenige Eingentümer einer Liegenschaft, mit der ein Wasserbenutzungsrecht verbunden sei, sei der Wasserberechtigte. Die Gebundenheit des Wasserbenutzungsrechtes ergebe sich insbesondere aus dem im Bescheid der BH vom 11. Jänner 1974 beurkundeten Übereinkommen, in dem die Parzelle 1015, mit der das verliehene Recht verbunden sei, genau bezeichnet werde.
Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandten sich die Beschwerdeführer gegen die ihnen auferlegten Maßnahmen und machten geltend, daß der von ihrem Rechtsvorgänger errichtete Wasseranschluß dem beurkundeten Übereinkommen entsprechend ausgeführt worden sei, sodaß keinerlei Anlaß zu Verfügungen oder Änderungsmaßnahmen bestehe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Bescheid der BH gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 insoferne ab, als Punkt I.4 des erstinstanzlichen Bescheides ersatzlos aufgehoben wurde. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die im beurkundeten Übereinkommen vereinbarte ordnungsgemäße Herstellung des Wasserleitungsanschlusses umfasse nicht den Einbau eines Überschubrohres, weshalb der diesen Einbau vorschreibende Punkt des erstinstanzlichen Bescheides aufzuheben gewesen sei. Die anderen den Beschwerdeführern auferlegten Vorschreibungen seien hingegen von der vereinbarten ordnungsgemäßen Ausführung des Anschlusses umfaßt. Eine Abänderung dieses Übereinkommens könne nur durch übereinstimmende Willenserklärung der Vertragsteile, nicht jedoch durch einseitige Willenserklärung eines Vertragsteiles erfolgen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten auf eine dem Gesetz entsprechende Auslegung des Übereinkommens sowie auf Entscheidung durch die zuständige Behörde verletzt. Die Unzuständigkeit der belangten Behörde erachten die Beschwerdeführer insbesondere deshalb als gegeben, weil im Rahmen des wasserrechtlichen Überprüfungsverfahrens kein Anlaß für die Wasserrechtsbehörde bestanden hätte, bei Nichtvorliegen des protokollierten Übereinkommens eine diesem entsprechende Regelung zu treffen.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 252/1990, sind alle im Zug eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommen im Bescheid zu beurkunden. Über die Auslegung und Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens hat im Streitfalle die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre.
In der Begründung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides der BH für die Wasserversorgungsanlage der mP vom 10. Dezember 1971 wurde darauf hingewiesen, daß nach Aussage der mP diese mit dem durch die Anlage betroffenen Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer ein privatrechtliches Übereinkommen getroffen habe. In diesem Bescheid wurde weder ein Zwangsrecht zu Lasten des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer begründet noch das erwähnte Übereinkommen beurkundet. Das in der Folge mit dem wasserrechtlichen Überprüfungsbescheid der BH vom 11. Jänner 1974 beurkundete Übereinkommen vom 5. November 1973 hatte die Einräumung einer Dienstbarkeit zu Gunsten der mP und die hiefür von der mP in Form der Gewährung eines Anschlusses an die Wasserleitung zu erbringende Gegenleistung an den durch die Dienstbarkeit belasteten Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer zum Gegenstand. Dieses Übereinkommen enthob somit die Wasserrechtsbehörde der Verpflichtung, über die ansonsten noch zu klärende Frage der Einräumung eines Zwangsrechtes zu entscheiden. Demgemäß handelt es sich bei dem Übereinkommen um ein solches, dessen Gegenstand Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungsweg die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre. Über die Auslegung und Rechtswirkungen dieses Übereinkommens hat daher im Streitfall die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden. Die von den Beschwerdeführern eingewendete Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt somit nicht vor.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Mai 1978, Slg. N.F. Nr. 9559/A, ausgeführt hat, umfaßt die der Wasserrechtsbehörde auferlegte Entscheidung über die Rechtswirkungen eines derartigen Übereinkommens die Berechtigung und auch die Verpflichtung der Behörde, erforderlichenfalls auch Leistungsverbindlichkeiten aufzuerlegen. Bei der Auslegung von Übereinkommen ist es Aufgabe der Behörde, den Inhalt des das Übereinkommen bildenden Vertrages zu erforschen. Hiebei ist gemäß § 914 ABGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Bei der sohin der belangten Behörde aufgegebenen Auslegung und Entscheidung über die Rechtswirkungen des Übereinkommens wäre es vor allem ihre Pflicht gewesen, Feststellungen über den von der mP erhobenen Einwand zu treffen, demzufolge das Recht zur Herstellung eines Anschlusses an die Wasserleitung der mP lediglich dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer als persönliche Dienstbarkeit eingeräumt worden sei. Die zu dieser Frage lediglich im Bescheid der BH vom 20. Juli 1989 enthaltenen Ausführungen übersehen, daß mit der vertraglichen Einräumung einer Wasserbezugsdienstbarkeit - auch wenn ein diesbezügliches Übereinkommen in einem wasserrechtlichen Bescheid beurkundet wird - keineswegs die gleichen Rechtsfolgen verbunden sind, wie dies bei der bescheidmäßigen Begründung eines Wasserbenutzungsrechtes der Fall wäre. Vielmehr steht im Vordergrund vertraglicher Vereinbarungen der Parteiwille, der durchaus auch dahin gehen kann, ein an unbeweglichen Sachen eingeräumtes Recht lediglich auf Lebenszeit eines Vertragspartners und ohne Übergang auf allfällige Rechtsnachfolger bestehen zu lassen. Ungeachtet der zum Beweisthema Parteiwillen sowohl von den Beschwerdeführern wie auch von der mP angebotenen Zeugen wurde im Verwaltungsverfahren von deren Einvernahme abgesehen. Der in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides enthaltene Hinweis, in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 1989 sei festgestellt worden, das dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer eingeräumte Anschlußrecht sei als Grunddienstbarkeit und nicht als persönliche Dienstbarkeit vereinbart worden, findet in der Niederschrift über diese Verhandlung keine Deckung. Vielmehr wurde in dieser Verhandlung unwidersprochen von der mP behauptet, das Anschlußrecht sei ausschließlich auf die Person des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer beschränkt gewesen.
Es ergibt sich sohin, daß im Verwaltungsverfahren wesentliche Punkte des maßgeblichen Sachverhaltes, nämlich insbesondere die Frage, ob aus dem gegenständlichen Übereinkommen überhaupt Rechte und Pflichten für die Beschwerdeführer abgeleitet werden können, ungeklärt geblieben sind. Der angefochtene Bescheid mußte daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG der Aufhebung verfallen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch eine gesonderte Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich im Ausmaß von S 900,-- zu entrichten waren.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)