VwGH 90/05/0086

VwGH90/05/008618.9.1990

A-Gesellschaft m.b.H. gegen Kärntner Landesregierung vom 22. März 1990, Zl. 8 BauR1-80/2/1990, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister).

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §54;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. November 1989 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer "Plakatwerbeanlage" auf dem Grundstück Nr. 615/2 des Grundbuches über die Kat. Gem. Y unter Berufung auf § 11 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung mit der Begründung abgewiesen, daß diese Anlage zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Orts- bzw. Landschaftsbildes führe.

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 22. März 1990 wurde die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 lit. a der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 48/1969, zuletzt geändert durch die Novelle LGBl. Nr. 69/1981, bedarf die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen einer Bewilligung.

Zufolge § 9 Abs. 1 leg. cit. hat bei Vorhaben nach § 4 lit. a bis c eine Vorprüfung stattzufinden. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat bei der Vorprüfung die Behörde festzustellen, ob dem Vorhaben ... d) Interessen der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Schutzes des Ortsbildes ... entgegenstehen.

Steht dem Vorhaben einer der Gründe des § 9 Abs. 2 entgegen, so hat die Behörde den Antrag zufolge § 11 Abs. 1 leg. cit. abzuweisen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde von der Verwaltungsgemeinschaft Baudienst bei der Bezirkshauptmannschaft Z zu dem in Rede stehenden Vorhaben unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 lit. d leg. cit. wie folgt Stellung genommen:

"Die Ortschaft Y befindet sich im südlichen K-Tal, am Fuße des F-Alpenzuges und stellt ein typisches, von ländlichen Baustrukturen geprägtes Dorf dieser Region dar. Bei Errichtung von Neubauten wurde sehr großer Wert auf die Beibehaltung der ländlichen und ortsspezifischen Bebauungsmerkmale gelegt. Y hat in all den Jahren seinen eigenen Charakter als ländliches Dorf ohne störende Faktoren erhalten können, das Ortsbild ist daher als sicherlich schützenswert anzusehen. Werbe- bzw. Ankündigungsflächen finden sich an den hiefür vorgesehenen, nicht störenden Plätzen.

Die gegenständliche Werbeanlage in einem Ausmaß von 5,20 x 2,60 m wurde bereits in einer Grünfläche am nördlichen Ortsrand von Y unmittelbar nach einem für diese Gegend typischen Einfamilienhaus in unmittelbarer Nähe der Landesstraße errichtet.

Diese Grünfläche ist relativ stark (ca. 20 %) zur Landesstraße hin geneigt und bedingt daher eine enorme Schräglage dieser Werbetafel. Verglichen mit sämtlichen baulichen Anlagen und mit der natürlichen Bepflanzung, die sich alle im rechten Lot befinden, bewirkt eine derartige schräg in die Landschaft gestellte bauliche Anlage eine enorme negative Beeinträchtigung des Gesamtbildes.

Außerdem verdeckt diese normal zur Landesstraßenachse stehende Tafel bei Ortseintritt vom Norden her den überaus reizvollen Blick auf das Ortsensemble mit der dominierenden Kirche in der Mitte.

Aus diesem Grunde ist die Beibehaltung der Situierung und Aufstellungsart dieser Tafel als für das Ortsbild äußerst störend anzusehen und abzulehnen. Die sofortige Beseitigung wäre anzustreben."

Ferner hat ein hochbautechnischer Sachverständiger des Amtes der Kärntner Landesregierung während des Vorstellungsverfahrens eine Stellungnahme abgegeben, welche nachstehenden Wortlaut hat:

"Die gegenständliche Werbetafel befindet sich nordöstlich der Yer Landesstraße im Bereich der nördlichen Ortseinfahrt von Y. Es handelt sich hiebei um ein Gebiet mit dörflichem Charakter, dessen Bild durch eine lockere Bebauung mit ein- und zweigeschoßigen Wohnobjekten und landwirtschaftlichen Gebäuden mit dazwischen liegenden Obstgärten und freien Flächen geprägt ist. ANDERE Werbeanlagen sind hier nicht vorhanden. Die Tafel ist auf einem privaten Grundstück, das als Garten genützt wird, aufgestellt. Dieses Grundstück weist von der Straße weg eine Steigung von ca. 20 % auf. Die senkrecht zur Straßenachse angeordnete Tafel hat ihren Standort unmittelbar angrenzend an einen etwa 1 m hohen Maschendrahtzaun. Sie besitzt lt. Unterlagen im Akt eine Größe von 5,20 auf 2,60 m und besteht aus einer Stahlrahmenkonstruktion mit dazwischen eingespannter Platte und beidseitigen Abstützungen. Es handelt sich dabei offensichtlich um eine Serienanfertigung, die für das einfache Hinstellen auf den Boden bestimmt ist. Es wurde deshalb auch hier keine Anpassung an den Geländeverlauf vorgenommen. Auf Grund der verhältnismäßig starken Hangneigung besitzt die Tafel eine entsprechend starke Schräglage, wodurch sie mit ihrer vorderen oberen Ecke den Maschendrahtzaun und somit die Straßengrundgrenze überragt.

Nordwestlich der Werbetafel in einem Abstand von ca. 6 m von dieser, befindet sich auf derselben Straßenseite, ebenfalls an der Straßengrundgrenze ein eingeschoßiges Wohngebäude. Die Straße führt in diesem Bereich über eine Geländekuppe.

Bei der Ausfahrt aus Y fällt die Tafel vor allem durch ihre Schräglage auf, die eine Einpassung in die vorhandene geordnete Bebauung vermissen läßt und deshalb einen unordentlichen Eindruck vermittelt. Störend wirkt auch, daß sie einen großen Teil des daneben stehenden Gebäudes verdeckt.

Aus Nordwesten kommend ist von der Tafel zunächst nur die obere vordere Ecke, welche hinter der Hausflucht in den Straßenraum ragt, sichtbar. Erst etwa auf Gebäudehöhe ist sie voll einsehbar. Von hier aus verdeckt sie den Blick auf einen Teil des Ortszentrums mit der Kirche.

Durch die völlig unmotiviert und ohne Bezug auf die vorhandene Bebauung und die örtlichen Gegebenheiten vorgenommene Aufstellung dieser Tafel erfolgt zweifellos eine Beeinträchtigung des schützenswerten Ortsbildes von Y."

 

Gestützt auf diese beiden Äußerungen kam die belangte Behörde entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides zu dem Ergebnis, daß es der Beschwerdeführerin in keiner Weise gelungen sei, die Sachverständigengutachten zu erschüttern, weshalb sich der bekämpfte Berufungsbescheid nicht als mangelhaft erweise.

Die Beschwerdeführerin bemängelt nun, daß ein Gutachten einer förmlichen Gliederung in Befund und Gutachten im engeren Sinn bedürfe, denn das Gutachten im engeren Sinn stelle die Schlußfolgerungen aus den aufgenommenen Tatsachenfeststellungen im Befund dar. Aus diesem Grund sei denknotwendig eine Aufgliederung in Befund und Gutachten im engeren Sinn unerläßlich. Darüber hinaus müsse der Sachverständige darlegen, auf welchem Weg er zu diesen Schlußfolgerungen gekommen sei. Auch habe ein Gutachten im engeren Sinn derart begründet zu sein, daß es auf seine Schlüssigkeit hin überprüft werden könne. Weiters habe ein Gutachten Angaben über die Beschaffung der aufgenommenen tatsächlichen Grundlagen zu enthalten. Das vom Amtssachverständigen des Baudienstes der Bezirkshauptmannschaft Z abgegebene "Gutachten" entspreche diesen Erfordernissen keineswegs und könne höchstens als Stellungnahme gewertet werden. Nicht nur, daß eine Gliederung in Befund und Gutachten im engeren Sinn fehle, sei dem "Gutachten" auch nicht die Art der Beschaffung der Tatsachenfeststellungen zu entnehmen. Darüber hinaus seien die getroffenen Feststellungen nicht präzise genug und es mangle an einer hinreichenden Begründung, warum die Situierung und Aufstellungsart der in Rede stehenden Tafel als für das Ortsbild äußerst störend anzusehen und abzulehnen seien. Da die vom Amtssachverständigen der Bezirkshauptmannschaft Z abgegebene Äußerung keineswegs als Gutachten zu werten sei, sei sie als Beweismittel untauglich und hätte dem angefochtenen Bescheid nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Auch das im Zuge des Vorstellungsverfahrens eingeholte "Gutachten" lasse nicht erkennen, daß es sich um ein solches handle, und könne ebenfalls nur als Stellungnahme gewertet werden.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, daß das Gutachten eines Sachverständigen aus einem Befund und dem Urteil, dem Gutachten im engeren Sinn, zu bestehen hat (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1953, Slg. N. F. Nr. 3159/A). Allein das Fehlen einer förmlichen Gliederung in Befund und Gutachten (im engeren Sinn) bedeutet allerdings noch nicht, daß eine derartige Äußerung eines Sachverständigen schon allein deshalb nicht als taugliches Beweismittel in Betracht kommt und daher einer Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden darf. Die angeführten Stellungnahmen lassen ausreichend erkennen, von welchem Befund der jeweilige Sachverständige ausgegangen ist, und enthalten außerdem jeweils ein darauf gestütztes Urteil, demzufolge die in Rede stehende Werbeanlage das Ortsbild stört. Der Beweiswert dieser gutächtlichen Äußerungen wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß sie die Art der Beschaffung der entscheidungswesentlichen Grundlagen nicht ausdrücklich zu erkennen geben, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen (auch in der Beschwerde wird nichts Gegenteiliges behauptet), daß der jeweilige Befund nicht auf den im Rahmen eines Lokalaugenscheines des Sachverständigen getroffenen Feststellungen beruht. Worin die von der Beschwerdeführerin gerügte ungenügende Präzision der getroffenen Feststellungen in der Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Z gelegen sein soll, hat die Beschwerdeführerin nicht zu erkennen gegeben. Im übrigen kann der Gerichtshof auch nicht finden, es sei darin nicht ausreichend begründet worden, warum die den Gegenstand des Bauansuchens bildende Anlage dem Interesse am Schutz des Ortsbildes entgegensteht.

Zu der gerügten Widersprüchlichkeit in der gutächtlichen Äußerung des hochbautechnischen Sachverständigen des Amtes der Kärntner Landesregierung ist festzuhalten, daß der Sachverständige bei seinen diesbezüglichen Feststellungen offensichtlich von jener Perspektive ausgegangen ist, welche sich von der Straße aus ergibt, wobei sich die Werbeanlage jedenfalls je nach der Richtung, aus welcher man sich auf der Straße auf sie zu bewegt, vor oder nach diesem Gebäude befindet. Ferner dürfte die Beschwerdeführerin übersehen haben, daß der zuletzt genannte Sachverständige ausdrücklich festgehalten hat, die Tafel sei erst etwa auf Gebäudehöhe voll einsehbar und verdecke von hier aus den Blick auf einen Teil des Ortszentrums mit der Kirche. Ungeachtet des Umstandes, daß gegebenenfalls aus einer anderen Perspektive auch dieses Haus den Blick auf den Ort verwehrt, ist daher davon auszugehen, daß jedenfalls etwa auf der Höhe des in Rede stehenden Gebäudes durch die Werbetafel (und nur deren Wirkung auf das Ortsbild ist im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung) der Blick auf einen Teil des Ortszentrums verdeckt wird, wodurch aus dieser Perspektive die störende Wirkung der Tafel gegeben ist.

Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, daß die Werbetafel schon seit "zig-Jahren an Ort und Stelle" stünde und daher "in das Landschaftsbild integriert sei", so muß darauf hingewiesen werden, daß diese Behauptung nicht geeignet ist, die Schlußfolgerungen in den erwähnten gutächtlichen Stellungnahmen zu entkräften, denen die Beschwerdeführerin im übrigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Beschwerdeführerin zutrifft, daß diese Tafel "bisher nicht als störend auf das Orts- bzw. Landschaftsbild aufgefallen oder kritisiert worden" sei, weshalb im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auch der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand nicht ins Gewicht fällt, daß bisher kein behördlicher Auftrag zur Entfernung der Werbetafel erlassen worden ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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