Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §8;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauO Wr §60;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §3 Abs1 lita;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §8;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauO Wr §60;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §3 Abs1 lita;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 122 der Katastralgemeinde X. Am 3. November 1989 führte der Magistrat der Stadt Wien auf dem Gelände der ehemaligen A-Werke auf dieser Liegenschaft in Wien, S-Gasse 6-12, eine mündliche Verhandlung durch, die der Überprüfung der Baulichkeiten hinsichtlich der Widmung und der Erteilung eines Abtragungsauftrages für ohne Bewilligung errichtete Baulichkeiten dienen sollte. Während dieser Verhandlung erklärte der Vertreter des Beschwerdeführers, sämtliche angesprochenen Objekte seien vermietet, von einer rechtswidrigen Baulichkeit sei dem Beschwerdeführer nichts bekannt, er hätte dazu keine Zustimmung erteilt. Grundsätzlich sei er an der Ordnungsmäßigkeit der Liegenschaft interessiert und werde alles unternehmen, um einen konsensmäßigen Zustand herzustellen.
Auf Grund der bei dieser Verhandlung getroffenen Feststellungen erging an den Beschwerdeführer ein Bescheid vom 21. November 1989, mit dem Aufträge zur Beseitigung konsensloser baulicher Änderungen und zur Auflassung einer Kraftfahrzeugeinstellung erteilt wurden. Zwei Pläne, in denen durchgeführte Änderungen eingezeichnet waren, bildeten einen Bescheidbestandteil. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer die Berufung ein. Er beantragte, geeignete Planunterlagen zur Feststellung des wahren Sachverhaltes heranzuziehen. Im Berufungsverfahren wurden Baubewilligung und Pläne für die Liegenschaft S-Gasse 6-12 beigeschafft. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit geboten, in diese Unterlagen Einsicht zu nehmen und sich zu ihrem Inhalt zu äußern. Nach Einsichtnahme wurde die Berufung ergänzt. Der Beschwerdeführer führte aus, er habe die Pläne betreffend die Objekte Nr. 6 und 8 zum ersten Mal gesehen, obwohl er bei der MA 37/23 zweimal wegen einer Planeinsicht vorgesprochen habe. Die im Berufungsverfahren eingesehenen Pläne seien hinsichtlich des Bescheides vom 21. November 1989 unvollständig.
In der Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem der auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) gestützte Auftrag zur Beseitigung konsensloser baulicher Änderungen sprachlich neu gefaßt und die Bezeichnung des Objektes 6 in "Haus 6" geändert wurde. Der Auftrag, das Einstellen von mehr als zwei betriebsbereiten Kraftfahrzeugen aufzulassen, wurde dahingehend geändert, daß das Einstellen von mehr als zwei betriebsbereiten Kraftwagen aufzulassen sei.
Zur Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus ihr seien aus dem Archiv der Baubehörde erster Instanz ein Bescheid vom 16. Jänner 1959, betreffend bauliche Herstellungen und Abänderungen, sowie ein Bescheid vom 17. März 1961, betreffend neuerliche bauliche Abänderungen zur Verfügung gestanden, weiters ein Bescheid vom 3. März 1971, mit dem die Benützungsbewilligung für den Speisesaal, für die Büroräume und Erzeugungsstätten erteilt wurde, die entsprechend dem Bescheid vom 16. Jänner 1959 abgeändert worden waren, und mit dem eine geringfügige Änderung im Speisesaal zur Kenntnis genommen worden sei. Von den fünf Plänen, welche dem Bescheid vom 16. Jänner 1959 nach seiner Zustellverfügung ursprünglich angeschlossen gewesen seien, seien der belangten Behörde in diesem Verfahren nur mehr vier Pläne zur Verfügung gestanden. Die Pläne C2 bis C4 zeigten die Abänderungen im Inneren von Objekten, während der Plan C5 ein Lageplan sei, der das gesamte Fabriksgelände der ehemaligen A-Werke darstelle. Auch in diesem Plan seien jedoch bei einzelnen Objekten die geplanten Änderungen (Mauerdurchbrüche und Abmauerungen) durch Rot- und Gelbfärbung dargestellt. Da nicht alle im Plan dargestellen Baulichkeiten Gegenstand von Änderungen gewesen seien, die mit dem Bescheid vom 16. Jänner 1959 bewilligt worden waren, könne dieser Plan als Wiedergabe des damals bestehenden konsensgemäßen Zustandes gelten. Andere Unterlagen seien weder im Archiv der Behörde vorgefunden noch vom Beschwerdeführer beigebracht worden. Es bestehe somit kein Anlaß zu bezweifeln, daß der im Plan vom 16. Jänner 1959 dargestellte Zustand der konsensgemäße sei, soweit nicht durch den ebenfalls vorhandenen Bescheid vom 17. März 1961 und die Kenntnisnahme in der Benützungsbewilligung vom 3. März 1971 eine Änderung bewirkt worden sei. Irgendwelche Unterlagen dafür, daß in die ehemalige Dauerbrandofenfabrik mit baubehördlicher Bewilligung in großem Ausmaß Garagenboxen eingebaut worden wären, seien nicht auffindbar. Andererseits sei auszuschließen, daß derartige Boxen schon vor längerer Zeit und während des Betriebes der Fabriksanlage errichtet worden seien, da sie offensichtlich in keinem Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Erzeugungsbetrieb stünden. Die Einrichtung von Garagenboxen bedinge eine Unterteilung von ehemaligen Fabriksräumlichkeiten durch Zwischenmauern, eine Änderung oder Neuherstellung von Öffnungen in den Außenmauern und schließlich die Anbringung von Kipptoren. Diese baulichen Abänderungen von Räumlichkeiten, die bisher nicht für die Einstellung von Kraftfahrzeugen bestimmt gewesen seien, stellten schon für sich wegen der Änderung der inneren Raumeinteilung und wegen der Notwendigkeit wesentlicher bautechnischer Kenntnisse für die Errichtung der Mauern, für das Ausbrechen von Öffnungen (Herstellung von Überlagern) und die Verankerung von Kipptoren bewilligungsdürftige Maßnahmen im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO dar. Sie seien überdies Bauführungen zur Errichtung oder Vergrößerung von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und daher schon gemäß § 3 Abs. 1 lit. a des Wiener Garagengesetzes bewilligungspflichtig. Die sonstigen von der Behörde erster Instanz beanstandeten Bauführungen (ein Flugdach, Zubauten) seien nach den vorhandenen Unterlagen ohne baubehördliche Bewilligung vorgenommen worden, obwohl sie einer solchen Bewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO bedurft hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, die Grundlage des angefochtenen Bescheides, nämlich der Lageplan vom 16. Jänner 1959, gebe keinesfalls den konsensgemäßen Zustand wieder; nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe ein "alter Bestand" die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich, welche nur durch den Gegenbeweis entkräftet werden könne. Bei den Ermittlungen, ob für ein Bauwerk die Vermutung der Konsensmäßigkeit bestehe, sei es nach dem Beschwerdevorbringen auch erforderlich festzustellen, ob für ähnliche Bauten aus der Entstehungszeit des gegenständlichen Baues im örtlichen Umkreis die Baubewilligung auffindbar sei.
Zwar trifft das Beschwerdevorbringen zu, wonach die vorhandenen Planunterlagen, die zur Feststellung des konsensgemäßen Zustandes herangezogen wurden, lückenhaft sind, doch stellt der Lageplan zum Bescheid vom 16. Jänner 1959, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich jener Baulichkeiten, die in diesem Verfahren maßgebend sind, weitaus mehr dar, als bloß die Umrisse. Hinsichtlich eines Großteils der Objekte werden die Öffnungen in den Außenwänden und die innere Raumeinteilung dargestellt. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die vorhandenen Pläne zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten, dazu Stellung zu nehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom 9. Dezember 1963, Zl. 1200/63, ausgesprochen, daß bei der Feststellung des Sachverhaltes - also ob angenommen werden kann, daß eine Baubewilligung erteilt wurde - auch die Partei eine Mitwirkungspflicht treffe. Dieser komme gerade bei der Feststellung des konsensgemäßen Zustandes besondere Bedeutung zu, da es in der Regel der Eigentümer eines Bauwerkes sei, der zielführende Hinweise über das Vorliegen einer Baubewilligung geben könne.
Da es der Beschwerdeführer verabsäumt hat, konkrete Hinweise auf das Vorliegen weiterer Baubewilligungen zu geben, kann der belangten Behörde unter Berücksichtigung des oben wiedergegebenen Sachverhaltes nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß der im Plan zum Bescheid vom 16. Jänner 1959 dargestellte Zustand der konsensgemäße war, soweit nicht durch den vorhandenen Bescheid vom 17. März 1961 und die Kenntnisnahme in der Benützungsbewilligung vom 3. März 1971 eine Änderung bewirkt wurde.
Da sowohl Pläne als auch Bescheide aus der Zeit vom 16. Jänner 1959 bis einschließlich 3. März 1971 vorhanden waren, der Beschwerdeführer keine konkreten Hinweise dafür angeboten hat, daß noch weitere Baubewilligungen erteilt wurden, erübrigte sich auch eine Überprüfung, ob für ähnliche Bauten aus der Entstehungszeit des gegenständlichen Baues im örtlichen Umkreis Baubewilligungen auffindbar sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 90/06/0042, AW 90/06/0015, ausgeführt hat, würde es ohne konkreten Anhaltspunkt für die Unvollständigkeit der Archive die Erhebungspflicht der Behörde überspannen, einen (praktisch unmöglichen) Negativbeweis zu erbringen.
Aus den Ermittlungen, die die belangte Behörde ihrem Bescheid zugrunde gelegt hat, ergibt sich, daß die Baubewilligung mit Bescheiden vom 16. Jänner 1959 und von 17. März 1961 erfolgte und die Kenntnisnahme in der Benützungsbewilligung vom 3. März 1971 eine Änderung bewirkte. Die beiden zuletzt genannten Bescheide ergingen ebenso wie der Bescheid vom 16. Jänner 1959 an die Eigentümer der ehemaligen Dauerbrandofenfabrik A. Es scheint nun nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde aufgrund des Umstandes, daß seit 1971 Bewilligungen weder in den Archiven auffindbar sind noch vom Eigentümer des Bauwerkes vorgelegt wurden, davon ausging, daß die Garagenboxen nicht schon während des Betriebes der Fabriksanlage errichtet wurden. Die Dauer des Bestandes der Garagenboxen kann daher mit maximal 19 Jahren angenommen werden. In diesem Zusammenhang ist zum Beschwerdevorbringen, ein "alter Bestand" habe die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sogar ein Zeitraum von ungefähr 30 bis 40 Jahren zu kurz ist, um die auf eine bloße Vermutung zu stützende Annahme zu rechtfertigen, die Baulichkeiten seien, trotz Fehlens einer schriftlichen Baubewilligung baubehördlich bewilligt worden (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 9. Dezember 1963, Zl. 1200/63). Vielmehr soll die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit nur dann Platz greifen, wenn der Zeitpunkt der Erbauung desselben offensichtlich soweit zurückliegt, daß, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr besteht (Erkenntnis vom 30. November 1964, Slg. N.F. Nr. 6509/A).
Entgegen dem Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde sei auf die Frage der baubehördlichen Bewilligungspflicht des Austausches früher vorhandener Tore durch Kipptore nicht eingegangen, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Verankerung von Kipptoren, die ihrerseits bloß einen Teil der Maßnahmen zur Schaffung von Garagenboxen darstellen, als bewilligungsbedürftig im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO qualifiziert und im übrigen die Herstellung der Boxen in ihrer Gesamtheit, somit einschließlich ihres Abschlusses - der Tore - als bewilligungspflichtig gemäß § 3 Abs. 1 lit. a des Wiener Garagengesetzes bezeichnet. Es bedarf wohl keiner näheren Ausführungen, daß zur ordnungsgemäßen Herstellung der Verankerung von Kipptoren ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, und daß die Errichtung von Kipptoren von Einfluß auf die Festigkeit und die gesundheitlichen Verhältnisse ist, sodaß jedenfalls die Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. b bzw. lit. c BO gegeben ist.
Schließlich ist auch die Rüge des Beschwerdeführers, er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, unbegründet. Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren ausreichend Gelegenheit, sich zum Ermittlungsergebnis zu äußern. So wurde er bereits im Verfahren des Magistrats zur mündlichen Verhandlung beigezogen. Während des Berufungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Dezember 1989 aufgefordert, in die vorhandenen Pläne und Bescheide Einsicht zu nehmen und sich Kopien anzufertigen. In diesem Schreiben wurde ihm auch ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, nach Kenntnis der Unterlagen binnen vier Wochen nach Zustellung des Schreibens seine Berufung zu ergänzen. Der Beschwerdeführer hatte somit jedenfalls während des Berufungsverfahrens ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich über den gesamten Sachverhalt zu informieren und eine Äußerung abzugeben. Die neuerliche Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich, auch wurde in der Beschwerde gar nicht dargetan, daß und weshalb die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Verfahrensergebnis hätte gelangen können.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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