Normen
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs4;
BauO OÖ 1976 §30 Abs1;
BauO OÖ 1976 §30 Abs7;
BauO OÖ 1976 §30 Abs8;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs7;
GdO OÖ 1979 §103 Abs1;
GdO OÖ 1979 §98 Abs1;
ROG OÖ 1972 §16 Abs12;
ROG OÖ 1972 §16 Abs8;
VwRallg;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs4;
BauO OÖ 1976 §30 Abs1;
BauO OÖ 1976 §30 Abs7;
BauO OÖ 1976 §30 Abs8;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs7;
GdO OÖ 1979 §103 Abs1;
GdO OÖ 1979 §98 Abs1;
ROG OÖ 1972 §16 Abs12;
ROG OÖ 1972 §16 Abs8;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- und der Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der Zweitbeschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 27. Juni 1989 hob die OÖ Landesregierung gemäß § 103 der Oö. Gemeindeordnung 1979 den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde auf. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens begründete die Gemeindeaufsichtsbehörde ihre Entscheidung damit, daß wesentlicher Bestandteil des baubehördlich bewilligten Einkaufszentrums die Errichtung von Kfz-Stellplätzen sei. Die Errichtung von Stellplätzen bzw. die Ausgestaltung des Parkplatzes stelle daher sowohl aus bautechnischer und betriebswirtschaftlicher Sicht als auch aus der Sicht der Raumordnung eine untrennbar mit dem Projekt des Einkaufszentrums verbundene Einheit dar. Dies zu leugnen, gehe an der Realität vorbei, zumal ein ausreichendes Angebot von Parkplätzen ein wesentlicher Grund für die Errichtung von Großgeschäften sei. Der Auffassung, daß nach § 30 Abs. 1 zweiter Satz der Oö. Bauordnung (BO) die geforderten Stellplätze nicht auf dem Bauplatz selbst errichtet werden müßten, könne grundsätzlich nicht widersprochen werden. Da die Stellplätze jedoch eine untrennbare Einheit mit dem Bauvorhaben bilden, müsse auch das Grundstück, auf dem die Stellplätze allenfalls privatrechtlich sichergestellt seien, dieselbe Flächenwidmungskategorie wie das Gebäude selbst aufweisen. Im Betriebsbaugebiet dürften diese Stellplätze deshalb nicht errichtet werden, weil dieses Gebiet nach § 16 Abs. 8 des Oö. Raumordnungsgesetzes (ROG) ausschließlich Betrieben bzw. solchen Betrieben zugeordneten Bauten und Anlagen vorbehalten seien. Für diese Auffassung spreche auch die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Maßstab für die Beantwortung der Frage der Zulässigkeit von Betrieben in den verschiedenen Flächenwidmungskategorien stets die jeweilige Betriebstype sei. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Stellplätzen werde regelmäßig von der Betriebstype auszugehen sein, der diese Stellplätze zugeordnet sind. Im vorliegenden Fall bestehe überhaupt kein Zweifel, daß das Einkaufszentrum auf Grund seiner Größenordnung nicht im Betriebsbaugebiet zulässig sei, sodaß auch die Errichtung der ihm zugeordneten Stellplätze im Betriebsbaugebiet nicht zulässig sei. Da letztlich das Bauvorhaben, das mit seinen Stellplätzen als untrennbare Einheit anzusehen sei, nicht zur Gänze auf Flächen zu liegen komme, die gemäß § 16 Abs. 12 ROG als Gebiet für Geschäftsbauten gewidmet seien, sei die erteilte Baubewilligung gesetzwidrig. Allein schon aus diesem Grunde wäre daher die erteilte Baubewilligung gemäß § 103 der Oö. Gemeindeordnung 1979 aufzuheben.
Das Bauvorhaben, so wurde weiters ausgeführt, widerspreche auch dem rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. 5.5. Es sei zwar der Rechtsansicht zuzustimmen, daß der Bebauungsplan den Bauwerber nicht verpflichtet, die Stellplätze wie vorgesehen entweder auf dem Dach oder im Untergeschoß zu errichten, soweit die Ausnahmebestimmung des § 30 Abs. 1 zweiter Satz BO zur Anwendung gelangen könne, doch werde übersehen, daß die Errichtung von Geschäftsräumen oder Räumen mit anderer Zweckwidmung im Untergeschoß im Widerspruch mit dem Bebauungsplan stehe, zumal dieser für das Untergeschoß allenfalls die Errichtung von Stellplätzen vorsehe. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei daher die erteilte Baubewilligung gesetzwidrig, da das Bauvorhaben nicht im Sinne des § 49 Abs. 2 BO in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Bebauungsplanes entspreche.
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch die Zweitbeschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschlüssen vom 27. Februar 1990 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung zu verbinden.
Inhaltlich hat der Verwaltungsgerichtshof über diese Beschwerden sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Nach § 103 Abs. 1 der Oö. Gemeindeordnung 1979, LGBl. Nr. 119, können außer in den Fällen der §§ 101 und 102 rechtskräftige Bescheide sowie Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen der Gemeindeorgane, die den Wirkungsbereich der Gemeinde überschreiten oder Gesetze oder Verordnungen verletzen, von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen oder über Antrag aufgehoben werden.
Mit der zuletzt genannten Gesetzesstelle hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1989, Zl. 89/05/0130, eingehend auseinandergesetzt. Der Gerichtshof hat im Hinblick auf das im Art. 119a Abs. 7 letzter Satz B-VG verankerte Gebot zur Schonung erworbener Rechte Dritter, welches auch im § 98 Abs. 1 der Oö. Gemeindeordnung 1979 übernommen worden ist, die Auffassung vertreten, daß die Gemeindeaufsichtsbehörde nicht berechtigt ist, wegen jeder auch noch so geringfügigen Rechtswidrigkeit in rechtskräftige Bescheide einzugreifen, was anscheinend nach der Textierung des § 103 Abs. 1 leg. cit. möglich wäre. Ob die damit gegebenen Schranken im Einzelfall eingehalten worden sind, haben dann Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihnen eingeräumten Prüfungsbefugnisse festzustellen.
Die belangte Behörde behauptete nunmehr in der Begründung des angefochtenen Bescheides, die von der Gemeindebehörde erster Instanz erteilte Baubewilligung für ein Einkaufszentrum widerspreche den im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungskategorien dadurch, daß die Stellplätze für dieses Einkaufszentrum nicht in den als Gebiet für Geschäftsbauten vorgesehenen Grundflächen errichtet werden sollen.
Nach dem Bebauungsplan Änderung Nr. 5.5. wurde in der Legende u.a. folgendes festgehalten: "Unbeschadet der Regelung des 30 Abs. 1 zweiter Satz Oö. BauO Kraftfahrzeugstellplätze im UG oder am Dach mit Attika 1,5 m hoch, damit volle Ausbaumöglichkeit innerhalb der Baufluchten." Mit dieser Anordnung hat der Verordnungsgeber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß Kfz-Stellplätze sowohl im Untergeschoß als auch am Dach des zu errichtenden Einkaufszentrums zulässig sind, die Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 2 BO dadurch aber nicht eingeschränkt werden soll. Nach der genannten Gesetzesstelle gilt die Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auf dem Bauplatz selbst insoweit nicht, als die Abstellmöglichkeit auf Stellplätzen außerhalb des Bauplatzes, jedoch innerhalb einer angemessenen, nach Möglichkeit 300 m nicht überschreitenden Wegentfernung vorhanden ist und auf Dauer privatrechtlich sichergestellt wird. Diese Gesetzesstelle regelt somit eindeutig, daß Stellplätze nicht auf dem Bauplatz selbst errichtet werden müssen. Auch § 16 Abs. 12 ROG kennt keine gesonderte Anordnung bezüglich der Gebiete für Geschäftsbauten, was ja auch die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides gar nicht behauptet hat. Wenn aber nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BO Stellplätze nicht auf dem Bauplatz, auf dem das Einkaufszentrum errichtet werden soll, errichtet werden müssen, liegt der von der belangten Behörde zunächst behauptete Widerspruch zum Gesetz nicht vor. Dieser Auffassung steht nicht entgegen, daß gerade bei einem Einkaufszentrum Kfz-Stellplätze einen wesentlichen Bestandteil des Projektes bilden, weil eben diese Stellplätze nicht auf demselben Bauplatz zwingend vorgesehen sein müssen. In diesem Zusammenhang war nicht die Frage zu erörtern, ob gerade bei Einkaufszentren nicht eine andere gesetzliche Regelung wünschenswert sein könnte, weil der Oö. Landesgesetzgeber die von der belangten Behörde angestrebte Beschränkung nicht festgesetzt hat.
Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid weiters die Auffassung, daß Stellplätze im anschließenden Betriebsbaugebiet nicht vorgesehen werden dürfen. Nach § 16 Abs. 8 ROG sind als Betriebsbaugebiete solche Flächen vorzusehen, die zur Aufnahme von Betrieben dienen, die die Umgebung nicht erheblich, und zwar insbesondere durch Lärm, Ruß, Staub, Geruch oder Erschütterungen, stören, und nicht, insbesondere durch Dämpfe, Gase, Explosivstoffe oder durch Strahlung, gefährden. In Betriebsbaugebieten dürfen auch die solchen Betrieben zugeordneten Verwaltungs- und Betriebswohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden. Andere Bauten und Anlagen dürfen nicht errichtet werden. Aus dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle hat die belangte Behörde den Schluß gezogen, daß Stellplätze nur im Zusammenhang mit einem Betrieb im Betriebsbaugebiet errichtet werden dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß diese Argumentation der belangten Behörde scheinbar den Gesetzeswortlaut für sich hat, doch führt die beschwerdeführende Gemeinde vor allem in ihrem ergänzenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof zutreffend aus, daß an sich nach den Widmungskategorien des Oö. Raumordnungsgesetzes Kfz-Stellplätze in allen Widmungskategorien - die Frage der Zulässigkeit im Hinblick auf die damit verursachten Immissionen wird hier nicht erörtert - errichtet werden dürfen, soweit § 30 Abs. 7 und 8 BO nicht die Verwendung von Grundflächen für die Errichtung von Stellplätzen für unzulässig erklärt, wie dies für bestimmte Abstellplätze in reinen Wohngebieten und für Spielplätze und Erholungsflächen der Fall ist. Damit wollte der Gesetzesgeber offensichtlich die Stellplatzverpflichtung und die Möglichkeit der Errichtung von Stellplätzen im § 30 BO zusammenfassend regeln, was aber im Ergebnis bedeutet, daß auch im Betriebsbaugebiet solche Stellplätze, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Errichtung von Betrieben, zulässig sind. Eine am Sinn und Zweck der Regelung des § 30 BO orientierte Auslegung führt daher zu dem Ergebnis, daß der letzte Satz des § 16 Abs. 8 ROG nicht die Bedeutung besitzt, die Errichtung von Stellplätzen sei im vorliegenden Fall im Betriebsbaugebiet unzulässig. Auch mit diesem Argument konnte daher die belangte Behörde nicht die Rechtswidrigkeit der erteilten Baubewilligung dartun.
Die belangte Behörde erblickte in der Begründung des angefochtenen Bescheides eine Rechtswidrigkeit der erteilten Baubewilligung schließlich darin, daß die Errichtung von Geschäftsräumen oder Räumen mit anderer Zweckwidmung im Untergeschoß im Widerspruch mit dem Bebauungsplan stünde, da dieser für das Untergeschoß allenfalls die Errichtung von Stellplätzen vorsehe. Diese Argumentation ist unverständlich, weil, wie erwähnt, in der Legende zum Bebauungsplan ausdrücklich nur die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Untergeschoß oder am Dach Kfz-Stellplätze zu errichten, eine Beschränkung der für das Einkaufszentrum nutzbaren Fläche damit aber nicht festgelegt worden ist. Der behauptete Widerspruch zum Bebauungsplan ist daher nicht gegeben.
Da schon auf Grund der dargelegten Erwägungen der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ist, war mit einer Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG vorzugehen, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer und der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift bedurfte.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung weiterer Stempelgebühren für Beilagen, die für die Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren.
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