VwGH 90/05/0055

VwGH90/05/005516.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Domittner und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde

1) des Franz N und 2) der Margarethe N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Februar 1990, Zl. R/1-V-8740/2, betreffend ein straßenrechtliches Baubewilligungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
LStG NÖ 1979 §2;
LStG NÖ 1979 §23;
LStG NÖ 1979 §6;
LStG NÖ 1979 §7;
LStG NÖ 1979 §8;
BauRallg;
LStG NÖ 1979 §2;
LStG NÖ 1979 §23;
LStG NÖ 1979 §6;
LStG NÖ 1979 §7;
LStG NÖ 1979 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Soweit den dem Verwaltungsgerichtshof nur unvollständig vorgelegten Verwaltungsakten entnommen werden kann, hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Ladung vom 31. Oktober 1986 eine mündliche Verhandlung für

18. November 1986 anberaumt, zu welcher die Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 42 AVG 1950 geladen wurden. Als Gegenstand der Verhandlung war angegeben: "1.) Bau-, Projekts- und Finanzierungsverhandlung einschließlich Grundabtretungen.

  1. 2.) Bildung einer Beitragsgemeinschaft."

Mit Eingabe vom 13. November 1986 teilten die Beschwerdeführer mit, daß sie auf Grund einer Verhinderung an der Verhandlung nicht teilnehmen könnten, jedoch gegen den Ausbau des geplanten Güterweges in jenem Bereich seien, wo sie Grundstücksanrainer seien. Sie würden sich auch dagegen aussprechen, daß sie sich an den Kosten für den übrigen Ausbau beteiligen sollten. Eine Grundabtretung ihrerseits komme für den Ausbau des Güterweges nicht in Frage.

Bei der Verhandlung wurde u.a. bezüglich der Grundabtretung festgestellt, daß sie Voraussetzung für den Ausbau des Güterweges sei, sie liege mit Ausnahme der Beschwerdeführer vor. Bezüglich Bauverhandlung heißt es in dieser Niederschrift lediglich, daß auf Grund des Vorliegens der Kriterien des § 6 Abs. 8 des NÖ Landesstraßengesetzes die Verhandlung durchgeführt worden sei, auf eine Begehung sei einvernehmlich verzichtet worden. Auf das Vorbringen der Beschwerdeführer wurde nicht eingegangen.

In der Sitzung des Gemeinderates vom 9. April 1987 wurde beschlossen, gemäß § 6 Abs. 7 des NÖ Landesstraßengesetzes die Bewilligung zur Neuanlage bzw. Umgestaltung der Gemeindestraße "Güterweg S" auf den Grundstücken laut Projekt zu erteilen. Der in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangene Bescheid vom 22. April 1987 wurde zunächst nur an die für das Projekt zuständige Abteilung des Amtes der NÖ Landesregierung zugestellt (vgl. das Schreiben der Gemeinde vom 18. August 1987). Offensichtlich auf Veranlassung des Amtes der NÖ Landesregierung wurde der Bescheid sodann am 21. August 1987 den Beschwerdeführern zugestellt.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung beantragten die Beschwerdeführer zunächst eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die damals beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerde betreffend die Bildung einer Beitragsgemeinschaft für den Ausbau dieses Weges. Weiters wurde behauptet, es sei noch ungeklärt, ob es sich bei dem auszubauenden Weg überhaupt um einen öffentlichen Gemeindeweg handle. Die Gemeinde habe es unterlassen, diese Frage zu prüfen bzw. ein Verfahren gemäß § 2 Abs. 2 des NÖ Landesstraßengesetzes durchzuführen. Die Beschwerdeführer seien nicht präkludiert, weil sie sich rechtzeitig gegen den Ausbau und eine Grundabtretung ausgesprochen hätten. Voraussetzung für eine wirksame Baubewilligung sei schließlich die Durchführung eines ordnungsgemäßen Enteignungsverfahrens, welches bisher nicht einmal eingeleitet worden sei. Auf die Durchführung eines solchen Verfahrens hätten sie einen Rechtsanspruch. Der Baubewilligungsbescheid ohne Durchführung eines Enteignungsverfahrens sei aber rechtswidrig.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die NÖ Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Im wesentlichen wurde ausgeführt, daß das Weggrundstück im Verzeichnis des öffentlichen Gutes der Gemeinde eingetragen und bereits vor dem 1. November 1956 in der Erhaltung und Verwaltung der Gemeinde gestanden sei. Es bestehe auch kein Zweifel darüber, daß für den Ausbau des Güterweges auch Teile von Privatgrundstücken in Anspruch genommen werden sollen, wobei von deren Eigentümern - mit Ausnahme der Beschwerdeführer - in der Bauverhandlung am 18. November 1986 Grundabtretungserklärungen vorgelegt worden seien. Es habe daher für die Gemeinde keine Veranlassung zur Einleitung eines Verfahrens nach § 2 Abs. 2 des NÖ Landesstraßengesetzes bestanden. Im übrigen sei auch von keinem der Beteiligten ein Antrag auf Durchführung eines derartigen Verfahrens gestellt worden. Mit ihrem Vorbringen, daß vor Erlassung des Baubewilligungsbescheides ein Enteignungsverfahren einzuleiten gewesen wäre, seien die Beschwerdeführer nicht im Recht. Vielmehr sei das Vorliegen eines Baubewilligungsbescheides die Voraussetzung für die Einleitung eines Enteignungsverfahrens gemäß § 7 des Gesetzes.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid seinem ganzen Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 6 Abs. 1 des NÖ Landesstraßengesetzes, LGBl. 8500-0, hat die Landesregierung vor Inangriffnahme der Bauarbeiten für die Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung einer Landeshaupt- oder Landesstraße eine örtliche Verhandlung und Begehung der Trasse zum Zwecke der Begutachtung des Bauvorhabens vom Standpunkt der durch den Bauentwurf berührten Interessen durchzuführen. Hiebei ist insbesondere auch darauf Bedacht zu nehmen, daß sich die geplante Straße unter Schonung bestehender Natur- und Kunstdenkmale dem Landschaftsbild anpaßt und dem Verkehr einschließlich eines allfälligen besonderen landwirtschaftlichen Verkehrsbedürfnisses gerecht wird.

Nach § 6 Abs. 2 leg. cit. hat der der Amtshandlung zugrundezulegende Entwurf zu enthalten:

1. einen Katasterlageplan mit vorläufigem Teilungsausweis unter Angabe der grundbücherlichen Eigentümer und der vorläufig beanspruchten Flächen,

  1. 2. ein Längenprofil 1:1000:100 oder 1:2000:200,
  2. 3. die erforderlichen charakteristischen Querprofile 1:100,
  3. 4. einen technischen Bericht.

    § 6 Abs. 3 leg. cit. behandelt die Anberaumung der Verhandlung und die Behandlung von Abweichungen vom Bauentwurf bzw. privatrechtliche Einwendungen. Abs. 4 sieht eine Ermächtigung der Bezirksverwaltungsbehörde zur Durchführung der Begehung und Verhandlung vor, Abs. 5 enthält Regelungen betreffend die Erlassung des Bescheides.

    § 6 Abs. 7 des Gesetzes bestimmt, daß bei Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung von Gemeindestraßen und -wegen das vorangeführte Verfahren durch den Gemeinderat durchzuführen ist. Die Landesregierung ist vor Ausschreibung der Verhandlung über das Bauvorhaben gutachtlich zu hören und zu dieser einzuladen. Den Baubewilligungsbescheid erläßt der Gemeinderat.

    Das in den vorstehenden Absätzen vorgeschriebene Verfahren kann nach Abs. 8 entfallen, wenn es sich um Bauvorhaben geringeren Umfanges handelt und fremde Interessen nicht berührt werden oder über sie eine Einigung erzielt wurde.

    Zum Beschwerdevorbringen ist zunächst zu bemerken, daß nach der Aktenlage kein Zweifel darüber bestand, daß es sich bei der hier auszubauenden Verkehrsfläche um eine Gemeindestraße handelt. Nach § 23 des NÖ Landesstraßengesetzes kann auch für die Herstellung und Erhaltung einer Gemeindestraße eine Beitragsgemeinschaft festgesetzt werden, was die Beschwerdeführer offensichtlich verkannt haben. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer bestand daher für eine Öffentlichkeitserklärung im Sinne des § 2 des NÖ Landesstraßengesetzes keine Notwendigkeit.

    Die Beschwerdeführer irren auch, wenn sie der Ansicht sind, daß der Erlassung eines Baubewilligungsbescheides die Einleitung eines Enteignungsverfahrens vorauszugehen hat, soll doch gerade das Enteignungsverfahren die Durchführung des straßenrechtlichen Baubewilligungsverfahrens garantieren, sofern sich ein Enteignungsverfahren überhaupt als notwendig erweist. Eine freiwillige Grundabtretung ist daher nicht Voraussetzung des straßenrechtlichen Baubewilligungsverfahrens. Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung wird allerdings die Landesregierung nach § 8 des Gesetzes zu entscheiden haben.

    Da auf Grund der dargelegten Erwägungen die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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