VwGH 90/04/0140

VwGH90/04/014030.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N Aktiengesellschaft gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. März 1990, Zl. 311.984/1-III-3/89, betreffend Feststellungsantrag gemäß § 76 Abs. 2 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §2 Abs2;
GewO 1973 §76 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §76 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §2 Abs2;
GewO 1973 §76 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §76 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. März 1990 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. März 1989, "gemäß § 76 (2) GewO 1973 mit Bescheid festzustellen, daß die Verwendung von Niederdruck-Gasleitungen für die örtliche Gasversorgung mit einem Druck bis einschließlich 98,1 mbar (9.810 Pa, 1.000 mm WS) im Rahmen der Versorgung durch Gasversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 (2) Energiewirtschaftsgesetz 1935 bei Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik, wie sie insbesondere in den technischen Richtlinien für Einrichtung, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruck-Gasanlagen (ÖVGW-TR Gas 1985) festgelegt werden, für sich allein keine Genehmigungspflicht nach § 74 ff GewO 1973 begründet", gemäß § 76 Abs. 2 GewO 1973 abgewiesen. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 76 Abs. 1 und 2 GewO 1973 ausgeführt, da eine Verordnung gemäß § 76 Abs. 1 leg. cit. nicht vorliege, sei im Sinne des vorliegenden Antrages zunächst zu prüfen, inwieweit Niederdruck-Gasleitungen unter die Bestimmungen des § 76 leg. cit. subsumiert werden könnten. Gasleitungen seien demnach als "Bauart" oder "Ausstattung" (unter diesen Begriff habe auch die Beschwerdeführerin diese Gasleitungen offenbar subsumiert wissen wollen; Beilage zum Antrag: Schreiben der Bundeskammer für gewerbliche Wirtschaft vom 18. Mai 1987 an den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie), nicht aber als "Maschine" anzusehen. Es sei daher weiters zu prüfen gewesen, ob im Sinne der Bestimmungen des § 76 Abs. 2 eine "bestimmte Ausstattung" oder eine "bestimmte Bauart" vorliege. Hiezu sei festzustellen, daß Gasleitungssysteme stets den jeweiligen Erfordernissen entsprechend zu konzipieren und zu verlegen seien und sie stets individuelle Leitungssysteme darstellten, weshalb sie nicht in ihrem Bestand vorweg eindeutig definierbar seien. Somit stelle der Begriff Niederdruck-Gasleitungen nicht eine eindeutig definierte bestimmte "Ausstattung" oder "Bauart" dar. Dies sei offenbar auch nicht von der Beschwerdeführerin begehrt, sie wolle vielmehr global für alle Varianten ihrer Niederdruck-Gasleitungen die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 76 Abs. 1 GewO 1973. Bei dieser Rechts- und Sachlage sei das Begehren der Beschwerdeführerin nicht unter den im § 76 GewO 1973 normierten Sachverhalt zu subsumieren, weshalb der Antrag abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Stattgebung des in Rede stehenden Feststellungsantrages verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, eine Verordnung nach § 76 Abs. 1 GewO 1973 sei im Zusammenhang mit Niederdruck-Gasleitungen, obwohl ein Verordnungsentwurf vorliege, nicht erlassen worden. Sie habe daher von der im Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Antrag nach § 76 Abs. 2 GewO 1973 zu stellen, den jedoch die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ohne Ermittlungsverfahren abgewiesen habe. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei zunächst einmal insofern aktenwidrig, als sie den im § 76 Abs. 2 GewO 1973 vorgesehenen Feststellungsantrag nicht auf "Gasleitungssysteme" und schon gar nicht "global" für alle Varianten gestellt habe. Der Antrag habe sich völlig eindeutig auf "Niederdruck-Gasleitungen" ganz bestimmter Beschaffenheit, die der örtlichen Gasversorgung im Rahmen der Versorgung durch Gasversorgungsunternehmen nach § 2 Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz 1935 dienten, und bei denen die anerkannten Regeln der Technik, wie insbesondere die ÖVGW-TR Gas 1985, eingehalten würden, bezogen. Alle diese näheren Bestimmungen und Einschränkungen habe die belangte Behörde wortlos übergangen und es sei daher aktenwidrig, wenn sie die Behauptung aufstelle, sie hätte einen Feststellungsantrag "global für alle Varianten" gestellt. In diesem Zusammenhang werde darauf verwiesen, daß die ÖVWG-TR Gas 1985 die allgemein anerkannten technischen Richtlinien für die Errichtung, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruck-Gasanlagen seien, und daß deren Einhaltung in manchen Gasgesetzen der Länder sogar verbindlich vorgeschrieben sei. Die belangte Behörde gehe offensichtlich davon aus, daß die Worte "bestimmter Bauart" bzw. "bestimmte Ausstattung" im § 76 Abs. 2 GewO 1973 bedeuteten, daß der Grad der Bestimmtheit derart weit gehen müsse, daß Niederdruck-Gasleitungen nicht unter diese Bestimmungen subsumiert werden könnten, weil sie "den jeweiligen Erfordernissen entsprechend zu konzipieren und zu verlegen" seien, und daß es sich stets um "individuelle Leitungssysteme" handle. Diese Auffassung sei inhaltlich rechtswidrig. Dem § 76 Abs. 2 GewO 1973 sei nicht zu entnehmen, daß die betreffende "Bauart" oder die betreffende "Ausstattung" mit absoluter und vollständiger Genauigkeit - nach allen denkbaren Richtungen hin - im Spruch des Bescheides festzulegen sei. Schon der Begriffsinhalt des Wortes "Bauart" verbiete diese Auslegung. Das Maß der Bestimmtheit könne sich im übrigen nur am Zweck der betreffenden gesetzlichen Regelung orientieren, der laute, daß es darauf ankomme, ob Bauart bzw. Ausstattung "so beschaffen oder mit Schutzvorrichtungen so versehen oder für ihre Verwendung andere Schutzmaßnahmen so getroffen seien, daß nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen ..... oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden". Insofern die Behörde also davon ausgehe, daß Niederdruck-Gasleitungen keine bestimmte Ausstattung oder bestimmte Bauart seien, lege sie das Gesetz unrichtig aus. Selbst wenn aber die belangte Behörde mit ihrer Auslegung im Recht wäre, könnte demnach nicht übersehen werden, daß sie dann eben verpflichtet gewesen wäre, insbesondere auch in Anwendung der §§ 13, 13 a, 37 ff AVG 1950 entsprechende Rückfragen zu machen und insbesondere ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Als Ergebnis dieser - verfahrensrechtlich richtigen, von der belangten Behörde jedoch versäumten - Vorgangsweise wäre (insbesondere im Wege des Sachverständigenbeweises) hervorgekommen, daß unter Berücksichtigung der bereits im Bescheidantrag enthaltenen näheren Eingrenzungen die Voraussetzungen für eine bescheidmäßige "Freistellung" von der Betriebsanlagengenehmigungspflicht im Sinne des § 76 GewO 1973 gegeben sei. Allenfalls hätte die belangte Behörde auch die Möglichkeit gehabt, den beantragten Feststellungsbescheid entsprechend enger zu formulieren bzw. durch eine noch genauere Beschreibung der freigestellten Niederdruck-Gasleitungen weiter einzuschränken. All das habe die Behörde verabsäumt. Sie habe ihr insbesondere auch kein Parteiengehör gewährt, wobei die Beschwerdeführerin der Ansicht sei, daß auch bloße rechtliche Überlegungen der Behörde Gegenstand des Parteiengehörs hätten sein müssen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 76 Abs. 1 GewO 1973 kann der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft sowie dem Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung Maschinen, Geräte und Ausstattungen bezeichnen, deren Verwendung für sich allein die Genehmigungspflicht einer Anlage nicht begründet, weil sie so beschaffen sind oder mit Schutzvorrichtungen so versehen oder für ihre Verwendung andere Schutzmaßnahmen so getroffen sind, daß nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden. Nach Abs. 2 hat, wenn diesbezüglich keine Regelung in einer Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen worden ist, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft sowie dem Bundesminister für Arbeit und Soziales für eine bestimmte Bauart, für eine bestimmte Maschine, für ein bestimmtes Gerät oder für eine bestimmte Ausstattung auf Antrag durch Bescheid festzustellen, ob die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 dafür gegeben sind, daß die Verwendung dieser Bauart, dieser Maschine, dieses Gerätes oder dieser Ausstattung für sich allein die Genehmigungspflicht einer Anlage nicht begründet. Der Antrag kann vom Erzeuger oder auch von anderen Personen gestellt werden, die ein sachliches Interesse an der Feststellung nachweisen.

Die im § 76 Abs. 2 GewO 1973 vorgesehene, an eine Antragstellung gebundene bescheidmäßige Feststellung setzt - diesbezüglich anders als eine Verordnung nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle - voraus, daß sie eine "bestimmte" Bauart, Maschine, ein bestimmtes Gerät oder eine bestimmte Ausstattung zum Gegenstand hat (vgl. hiezu auch die EB zu § 76 Abs. 2 GewO 1973 in 341 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP, wonach durch Abs. 2 die Möglichkeit einer entsprechenden bescheidmäßigen Feststellung für bestimmte Bauarten oder Einzelstücke von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen eröffnet werden soll). Aus dem Umstand einer bescheidmäßigen Feststellung im Zusammenhalt mit den angeführten Tatbestandsmerkmalen folgt aber, daß sich die angeführten Voraussetzungen ohne darüber hinaus erforderlichen Subsumtionsvorgang unmittelbar aus dem Bescheidabspruch ergeben müssen, was aber die dementsprechende Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der "Bestimmtheit" voraussetzt.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß dem Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin jedenfalls schon in der Hinsicht die erforderliche Bestimmtheit mangelt, als in diesem "auf die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik, wie sie insbesondere in den technischen Richtlinien für Einrichtungen, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruck-Gasanlagen (ÖVGW-TR Gas 1985) festgelegt werden", Bezug genommen wird, da ein derartiger Umstand weitere Subsumierungs- und Prüfungsvorgänge voraussetzen würde und ferner auch, daß der im Antrag als weiteres Bestimmungsmerkmal herangezogenen Anführung "im Rahmen der Versorgung durch Gasversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 (2) Energiewirtschaftsgesetz 1935" keine tatbestandsmäßige Bedeutung im Sinne des § 76 Abs. 2 GewO 1973 zukommt.

Insoweit sich aber die Beschwerdeführerin auf mangelndes Parteiengehör beruft, so ergibt sich im Hinblick auf die dargestellte Gesetzeslage auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt dafür, inwiefern die Beschwerdeführerin zufolge einer derartigen Unterlassung der belangten Behörde in der Verfolgung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtigt gewesen wäre. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß bloß rechtliche Überlegungen die Behörde grundsätzlich nicht zur Einräumung des Parteiengehörs verpflichten.

Wenn weiters die Beschwerdeführerin hilfsweise als Verfahrensmängel die Nichtbeachtung der Bestimmung des § 13 AVG 1950 durch die belangte Behörde geltend macht, so kann hieraus kein Anhaltspunkt gewonnen werden, welcher für sie verpflichtenden Anordnung dieser Gesetzesstelle die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang nicht entsprochen hätte. Sofern sich aber die Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 13 a AVG 1950 bezieht, ist darauf hinzuweisen, daß es nicht Aufgabe der Behörde ist, inhaltliche Mängel von Parteieneingaben aus der Welt zu schaffen, und daß auch eine Beratung von Verfahrensparteien oder anderen Beteiligten in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt.

Wenn schließlich die Beschwerdeführerin aber noch rügt, die belangte Behörde hätte allenfalls von Amts wegen "den beantragten Feststellungsbescheid entsprechend enger formulieren bzw. durch eine noch genauere Beschreibung der freigestellten Niederdruck-Gasleitungen weiter einzuschränken" müssen, so übersieht sie, daß eine derartige Vorgangsweise in der im Beschwerdefall zugrundeliegenden Bestimmung des § 76 Abs. 2 GewO 1973 nicht vorgesehen ist und der bescheidmäßige Abspruch des angefochtenen Bescheides daher auf Grundlage des Antrages der Beschwerdeführerin zu erfolgen hatte.

Da somit der belangten Behörde weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung noch ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel angelastet werden kann, erweist sich die Beschwerde im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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