VwGH 90/04/0001

VwGH90/04/000119.6.1990

N-GesmbH gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 3. November 1989, Zl. 04-15 Si 3-87/9, betreffend Erlöschen einer Betriebsanlagengenehmigung

Normen

AVG §56;
GewO 1973 §80 Abs1;
AVG §56;
GewO 1973 §80 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines in Beschwerde gezogenen Abspruches über die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 9. Dezember 1986 wurde gemäß § 56 AVG 1950 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 GewO 1973 festgestellt, daß die mit Bescheid derselben Behörde vom 7. Juni 1983 erteilte gewerberechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Sand- und Schottergrubenbetriebsanlage (Trockenbaggerung) auf den bezeichneten Grundstücken infolge Nichtinbetriebnahme binnen drei Jahren nach erteilter Genehmigung erloschen sei.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. November 1989 wurde die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung abgewiesen. Der erstbehördliche Bescheid wurde bestätigt und dahingehend ergänzt, daß die Genehmigung mit Ablauf des 7. Juli 1986 erloschen sei. (Ein weiterer Ausspruch, lautend auf die Zurückweisung eines Antrages, ist nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.)

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Rechtsprechung könne die Tendenz zu einer relativen Großzügigkeit bei der Anwendung eines Feststellungsverfahrens entnommen werden. Das Feststellungsverfahren dürfe nicht ausdrücklich durch gesetzliche Bestimmungen verboten, es dürften keine anderen gesetzlichen Verfahren für die Lösung der anstehenden Frage vorgesehen sein und der "Umweg" über ein (Verwaltungs)Strafverfahren sei unzumutbar; schließlich müsse es sich um die Feststellung von Rechten oder Rechtsverhältnissen handeln; die Feststellung müsse entweder im öffentlichen Interesse gelegen sein oder auf Antrag einer Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung darstellen. Im vorliegenden Fall stehe kein gesetzliches Hindernis der Durchführung eines Feststellungsverfahrens entgegen, das Schweigen des Gewerberechtsgesetzgebers könne nicht als solches ausgelegt werden. Auch bestehe kein Zweifel darüber, daß es sich im Gegenstande um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens bzw. des Erlöschens eines Rechtes handle, nämlich um die Feststellung, ob die mit Bescheid vom 7. Juni 1983 erteilte Betriebsanlagengenehmigung noch aufrecht bestehe oder schon gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1973 erloschen sei. Die Erstbehörde habe sich in erster Linie auf das (örtliche) öffentliche Interesse der betroffenen Gemeinde berufen, und zwar insbesondere auf Fragen des Baurechtes (Widmungsbewilligung), allenfalls Fragen der örtlichen Raumplanung. Weiters habe die Erstbehörde auch ein begründetes rechtliches Interesse im Hinblick auf die Frage allfälliger "Folgeverfahren", wie etwa eines Verwaltungsstrafverfahrens im Zeitpunkt der Aufnahme der Abbautätigkeit, geltend gemacht. Dem sei prinzipiell nichts hinzuzufügen. Allenfalls sei noch zu ergänzen, daß nicht nur die (Gewerbe)Behörde ein begründetes rechtliches Interesse an der Feststellung des Bestandes oder Nichtbestandes dieser Betriebsanlagengenehmigung habe, da sich daran verschiedenste rechtliche Konsequenzen anschließen könnten (nicht nur die erwähnten Fragen des Bau- bzw. Raumordnungsrechtes, sondern es könnten auch etwa Fragen des Straßenverkehrs, des Wasserrechtes und anderes relevant sein). Es sei Aufgabe der Behörde, gerade in Betriebsanlagengenehmigungsverfahren von Amts wegen in einer Reihe von Fällen tätig zu werden - dies zum Schutze "der Allgemeinheit" - wie etwa die Bestimmungen der §§ 79 und 79a GewO 1973 zeigten. Es bestehe daher aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit ein begründetes öffentliches Interesse an der Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens bzw. Erlöschens der gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigung. Aus den Ausführungen in der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung könne nichts gewonnen werden, um eine andere Entscheidung rechtfertigen zu können. Für die Frage des Bestehens eines begründeten öffentlichen Interesses könne es dahingestellt bleiben, ob die Gemeinde im gegenständlichen Verfahren Parteistellung genieße oder nicht. Es sei Aufgabe der Behörde, von Amts wegen alles Erforderliche zu erheben, um Klarheit in der Angelegenheit zu erlangen. Die Erstbehörde sei daher nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen, die Informationen der Gemeinde entsprechend zu verwerten und zu würdigen. Dem Argument der Möglichkeit der Klärung der gegenständlichen Angelegenheit im Wege eines Verwaltungsstrafverfahrens werde die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entgegengehalten. Nur am Rande sei noch angemerkt, daß es im gegenständlichen Falle nicht darum gehe, jemandem ein Recht abzuerkennen, sondern es gehe - wie ja schon aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes "feststellen" klar ersichtlich - lediglich um die Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens bzw. Erlöschens des gegenständlichen Rechtes. Auch sei nicht in jedem Fall ein Parteienantrag zur Durchführung eines Feststellungsverfahrens nötig. Aus dem Berufungsvorbringen habe in formalrechtlicher Sicht insgesamt nichts erschlossen werden können, was Anlaß zu einer anderen Entscheidung hätte geben können (die weiteren Ausführungen der Bescheidbegründung beziehen sich auf die Frage der Erfüllung der Voraussetzungen für ein Erlöschen der Betriebsanlagengenehmigung nach § 80 Abs. 1 GewO 1973).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, daß bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die in Rede stehende Feststellung nicht getroffen werde.

Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1973 sei nicht vorhanden. Unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verfahrensgrundsätze betrachtet, bestehe im vorliegenden Fall weder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlaß zur Erlassung eines Feststellungsbescheides, noch sei die Möglichkeit ausgeschlossen, die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens zu klären. In Ansehung öffentlicher Interessen sei festzuhalten, daß die belangte Behörde einerseits nicht solche Interessen hätte wahrnehmen dürfen, die in die Vollzugskompetenz anderer Verwaltungsbehörden fallen, und andererseits allfällige von ihr im Zusammenhang mit der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1973 wahrzunehmende öffentliche Interessen - soweit solche überhaupt vorhanden sein sollten - unter Mißachtung ihrer Begründungspflicht nicht in den Bescheid aufgenommen und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt habe.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.

Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die den Beschwerdegegenstand bildende bescheidmäßige Feststellung kommt - worauf sich auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bezieht - nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Derartige Feststellungsbescheide können aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Verwaltungsbehörden nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit und nur dann erlassen werden, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen (vgl. hiezu die Darstellung der Rechtsprechung in Mannlicher/Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, Seite 854, 56, 5 A 1 und 2; u. a.). Weiters kann Gegenstand eines derartigen Feststellungsbescheides grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Feststellung von Tatsachen, für die das Gesetz ausdrücklich eine solche Feststellung vorsehen müßte. Darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen noch über ihre Auslegung spruchmäßig entscheiden (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 9. April 1976, Slg. N.F. Nr. 9035/A). Des weiteren erklärt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Feststellungsbescheide als unzulässig, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens - etwa auch in einem Strafverfahren - entschieden werden kann (zur dargestellten Rechtslage siehe u. a. die hg. Erkenntisse vom 12. Februar 1985, Zl. 84/04/0072, und vom 1. Oktober 1985, Zl. 85/04/0049).

Zufolge Fehlens eines Parteienantrages käme daher für die Annahme der Zulässigkeit des beschwerdegegenständlichen Feststellungsbescheides ausschließlich die Erfüllung des - von rechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin losgelösten - Merkmales des "öffentlichen Interesses" in Betracht, das - unabhängig von Fragen der materiellen Rechtslage - im Sinne der obigen Darlegungen auch in Ansehung verfahrensrechtlicher Belange gegeben sein müßte. Ein derartiges "öffentliches Interesse" an der im angefochtenen Bescheid lediglich mit allgemein gehaltenen Hinweisen auf andere Lebensbereiche und Rechtsgebiete (Baurecht, örtliche Raumplanung, Straßenverkehr, Wasserrecht u.a.) und andere Bestimmungen (§§ 79 und 79a GewO 1973) in Verbindung gebrachten Feststellung wurde von der belangten Behörde jedoch nicht dargestellt.

Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid in dem vorstehend im Spruch bezeichneten Umfang mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz grüandet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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